Wolfgang Amadeus Mozart

Musiker und Komponist der Wiener Klassik Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Wolfgang Amadeus Mozart

Wolfgang Amadeus Mozart (* 27. Jänner 1756 in Salzburg, Erzstift Salzburg;[1]5. Dezember 1791 in Wien,[2] Österreich), der überwiegend mit Wolfgang Amadé Mozart unterschrieb, war ein Salzburger[3] Musiker und Komponist der Wiener Klassik. Sein umfangreiches Werk genießt weltweite Popularität und gehört zum bedeutendsten im Repertoire klassischer Musik.

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W. A. Mozart, bearbeitetes Detail aus dem Johann Nepomuk della Croce zugeschriebenen Familienbild (ca. 1781)
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Unterschrift von Wolfgang Amadé Mozart

Leben

Zusammenfassung
Kontext

Wunderkind (1756–1766)

Wolfgang Amadeus Mozart kam am 27. Jänner 1756 um acht Uhr abends in Salzburg in der Getreidegasse 9 in einer Dreizimmerwohnung eines Mehrfamilienhauses (Hagenauerhaus) zur Welt und wurde am nächsten Vormittag um zehn Uhr im Salzburger Dom von Stadtkaplan Leopold Lamprecht auf den Namen Joannes Chrysostomus Wolfgangus Theophilus getauft und so im Taufbuch eingetragen (sein Vater Leopold Mozart verwendete die Namensform Joannes Chrisostomus Wolfgang Gottlieb).[4] Er wurde in der Familie Wolfgang, als Kind auch Wolferl, Woferl oder Wolfgangerl genannt.[5] Wolfgang war das siebte Kind seiner Eltern, aber erst das zweite, das überlebte. Seine Geschwister hießen Johannes Leopold Joachim (* 1748, starb im sechsten Lebensmonat), Maria Anna Cordula (* 1749, wurde sechs Tage alt), Maria Anna Nepomucena Walburga (* 1750, starb im dritten Lebensmonat), Maria Anna Walburga Ignatiadie Nannerl (* 1751, wurde 78 Jahre alt), Johann Baptist Karl Amadeus (* 1752, wurde nicht ganz drei Monate alt) und Maria Crescentia Franziska de Paula (* 1754, starb im zweiten Lebensmonat). Sein Vater war der aus Augsburg zum Studium[6] an der Benediktineruniversität (1622–1810)[7] nach Salzburg gezogene, fürstbischöfliche Kammermusikus (ab 1757 Hofkomponist und ab 1763 Vizekapellmeister) Leopold Mozart, seine Mutter die in Sankt Gilgen aufgewachsene Anna Maria Pertl.

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W. A. Mozart in Hofkleidung auf einem Ölgemälde von Pietro Antonio Lorenzoni von 1763. Vater Mozart in einem Brief am 19. Oktober 1762: „Wollen Sie wissen wie des Woferl Kleid aussieht? – Es ist solches vom feinsten Tuch liloa=Farb … Es war für den Prinz Maximilian gemacht …“[5]

Bereits im Alter von vier Jahren erhielt Wolfgang, zusammen mit seiner fünf Jahre älteren Schwester Maria Anna Mozart, der Nannerl,[8] vom Vater den ersten Musik- und allgemeinbildenden Unterricht – Musikunterricht im „Clavier“- (siehe unten: Mozarts Tasteninstrumente) und Violinespiel (→ Mozarts Kindergeige)[9] sowie in Komposition. Schon 1761 zeichnete Vater Leopold ein Andante und ein Allegro als „des Wolfgangerl Compositiones“ auf, denen ein Allegro und ein Menuetto folgten, datiert auf den 11. bzw. 16. Dezember 1761.[10] Das fälschlicherweise immer wieder als früheste Komposition genannte Menuett G-Dur mit einem Menuett C-Dur als Trio KV 1 entstand vermutlich erst 1764. Auch Mozarts Begabung im Spiel der Instrumente zeigte sich schnell. 1762 folgten seine ersten Auftritte.

Erste Konzertreisen Wolfgangs und seiner Schwester Nannerl mit den Eltern wurden Anfang 1762 nach München an den Hof des Kurfürsten Maximilian III. Joseph und im Herbst 1762 von Passau nach Wien arrangiert, wo die talentierten Kinder unter anderem vor Kaiserin Maria Theresia und ihrer Familie auftraten. Nach dem Erfolg der Wunderkind-Geschwister in München und Wien startete die Familie am 9. Juni 1763 zu einer ausgedehnten Tournee durch die deutschen Lande und Westeuropa, die bis zur Rückkehr nach Salzburg am 29. November 1766 dreieinhalb Jahre dauerte. Wichtige Stationen waren München, Augsburg, Ludwigsburg, Schwetzingen, Heidelberg, Mainz, Frankfurt am Main, Koblenz, Köln, Aachen, Brüssel, Paris (Ankunft am 18. November 1763), Versailles, London (Ankunft am 23. April 1764), Dover, Belgien, Den Haag (September 1765), Amsterdam, Utrecht, Mechelen, erneut Paris (Ankunft 10. Mai 1766), Dijon, Lyon, Genf, Lausanne, Bern, Zürich, Donaueschingen, Ulm und München, wo die Kinder an verschiedenen Fürsten- und Königshöfen und in öffentlichen Akademien musizierten. Während dieser Reisen entstanden die ersten Sonaten für Cembalo und Violine sowie die erste Sinfonie Es-Dur (KV 16). Die vier Sonaten für Cembalo und Violine KV 6 bis 9 sind 1764 die ersten gedruckten Kompositionen Mozarts.[11]

Im Laufe dieser Reise wurde Mozart in London mit der italienischen Symphonie und Oper vertraut gemacht. Dort lernte er auch Johann Christian Bach kennen, der großen Einfluss auf ihn hatte.

Erste Kompositionen in Wien, Italienreise (1766–1771)

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W. A. Mozart im Alter von 13 Jahren in Verona 1770, an einem Instrument des venezianischen Cembalobauers Celestini

Nach der Rückkehr folgten erste Uraufführungen in Salzburg, darunter auch die Schuloper Die Schuldigkeit des ersten Gebots, die der elfjährige Mozart zusammen mit den wesentlich älteren Salzburger Hofmusikern Anton Cajetan Adlgasser und Michael Haydn komponiert hatte. Im September 1767 folgte eine zweite Reise mit der Familie nach Wien. Um der grassierenden Pockenepidemie zu entgehen, fuhren sie nach Brünn und Olmütz.[12] Die Krankheit erreichte aber Wolfgang und seine Schwester auch dort.[13] Nach der Genesung der Kinder kehrte Mozart am 10. Jänner 1768 nach Wien zurück, wo er das Singspiel Bastien und Bastienne (KV 50), die Waisenhausmesse (KV 139) sowie die Opera buffa La finta semplice (KV 51) fertigstellte. Die Letztere hatte Mozart zwar auf eine Idee des Kaisers Joseph II., aber ohne eigentlichen offiziellen Auftrag komponiert, und sie wurde aufgrund von Widerständen der beteiligten Sänger und Musiker, die sich nicht von „einem Knaben dirigieren lassen“ wollten, nicht aufgeführt, sondern vom Hofintendanten Giuseppe Affligio kurzerhand abgesetzt.[14][15]

Zwischen 1767 und 1769 hielt sich Mozart wiederholt im Benediktinerkloster Seeon auf. Noch 1771 wurden von ihm dort Offertorien aufgeführt. Mozart schrieb speziell für das Kloster Seeon zwei Offertorien: Scande coeli limina (KV 34; 1769) und Inter natos mulierum (KV 72; 1771). Die sogenannte „Mozarteiche“, unter der er der Überlieferung nach gerne gesessen haben soll, wächst bis heute am Seeoner See.

Nach 15 Monaten in Wien kehrte Mozart mit seiner Familie am 5. Jänner 1769 nach Salzburg zurück. Hier wurde La finta semplice am 1. Mai endlich aufgeführt, und hier erlebte er am 27. Oktober mit der Berufung zum Dritten Konzertmeister der Salzburger Hofkapelle die erste, wenn auch unbesoldete Anstellung.

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Mozarts erste Italienreise (eingezeichnet sind die heutigen Grenzen):
Schwarz: Reiseroute Salzburg – Neapel
Blau: Abweichungen auf der Rückroute

Knapp drei Wochen später, am 13. Dezember 1769, brach Mozart mit seinem Vater zur ersten von drei außerordentlich erfolgreichen Italienreisen auf, die – mit zwei Unterbrechungen von März bis August 1771 und Dezember 1771 bis Oktober 1772 – fast dreieinhalb Jahre dauerten.

Die erste Reise führte sie nach Verona, Mailand, Bologna, Florenz, Rom, Neapel, Turin, Venedig, Padua, Vicenza, Innsbruck und zurück nach Salzburg.
In Rom gelang ihm, nachdem er nur ein- oder zweimal dem neunstimmigen Miserere von Gregorio Allegri zugehört hatte, das Grundgerüst dieser vom Vatikan streng geheim gehaltenen Partitur aus dem Gedächtnis fehlerfrei niederzuschreiben. Nicht klar ist, inwieweit die Sänger Stimmen improvisierend koloriert haben und ob Mozart das aufschreiben konnte. Das Original dieser Transkription ist nicht überliefert und jüngere Untersuchungen geben durchaus nachvollziehbare Erklärungen für diese scheinbar unerklärliche Leistung. Erleichtert wurde die Niederschrift etwa durch die Wiederholungsstruktur des Stücks.[16] Von Papst Clemens XIV. wurde er am 4. Juli 1770 in Rom zum Ritter vom Goldenen Sporn ernannt,[17] doch machte er im Gegensatz zu Gluck von dem Privileg, sich „Ritter“ zu nennen, nie Gebrauch.[18]
Bei Padre Giovanni Battista Martini in Bologna studierte Mozart Kontrapunkt und wurde nach einer Klausur in die Accademia Filarmonica di Bologna aufgenommen. Dort begegnete er so bedeutenden Musikern wie Giovanni Battista Sammartini, Niccolò Piccinni, Pietro Nardini und Giovanni Paisiello. Am 26. Dezember 1770 erlebte er die Uraufführung seiner Opera seria Mitridate, re di Ponto (KV 87) in Mailand, deren Publikumserfolg zu zwei weiteren Opernaufträgen führte. Der erste Auftrag war die Serenata teatrale Ascanio in Alba (KV 111), die er nach einigen Monaten im heimatlichen Salzburg am 17. Oktober 1771 in Mailand, während der Feierlichkeiten zur Hochzeit von Erzherzog Ferdinand Karl mit Maria Beatrice d’Este, zur Uraufführung brachte.
Am 15. Dezember 1771 kehrten Vater und Sohn nach Salzburg zurück, nachdem sich Hoffnungen auf eine Anstellung in Italien nicht erfüllt hatten.

Konzertmeister in Salzburg (1772–1777)

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Tanzmeisterhaus, Wohnhaus der Familie Mozart ab 1773 (Rekonstruktion ca. 1995)

Im Jahr 1772 wurde Hieronymus Franz Josef von Colloredo zum Fürsterzbischof von Salzburg gewählt; er folgte dem verstorbenen Sigismund Christoph Graf von Schrattenbach, der in außerordentlich großzügiger und wohlwollender Weise die Mozarts bei ihren Reisen unterstützt hatte – mit dem sparsamen Colloredo wurde dies von nun an etwas schwieriger. Vom neuen Fürsten wurde Mozart im August zum besoldeten Konzertmeister der Salzburger Hofkapelle ernannt. Trotzdem führte dies zunächst nicht zu einem Ende seiner Reisen mit dem Vater. Wolfgang versuchte weiterhin, dem engen Reglement des Salzburger Dienstes zu entkommen: Vom 24. Oktober 1772 bis zum 13. März 1773 folgte die dritte Italienreise zur Uraufführung des Dramma per musica Lucio Silla (KV 135), die am 26. Dezember 1772 im Teatro Regio Ducal in Mailand stattfand. Während dieser Zeit komponierte er auch das Exsultate, jubilate für den Sopranisten Venanzio Rauzzini.
Nach einigen Monaten in Salzburg reisten Mozart und sein Vater von 14. Juli bis zum 26. September 1773 erneut nach Wien. Welche Absichten Leopold mit dieser zunächst nur für vier Wochen geplanten Reise verband und warum sie mehrmals verlängert wurde, ist unklar. Die Briefe an seine Frau enthalten vielfach nur Andeutungen, offenbar aus Furcht vor unerwünschten Mitlesern. In einer Audienz bei Kaiserin Maria Theresia am 5. August könnte es um Stellen in Mailand oder Florenz gegangen sein, Städten, die zum Habsburger Reich und somit zum Einflussbereich der Kaiserin gehörten.[19] „S:e Mst: die Kayserin waren zwar sehr gnädig mit uns, allein dieses ist auch alles und ich muß es dir mündlich zu erzehlen auf unsere Rückkunft ersparen, dann alles lässt sich nicht schreiben.“[20] Im selben Jahr entstand Mozarts erstes eigenständiges Klavierkonzert (KV 175). Ab Oktober 1773 bewohnte die Familie den ersten Stock des Tanzmeisterhauses, das zuvor dem Salzburger Hoftanzmeister Franz Gottlieb Spöckner (ca. 1705–1767) gehört hatte.

Nach einer längeren Pause folgte am 6. Dezember 1774 eine Reise nach München zur Uraufführung der Opera buffa La finta giardiniera (KV 196). Am 13. Jänner 1775 und nach der Rückkehr am 7. März versuchte Mozart erneut, sich auch in Salzburg als Künstler der Musik zu etablieren. Er ließ zum Beispiel das Dramma per musica Il re pastore am 23. April 1775 in Salzburg uraufführen, das allerdings beim Publikum nicht gut ankam. Nach mehrfachen erfolglosen Bitten um Urlaub reichte er am 1. August 1777 sein Abschiedsgesuch beim Fürsterzbischof ein und bat um Entlassung aus der Salzburger Hofkapelle.[21]

Auf Stellensuche und erneut Salzburg (1777–1780)

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W. A. Mozart im Alter von 21 Jahren mit dem Orden vom Goldenen Sporn
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Eintragung Mozarts im Gästebuch der Mannheimer Sternwarte, 1778

München

Nach seiner Entlassung aus den Diensten des Fürsten begab sich Mozart am 23. September 1777 – diesmal in Begleitung seiner Mutter, weil Leopold von Colloredo keinen Urlaub bewilligt bekam – auf eine letzte große Reise mit dem Ziel, eine neue und bessere Anstellung zu finden. Erste Station war der bayerische Kurfürstenhof in München. Doch Kurfürst Maximilian III. Joseph hatte keine freie Stelle („Vacatur“) und hielt Mozart für zu jung: „‚ich versage ihm nichts. aber iezt ist es noch zu früh.‘“[22] Der Gastwirt und Konzertveranstalter Franz Joseph Albert (1726–1789) schlug vor, Mozart mit Hilfe von Spenden 10 privater Unterstützer in München zu halten.[23] Leopold war jedoch skeptisch.[24] Auch der befreundete Komponist Josef Mysliveček, den Mozart im Spital besuchte, wollte sich einsetzen und Mozart einen Opernauftrag in Neapel zu verschaffen.[25] Es wurde nichts daraus.

Augsburg

Mozart und seine Mutter reisten am 11. Oktober 1777 nach Augsburg weiter, wo sie die Familie des Buchbinders Franz Alois Mozart, Leopolds Bruder, trafen. Mozart lernte die Fortepiani von Johann Andreas Stein kennen (siehe unten: Mozarts Tasteninstrumente) und gab am 22. Oktober 1777 im Fuggerschen Konzertsaal eine Akademie, in der u. a. sein Klavierkonzert für drei Klaviere (KV 242) auf Instrumenten Steins uraufgeführt wurde. Am 28. Oktober 1777 erschien in der „Augsburgischen Staats- und Gelehrten Zeitung“ eine ausführliche Rezension.[26] Mozart freundete sich mit seiner Cousine (Base) Maria Anna Thekla Mozart an. „Nun muß ich vom meinen lieben jungf: bäsle etwas schreiben. Das […] betheüere ich daß unser bäsle, schön, vernünftig, lieb, geschickt und lustig ist; und daß macht weil sie braf unter die leüte gekommen ist. sie war auch einige Zeit zu München. Daß ist wahr, wir zweÿ taugen recht zusammen; dann sie ist auch ein bischen schlimm. wir fopen die leüte mit einander, daß es lustig ist.“[27] Nach der Abreise aus Augsburg am 26. Oktober 1777[28] wurde die Freundschaft brieflich fortgesetzt. Es sind acht der wegen ihrer anal-erotischen Scherze, Wortspiele und Späße berühmt-berüchtigten „Bäsle-Briefe“ von Mozart erhalten geblieben, aber keiner von seiner Cousine an ihn.

Mannheim

Am 30. Oktober trafen Mozart und seine Mutter in Mannheim ein[29] – unter Kurfürst Karl Theodor der „avancierteste […] Ort für das Musiktheater“[30] und Sitz des berühmten Mannheimer Hoforchesters (siehe auch Mannheimer Schule). Alsbald entstand eine Freundschaft mit dessen Kapellmeister Christian Cannabich und seiner Familie.[31] Mozart unterrichtete die älteste Tochter Rose Cannabich im Klavierspiel und komponierte eine Sonate (KV 309) für sie, deren besonders expressiver 2. Satz ein Porträt seiner Schülerin sein soll.[32] Auch andere ältere Mannheimer Musiker, der Flötist und Komponist Johann Baptist Wendling und der Kapellmeister Ignaz Jakob Holzbauer, bewunderten Mozart und freundeten sich mit ihm an. Doch nachdem er lange auf eine Anstellung am Hof des Kurfürsten gehofft hatte, erhielt er am 8. Dezember 1777 eine Absage. “Hier ist es dermalen nichts mit den Churfursten. ich war vorgestern in der accademie beÿ hof, um eine antwort zu bekommen. der [Hofintendant Louis Aurel] graf savioli wich mir ordentlich aus; ich gieng aber auf ihn zu: als er mich sahe, schupfte er die achseln. was, sagte ich, noch keine antwort? – – bitte um vergebung, sagte er, aber leider nichts.“[33] Die Musikerkollegen waren entsetzt und bemühten sich um Unterstützung.[34] Inzwischen war der Plan entstanden, dass Mozart sich dem Flötisten Wendling, dem Oboisten Friedrich Ramm und dem Ballettmeister Étienne Lauchery auf einer Reise nach Paris anschließen und seine Mutter nach Salzburg zurückkehren sollte.[35] Leopold Mozart geriet zunehmend in Sorge über die finanzielle Lage seiner Familie: „Ich darf nicht daran denken daß ich nun über sechs hundert Gulden schuldig bin; sonst – – –.“[36] Doch immerhin konnten Mozart und seine Mutter in Mannheim Mitte Dezember in ein Privatquartier beim Hofkammerrat Anton Joseph Serrarius umziehen, das sie, Licht und Holz inklusive, kein Geld kostete. Als Gegenleistung unterrichtete Mozart Serrarius‘ Stieftochter Therese Pierron im Klavierspiel. Auch für die Verpflegung war gesorgt.[37] Trotzdem reichte das Geld nicht aus ohne die Aufnahme neuer Schulden.[38] Die Reisepläne nahmen Gestalt an, wurden auch von Vater Leopold akzeptiert und mit allerlei praktischen Erwägungen begleitet.[39] Doch dann lernte Mozart die Familie Weber kennen. Am 17. Jänner 1778 erwähnt er sie zum ersten Mal:

„künftigen Mittwoch werde ich auf etliche täge nach kircheim Poland zu der Prinzessin von oranien gehen […]auf das wenigste bekomme ich doch 8 louisd’or. denn, [ich] habe ich […] 4 arien abschreiben lassen, und eine sinfonien werde ich ihr auch geben […] die Copiatur von den arien werden mich auch nicht viell kosten, den die hat mir ein gewisser h: weber, welcher mit mir hinüber gehen wird, abgeschrieben. ich weis nicht habe ich schon von seiner tochter geschrieben oder nicht – – sie singt halt recht vortreflich, und hat eine schöne reine stimm.“[40]

Finanziell wurde dieser Ausflug eher ein Reinfall.[41] Dass ihm am Ende nur 42 Gulden blieben, hatte Mozart sich aber auch selbst zuzuschreiben: „apropós, sie müssen sich nicht zu viell verwundern, daß mir von 77 fl nicht mehr als 42 übrig geblieben sind. das ist aus lauter freüde geschehen, daß einmahl wieder Ehrliche und gleichdenckende leüte zusammen kommen sind. ich habe es nicht anderst gethan, ich habe halben theil gezahlt […].“[42] Er hatte die Webers eingeladen – und sich in Aloisia verliebt.
Damit waren aber die Reisepläne mit den Mannheimer Musikerkollegen ad acta gelegt. Stattdessen wollte Mozart nun eine Karriere Aloisas in Italien befördern und am liebsten gleich mit den Webers dorthin reisen. Er wollte italienische Opern komponieren und stellte sich in seiner Arglosigkeit vor, dass Vater Leopold diese Pläne unterstützen sollte: „Ich bitte sie machen sie ihr mögliches das wir nach italien kommen. sie wissen mein gröstes anliegen – opern zu schreiben.“[43] Die Absage an seine ursprünglichen Reisegefährten rechtfertigte Mozart plötzlich mit moralischen Einwänden; ihnen gegenüber redete er sich heraus:

„Meine Mama und ich haben uns unteredet, und sind überein kommen, daß uns das wendlingische leben gar nicht gefählt. der wendling ist ein grund Ehrlicher und sehr guter Mann, aber leider ohne alle Religion, und so das ganze haus. Es ist ja genug gesagt daß seine tochter maitresse war. Der Ramm ist ein brafer Mensch, aber ein libertin. […] Nur der gedancke, nur allein auf der Reise, mit leüten in gesellschaft zu seÿn, deren denckungs=art so sehr von der meinigen, und aller ehrlichen leüte ihrer, unterschieden ist, schreckt mich. […] ich hab ihnen schon so einen kleinen Prægusto gegeben. ich habe gesagt, daß seit meiner abwesenheit 3 briefe gekommen sind, daraus ich ihnen weiter nichts sagen kann, als daß ich schwerlich mit ihnen nach Paris reisen werde.“[44]

Vielleicht meinte er, dass das Argument mangelnder religiöser Tugendhaftigkeit seiner Reisegefährten bei seinem Vater verfangen würde, vielleicht griff er auch echte Vorbehalte seiner Mutter auf.[45] In einer heimlich verfassten Nachschrift teilte sie tatsächlich die Bedenken des Sohnes, zugleich aber durchschaute und kritisierte sie seine Euphorie für die Webers und machte den Vorschlag, ihn nun selbst nach Paris zu begleiten: „Mein lieber Man aus disen brief wirst du ersehen haben das wan der Wolfgang eine Neue bekandschaft machet er gleich gueth und blueth für solche leuthe geben wolte [...] es ist mir die geselschafft mit den Wendling und den Ram nie mals recht gewesen, alleinig ich hette keine einwendung machen derffen, [...] so bald er aber mit den weberischen ist bekant worden, so hat er gleich seinen Sinn geändert, mit einen worth beÿ andern leuthen ist er lieber als beÿ mir [...] die Reise mit den Wendling nach paris finde ich gar nicht vor Rathsam ich wolte ihm lieber späther selbst bekleithen [...].“[46] Wenige Wochen vorher hatte das Urteil über Wendling noch ganz anders gelautet.[47]
Vater Leopold war entsetzt:

„Dein Vorschlag (ich kann kaum schreiben, wenn ich nur daran denke) der Vorschlag mit dem h: Weber und NB 2 Töchtern herumzureisen hätte mich beÿnahe um meinen Vernunft gebracht. Liebster Sohn! [...] dein Brief ist nicht anders als wie ein Roman geschrieben. – – und du könntest dich wirklich entschliessen mit fremden Leuten in der Welt herumzuziehen? – deinen Ruhm – deine alten Eltern, deine liebe Schwester auf die Seite zu setzen? – mich dem Fürsten, und der ganzen Statt, die Dich liebt, dem Spoth und Gelächter auszusetzen?“[48]

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Persönlicher Brief Mozarts an seinen Pariser Freund den Komponisten und Verleger Jean-Georges Sieber

Seinem Sohn traute er nun nicht mehr zu, alleine in Paris zurecht zu kommen, und so wurde dem Vorschlag der Mutter zugestimmt. Wolfgang lenkte resigniert ein. „Ich habe mir nie etwas anders vorgestellt, als daß sie die Reise mit den Weberrischen misbilligen werden, denn ich habe es niemahl, beÿ unsern dermaligen umständen verstehts sich, im sinn gehabt […].“[49] Leopold hatte eine Liste mit Namen und Adressen alter Pariser Bekannter zusammengestellt, an die sein Sohn sich wenden könnte.[50] Besonders große Hoffnungen setzten die Mozarts in den Diplomaten, Journalisten und Schriftsteller Baron Friedrich Melchior Grimm, den Leopold auch direkt anschrieb.[51] In mehreren Briefen unterstrich Leopold unterdessen seine Sorgen wegen der wachsenden Schulden und machte seinem Sohn Vorwürfe, zu leichtfertig, zu gutgläubig und zu anspruchsvoll zu sein.[52]

Paris

Am 14. März brachen Mozart und seine Mutter in Mannheim auf, am 23. Februar nachmittags trafen sie in Paris ein.[53] Zunächst bezogen sie ein dunkles, enges Quartier, in dem Mozarts Mutter sich vorkam „wie in arest“, „und die stiegen ist so öng das es ohnmöglich wehre ein Clavier hin auf zu bringen“.[54] Auch unter der schlechten Verpflegung litt die Mutter, während der Sohn sich zumeist im Haus des Sängers und Leiters des Concert spirituel Joseph Legros aufhielt, wo er arbeiten und oft auch speisen konnte. Dort wohnte auch der Sänger Anton Raaff, der ebenfalls nach Paris gekommen war; Mozart kannte ihn schon aus Mannheim. Mitte April zogen Mozart und seine Mutter in ein besseres Quartier um, das ihnen Grimms Freundin und Lebensgefährtin Madame d’Epinay vermittelt hatte.[55] Raaff und der aus Böhmen stammende Verleger François-Joseph Heina (1729–1790) kümmerten sich liebevoll um Mozarts Mutter.[56] Mozart bekam von Legros auch Aufträge für das Concert spirituel: Er komponierte ergänzende Chöre für ein ‘‘Miserere‘‘ von Holzbauer sowie – für die Solisten Wendling, Ramm, Giovanni Punto und Georg Wenzel Ritter) – eine Sinfonia concertante für Flöte, Oboe, Waldhorn und Fagott.[57] Doch beide Arbeiten endeten als Fehlschläge:

„Nun muß ich ihnen eine beschreibung vom Concert spirituel machen. das muß ich ihnen […] sagen, daß meine Chör=arbeit so zu sagen umsonst war. denn das miserere von holzbauer ist ohnedieß lang, und hat nicht gefallen, mithin hat man anstatt 4 nur 2 Chör von mir gemacht. [...] Nun aber mit der Sinfonie Concertante hat es wieder ein Hickl=hackl. [...] ich habe die Sinfonie machen müssen, in gröster Eÿl, [...] und die 4 Concertanten waren und sind noch ganz darein verliebt. Le gros hat sie 4 täg zum abschreiben. ich finde sie aber noch immer an nemmlichen Plaz liegen. Endlich den vorlezten tag finde ich sie nicht [...] frage den Le gros. apropós. haben sie die Sinf: Concertant schon zum schreiben geben? – nein – ich habs vergessen. [...] der Ramm ist fuchswild worden, und hat in den Musique Zimmer französisch über den Le gros geschmält [...] – ich glaub aber, da ist der Cambini ein welscher Maestro hier, ursache […]“[58]

Cambini war mit über 80 Sinfonie concertantes beim Concert spirituel erfolgreich und Mozart anscheinend ein ungelegener Konkurrent für ihn.[59] Nachdem Wendling am 31. Mai 1778 aus Paris abgereist war, stand das Solistenensemble für Mozarts Sinfonia concertante auch nicht mehr zur Verfügung.[60] Sowohl die Chorsätze zu Holzbauers ‘‘Miserere‘‘ (KV 297a) als auch die für das Concert spirituel komponierte Sinfonia concertante gelten als verschollen. Am 3. Oktober 1778 schrieb Mozart seinem Vater aus Nancy: „[die] sinfonie Concertante hat mir der Le Gros abkauft; – er meint er hat es allein, es ist aber nicht wahr; ich hab sie noch frisch in meinen kopf, und werde sie, sobald ich nach hause komme, wieder aufsetzen;“[61] Dazu kam es offenbar nicht. Nach aktuellem Forschungsstand ist das Werk nicht identisch mit der (anders besetzten) apokryphen Sinfonia concertante für vier Bläser Es-Dur KV 297b für Oboe, Klarinette, Horn, Fagott und Orchester.
Mehr Erfolg hatte Mozart mit der „grossen Sinfonie“ in D-Dur (KV 297), die Legros zur Eröffnung des Concert spirituel am Fronleichnamstag in Auftrag gab.[62] Sie wurde zuerst am 12. Juni in privatem Rahmen beim dem Pfälzer Diplomaten und Chemiker Graf Karl Heinrich Joseph von Sickingen vorgestellt.[63] Mozart hatte bewusst Effekte eingesetzt, die beim Pariser Publikum beliebt waren. Wie dort üblich, hat die Sinfonie nur drei Sätze. Das Orchester ist groß besetzt, die Bläsergruppe umfasst zum ersten Mal auch Klarinetten. Nachdem die Generalprobe katastrophal verlaufen war – „beÿ der Prob war es mir sehr bange, denn ich habe mein lebeTag nichts schlechters gehört; sie können sich nicht vorstellen, wie sie die Sinfonie 2 mahl nacheinander herunter gehudeld, und herunter gekrazet haben“ – wurde die Aufführung am 18. Juni ein Triumph.[64] Dennoch hatte das „das Andante […] nicht das glück gehabt, [Legros] zufrieden zu stellen – er sagt es seÿe zu viell Modulation darin – und zu lang […]“. Obwohl Mozart selbst diesen Satz für den besten des Werkes hielt, komponierte er ein neues Andante. Sein Fazit: „[…] jedes in seiner art ist recht – denn es hat jedes einen andern Caractére – das lezte gefällt mir aber noch besser […]“.[65] Mit diesem neu komponierten zweiten Satz wurde die Sinfonie am 15. August (Mariä Himmelfahrt) noch einmal im Concert spirituel gegeben.[66] (Die Partituren beider Sätze im 6/8- und im 3/4-Takt sind erhalten geblieben. Heute wird meistens das „Andantino“ im 6/8-Takt gespielt. Ob es wirklich die ältere Fassung ist, wie oft angenommen, ist unsicher.)
Am 11. Juni 1778 wurde als Einlage zu Niccolò Piccinis Oper ‘‘Le finte gemelle‘‘ die Ballettmusik ‘‘Les petits riens‘‘ (KV 299b) nach der Choreographie von Jean Georges Noverre uraufgeführt.[67] Einige, aber nicht alle Tanznummern stammen von Mozart. Einen finanziellen Gewinn hatte er offenbar nicht.[68]
Mozart hatte in Paris auch Schüler, doch die Unterrichtstätigkeit gestaltete sich zeitaufwendig und wenig lukrativ. Seine Mutter erstattete dem Vater am 14. Mai 1778 Bericht: „[…] dermahlen hat er 3 Scolaren, er könnte mehrer haben er kan sie nicht nehmen, weill alles so weith entlegen ist […]“.[69] Eine Kompositionsschülerin war die auf diesem Gebiet offenbar wenig begabte Tochter des Adrien-Louis Bonnières de Souastre Comte (Duc) de Guines. Immerhin spielte ihr Vater „unvergleichlich die flöte […], und sie magnifique die Harpfe“, und Mozart schrieb für sie das Konzert für Flöte, Harfe und Orchester (KV 299). Hinsichtlich der Bezahlung erwies der Duc sich allerdings als schäbig:

„stellen sie sich vor, der Duc de guines [...] liess mich 24 lectionen machen, wo man allzeit nach der 12:ten zahlt, gieng in die Campagne – kam in 10 tägen zurück ohne mir etwas sagen zu lassen [...] Endlich ziehte die gouvernante einen beütel heraus, und sagte mir; verzeÿhen sie, daß ich ihnen für diesesmahl nur 12 lectionen zahle [...] und zählte mir 3 louis d’or her – und sezte hinzu – ich hoffe sie werden zufrieden seÿn – [...] der Mr: Le duc hatte also keine Ehre im leib – und dachte das ist ein junger mensch, und nebst diesen ein dummer teütscher [...] der wird also gar froh darum seÿn – der dumme teütsche war aber nicht froh darum – [...] er wollte mir also für 2 stunde eine stunde zahlen – und dießaus égard, weil er schon 4 Monath ein Concert auf die flöte und harpfe von mir hat, welches er mir noch nicht bezahlt hat [...].“[70]

Wiederholt erwog Mozart, eine Oper für Paris zu komponieren. „Ich werde […] eine opera [machen], ganz von mir, en deux acts. mit den Ersten Act ist der Poet schon fertig. der Noverre […] hat es übersich genommen, und die iddè darzu gegeben. ich glaube es wird Allexandre und Roxane werden.“[71] Doch es gab Probleme mit dem Libretto.

„man findet sehr schwehr ein gutes Poëme. die alten, welche die besten sind, sind nicht auf den Modernen styl eingerichtet, und die neüen sind alle nichts nutz; […] es sind nun 2 opern in aria die ich schreiben könnte, eine endeuxacts, die andere en trois. die en deux ist Alexandre et Roxeane – der Poet aber der sie schreibt ist noch in der Campagne – die en trois ist Demofont, von Metastasio, übersezt, und mit Chöre und tänze vermischt […] dieser habe ich auch noch nichts sehen können.“[72] Außerdem hatte Mozart Schwierigkeiten mit der Sprache.“[73]

Es wurde auch keine Vergütung garantiert.[74] Zudem beherrschte der „Opernstreit“ zwischen „Piccinisten“ und „Gluckisten“ das Pariser Kulturleben, der es Mozart schwer machte, sich mit einem eigenen Werk zu positionieren.[75]
Auch eine Organistenstelle in Versailles wurde in Erwägung gezogen. „dieser „Rudolph“ [der Hornist Jean Joseph Rodolphe] hat mir die organisten stelle angetragen zu versailles, wenn ich sie annehmen will. sie trägt das jahr 2000 liv:res; da muß ich aber 6 Monath zu versailles leben. die übrigen 6 zu Paris, oder wo ich will. Ich glaube aber nicht daß ich es annehmen werde. ich muß guter freünde rath darüber hören.“[76] Leopold Mozart meinte „das must du nicht so gleich wegwerffen“,[77] aber Mozart fand die Stelle nicht attraktiv und wollte sich damit nicht in Abhängigkeit begeben.[78]

Am 3. Juli 1778 verstarb nach kurzer Krankheit Mozarts Mutter um 10 Uhr abends. Außer ihrem Sohn waren François-Joseph Heina und eine Wärterin anwesend.[79] Sie wurde am nächsten Tag auf dem Friedhof von Saint-Eustache beigesetzt. Erschüttert schrieb er seinem Vater zunächst nur, dass die Mutter sehr krank sei.[80] Zugleich weihte er den vertrauten Freund Abbé Joseph Bullinger ein und bat ihn, seinen Vater und seine Schwester persönlich auf die Todesnachricht vorzubereiten.[81] Diese teilte er dem Vater dann am 9. Juli brieflich mit.[82]
Mozart wohnte anschließend bei Grimm und Madame d’Epinay.[83]

Im August traf Mozart in Saint-Germain-en-Laye, damals ein Vorort von Paris, Johann Christian Bach wieder. Begeistert berichtete er seinem Vater:

„[…] sie sehen daß ich nicht in Paris bin – M:r Bach von london ist schon 14 täge hier, er wird eine französische opera schreiben – er ist nur hier die sänger zu hören, dann geht er nach London, schreibt sie, und kommt, sie in scena zu setzen; – seine freüde, und meine freüde als wir uns wieder sahen, können sie sich leicht vorstellen – vielleicht ist seine freüde nicht so wahrhaft – doch muß man ihm dieses lassen, daß er ein Ehrlicher Man ist, und den leüten gerechtigkeit wiederfahren läst; ich liebe ihn – wie sie wohl wissen – von ganzem herzen – und habe hochachtung für ihn, und er – das ist ein mahl gewis, daß er mich so wohl zu mir selbst, als beÿ andern leüten – nicht übertrieben wie einige, sondern Ernsthaft – wahrhaft, gelobt hat […].“[84]

Eine Bemerkung Leopolds deutet darauf hin, dass Johann Christian Bach daran dachte, Mozart nach London zu holen – eine Idee, die Leopold umgehend zurückwies.[85] In Mozarts eigenen Briefen findet sich kein Hinweis auf solche Pläne.

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Familienbild, Johann Nepomuk della Croce zugeschrieben (ca. 1781). An der Wand das Porträt der bereits verstorbenen Mutter Anna Maria nach einem Gemälde von Rosa Hagenauer (1765). Die Hände Mozarts und seiner Schwester überkreuzen sich beim Vierhändigspiel[86]

Mit Grimm kam es zunehmend zu Spannungen. Er hatte Leopold gegenüber Zweifel geäußert, dass sein Sohn in Paris Fuß fassen könne: er sei „zu treuherzig“, zu wenig aktiv und nicht in der Lage, sein Auskommen zu finden.[87] Grimm ließ auch durchblicken, dass er fürchtete, finanziell in Anspruch genommen zu werden.[88] Nachdem die Auseinandersetzungen eskaliert waren, schilderte Mozart sie am 11. September ausführlich seinem Vater[89] und resümmierte: „dieses werde ich ihnen alles mündlich sagen, und klar vor die augen stellen, daß der M:r grimm im stande ist kindern zu helfen, aber nicht erwachsenen leüten“.[90]

Rückreise

Unterdessen suchte Vater Leopold nach einem Ausweg aus der gewachsenen Verschuldung: Er verhandelte mit dem Erzbischof über eine erneute Anstellung seines Sohnes in Salzburg. Dabei wurde nicht nur eine „Bessere Besoldung“ zugesichert, er bekam sogar die Zusage, dass „wenn du eine opera schreiben willst, er dich, wo es immer ist hinreisen lasse“.[91] Auch für sich selbst, der schon seit 1763 die Position des Vizekapellmeisters bekleidete, suchte Leopold eine Verbesserung und bewarb sich nach dem Tod des Kapellmeisters Giuseppe Lolli um dessen Stelle.[92] Die bekam er nicht, aber „für seine durch die Vakanz vermehrte Arbeit eine jährliche Zulage von 100 Gulden.“[93] Leopold machte seinem Sohn immer wieder Vorwürfe, „schlösser in die Luft zu bauen“[94] und sich „flichtigen Lieblingsgedanken und Projeckten [zu überlassen], die wie eine Seifenblase in der Luft zerplatzen“,[95] versuchte es nun aber auch im Guten, warb sogar mit Aussichten für Aloisia in Salzburg – wenn sie sich vorstelle, „da sollen sie bey uns wohnen“,[96] – und schlug seinem Sohn selber vor, er könne doch über Deckadressen mit ihr korrespondieren.[97] Mozart, der bilanzierte, „daß mir diese reise [nach Paris] nicht unützlich war – in der Composition versteht es sich“[98], der Paris zwar „nicht leiden“ konnte, aber nun doch fand „[dass] izt meine sachen immer besser zu gehen anfiengen, und ich nicht zweifle, daß wenn ich mich entschliessen könnte, etliche jahre hier aus=zuhalten, ich meine sache ganz gewis sehr gut machen würde"[99], hatte auf Grund seiner finanziellen Zwangslage keine Wahl: „nur sie, liebster vatter […] können mir die bitterkeiten von Salzburg versüssen“.[100] „[…] der Erzbischof kan mich gar nicht genug bezahlen für die sclaverey in salzbourg!“[101]
Grimm wollte seinen Gast nun so schnell wie möglich loswerden. „Er hat pretendirt ich soll in 8 tägen abreisen; so eilt er“.[102] Mozart kam in Bedrängnis und konnte die Edition seiner Sechs Sonaten für Klavier und Violine (KV 301–306) bei Jean-Georges Sieber, die er Marie Elisabeth Kurfüstin von der Pfalz widmen wollte[103], nicht mehr selbst überwachen. „[…] sie werden vielleicht voll der fehler herauskommen, weil ich sie selbst nicht hab durchsehen können […] so etwas, das klein aus=sieht, kan oft glück, Ehre und geld, oder aber auch schande zuwegen bringen“.[104] Die Sonaten erschienen als „Opus I“ im November 1778.[105] Mit dem deutschstämmigen, in Paris ansässigen Komponisten und Verleger Jean-Georges Sieber hatte Mozart in Paris Freundschaft geschlossen. Diese wurde später in einem Briefwechsel aufrechterhalten.[106]
Mozarts Vater zeigte Verständnis für die Position seines Sohnes gegen Grimm.[107] Dieser fühlte sich Leopold gegenüber immer noch verpflichtet und erklärte sich bereit, Mozarts Fahrtkosten von Paris bis nach Straßburg zu bezahlen.[108] Für die Weiterreise bis nach Augsburg hinterlegte Leopold in Straßburg ein „Billett“ (Kreditbrief); in Augsburg sollten mit Hilfe des Onkels Franz Alois weitere Vorkehrungen für die Heimreise bis nach Salzburg getroffen werden.[109] Mozart selbst war nur noch wütend auf Grimm. Er ärgerte sich, dass er mit einem einfachen Wagen reisen sollte, der für die Strecke von Paris nach Straßburg 12 Tage brauchen würde. Nach acht Tagen tat er sich mit einem Reisegefährten zusammen, sie zahlten drauf und wollten ab Nancy mit der schnelleren Post reisen,[110] woraus allerdings mangels einer „gute[bn] gelegenheit“[111] erstmal nichts wurde. Mozart blieb circa 10 Tage in Nancy, ehe er ungefähr am 14. Oktober nach Straßburg weiterfuhr.[112] Sein Vater stand unterdessen Todesängste aus, weil er keine Nachrichten hatte.[113] In Straßburg gab Mozart am 17. Oktober 1778 ein Solo-Konzert auf Subskription und am 24. und 31. Oktober zwei Konzerte mit Orchester im Straßburger Theater. „Diese Konzerte waren spärlich besucht.“[114]
Mozarts Gedanken kreisten derweilen immer um Aloisia Weber, den Traum von einer Zukunft mit ihr und die Sehnsucht, ihr und ihrer Familie zu helfen. „Ein langer Brief an Vater Weber (vom 29. Juli 1778) mit zum Teil kurios anmutenden Ratschlägen[115] und ein italienisch geschriebener Brief (vom 30. Juli 1778) an Aloysia[116] zeugen davon.“[117]
Inzwischen hatte sich in Mannheim einiges geändert. Am 30. Dezember 1777 war der bayerische Kurfürst Max II. Joseph gestorben, der Mannheimer Kurfürst Karl Theodor trat die Nachfolge an und verlegte seine Residenz samt Theater und Hofkapelle nach München. Am 10. September 1778 schickte Leopold Mozart seinem Sohn eine „Lista der nach München gehenden Manheimmer Musik“[118] Zwei Wochen später gab es auch Informationen über Aloisia Weber: „[…] ich hatte schon unterm 15 Sept.: Nachricht aus München daß der gr: Seau die Ms:le weber mit 600 f zum Teutschen Theater engagiert hat. des vatters 400 f dazu, sind 1000 f.“[119] Am Ende waren die Gehälter sogar noch besser: „[…] sie kommen nun auf 1600 fl: – denn die tochter hat allein 1000, und ihr vatter 400 und dann wieder 200 als Souffleur – der Cannabich hat das meiste dabeÿ gethan – es war eine ganze historie […]“[120] Die Webers brauchten keine Hilfe mehr.
Mozart suchte aber auch immer noch nach einer Gelegenheit, die Rückkehr nach Salzburg abzuwenden. Er reiste – gegen den Willen seines Vaters[121] – erneut nach Mannheim, wo er am 6. November 1778 eintraf und bei Cannabichs Frau Marie Elisabeth wohnte.[122] Am 16. November besuchte er die Mannheimer Sternwarte und trug sich in das Gästebuch ein.[123] Tatsächlich machte er sich Hoffnungen auf ein Engagement: „[…] ich weis nicht, ich glaube, ich werde doch noch hier angestellet werden! – hier, nicht in München; denn, der Churfürst wird, glaube ich, gar gerne wieder seine Residenz in Manheim machen […]“.[124] „Nun kommt etwas; – ich kann hier vielleicht 40 louisd’or gewinnen! – freÿlich muß ich 6 wochen hier bleiben – oder längstens 2 Monath […]“[125]
Leopold verlor die Nerven:

„[…] Ich weis in der That nicht, was ich schreiben muß – ich werde noch von Sinnen kommen, oder an einer Abzehrung sterben. Es ist ohnmöglich mich aller deiner projecten, die du seit deiner Abreise von Salzb: im kopf hattest und auch mir überschriebst zu erinnern, ohne meinen gesunden Menschenverstand darüber zu verlieren. […] Du hoffest in Manheim angestellt zu werden? […] ich will das Wort angestellt nicht hören. […] die Herrn Manheimmer sind närrisch, wenn sie sich einbilden der Churfurst werde München verlassen; […] allein was nützt alles dieses Geschwätz. die Hauptsache ist, daß du itzt nach Salzb: kommst. Ich will nichts von denen vielleicht zu verdienenden 40 Louisd’or wissen. deine ganze Absicht gehet dahin mich zu Grunde zu richten nur um deine in Lüften stehende Plane auszuführen.“[126]

Er machte eine Abrechnung, nach der die Schulden sich inzwischen auf 863 Gulden beliefen.[127] Am 9. Dezember verließ Mozart Mannheim wieder und reiste über verschiedene Stationen nach München, wo er am 25. Dezember ankam und bei der Familie Weber abstieg.[128] Er hatte für Aloisia eine Arie (‘‘Popoli di Tessaglia‘‘, KV 316) komponiert, die „ihr so past, wie ein kleid auf den leib“[129] Doch tief enttäuscht musste er erleben, dass sie ihn zurückwies. Seine Verzweiflung brachte er in einem Brief an seinen Vater zum Ausdruck, ohne den Grund zu nennen: „[…] heüte kann ich nichts als weinen […]“.[130] In München traf Mozart auch seine Cousine („Bäsle“) Maria Anna Thekla.[131] Wahrscheinlich reiste er in ihrer Begleitung am 13. Januar 1779 mit dem Fuhrunternehmer Franz Xaver Gschwendtner nach Salzburg.[132] Noch am 8. Januar klagte Mozart „ich schwöre ihnen beÿ meiner Ehre daß ich Salzburg und die ihnwonner (ich rede von gebohrnen Salzburgern) nicht leiden kann; – mir ist ihre sprache – ihre lebensart ganz unerträglich;“[133] Doch er schrieb ein Anstellungsgesuch an Fürsterzbischof von Colloredo[134] und übernahm die Stelle eines Hoforganisten mit einem Jahresgehalt von 450 Gulden. Er wohnte dann fast zwei Jahre wieder bei seinem Vater.[135] Der erneute Versuch mit einem Engagement in Salzburg ging 20 Monate leidlich gut, obwohl das Verhältnis zum Erzbischof angespannt blieb.

Idomeneo und der Bruch mit dem Erzbischof (1780–1781)

Im Herbst 1780 bekam Mozart vom bayerischen Kurfürsten Karl Theodor einen lang ersehnten großen Opernauftrag für die bevorstehende Karnevalssaison. Er reiste am 5. November 1780 nach München, um die Opera seria Idomeneo, re di Creta (KV 366) zu komponieren und mit den Sängern und Sängerinnen sowie dem renommierten Hoforchester einzustudieren. Die meisten Beteiligten kannte er schon aus Mannheim: neben dem bereits 66 Jahre alten Tenor, seinem Freund Anton Raaff, in der Titelrolle wirkten unter anderem Dorothea Wendling in der Partie der Ilia und Elisabeth Augusta Wendling in der Partie der Elettra mit, die musikalische Leitung hatte Christian Cannabich. Intendant des Hoftheaters war Joseph Anton von Seeau, mit dem Mozart sechs Jahre zuvor schon bei der Aufführung von La finta giardiniera zusammengearbeitet hatte.

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Anton Raaff als Idomeneo

Leopold Mozart unterstützte die Arbeit seines Sohnes von Salzburg aus und verhandelte mit dem Librettisten Giambattista Varesco, der als Hofkaplan in Salzburg lebte. In etlichen Briefen wurden Fragen der Dramaturgie, der Anordnung und musikalischen Gestaltung erörtert, es kam noch einmal zu einer fruchtbaren Kooperation zwischen Vater und Sohn.[136] Die Uraufführung fand mit großem Erfolg am 29. Jänner 1781 im Münchener Residenztheater statt. Mozarts Vater, seine Schwester und mehrere Freunde reisten nach München, um dem Ereignis beizuwohnen.

Für den Aufenthalt in München hatte Erzbischof Colloredo Mozart einen sechswöchigen Urlaub gewährt, der bei weitem nicht ausreichte und erheblich überschritten wurde – ein Risiko, das Mozart nicht nur bewusst einging, sondern geradezu suchte:

„apropós wie ist es denn mit dem erzbischof? – künftigen Montag wird es sechs Wochen daß ich von Salzburg weg bin; sie wissen, mein liebster Vatter, daß ich nur ihnen zu liebe in …….. bin – denn, beÿ gott, wenn es auf mich ankämme – so würde ich bevor ich dießmal abgereiset bin, an den letzen Decret den Hintern geputzt haben denn, mir wird beÿ meiner Ehre nicht Salzburg – sondern der Fürst – die stolze Noblesse alle tage unerträglicher – ich würde also mit vergnügen erwarten, daß er mir schreiben liesse, er brauche mich nicht mehr […].“[137][138]

Doch es kam erst einmal anders. Nachdem Mozart auch noch den Februar 1781 zusammen mit seinem Vater und seiner Schwester in München verbracht hatte, wurde er im März von seinem Dienstherrn nach Wien beordert. Der Erzbischof reiste dorthin, um seinen erkrankten Vater zu besuchen, und hatte einen Teil seines Hofstaats im Gefolge, darunter seinen Kammerherrn und Oberküchenmeister Karl Joseph Maria Graf Arco und auch einige seiner Musiker, mit denen er in der Metropole glänzen wollte. „[…] Mozart war dabei sicher das wichtigste Aushängeschild.“[139] Am 12. März 1781 reiste er in München ab und traf am Morgen des 16. März in Wien ein. Anders als seine Musikerkollegen Antonio Brunetti und Francesco Ceccarelli wurde Mozart im Haus des Deutschen Ritterordens (Deutschordenshaus oder Deutsches Haus) im Blickfeld seines Arbeitgebers einquartiert.[140]
In festgelegter Sitzordnung wurden die Mahlzeiten eingenommen:

„um 12 uhr zu Mittage – leider für mich ein bischen zu frühe – gehen wir schon zu tische – da speisen die 2 Herrn Herrn leib und Seel kammerdiener, H: Controleur, H: Zetti, der zuckerbacker, 2 herrn köche, Ceccarelli, Brunetti und – meine Wenigkeit – NB: die 2 herrn leibkammerdiener sitzen oben an – Ich habe doch wenigstens die Ehre vor den köchen zu sitzen […].“[141]

Neben den Konzerten im Dienste des Erzbischofs suchte Mozart in Wien zusätzliche Verdienstmöglichkeiten und Gelegenheiten, sich bekannt zu machen. Konflikte mit seinem Arbeitgeber waren vorprogrammiert:

„wie gerne gäb ich nicht ein öfentliches Concert wie es hier der Brauch ist, aber – es wird mir nicht erlaubt, das weis ich gewis, denn, stellen sie sich vor – sie wissen daß hier eine Societet ist, welche zum vortheile der Witwen von den Musicis accademien giebt – alles was nur Musik heist spiellt da umsonst […] kein virtuos der nur ein bischen liebe des Nächsten hat, schlägt es ab darin zu spiellen […] – denn, man macht sich auch sowohl beÿm kaÿser als beÿm Publicum darum beliebt. – […] ich sagte […] gleich zu, doch müste ich vorher meines fürsten Gutachten darüber vernehmen – und ich hatte gar keinen zweifel weil es eine geistliche art, und unentgeldlich nur um eines gutes Werk zu thun, ist; – er erlaubte es mir nicht; – die ganze noblesse hier hat ihm dieses übel genommen.“[142]

Der Protest der „Noblesse“ hatte indessen Erfolg, vier Tage später berichtet Mozart, dass der Erzbischof ihm nun doch „erlaubt hat in den Witwen Concert zu spielen.“[143]

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Erzbischof Hieronymus von Colloredo

Nach gut zwei Wochen gab es die nächste Enttäuschung:

„als wir hier im hause das Erste grosse Concert hatten, schickte uns dreÿen [Brunetti, Ceccarelli und Mozart] der erzbischof jedem 4 ducaten – […] was mich aber halb desperat macht, ist, daß ich an dem Nemlichen abend als wir die scheis-Musick da hatten, zur Gräfin Thun invitirt war – und also nicht hinkommen konnte, und wer war dort? – der kaÿser. […] und Jedes hat 50 dukaten bekommen! – und welche gelegenheit!“[144]

Die Situation spitzte sich zu, als der Erzbischof die Rückkehr nach Salzburg in die Wege leitete. Schon am 8. April 1781 schrieb Mozart an seinen Vater: „izt bitte ich mir, so bald möglich […] einen vätterlichen […] Rath aus. – es heist nun wir sollen in vierzehen tagen nach salzburg reisen – ich kann nicht allein ohne meinen schaden sondern mit meinem nutzen hier bleiben – Ich habe also im sinn dem erzbischof zu bitten mir noch hier zu bleiben zu erlauben – liebster Vatter […] wenn sie nicht wären: so schwöre ich ihnen beÿ meiner ehre das ich […] gleich meine dienste quittirte […].“[145] Die Antwort auf diesen Brief ist nicht erhalten, wie auch sämtliche weiteren Briefe, die Leopold Mozart an seinen Sohn nach Wien geschickt hat, verschollen sind. Ihr Inhalt lässt sich daher nur aus den Briefen des Sohnes erschließen. Auf alle Fälle unterstützte Leopold dessen Pläne nicht. Mozart lenkte zunächst scheinbar ein, schob seine Rückreise jedoch immer wieder auf. Daraufhin kam es, nachdem Mozart sich seinem eigenen Bericht zufolge in zwei Audienzen noch beherrscht hatte, bei einer dritten Begegnung zum Eklat, und er annoncierte dem Erzbischof seine Kündigung:

„[Er] hiesse mich einen lumpen, lausbub, einen fexen – o möchte ihnen nicht alles schreiben – Endlich da mein geblüt zu starck in wallung gebracht wurde, so sagte ich – sind also Ew: H: gnaden nicht zu frieden mit mir? – was, er will mir drohen, er fex, O er fex! – dort ist die tühr […] also geh er – und ich: im weg gehen – es soll auch dabeÿ bleiben; morgen werden sie es schriftlich bekommen.“[146]

Doch Mozart wurde sein Kündigungsschreiben nicht los. Der Kammerherr Graf Arco weigerte sich, es zusammen mit dem bereits ausgezahlten Reisegeld entgegenzunehmen.[147] Unterdessen hatte Leopold Mozart, der ja auch selbst in Diensten des Erzbischofs stand und weiterhin mit ihm auskommen musste, einen Brief an Arco geschrieben und ihn um Vermittlung gebeten. Aber ohne Erfolg: nach einer eher freundlichen Unterredung verlor Arco bei einer erneuten Begegnung am 8. Juni 1781[148] die Beherrschung. Es kam zu dem berüchtigten Fußtritt:

„Nun hat es der Herr Graf Arko recht gut gemacht! – das ist also die art die leute zu bereden, sie an sich zu ziehen. – daß man aus angebohrner dummheit die Bittschriften nicht annimt, aus manglung des Muths und aus liebe zur fuchsschwänzereÿ dem Herrn gar kein Wort sagt, Jemand vier Wochen herum zieht, und endlich da derjenige gezwungen ist die Bittschrift selbst zu überreichen, anstatt ihm wenigstens den zutritt zu verstatten, ihn zur thüre hinaus schmeist, und einen tritt im Hintern giebt.“[149]

Damit war der Bruch vollzogen, Mozart war die letztgültige Entscheidung abgenommen worden, „er [war] nun eindeutig Opfer des erzbischöflichen 'Menschenfeindes'“.[150]
Der Riss, den dieses Ereignis in der Beziehung zwischen Vater und Sohn auslöste, wirkte noch lange nach und konnte wahrscheinlich nie mehr ganz gekittet werden. Zumal Mozart einen weiteren, von seinem Vater zumindest erahnten und ihm aufs Äußerste missfallenden Grund hatte, in Wien zu bleiben: den neu aufblühenden Kontakt zur Familie Weber.[151] Bereits Anfang Mai hatte der Erzbischof Mozart mitteilen lassen, dass er wegen der bevorstehenden Rückkehr nach Salzburg die Unterkunft im Deutschordenshaus zu räumen habe. „ich machte also alles geschwind in den koffer zusamm, und – die alte Mad:me Weber war so gütig mir ihr haus zu offriren – da habe ich mein hüpsches zimer; bin beÿ dienstfertigen leuten, die mir in allen, was man oft geschwind braucht, und (wen man allein ist nicht haben kan) an die hand gehen.“[152] Bei Cäcilia Weber, unter der Adresse Am Peter „Zum Auge Gottes“ im zweiten Stock, wohnte Mozart bis Anfang September 1781.[153]

Freischaffender Komponist in Wien (1781–1791)

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Titelblatt des Librettos von Le Nozze di Figaro, Prag 1786

Die ersten Monate, in denen Mozart versuchte, als freischaffender Künstler in Wien Fuß zu fassen, gestalteten sich schwierig. Der Sommer war heiß,[154] und „die vornehmsten Häuser [waren] auf dem lande“.[155] Somit fanden keine Konzertakademien statt, und auch mit Klavierunterricht ließ sich nur wenig Geld verdienen.[156]
Größten Argwohn weckte bei Leopold die Nachricht, dass sein Sohn ausgerechnet bei Cäcilia Weber Kost und Logis gefunden hatte.[157] Für diesen gestaltete sich die Situation in dem Haushalt jedoch angenehm:

„wir haben in meiner Wohnung 2 flügel, einer zum galanterie spiellen, und der andere eine Machine. der durchgendes mit der tiefen octav gestimt ist, wie der den wir in London hatten. folglich wie eine orgel.“[158]

Auch bei den Mahlzeiten wurde größte Rücksicht auf den Komponisten genommen:

„wann ich recht nothwendig zu schreiben hatte, so wartete man mit dem Essen so lange ich wollte, und ich konnte unangezogen fortschreiben, und dann nur zur andern thüre zum Essen hinein gehen. so wohl abends als Mittags.“[159]

Doch bald kursierten Gerüchte über das Verhältnis zwischen Mozart und einer der Töchter dieser Familie, die auch Vater Leopold erreichten. Als die Nachrichten sich Mitte Juli 1781 konkretisierten, sah Mozart sich nach einer anderen Wohnung um, und am 7. September teilte er seinem Vater mit: „Ich schreibe ihnen nun in meinem Neuen Zimmer. auf dem graben N:o 1175 im 3:ten stock.“[160]
Ein Vierteljahr später gestand Mozart seinem Vater erstmals seine Heiratsabsichten: „Nun aber wer ist der Gegenstand meiner liebe? – erschröcken sie auch da nicht, ich bitte sie; – doch nicht eine Weberische? – Ja eine Weberische – aber nicht Josepha – nicht Sophie – sondern Costanza; die Mittelste.“[161] Bis zur Hochzeit dauerte es dann noch ein halbes Jahr. Inzwischen hatte sich auch das Verhältnis zwischen dem künftigen Brautpaar und Constanzes Mutter, die um ihren eigenen Ruf und den ihrer Tochter besorgt war, eingetrübt, zumal Constanze als Halbwaise auch noch ein Vormund zur Seite gestellt war. Cäcilia Weber drohte sogar, Constanze von der Polizei aus Mozarts Wohnung holen zu lassen.[162] Mozart bat seinen Vater händeringend um die Einwilligung zur Eheschließung, die er schließlich auch bekam. Da hatte die Hochzeit allerdings bereits stattgefunden: am 4. August 1782 heirateten Wolfgang Amadé Mozart und Constanze Weber.[163]

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Constanze Mozart im Jahr 1802, Porträt von Hans Hansen.

Ein kleines Hochzeitsessen, „welches in der that mehr fürstlich als Baronisch war“ wurde von der Baronin Martha Elisabeth von Waldstätten ausgerichtet, die als Vermittlerin wirkte.[164] Alle Originalzeugnisse – das sind vor allem Mozarts Briefe an seine Frau[165] (ihre Briefe an ihn sind nicht erhalten) – sprechen dafür, dass es eine glückliche Ehe war. (Allerdings hatten die meisten Mozart-Biographen der Vergangenheit, Arthur Schurig, Alfred Einstein, Erich Schenk, Wolfgang Hildesheimer und andere, keine hohe Meinung von Mozarts Frau: sie wurde als oberflächlich, ungebildet, leichtsinnig oder auch gewinnsüchtig, und obendrein noch als eine schlechte Hausfrau charakterisiert.[166] Sicherlich gingen die Aversionen letztlich auf Leopold Mozart zurück. „Gäbe es nicht jene Auseinandersetzung um seine Heiratseinwilligung, gäbe es nicht seit den Mannheimer Tagen jene Vorstellung Leopold Mozarts von der Umgarnung seines Sohnes durch die Familie Weber, so würde Konstanze wohl in anderer Beleuchtung dastehen.“[167])
Mozart hing leidenschaftlich an seiner Frau. „[Er] liebte Konstanze in ganz unvergleichlicher Weise, unbezweifelt, mit allen Fasern seiner physischen und psychischen Existenz.“[168] Trennungen konnte er kaum ertragen, sie lösten manifeste Depressionen bei ihm aus:

„ich freue mich wie ein kind wieder zu dir zurück – wenn die leute in mein herz sehen könnten, so müsste ich mich fast schämen. – es ist alles kalt für mich – eiskalt – Ja, wenn du beÿ mir wärest, da würde ich vieleicht an dem artigen betragen der leute gegen mich mehr vergnügen finden, – so ist es aber so leer […]“[169]

Das Paar bekam sechs Kinder: Raimund Leopold (* 17. Juni 1783; † 19. August 1783), Carl Thomas (* 21. September 1784; † 31. Oktober 1858), Johann Thomas Leopold (* 18. Oktober 1786; † 15. November 1786), Theresia Konstantia Adelheid Friderika (* 27. Dezember 1787; † 29. Juni 1788), Anna Maria (* 16. November 1789; † 16. November 1789) und Franz Xaver Wolfgang (* 26. Juli 1791; † 29. Juli 1844). Lediglich Carl Thomas und Franz Xaver Wolfgang überlebten die Kinderzeit.
Bereits kurz nach der Geburt ihres ersten Kindes, im Juli 1783, besuchten Mozart und seine Frau Vater Leopold und Schwester Maria Anna (Nannerl) in Salzburg. Sie blieben dort vier Monate. Unterdessen starb in Wien am 19. August 1783 ihr Sohn Raimund Leopold, den sie bei einer Amme zurückgelassen hatten.[170] Die Reise hat Mozart zum letzten Mal in seine Geburtsstadt geführt.[171] Am 11. Februar 1785 traf Leopold zu einem Gegenbesuch in Wien ein. Er war beeindruckt vom Erfolg seines Sohnes und dessen aufwendigem Lebensstil.[172] Leopold Mozart starb am 28. Mai 1787 in Salzburg.

Mozart bestritt seinen Lebensunterhalt in Wien durch private und öffentliche Konzerte, war aber in den ersten Jahren auch auf das Honorar von Klavierschülern angewiesen. Befreit von den Salzburger „Fesseln“, schuf der nun unabhängige Komponist, der sich auch nicht scheute, auf „Vorrat“ zu arbeiten, die ganz großen Opern und eine Vielzahl von Klavierkonzerten, die er meist selbst vortrug.

  • Am 16. Juli 1782 wurde das von Kaiser Joseph II. in Auftrag gegebene Singspiel (in Deutsch!) Die Entführung aus dem Serail (KV 384) in Wien uraufgeführt. Es folgten Jahre, die mit der Komposition und Aufführung von Klavierkonzerten angefüllt waren und in denen es Mozart finanziell sehr gut ging.
  • Am 1. Mai 1786 war in Wien die Uraufführung der Opera buffa Le nozze di Figaro („Figaros Hochzeit“, KV 492)
  • Am 29. Oktober 1787 in Prag die Uraufführung des Dramma giocoso Don Giovanni („Don Juan“, KV 527)
  • Am 26. Jänner 1790 in Wien die Uraufführung der Opera buffa Così fan tutte („So machen es alle Frauen“, KV 588)
(diese letzten drei nach Libretti von Lorenzo Da Ponte)
  • Am 6. September 1791 war die Uraufführung der Opera seria La clemenza di Tito („Die Milde des Titus“, KV 621) in Prag
  • Am 30. September 1791 war die Uraufführung der großen Oper Die Zauberflöte (KV 620) in Emanuel Schikaneders Theater im Freihaus auf der Wieden. Damit war er zur deutschen Sprache zurückgekehrt. Geschichte und Texte der Zauberflöte gehen auf Emanuel Schikaneder zurück und stellen eine spekulative Mischung aus einem Vorgängerwerk Der Stein der Weisen, einem Märchen von Wieland und freimaurerischen Attributen, dar.

In seiner Wiener Zeit komponierte Mozart auch die Große Messe in c-Moll (KV 427) (1783) und wichtige Instrumentalwerke: die Linzer Sinfonie (KV 425), die Prager Sinfonie (KV 504) (1786) und die Serenade Eine kleine Nachtmusik (KV 525) (1787) sowie die drei letzten Sinfonien, in Es-Dur (KV 543, Nr. 39), g-Moll (KV 550, Nr. 40) und in C-Dur, genannt Jupiter-Sinfonie (KV 551, Nr. 41).

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Sei quartetti per due violini, viola, e violoncello. Composti e dedicati al Signor Giuseppe Haydn … dal suo amico W. A. Mozart. Erstausgabe. Artaria, Wien, 1785. – Widmung

Eine besondere Freundschaft entwickelte sich zwischen Mozart und dem 24 Jahre älteren Joseph Haydn, die sich in Wien persönlich begegneten. Beide hatten große Achtung vor der Person und den Werken des anderen und beeinflussten sich gegenseitig. Mozart bewunderte Haydns Streichquartette op. 33 (Russische Quartette), mit denen dieser die Gattung entscheidend weiterentwickelt hat, und widmete ihm sechs nach seinem Vorbild komponierte eigene Quartette. In der auf Italienisch verfassten Dedikation an seinen „Caro amico Haydn“ bezeichnet er sie als seine „Kinder (figli)“ und als „die Frucht einer langen und mühsamen Arbeit (il frutto di una lunga e laboriosa fatica)“.[173] Die Quartette wurden mehrmals in Hauskonzerten für Haydn und zum Teil wohl auch mit ihm aufgeführt. Anlässlich des Besuchs von Leopold Mozart in Wien spielten Mozart, sein Vater und die beiden Brüder Anton und Bartholomäus Freiherrn von Tinti, Mitglieder der Loge Zur wahren Eintracht,[174] am 12. Februar 1785 die letzten drei der Quartette. Vater Leopold berichtete seiner Tochter von dem Abend:

„am Samstag war abends h: Joseph Haydn und die 2 Baron Tindi beÿ uns, es wurden die neuen quartetten gemacht, aber nur die 3 neuen die er zu den andern 3, die wir haben, gemacht hat, – sie sind zwar ein bischen leichter, aber vortrefflich Componiert: h: Haydn sagte mir: ich sage ihnen vor Gott, als ein ehrlicher Mann, ihr Sohn ist der grösste Componist, den ich von Person und dem Nahmen nach kenne: er hat Geschmack, und über das die grösste Compositionswissenschaft.“[175]

Auch später hat Haydn immer wieder seine Zuneigung zu Mozart und seine Bewunderung für ihn zum Ausdruck gebracht.[176]

1782 oder 1783 lernte Mozart Gottfried van Swieten kennen, einen ausgewiesenen Musikliebhaber und Präfekten der kaiserlichen Bibliothek, der heutigen Österreichischen Nationalbibliothek. Dieser machte ihn bei den regulären Sonntagskonzerten in seinen Räumen in der kaiserlichen Bibliothek mit den Manuskripten Johann Sebastian Bachs und Georg Friedrich Händels bekannt, die er in Berlin gesammelt hatte. Die Begegnung mit diesen bedeutenden Vorgängern machte einen tiefen Eindruck auf Mozart, regte ihn zu einer intensiveren Beschäftigung mit Kontrapunkt und Fuge an und hatte umgehend großen Einfluss auf seine Kompositionen.[177]

Als Originalverleger Mozarts trat mit Heinrich Philipp Bossler einer der bedeutendsten Musikverleger seiner Zeit auf. In Bosslers Verlagshaus erschienen unter anderem die Ouvertüren Le nozze di Figaro und Don Giovanni.[178] Weiterhin wirkte Heinrich Philipp Bossler als Impresario der begnadeten Virtuosin Marianne Kirchgeßner, für deren Glasharmonikaspiel Mozart das Adagio und Rondo für Glasharmonika, Flöte, Klarinette, Viola und Violoncello (KV 617) und das Adagio (KV 356/617a) komponierte. Schon 1784 hatte Bossler, der Mozart persönlich kannte, einen Kupferstich mit dem Titel Signor Mozart angefertigt.[179] Impresario Bossler war es auch, der 1792 einen ausführlichen Nachruf auf Wolfgang Amadé Mozart publizierte und darin auf die schlechte Situation der mittellosen Kinder einging.[180]

Mozart trat am 14. Dezember 1784 in die Wiener Freimaurerloge Zur Wohltätigkeit ein, die später in die Bauhütte Zur neugekrönten Hoffnung überführt wurde. In der Literatur wird vielfach behauptet, dass dieser Schritt durch seinen Freund Otto Heinrich von Gemmingen-Hornberg vermittelt wurde, doch gibt es dafür keine Beweise.[181] Mozart besuchte regelmäßig auch eine zweite Wiener Loge Zur wahren Eintracht, deren Meister der Illuminat Ignaz von Born war. Dort wurde er am 7. Jänner 1785 zum Gesellen befördert. „In den beiden Logen ,Zur wahren Eintracht' und ,Zur Wohltätigkeit', die sich ein Lokal teilten, fand sich vor allem Bildungsbürgertum zusammen.“[182] Nachdem das Freimaurerpatent Josephs II. vom 11. Dezember 1785 die Zahl der zugelassenen Logen begrenzte und diese unter staatliche Kontrolle stellte, wurde 1786 die Loge Zur Wohltätigkeit in die Loge Zur gekrönten Hoffnung eingegliedert. Die Zahl der Brüder reduzierte sich daraufhin erheblich.[183] Mozart blieb jedoch bis zu seinem Tod 1791 aktives Logenmitglied.[184] Auch Joseph Haydn wurde 1785 in die Loge Zur wahren Eintracht aufgenommen. Bei seiner Initiation konnte Mozart nicht anwesend sein, da er am selben Abend – an dem zudem sein Vater Leopold Mozart zu Besuch aus Salzburg ankam – das erste seiner sechs Subskriptionskonzerte in der Mehlgrube gab und dabei den Solopart seines Klavierkonzertes in d-Moll (KV 466) spielte. Seinen Vater führte Mozart bei dessen Besuch ebenfalls in die Loge ein: er wurde am Mittwoch, den 6. April 1785 in der Bauhütte seines Sohnes als Maurerlehrling eingeweiht und am 16. und 22. April 1785 erneut in der Loge Zur wahren Eintracht in den 2. resp. 3. Grad erhoben.[185][186]

Besonders in Mozarts Opern Le nozze di Figaro und Die Zauberflöte sind gesellschaftskritische Bezüge zur Freimaurerei zu finden. Le nozze di Figaro (Libretto: Lorenzo da Ponte) hatte mit Zustimmung des Kaisers am 1. Mai 1786 im Wiener Burgtheater Premiere. Die Reaktionen des Publikums waren gemischt, es gab „offensichtlich sowohl begeisterte Zustimmung als auch (bestellte) Ablehnung“.[187] Nach nur neun Vorstellungen wurde die Oper abgesetzt; erst eine Neueinstudierung im August 1789 brachte es in Wien auf 28 Aufführungen. In Prag dagegen war das Werk auf Anhieb so erfolgreich, dass Mozart von einer „Gesellschaft grosser kenner und Liebhaber“ eigens zu einer Aufführung dorthin eingeladen wurde.[188]
Noch in demselben Jahr erhielt er von dem Prager Opernimpresario Pasquale Bondini den Auftrag zu einer neuen Oper. Am 29. Oktober 1787 wurde (mit zweiwöchiger Verspätung) Don Giovanni, wiederum nach einem Libretto von Lorenzo da Ponte, im Gräflich Nostitzschen Nationaltheater unter Leitung des Komponisten mit großem Erfolg uraufgeführt. „Mozart bekam von Bondini noch zusätzlich zum Honorar die Einnahmen der vierten Vorstellung; es muß eine Summe von 700 bis 1000 Gulden gewesen sein“.[189]

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W. A. Mozart im Jahr 1789. Silberstiftzeichnung von Dora Stock

Nachdem er 1787 noch zusätzliche Einkünfte aus der Erbschaft seines verstorbenen Vaters hatte und zudem am 7. Dezember mit einem Jahresgehalt von 800 Gulden von Joseph II. zum k.k. Kammermusicus ernannt worden war (später, am 9. Mai 1791 außerdem zum unbesoldeten Adjunkten des Domkapellmeisters des Stephansdoms, Leopold Hofmann), verschlechterte sich seine finanzielle Situation 1788 dramatisch. Im Sommer begann er, verzweifelte „Bettelbriefe“ an seinen Freund und Logenbruder Johann Michael Puchberg zu schreiben. Die Hintergründe lassen sich nicht vollständig aufklären. Das gesellschaftliche Leben in Wien wurde durch den Russisch-Österreichischen Türkenkrieg eingeschränkt.[190] Zudem erkrankte Mozarts Frau 1789 schwer, vermutlich an offenen Geschwüren an Füßen und Beinen, was ihn in größte Sorgen versetzte und hohe Arzt- und Apothekerkosten verursachte. „Für ihre Gesundheit war nichts zu teuer, und die besten Ärzte kamen zu ihr.“[191] Zur Nachbehandlung erfolgten Kuraufenthalte in Baden bei Wien. Einige kryptische Bemerkungen in Briefen an Puchberg und Constanze könnten zudem auf Spielschulden oder Verbindlichkeiten aus Spekulationsgeschäften hindeuten, doch gibt es dafür keine Beweise.[192] (Weiteres dazu unter Finanzielle Verhältnisse und Hinterlassenschaft).
Pläne Mozarts, mit seiner Frau nach England zu reisen und sich eventuell auch dauerhaft dort niederzulassen, zerschlugen sich.[193] Vom 8. April bis 4. Juni 1789 reiste er mit dem Fürsten Karl Lichnowsky über Prag, Dresden und Leipzig nach Potsdam und Berlin zum preußischen König Friedrich Wilhelm II. Über Anlass und Zweck dieser Reise ist wenig bekannt. Zu einem Anstellungsvertrag kam es nicht – „weder vom König noch von Mozart ist der Wunsch nach einem solchen Vertrag je laut geworden“.[194] Immerhin bekam Mozart vom preußischen König aber einen Auftrag für sechs Streichquartette sowie sechs Klaviersonaten für Prinzessin Friederike, sowie ein Honorar von 100 Friedrich d’or (etwa 785 Gulden), vermutlich für ein Konzert am Hof.[195]
Wenig später, „gerade [… als] er sich in schlimmen Geldverlegenheiten befand […], kam ein neuer Opernauftrag, mit 900 Gulden besser bezahlt als üblich“[196]: Im Herbst 1789 begann Mozart mit der Komposition der Oper Cosi fan tutte. Ein drittes Mal war Lorenzo da Ponte der Librettist. „Am 26. Januar 1790 war die Premiere, rechtzeitig zum Höhepunkt des Wiener Faschings“ im Wiener Burgtheater.[197] Es folgten vier weitere Vorstellungen, ehe nach dem Tod der Prinzessin Elisabeth und zwei Tage später auch des Kaisers Hoftrauer anberaumt wurde. Joseph II. hat die Oper nicht mehr gesehen.
Vom 23. September bis Anfang November 1790 reiste Mozart zur Krönung des neuen Kaisers Leopold II. nach Frankfurt am Main. Er war dort zusammen mit seinem Freund, dem Theaterdirektor Johann Heinrich Böhm, im „Backhaus“ in der Kalbächer Gasse 10 einquartiert.[198] Wahrscheinlich hatte er sich auf eigene Initiative auf den Weg gemacht, denn er „gehörte […] nicht zum offiziellen Gefolge des Kaisers“.[199] Empfand er dies als „Zurücksetzung“ und stürzte sich in Unkosten – für die Ausgaben verpfändete er sein Silberzeug – um unvermutet, in der Hoffnung, doch noch Beachtung zu finden, „herrschaftlich, mit Diener und eigener Kutsche, bei der Kaiserkrönung aufkreuzen“?[200] Sein Krönungskonzert (KV 537) wurde nur im Rahmen einer privaten Konzertveranstaltung im Hause des Frankfurter Bankiers Franz Maria Schweitzer aufgeführt.[201] Auf der Heimreise machte er Station in Mainz, Mannheim, Augsburg und München, wo ihn der bayerische Kurfürst spontan zu einer Akademie für das zu Gast in der bayerischen Residenzstadt weilende Königspaar von Neapel bat.[202] Während Mozarts Abwesenheit organisierte seine Frau den Umzug der Familie vom Judenplatz 4 in die Rauhensteingasse 8 und führte Darlehensverhandlungen mit Heinrich Lackenbacher.[203]

In Mozarts letztem Lebensjahr 1791 verbesserte sich seine finanzielle Lage wieder.[204] Er komponierte in diesem Jahr zwei Opern. Während Lorenzo da Ponte im Frühjahr von Kaiser Leopold II. aus seiner Stelle als Textdichter am Wiener Burgtheater entlassen wurde (vermutlich hauptsächlich wegen seiner „Skandalaffären“ mit der Sängerin Adriana Ferrarese del Bene)[205], begann Mozart mit der Arbeit an der Zauberflöte nach dem Libretto von Emanuel Schikaneder. Das Werk wurde am 30. September 1791 in Schikaneders Freihaustheater in der Wiener Vorstadt Wieden uraufgeführt und hatte überaus großen Erfolg. Es hat nicht nur Bezüge zur Freimaurerei, sondern richtete sich auch an ein anderes Publikum als alle früheren Opern von Mozart: an bürgerliche Besucher der Vorstadttheater, die „kleinen Leute“, „[…] die ihre Kasperle- und Hanswurstfiguren noch liebten, die den Einsatz der neuesten Theatermaschinen und des Bühnenzaubers bejubelten, eines Theaters, in dem noch Zirkusluft wehte“.[206]
Ab Mitte Juli arbeitete Mozart zugleich an der Opera seria La clemenza di Tito. Am 14. Juli überbrachte ihm der Prager Impresario Domenico Guardasoni im Namen der Böhmischen Stände den Auftrag, eine Festoper anlässlich der Krönung Leopolds II. zum König von Böhmen zu komponieren. Als Textvorlage diente das Libretto La clemenza di Tito von Pietro Metastasio aus dem Jahre 1734. Es bot sich an für den Anlass, denn der Lobpreis auf einen gütigen Herrscher konnte die Hoffnung zum Ausdruck bringen, dass Leopold die Reformpolitik seines Bruders mit Umsicht fortsetzen würde. Der Librettist Caterino Mazzolà überarbeitete den über 50 Jahre alten Text, wahrscheinlich in enger Zusammenarbeit mit Mozart, stark. Das Werk entstand in großer Eile und nahezu zeitgleich mit der Zauberflöte. Die Uraufführung fand bereits am 6. September 1791 im Gräflich Nostitzschen Nationaltheater unter Mozarts Leitung statt.

Letzte Werke und früher Tod

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Gedenktafel in der Rauhensteingasse 8
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Das Denkmal Mozarts auf dem Sankt Marxer Friedhof in Wien
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Grabdenkmal für Mozart auf dem Wiener Zentralfriedhof

Nach der Uraufführung von La clemenza di Tito in Prag kehrte Mozart Mitte September 1791 nach Wien zurück und stürzte sich in die Vorbereitung der Uraufführung der Zauberflöte (KV 620), die nur zwei Wochen später, am 30. September, über die Bühne ging. Anschließend arbeitete er an der Komposition des Requiems (KV 626). Mit der Motette Ave verum corpus (KV 618) hatte er sich bereits im Juni 1791 wieder der Kirchenmusik zugewandt. Den Auftrag zur Komposition des Requiems hatte er im Sommer 1791[207] von Graf Franz von Walsegg erhalten, der das Werk dem Gedächtnis seiner früh verstorbenen Gattin Anna widmen wollte, jedoch anonym blieb – der Überlieferung nach, weil er die Komposition als seine eigene ausgeben wollte[208] – und seine schriftliche Anfrage durch einen unbekannten Boten überbringen ließ. Mozart erhielt vorab eine hohe Anzahlung, bat jedoch wegen seiner vielen anderen Verpflichtungen um Zeitaufschub. Am Ende konnte er die Komposition nicht mehr vollenden: Constanze Mozart beauftragte nach dem Tod ihres Mannes Franz Xaver Süßmayr mit der Vervollständigung des Requiems unter Mozarts Namen.

Wenige Wochen nach der Uraufführung der Zauberflöte wurde Mozart am 20. November (etwa zwei Tage, nachdem er die Uraufführung seiner Kantate Laut verkünde unsre Freude, KV 623 geleitet hatte)[209] bettlägerig, am 5. Dezember, fünf Minuten vor 1 Uhr früh[210] starb er. Er wurde nicht ganz 36 Jahre alt. Während seines letzten Lebensjahres wohnte er im Kleinen Kayserhaus, das sich bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts in der Rauhensteingasse 8[211] auf der Rückseite des heutigen Kaufhaus Steffl (Kärntner Straße 19) befand. Eine Gedenktafel erinnert daran, dass Mozart dort am 5. Dezember 1791 starb.[212]

„Unter allen biographischen Umständen Mozarts hat nichts die Nachwelt so beschäftigt wie Tod und Begräbnis“ (Volkmar Braunbehrens).[213] Der anonyme Auftrag für das Requiem, die Tatsache, dass es gerade dieses Werk war, an dem er zuletzt arbeitete und das er unvollendet hinterließ, die nicht vollständig aufgeklärten Umstände seiner finanziellen Not in den Jahren zuvor, und der plötzliche Tod in so jungem Alter: dies alles gab Anlass für jede Menge Spekulationen, Legenden und Gerüchte bis hin zu Verschwörungstheorien. Tatsächlich ist es nicht möglich, die Todesursache Mozarts mit letzter Gewissheit medizinisch aufzuklären. Der Totenbeschauer attestierte ein „hitziges Frieselfieber“ (etwa „die Kombination eines hoch fieberhaften Krankheitsverlaufs mit einem sichtbaren Hautausschlag“).[214] Mit einiger Sicherheit ist davon auszugehen, dass Mozart an einer akuten, wahrscheinlich bakteriellen Infektionskrankheit starb. Es spricht vieles dafür, dass es sich dabei um ein rezidivierendes Rheumatisches Fieber handelte, ausgelöst durch wiederholte Streptokokkeninfektionen (Pharyngitis), an denen er seit seiner Kindheit gelitten hatte.[215] Als Komplikation könnte eine Schädigung des Herzens hinzugekommen sein.[216] Schließlich könnte auch die damals übliche Behandlungsmaßnahme des Aderlasses, zuletzt vorgenommen am 3. Dezember, eine fatale Wirkung gehabt haben.[217]
Auch diverse andere virale, bakterielle oder parasitäre Infektionskrankheiten, darunter Trichinellose ebenso wie Syphilis – eventuell in Verbindung den Auswirkungen einer damals üblichen Therapie mit Quecksilber[218] – und auch Erkrankungen wie Purpura Schönlein-Henoch oder Nierenversagen wurden als Todesursache diskutiert.[219]
Unmittelbar nach Mozarts Tod kamen Spekulationen über einen Giftmord auf.[220] Angeblich hatte er selbst wenige Wochen zuvor eine entsprechende Befürchtung geäußert. Davon berichtete zuerst Franz Xaver Niemetschek 1808; der Text wurde 1828 wörtlich von Constanzes zweitem Ehemann Georg Nikolaus Nissen in seine Mozart-Biographie übernommen:

„Bey seiner Zurückkunft nach Wien [nach der Uraufführung von La clemenza di Tito in Prag] nahm er sogleich seine Seelenmesse vor […] aber seine Unpäßlichkeit nahm sichtbar zu, und stimmte ihn zur düstern Schwermuth. Als [seine Gattin] eines Tages mit ihm in den Prater fuhr, um ihm Zerstreuung und Aufmunterung zu verschaffen, und sie da beyde einsam saßen, fing Mozart an vom Tode zu sprechen, und behauptete, daß er das Requiem für sich setze. ‚[…] mit mir dauert es nicht mehr lange: gewiß, man hat mir Gift gegeben! Ich kann mich von diesem Gedanken nicht los winden.‘“[221]

Diese Aussage, wenn sie authentisch ist,[222] dürfte jedoch eher als Ausdruck einer depressiven Stimmung („düsteren Schwermuth“) zu verstehen sein. So sah es auch Nissen (und somit vermutlich Constanze). Sein Fazit: „Der Gedanke der Vergiftung war gewiss ein blosses Spiel seiner Einbildung.“[223] Auf depressive Episoden deuten auch frühere Äußerungen Mozarts hin.[224] Alle neueren seriösen Veröffentlichungen halten die „Vergiftungsthese“ für abwegig.[225]
Nissen erklärte sich Mozarts frühen Tod auch damit, dass er in seiner kurzen Lebenszeit ein unvorstellbares Arbeitspensum bewältigt hat und letztlich „an ausserordentlicher Anstrengung starb“:[226]

„Man höre die erstaunliche Zauberflöte, die Clemenza di Tito und das Requiem – und sage sich: diese Menge Musik schuf er in vier Monaten, und in dieser Zeit machte er auch noch zwey Reisen! Man lege die dicken Partituren über einander – welch Volumen! – Man durchblättere sie – welche ungeheure Menge Noten! Wie war es möglich, dass sie der Mann in der kurzen Zeit nur schreiben: konnte! Und gleichwohl ist jede dieser Myriaden von Noten überdacht […] genau überrechnet, seinem gehörigen Instrumente zugetheilt, in seinen Schlüssel. gesetzt, ihr Effect bestimmt – ach, und was Alles noch mehr!“[227]

Beigesetzt wurde Mozart, nachdem sein Leichnam zunächst verordnungsgemäß in der Wohnung aufgebahrt[228] und anschließend in der Kreuzkapelle des Stephansdoms bei einer Trauerfeier ausgesegnet[229] worden war, in einem allgemeinen (Schacht-)Grab am Sankt Marxer Friedhof. Die Begräbnisformalitäten wurden von Gottfried van Swieten organisiert[230], der sich auch anschließend als „tatkräftiger Freund der Familie Mozart“ erwies.[231]
Die genaue Grabstätte Mozarts ist nicht bekannt. Da es sich nicht um ein Einzelgrab handelte, wurde es nicht gekennzeichnet. Mozarts Witwe besuchte zusammen mit Georg August von Griesinger, ihrem Sohn Franz Xaver Wolfgang und vermutlich auch Nissen im Sommer 1808 den Friedhof und versuchte, die Grabstelle zu finden, was jedoch nicht mehr gelang.[232] Sie hat darüber anlässlich des 50. Todestages Mozarts in einem Brief an Johann Ritter von Lucam ausführlich berichtet.[233]
1855 wurde der Standort seines Grabes so gut wie möglich bestimmt und 1859 an der vermuteten Stelle ein Grabmal errichtet, das später von der Stadt Wien in die Gruppe der Musiker-Ehrengräber am Zentralfriedhof (32 A-55) umgesetzt wurde. Auf der alten, frei gewordenen Grabstelle wurde in Eigeninitiative des Friedhofswärters Alexander Kugler abermals eine Mozart-Gedenktafel errichtet, die mit der Zeit aus Spolien anderer Gräber zu einem Grabmal ausgebaut wurde und heute eine viel besuchte Sehenswürdigkeit ist.

Finanzielle Verhältnisse und Hinterlassenschaft

Die Überlieferung von Mozart als „verarmtem, verkannten Genie“ stammt aus der Romantik. Jeder Biograph versuchte, den weltberühmten Komponisten „noch ärmer zu machen“.[234] In der Trivialliteratur ist diese Legende bis heute präsent, neueren Forschungsergebnissen hält sie jedoch nicht stand. Es ist allerdings unstrittig, dass Mozart, obwohl er insgesamt gut verdiente, besonders in den Jahren 1788–1790 massive finanzielle Probleme bekam. Welches Ausmaß sie hatten, was die Gründe waren, welche Einnahmen welchen Ausgaben gegenüberstanden, ist bis heute Gegenstand kontroverser Untersuchungen.

Mozarts Einkünfte stammten aus verschiedenen Quellen:

  • Einnahmen aus Konzerten (in denen er zumeist als Pianist auftrat)
  • Vergütung von Unterrichtsstunden
  • Honorare für Auftragsarbeiten, besonders für seine Opern
  • Verlagshonorare sowie Entgelte für handschriftliche Notenkopien
  • Ab Dezember 1787 ein Jahresgehalt von 800 Gulden in der Beschäftigung als k. k. Hof-Musik-Compositeur[235]
  • Im Oktober 1787 einmalig 1.000 Gulden aus der Erbschaft seines Vaters.[236]

In keinem von Mozarts Tätigkeitsbereichen gab es feste Honorarsätze. Mozart hat in den meisten Fällen besser verdient als die Mehrzahl seiner Kollegen, stand jedoch keineswegs immer an der Spitze.

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Die gefeierte Sängerin Nancy Storace (1788). Kolorierter Kupferstich von Pietro Bettelini

Zu seinen möglichen Einnahmen aus Konzerten prognostizierte Mozart in einem Brief an seinen Vater vom 11. April 1781, er könne in Wien für ein Konzert „tausend Gulden [machen]“.[237] Die Summe dürfte übertrieben sei, denn Mozart wollte begründen, warum er in Wien blieb, statt nach Salzburg in den Dienst des Erzbischofs Colloredo zurückzukehren. Am 22. März 1783 soll eine Konzertakademie im Wiener Nationaltheater einen Gesamtbetrag von 1.600 Gulden eingebracht haben, wie in Cramers Magazin der Musik aus Hamburg vom 9. Mai berichtet wurde.[238] Einige Forscher bezweifeln diesen Betrag.[239] Auf jeden Fall handelte es sich um ein Bruttoeinkommen: „Für die Aufführung seiner Klavierkonzerte mußte Mozart ad hoc ein Orchester zusammenstellen […] Weitere Unkosten erwuchsen aus der je nach Örtlichkeit schwankenden Saalmiete, für die Beleuchtung, den Klaviertransport, das Stimmen, und […] die Stimmenkopiaturen.“ In vielen Akademien wirkten zudem „zur Bereicherung des Programmes Sänger und Sängerinnen mit“, die ebenfalls honoriert werden mussten, sofern Mozart sich „nicht bei deren eigenen Akademien als Klavierspieler revanchieren“ konnte.[240] Der Mozart-Biograph Volkmar Braunbehrens geht davon aus, dass Mozart aus den meisten öffentlichen Konzerten in Wien netto mindestens 300 Gulden übrigblieben. „Im Falle der Subskriptionskonzerte, die […] Serien von drei beziehungsweise sechs Konzerten umfaßten, blieben bei vorsichtiger Schätzung mindestens 100 Gulden. Bei den Konzerten in den Häusern des Adels […] wurden sicher in den meisten Fällen Geschenke im Wert von 50 Gulden übergeben, oft wird es aber mehr gewesen sein“.[241] Erheblich höhere Gagen bekamen berühmte Sängerinnen und Sänger, besonders wenn sie Italiener waren.[242] Zu berücksichtigen ist auch, dass die Konzertveranstaltungen auf eine kurze Saison in der Fasten- sowie der Adventszeit beschränkt waren.[243] Am 8. April 1786 gab Mozart seine letzte eigene Akademie am Burgtheater. Danach scheint sich diese Art von Veranstaltungen für ihn nicht mehr gelohnt zu haben. Auch die während seiner Reisen in Berlin, Leipzig und Frankfurt am Main veranstalteten Konzerte zahlten sich nicht aus. Anders dagegen in Prag: dort brachten im Januar 1787 eine Aufführung des Figaro und ein anschließendes Akademiekonzert zusammen 1.000 Gulden ein.[244]

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Johann Nepomuk Hummel als junger Mann. Mezzotintoradierung von Franz Wrenk nach einem Gemälde von Catharina Escherich

Mozarts Einkünfte aus Unterrichtsstunden sind lückenhaft überliefert. Am 23. Januar 1782 schrieb er seinem Vater: „ich habe nun 3 scolarinen. – da komm ich das Monath auf 18 duckaten. – denn ich mache es nicht mehr mit 12 lectionen sondern Monathlich. – ich habe mit schaden erfahren, daß sie oft ganze wochen ausgesezt – Nun aber mögen sie lernen oder nicht, so muß mir Jede 6 dugaten [= 27 Gulden] geben.“[245] Mit vier Schülerinnen, so meinte er damals, habe er ein ausreichendes Einkommen für sich und seine künftige Frau. Mit seinen Preisen lag er im Mittelfeld: er war doppelt so teuer wie Václav Pichl, aber weitaus preiswerter als Muzio Clementi, der 10 Gulden für eine Stunde verlangte.[246] Die Einnahmen entfielen allerdings, wenn er selbst krank wurde oder verreiste. Als er durch öffentliche Konzerte stärker beansprucht und auf die Honorare seiner Schüler nicht mehr unbedingt angewiesen war, schränkte Mozart die Unterrichtstätigkeit ein, bis er sich 1790 aufgrund seiner Existenzsorgen und vielleicht auf Drängen seines Gläubigers Johann Michael Puchberg wieder verstärkt dieser Erwerbsquelle zuwandte. Am 17. Mai schrieb er an Puchberg: „P. S. Nun habe ich 2 Scolaren, ich möchte es gerne auf 8 Scolaren bringen; suchen Sie es auszustreuen daß ich Lectionen annehme.“[247]

Die Einnahmen aus Verlagshonoraren und handschriftlichen Kopien, die Mozart persönlich zu verkaufen suchte, sind ebenfalls kaum einzuschätzen. Immerhin, „in einer Zeit, wo das Musikalienverlagswesen erst in seinen Anfängen stand“, konnte Mozart „eine ungewöhnlich hohe Zahl“ seiner Werke im Druck veröffentlichen:

„Etwa 20 Prozent [… der] zwischen 1781 und 1791 gedruckten Werke sind vor der Wiener Zeit entstanden. Und immerhin fast ein Sechstel der in Wien entstandenen Werke Mozarts wurde noch zu seinen Lebzeiten gedruckt. […] Die meisten wurden bei Artaria in Wien verlegt, einige auch bei Hoffmeister, die anderen bei kleineren Verlegern in Wien, Paris und anderswo. Mozart hat zweifellos aus den meisten dieser gedruckten Werke Einnahmen gehabt, wenn auch nicht immer in so stolzer Höhe wie bei den Haydn-Quartetten.“

Volkmar Braunbehrens[248]

Für die sechs Joseph Haydn gewidmeten Streichquartette bekam er 1785 vom Artaria-Verlag 450 Gulden. Den gleichen Betrag erhielt Haydn drei Jahre später ebenfalls für einen Zyklus von sechs Quartetten.[249] „Mit dem Verkauf eines Werkes an einen Verleger oder eine Privatperson zu deren eigenem Gebrauch“ waren allerdings auch „sämtliche Rechte gegen ein einmaliges Honorar abgegolten. Bot […] der Komponist selbst sein Werk zur Subskription an, so betätigte er sich mit unternehmerischem Risiko beim Preis und beim Verkauf. Ein gleiches galt für Werke, die nur in Abschriften verbreitet wurden.“[250]

Am besten dokumentiert sind Mozarts Erlöse für seine Opern-Kompositionen. „Die jeweiligen Honorare sind aus Rechnungsbüchern des Wiener Hofes oder aus Mozarts Korrespondenz bekannt.“[251] Für den Figaro und Don Giovanni bekam er jeweils 450 Gulden, für Cosi fan tutte und La clemenza di Tito 900 Gulden.[252] Weitere Aufführungen wurden zum Teil extra honoriert: eine zusätzliche Benefizvorstellung des Don Giovani 1787 in Prag brachte 700 Gulden ein, eine weitere in Wien 1788 noch einmal 225 Gulden.[253] Nur Mozarts Einkünfte für die Zauberflöte sind nicht bekannt. Nissen behauptet, dass Schikaneder mit seinem Theater ruiniert war, als er Mozart um die Komposition einer Oper bat. Mozart habe auf ein Honorar verzichtet, wenn Schikaneder ihm garantiere, dass die Partitur nicht abgeschrieben werde. „Macht die Oper Aufsehen, so verkaufe ich sie an andere Directionen, und das soll meine: Bezahlung seyn.“[254] Schikaneder habe sich jedoch nicht an die Abmachung gehalten. Es ist zu vermuten, dass Mozart leer ausging.[255]

Angesichts der zahlreichen unbekannten Faktoren sind in der Literatur völlig verschiedene Schätzungen zu Mozarts Einkünften zu finden: sie bewegen sich zwischen mindestens 1.000 Gulden (in den schweren Jahren 1788–1790) und mehr als 10.000 Gulden jährlich. Braunbehrens geht für den Zeitraum 1782 bis 1791 „vorsichtig“ von 3.000 bis 4.000 Gulden Jahreseinkommen aus, gesteht aber viele „Fragezeichen“ ein.[256]
In einer Wiener Publikation von 1792, Nützliches Adress- und Reisebuch oder Archiv der nöthigsten Kenntnisse von Wien für reisende Fremde und Inländer. Joseph Gerold (Hrsg.), Wien, 1792, abgerufen am 17. März 2025., werden die jährlichen Lebenshaltungskosten für einen männlichen Wiener veranschlagt: „Was ihr für die Spektakel, Lustgesellschaften und geheimen Vergnügungen ausgeben wollt, das bleibt eurer Fantasie und euren Kräften überlassen. Mit 500 oder 550 Gulden lebt ihr so ziemlich bequem.“[257] Dabei waren die Einkommensunterschiede immens. Fürstliche Familien konnten über Jahreseinkünfte zwischen 100.000 und 500.000 Gulden, gräfliche zwischen 20.000 und 100.000 Gulden verfügen. „Solche Familien [waren] imstande […], eine üppige Hofhaltung zu führen [und] sogar eigene Privatorchester zu unterhalten.“ Bestimmte Ämter am Hof waren dem Adel vorbehalten, „die Entlohnung [diente] auch der Aufrechterhaltung eines Lebensstils, eines Klassenunterschiedes“. Die höchsten Beamten verdienten 8.000 bis 20.000 Gulden, ein Universitätsprofessor zwischen 600 und 3.000 Gulden jährlich, je nachdem, ob er zusätzlich eine wissenschaftliche Leitungsfunktion innehatte. Die meisten Beamtengehälter lagen zwischen 300 und 900 Gulden.[258] Als Hoforganist in Salzburg hatte Mozart einst 450 Gulden verdient.[259] Sein Stubenmädchen in Wien erhielt neben Unterkunft und Verpflegung 12 Gulden im Jahr,[260] immerhin noch doppelt so viel wie laut Gerolds Reisebuch üblich.[261] In Mozarts Haushalt lebten neben ihm und seiner Frau drei weitere Personen: Sohn Carl, eine Köchin und das Stubenmädchen, außerdem in den Jahren 1787 und 1788 der kleine Johann Nepomuk Hummel, der „als Schüler gratis in Kost und Logis genommen“ worden war.[262] Zudem wurden häufig Gäste bewirtet. Unter diesen Umständen wird Mozarts Einkommen ausreichend, aber zumindest in den späteren Jahren vielleicht auch nicht üppig gewesen sein.

Mozart und seine Familie zogen in den zehn Jahren von 1782 bis 1791 zehnmal um. Nimmt man noch die Unterkunft im Deutschordenshaus unter der Ägide von Erzbischof Colloredo und die beiden Junggesellenwohnungen bei Cäcilia Weber und auf dem Graben dazu, hatte Mozart in seiner Wiener Zeit nicht weniger als 14 verschiedene Adressen. „Die Anlässe waren höchst verschieden, die Qualität der Wohnungen sehr differierend.“ Finanzielle Beweggründe spielten teilweise eine Rolle, führten jedoch keineswegs in einen „ständigen sozialen Abstieg“. Es war eine ständige Rastlosigkeit, „zur Seßhaftigkeit [fehlten …] die Rahmenbedingungen.“[263] Von September 1784 bis April 1787 lebte die Familie in einer repräsentativen Wohnung im Camesina-Haus in der Großen Schulerstraße, direkt hinter dem Stephansdom. Die Jahresmiete betrug 460 Gulden, wie Vater Leopod seiner Tochter berichtete.[264] Auch das Logis in der Rauhensteingasse (bezogen am 29. September 1790), das Mozarts Sterbehaus werden sollte, war geräumig: es hatte vier Zimmer, zwei Kabinette, Küche, Nebenräume und ein eigenes Billardzimmer.[265]

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Brief Mozarts an Johann Michael Puchberg, Juli 1788 (Bauer/Deutsch Nr. 1080)

Im Sommer 1788 geriet Mozart in dramatische Geldschwierigkeiten. Anfang Juni begann die Serie seiner „Bettelbriefe“ an den Freund und Logenbruder Johann Michael Puchberg, einen Wiener Tuchhändler. Puchberg hat diese Briefe, vermutlich als Belege, aufbewahrt und jeweils darauf vermerkt, welche Zahlungen er seinem Schuldner zukommen ließ. In den meisten Fällen waren die Beträge erheblich geringer als von Mozart erbeten. Bereits im zweiten Bittbrief an Puchberg vom 17. Juni 1788 schlug Mozart vor, „mich auf 1 oder 2 Jahre, mit 1 oder 2 tausend gulden gegen gebührenden Interessen zu unterstützen“,[266] und er wiederholte diese Bitte um „eine etwas ansehnliche Summe auf einem etwas längeren termin“ 10 Tage später.[267] Auf diesen Wunsch ging Puchberg allerdings nicht ein. Insgesamt sind 21 Briefe aus dem Zeitraum Juni 1788 bis April 1791 bekannt, in denen es um Darlehen ging, die Mozart sich erbat. 1788 und 1789 wandte er sich nur in den Sommermonaten Juni und Juli an Puchberg, zwischendurch scheint seine finanzielle Lage sich wieder etwas gebessert zu haben,[268] während aus dem halben Jahr von Dezember 1789 bis August 1790 10 Briefe überliefert sind. Ende 1790 „ist eine Lösung von Puchberg als Hauptgläubiger zu erkennen“.[269] In jeweils 2 Briefen aus dem April und dem Juni 1791 geht es dann nur noch um kleine Beträge. Im gesamten Zeitraum von Juni 1788 bis Juni 1791 beliefen sich Puchbergs Darlehen an Mozart auf rund 1.415 Gulden, von denen bei Mozarts Tod noch etwa 1.000 Gulden offenstanden, den Rest hatte er zurückgezahlt. Die „Bettelbriefe“ wirken beschämend, beeinträchtigten die Freundschaft aber offenbar nicht. Mozart lud Puchberg zu privaten Konzerten ein: „Donnerstag aber lade ich Sie (aber nur Sie allein) um 10 Uhr Vormittag zu mir ein, zu einer kleinen Oper=Probe; – nur Sie und Haydn lade ich dazu“,[270] und wurde seinerseits zum Essen eingeladen: „heute speise ich bei Puchberg“,[271] und er ließ Puchberg und dessen Frau grüßen, wenn er von unterwegs an Constanze schrieb.[272]
Doch nicht nur bei Puchberg machte Mozart Schulden. Um die Reise nach Frankfurt am Main zur Krönung des Kaisers Leopold II. zu finanzieren, verpfändete er sein Silberzeug.[273] Während seiner Abwesenheit führte Constanze Darlehensverhandlungen mit dem Kaufmann Heinrich (Hersch) Lackenbacher, in die auch der Verleger Franz Anton Hoffmeister einbezogen war.[274] Als Sicherheit verpfändete Mozart dabei sein „gesammtes Mobilare“.[275]

Über die Ursachen für Mozarts finanzielle Not wurde viel spekuliert. Abgesehen von seiner Funktion als k. k. Hof-Compositeur ab Dezember 1787 arbeitete er als freier Künstler ohne Dienstverhältnis. Gesellschaftliche und politische Krisen wie der Russisch-Österreichische Türkenkrieg (1787–1792) wirkten sich unmittelbar auf seine Lebenssituation aus.[276] Darüber war auch Haydn besorgt. In einem Brief an den Militärverwalter Franz Rott in Prag schrieb er im Dezember 1787: „Prag soll den theuern Mann festhalten – aber auch belohnen […] Mich zürnet es, daß dieser einzige Mozart noch nicht bey einem kaiserlichen oder königlichen Hofe engagirt ist! Verzeihen Sie, wenn ich aus dem Geleise komme: ich habe den Mann zu lieb …“.[277] Im Frühsommer 1789 kam Constanzes Erkrankung dazu, die bis weit ins Jahr 1790 hohe Arzt- und Apothekerkosten sowie Ausgaben für Kuren verursachte.[278] So argumentierte Mozart am 17. Juli 1789 gegenüber Puchberg auch mit den „entsezliche[n] kösten wegen der Cur meiner frau“.[279] Weitere Gründe waren sicher der gehobene Lebensstil und der Verkehr in vermögenden adligen Kreisen, an denen Mozart sich seit seiner Kindheit orientierte. Seine Familie lebte durchaus luxuriös, und er legte nicht nur Wert auf elegante Kleidung,[280] sondern besaß auch einen eigenen Billard-Tisch und ein Pferd, für das ein Stall gemietet und ein Pferdeknecht bezahlt werden mussten.[281] Für seinen Hammerflügel von Anton Walter (siehe unten: Mozarts Tasteninstrumente) dürfte er 1782 ungefähr 200 Dukaten (mehr als 900 Gulden) bezahlt haben.[282]
Dass Mozart nicht gut mit Geld umgehen konnte, haben seine Angehörigen bezeugt: „Er hatte keine fixe Besoldung und war […] kein guter Wirth, verstand sich nicht auf den Verdienst, wusste das Geld nicht auf Wochen und Monate einzutheilen, er kannte seinen Werth gar nicht. […] Kamen nun einmal einige Rollen Louis d’or, schnell änderte sich die Scene. Jetzt gings in Freuden. Mozart betrank sich in Champagner und Tokayer, lebte locker und war in wenig Tagen mit seinem Gelde so weit wie vorher.“[283] Ähnlich seine Schwester: „seine Fehler waren, daß er, das Geld nicht zu dirrigieren wuste, da er unter der aufsicht seines Vatters von ihm mit allem nothwendigen versorgt wurde, so hatte er sich um nichts zu bekümmern […].“[284] Mozart zeigte sich gerne großzügig, etwa als er in den finanziell schwierigen Jahren 1787 und 1788 den Schüler Johann Nepomuk Hummel ohne Bezahlung in seinen Haushalt aufnahm. Er verlieh auch seinerseits Geld. Als er im Frühjahr 1789 in Begleitung des Fürsten Lichnowsky nach Berlin reiste, hatte der Mozart zwar eingeladen,[285] überließ ihn dann aber nicht nur seinem Schicksal „in dem theurn orte Potsdam“, sondern pumpte ihn noch um 100 Gulden an, „weil sein beutel abnahm“.[286] In Mozarts Nachlass sind zwei Darlehen „als nicht mehr einbringliche Guthaben“ aufgelistet: eins an seinen Freund aus Salzburger Zeiten und späteren Trauzeugen in Wien, den Mediziner Franz Gilowsky, von 300 Gulden und eins an den Klarinettisten Anton Stadler von 500 Gulden.[287]
Alles Rätseln gipfelt in der Frage, ob Mozart ein Spieler war oder Geld in Spekulationsgeschäften verlor. Uwe Kraemer geht so weit, Mozarts „bodenlose[n] finanzielle[n] Sturz“[288] darauf zurückzuführen, dass „die Gesellschaft Mozart verstieß und boykottierte, weil er sich mit seinen Spielschulden ausweglos verstrickt […] und gegen ihren Ehrenkodex verstoßen hatte“.[289] Gegen eine solche Ächtung sprechen allerdings die Erfolge in seinem letzten Lebensjahr. Verschlüsselte Bemerkungen in einigen Briefen an Puchberg und an Constanze könnten gleichwohl auf dubiose Geldgeschäfte hindeuten, über die beide informiert waren:
„Sie wissen, wie mir meine dermaligen Umstände, wenn sie kund würden, in meinem Gesuche bey Hofe schaden würden – wie nöthig es ist, daß dies ein Geheimnis bleibe.“[290] – „schicken Sie mir nur auf ein paar Tage etliche Ducaten, […] weil es eine Sache betrifft, die sich nicht verschieben läßt, sondern augenblicklich geschehen muß;.“[291] – „N. N. (Du weißt wen ich meine) ist ein Hundsfott […] und hat mich hier entsetzlich wegen der bewußten Sachen ausgerichtet […].“[292] Auch die Beteuerungen Mozarts, er sei unschuldig an seiner „unglückseelige[n], höchsttraurige[n] Laage“[293] könnten auf diesbezügliche Verdächtigungen hindeuten. Doch das sind Vermutungen, Belege gibt es nicht.

In Mozarts letztem Lebensjahr verbesserten sich seine Aussichten wieder. Er wurde immer berühmter, überall an den europäischen Opernhäusern wurden seine Werke aufgeführt. Es gab Pensionsversprechungen aus Ungarn und aus Amsterdam und Einladungen nach England[294] und Russland. Auffällig ist, dass Mozart nun nicht mehr für adlige Salons komponierte, sondern sich einem bürgerlichen Publikum zugewandt hatte.[295]

Sein Erfolg ist am Ende auch daraus zu ersehen, welche Bestürzung sein Tod auslöste. „Die Nachwelt [zeigte] sich Mozarts Witwe gegenüber […] großzügig. Swieten übernahm über viele Jahre die Finanzierung der Kindererziehung, auch die Gräfin Maria Wilhelmine Thun soll sich daran beteiligt haben. Zahlreiche Benefizvorstellungen und Sammlungen fanden innerhalb des ersten Jahres nach Mozarts Tod statt und bezeugen die ungeheure Wertschätzung, die sich von Mozart auf seine Familie übertrug.“[296] Haydn, der in London von Mozarts Tod erfahren hatte, schrieb im Januar 1792 an Puchberg:

„Ich war über seinen Tod eine geraume Zeit ganz außer mir und konnte es nicht glauben. […] Nur allein bedaure ich, daß er nicht zuvor die noch dunklen Engländer darin hat überzeugen können, wovon ich denselben täglich predigte … Sie werden, bester Freund, die Güte haben, mir das Verzeichnis der noch nicht hier bekannten Stücke mitzuschicken: ich werde mir alle Mühe geben, solche der Witwe zum Besten zu befördern. Ich hatte der Armen vor drei Wochen selbst geschrieben mit dem Inhalt, daß wenn ihr Herzenssohn [Carl] die gehörigen Jahre haben wird, ich denselben unentgeltlich die Komposition […] lehren will, um die Stelle des Vaters einigermaßen zu ersetzen.“[297]

Constanze beantragte eine staatliche Pension und bekam schließlich ein Drittel von Mozarts Gehalt als Kammerkomponist zugesprochen (266 Gulden, 40 Kreuzer), obwohl er die erforderliche Dienstzeit von 10 Jahren noch nicht erreicht hatte.[298] Wenige Jahre nach Mozarts Tod hatte Constanze alle Schulden abbezahlt.[299] Auch durch den Verkauf von Autographen hatte sie Einnahmen und erwies sich als geschickte, aber auch gewissenhafte Nachlassverwalterin.[300]

Mozarts Begräbnis

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Das wohl berühmteste Mozart-Porträt, in Anlehnung an das Familiengemälde von 1780/81 postum gemalt von Barbara Krafft im Jahr 1819

Fakten

  • Wolfgang Amadeus Mozart starb am Montag, dem 5. Dezember 1791, gegen ein Uhr früh in seinem Haus in Wien.
  • Er wurde noch am selben Tag in seiner Wohnung und am 6. Dezember bei der über dem Abgang zu den Katakomben errichteten Kruzifixkapelle am Stephansdom aufgebahrt.[301] Der Abschied wurde im Kreise seiner Freunde und Verwandten zelebriert.
  • Laut der Sternwarte in Wien, die Wetteraufzeichnungen durchführte, war das Wetter mild und trocken.[302] Allerdings ist dies kein Hinweis auf die Straßenverhältnisse im Dezember 1791.
  • Laut dem Wiener Stadt- und Landesarchiv ist nicht bekannt, ob Mozart am 6. Dezember 1791 abends oder am 7. Dezember 1791 frühmorgens zum Sankt Marxer Friedhof gebracht wurde. Es gibt darüber keinerlei Aufzeichnungen. Einer damals gültigen Sanitätsverordnung zufolge[303] wäre eine Beerdigung erst nach 48 Stunden,[304] somit ab dem 7. Dezember erlaubt gewesen.
  • Mozart wurde in ein „allgemeines einfaches Grab“ gebettet, was der damaligen Vorgangsweise entsprach: Die Leichen waren nach der Einsegnung ohne Begleitung eines Geistlichen[305] „in die außer den Ortschaften gewählten Freidhöfe zur Eingrabung ohne Gepränge“ zu überbringen.[306] Das Bezeichnen der Gräber war aufgrund der Josephinischen Reformen vom August 1788[307] zwar nicht verboten, geschah aber im Falle Mozarts nicht. Die Eintragungen zum Tod und zum Begräbnis Mozarts befinden sich in den Matriken der Pfarre St. Stephan, die im Matrikenarchiv im Churhaus erhalten geblieben sind. Die Begräbnisabrechnung im Bahrleihbuch aus 1791 beweist, dass es sich um kein Armenbegräbnis gehandelt hat.[308]

Spekulationen

  • Mozart sei verarmt gestorben und sei in einem Armengrab beerdigt worden:
Falsch ist, dass er völlig mittellos starb. Vielmehr ist richtig, dass er in einem „einfachen allgemeinen Grab“ bestattet wurde, nicht in einem „Massengrab“.[309] Richtig ist allerdings auch, dass Mozarts Witwe die verbliebenen Verbindlichkeiten nur begleichen und den Lebensunterhalt der Familie für einige Zeit decken konnte, weil ihr von Kaiser Leopold II. eine Pension und der Gewinn aus einem Benefizkonzert, für das der Kaiser selbst einen großzügigen Betrag gab, zugesprochen wurden.
Unter Hinweis auf zeitgenössische Erinnerungen von Salieri, Gall und den Brüdern Aschenbrenner wurde publiziert, dass die Einsegnung und Beisetzung der Leiche Mozarts erst am 7. Dezember 1791 während eines massiven Schlechtwettereinbruches stattgefunden haben soll und Indizien auf eine Bestattung am Friedhof Matzleinsdorf hindeuten. So soll der Leichenzug nicht (Richtung St. Marx) durch das Stubentor gegangen sein, sondern durch das Kärntner Tor Richtung Matzleinsdorfer Friedhof; die ursprünglich für diesen Friedhof geltenden Angaben über die Lage des Grabes sollen erst später auf den St. Marxer Friedhof angewendet worden sein. Mozart soll auch in Schikaneders Freihaustheater aufgebahrt gewesen sein.[310]
  • Niemand habe den Leichenzug Mozarts zu seinem Grab begleitet:
Richtig ist, dass der Leichenzug nicht von Freunden und Verwandten zum Sankt Marxer Friedhof begleitet wurde. Falsch ist, dass dies wegen der Wetterverhältnisse geschah. Richtig ist vielmehr, dass damals in Wien das Begleiten des Leichnams bis zum tatsächlichen, in Mozarts Fall vier Kilometer entfernten Grab unüblich war. Mit der Aussegnung im Stephansdom waren die zu jener Zeit vorgesehenen Begräbnisfeierlichkeiten beendet.[311]
  • Die Leiche Mozarts sei umgebettet worden:
Erst 17 Jahre nach Mozarts Tod versuchte seine Frau Constanze, das Grab ihres Mannes zu finden. Da es aber kein Kreuz oder Bezeichnung dieses Grabes gab, musste man sich auf höchst unsichere Erinnerungen der Friedhofsangestellten verlassen. Es ist daher nicht möglich anzugeben, wo Mozart beerdigt worden ist.
  • Der echte Schädel Mozarts sei bei der Internationalen Stiftung Mozarteum (ISM) in Salzburg aufbewahrt:[312]
Experten konnten erstmals eine DNA-Analyse und eine chemische Prüfung an dem Schädel durchführen. Das für die DNA-Analyse erforderliche Vergleichsmaterial stammte von Skeletten, die aus dem Familiengrab der Mozarts auf dem Salzburger Friedhof St. Sebastian geborgen wurden. Leopold Mozart ist nicht in diesem Grab, sondern in der Kommunalgruft begraben. Das im Jänner 2006 veröffentlichte Ergebnis erbrachte somit mangels Vergleichmaterials keinerlei Hinweise auf die Echtheit des Schädels. Im April 1991 fand Walther Brauneis, der von der ISM gebeten worden war, den historischen Sachverhalt zu bearbeiten, in der Wienbibliothek im „Vorgeordneten Nachlaß von Ludwig August Frankl“ das Manuskript mit dem Titel „Mozart’s Schädel ist gefunden“ (1868). Frankls Beschreibung des sogenannten Mozart-Schädels war bekannt, nicht bekannt war allerdings, dass Hyrtl den Text von Frankl attestiert hatte. Danach unterscheidet sich der Schädel von dem, den die ISM verwahrt, erheblich: Für den „Frankl-/Hyrtlschen Schädel“ werden sieben Zähne genannt, der Schädel in der ISM zählt dagegen elf Zähne. Damit ist bewiesen, dass der in der ISM verwahrte Schädel nicht mit dem „Frankl-/Hyrtlschen Schädel“ identisch sein kann.

Medizinische Spekulationen

Der dänische Neurologe und Psychiater Rasmus Fog spekulierte 1985 über eine mögliche Erkrankung Mozarts am Tourette-Syndrom.[313] 2005 untersuchte der irische Professor für Kinder- und Jugendpsychiatrie Michael Fitzgerald in seiner Veröffentlichung The Genesis of Artistic Creativity die Frage, ob Mozart das Asperger-Syndrom gehabt hätte. Anhand des biographischen Materials hält er es durchaus für möglich. Wegen Mozarts Hyperaktivität und Impulsivität könnte auch eine Diagnose von ADHS zutreffen.[314]

Die ersten Legenden zu den Todesursachen zirkulierten schon kurz nach Mozarts Tod. So werden zum Beispiel eine Quecksilbervergiftung[315] oder Mordmotive seines Konkurrenten Antonio Salieri behauptet.[316]

Mozarts Vornamen

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Taufeintrag vom 28. Jänner 1756

Am 28. Jänner 1756 – einen Tag nach seiner Geburt – wurde Mozart auf die Namen Joannes Chrysostomus Wolfgangus Theophilus getauft (andere Schreibweise seiner Vornamen: Joannes Chrisostomus Wolfgang Gottlieb.[4]) Der erste und letzte der genannten Vornamen verweisen auf den Taufpaten Joannes Theophilus Pergmayr, Senator et Mercator Civicus, die ersten beiden Namen zugleich auf den damaligen Tagesheiligen des Geburtstages Johannes Chrysostomos,[317] der mittlere Vorname Wolfgang auf Mozarts Großvater Wolfgang Nicolaus Pertl. Das griechische Theophilus („Gottlieb“) hat Mozart später in seine französische Entsprechung Amadé bzw. (selten) latinisierend Amadeus übersetzt.

Sein Rufname war zeitlebens Wolfgang. In der Zeit der Italienreisen nannte er sich oft Wolfgango Amadeo Mozart. Als Erwachsener unterschrieb er zumeist als Wolfgang Amadé Mozart, wenn nicht überhaupt nur als Wolfgang Mozart (so etwa trug er sich in die Anwesenheitsliste der Wiener Freimaurerloge Zur Wohlthätigkeit ein). Amadeus nannte er sich nur im Scherz in drei seiner Briefe. Die Namensform Wolfgang Amadeus erschien zu Mozarts Lebzeiten offiziell nur einmal, und zwar im Frühjahr 1787 in einem amtlichen Schreiben der Niederösterreichischen Statthalterei.[318] Die erste postume amtliche Nennung Mozarts mit dem latinisierten Vornamen ist die Eintragung im Totenbeschauprotokoll des Wiener Magistrats am 5. Dezember 1791.

Briefe

Mozart schrieb, beginnend im Jugendalter, während seines Lebens zahlreiche Briefe, die ein Kennenlernen seiner Persönlichkeit und seiner musikalischen Ansichten und Arbeitsweisen ermöglichen und so eine wichtige Forschungsbasis zu Mozarts Leben und Werk liefern. Der wichtigste briefliche Korrespondenzpartner war Mozarts Vater Leopold Mozart.

Reisen

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Reiseziele

Mozart war insgesamt über zehn Jahre, beinahe ein Drittel seines Lebens auf Reisen, die ihn in zehn Länder des heutigen Europas führten. Allein schon die Fahrten per Kutsche – eine Reise von Salzburg nach Wien dauerte zum Beispiel je nach Jahreszeit und Wetter etwa sechs Tage – waren zur damaligen Zeit eine physische Herausforderung. Zudem reisten die Mozarts oft im Winter.[319] So schreibt Leopold Mozart am 29. Dezember 1762 über die Fahrt von Preßburg nach Wien an Lorenz Hagenauer, den Vermieter und gleichzeitigen Gönner der Mozarts in Salzburg:

„[…] wir reisten diesen Tag nicht sonderlich bequemm, indem der weeg zwar ausgefrohren, allein unbeschreiblich knoppericht und voller tieffer gruben und schläge war; den̄ die Ungarn machen keinen weeg. Hätte ich in Pressburg nicht einen Wagen kauffen müssen, der recht gut gehängt ist, so hätten wir ganz gewiß ein paar Rippen weniger nach Hause gebracht. Den wagen muste ich kauffen, wenn ich anders wollte, daß wir gesund nach Wien̄ kommen sollten. Den̄ in ganz Presburg war kein 4sitziger geschlossner wagen bey allen Landkutschern anzutreffen. Diesen wagen hatte ein Stattkutscher – die Stattkutscher därffen aber nicht über Land fahren, ausgenommen mit 2 Pferd nur auf etliche Stunde.“[320]

Wie unangenehm er eine Fahrt von Salzburg nach München erlebte, schildert Wolfgang Amadeus am 8. November 1780 in einem Brief an seinen Vater:

„Glücklich und vergnügt war meine Ankunft! – glücklich, weil uns auf der Reise nichts widriges zugestossen, und vergnügt, weil wir kaum den Augenblick, an ort und Ende zu kommen, erwarten konnten, wegen der obwohl kurzen doch sehr beschwerlichen Reise; – denn, ich versichere Sie, daß keinem von uns möglich war nur eine Minute die Nacht durch zu schlafen – Dieser Wagen stößt einem doch die Seele heraus! – und die Sitze! – hart wie stein! – Von Wasserburg aus glaubte ich in der that meinen Hintern nicht ganz nach München bringen zu können! – er war ganz schwierig – und vermuthlich feuer Roth – Zwey ganze Posten fuhr ich die Hände auf dem Polster gestützt, und den Hintern in lüften haltend – doch genug davon, das ist nun schon vorbey! – aber zur Regel wird es mir seyn, lieber zu fus zu gehen, als in einem Postwagen zu fahren.“[321]

Mozarts Tasteninstrumente

Da der Begriff „Clavier“ im 18. Jahrhundert ein Sammelbegriff für alle Tasteninstrumente war, die seinerzeit im Gebrauch waren, und das Wort „Flügel“ auch ein Cembalo bezeichnen konnte, lässt sich aus den Briefen der Familie Mozart oder anderen Dokumenten nicht immer eindeutig identifizieren, welches Instrument gemeint war. Zu Mozarts Zeit waren nach wie vor das Cembalo (besonders vor 1780) sowie das Clavichord (besonders als Haus- oder Reiseinstrument) im Gebrauch; das noch relativ neue Pianoforte, das einen deutlich obertonreicheren, schlankeren, zarteren und „trockeneren“ Klang besitzt als das moderne Klavier, setzte sich zu Mozarts Lebzeiten erst nach und nach durch. Mozart hat auf all diesen Instrumenten musiziert, und er spielte, besonders auf seinen Reisen, in Kirchen auch Orgel.

Einige von Mozarts frühen Tastenwerken wurden explizit für Cembalo geschrieben, und auch später zu seinen Lebzeiten wurden Sonaten und andere Werke oft mit der alternativen Besetzungsangabe „pour Clavecin ou Forte Piano“ („für Cembalo oder Pianoforte“) veröffentlicht.[322] Er lernte bereits in seinen frühen Jahren aber auch Fortepiani kennen. Laut einem Brief vom 17. Oktober 1777 an seinen Vater Leopold waren ihm bis dahin die „Claviere“ des Regensburger Klavierbaumeisters Franz Jakob Späth „die liebsten“, von denen die Mozarts offensichtlich eines besaßen.[323][324] Dabei könnte es sich allerdings auch um einen Tangentenflügel gehandelt haben, ein Instrument, das den Klang von Cembalo und Hammerklavier kombiniert, und für das Späth bekannt war.[325] Erst im Herbst 1777, als Mozart Augsburg besuchte, lernte er die Fortepiani von Johann Andreas Stein kennen, die ihn wegen ihrer ungewöhnlich zuverlässigen Mechanik sehr beeindruckten, wie er seinem Vater im erwähnten Brief mitteilte.[323][324] Am 22. Oktober 1777 führte Mozart sein Klavierkonzert für drei Klaviere (KV 242) auf Instrumenten Steins zum ersten Mal auf.[326] Der Augsburger Domorganist Demmler spielte das erste, Mozart das zweite und Stein das dritte Klavier.[327]

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Hammerflügel von Walter, ca. 1782, aus Mozarts Besitz; heute im Bestand des Mozarteums

1782 erwarb Mozart in Wien ein Fortepiano von Anton Walter.[328] In einem Brief vom 12. März 1785 bestätigt Leopold Mozart die enge Bindung seines Sohnes an dieses Instrument: „[…] es ist ohnmöglich die Scherereÿ und Unruhe alles zu beschreiben: deines Bruders Fortepiano Flügel ist wenigst 12=mahl, seit dem hier bin aus dem Hause ins theater oder in ein anders Haus getragen worden.“[329][330] Leopold Mozart erwähnt auch, dass Wolfgang sich für sein Fortepiano eine eigenständige Pedaltastatur hatte bauen lassen, die „3 spann“ länger als das Klavier war (wahrscheinlich in 16-Fuß-Lage), und die er ebenfalls manchmal zu Konzerten transportieren ließ.[331][332] Mithilfe dieses Pedalklavieres konnte sich Mozart auch auf das Pedalspiel an einer Kirchenorgel vorbereiten. 1855 bot Mozarts Sohn Carl einen Hammerflügel von Walter aus dem Besitz seines Vaters dem Mozarteum an.[333] Dieses von Walter nach Mozarts Tod überarbeitete und 1936–1937 von der Firma Rück in Bamberg restaurierte Instrument ist, ohne Pedal-Erweiterung, bis heute erhalten geblieben.[334] Dass es wirklich der Flügel ist, den Mozart 1782 von Walter erworben hat und um eine Pedalklaviatur erweitern ließ, ist nicht hundertprozentig sicher.[335]

Originale Notenausgaben der Klavierkonzerte Mozarts noch aus den 1780er und 1790er Jahren lassen die Besetzung des Soloinstrumentes – aus der Perspektive des frühen 21. Jahrhunderts vielleicht überraschenderweise – immer noch offen: sie wurden als „(Grand) Concert pour le clavecin ou le forte piano…“ verkauft.[336]

Nationalität

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Diese Karte aus dem Jahr 1715 zeigt in rosa das Erzstift Salzburg

Die Frage der Bürgerschaft bzw. Landsmannschaft des Komponisten wird in der Rezeptionsgeschichte unterschiedlich beantwortet. Salzburg war seit dem späten 14. Jahrhundert Hauptstadt des im Wesentlichen unabhängigen[337] Erzstifts Salzburg,[338] das geistlich dem Heiligen Stuhl in Rom unterstand, weltlich als Teil des bayerischen Reichskreises dem römisch-deutschen Kaiser (zu Mozarts Lebzeiten waren das 1745–1765 Franz I., 1765–1790 Joseph II. und 1790–1792 Leopold II.), nicht aber der „österreichischen“ Habsburgermonarchie.[339][340] Sein Vater Leopold entstammte einer schwäbischen Familie, welche seit Generationen in Augsburg lebte, und die Familie seiner Mutter Anna ist in der Salzburger Umgebung beheimatet, wobei sich hieraus jeweils keine Staatsangehörigkeit im modernen Sinne für Wolfgang ergab.[341] Mozart war im Erzbistum als Untertan der Fürsterzbischöfe geboren und blieb dies sein Leben lang. Die Landeszugehörigkeit Mozarts könnte daher als „(Fürsterzbischöflich-)Salzburg(er)isch“ bezeichnet werden,[342] jedoch ist diese Umschreibung seiner Landsmannschaft nicht gebräuchlich.[343][344] Das viel verwendete Grove Dictionary of Music and Musicians bezeichnet Mozart als österreichischen Komponisten.[345] Auch das Houghton Mifflin Dictionary of Biography (2003), das Oxford Concise Dictionary of Music (Bourne und Kennedy 2004) und das NPR Listener’s Encyclopedia of Classical Music (Libbey, 2006) bezeichnen ihn als solchen. Die Encyclopædia Britannica liefert zwei unterschiedliche Ergebnisse:[346] Die kurze anonyme Fassung in der Micropedia bezeichnet ihn als österreichischen Komponisten; der Hauptartikel in der Macropedia, geschrieben von H. C. Robbins Landon, befasst sich nicht mit seiner Nationalität. In früheren Quellen wird Mozart oft als Deutscher bezeichnet, vor allem vor der Gründung des heutigen modernen österreichischen Nationalstaates. Eine Londoner Zeitung berichtete im Jahr 1791 vom Tod des Komponisten. Dort wird er als „der gefeierte deutsche Komponist“ (englisch: the celebrated German composer) bezeichnet.[347] In Lieber u. a. (1832, S. 78), wird Mozart als „der große deutsche Komponist“ vorgestellt. Ferris (1891) nahm Mozart – unter anderem neben Frédéric Chopin, Franz Schubert und Joseph Haydn – in sein Buch The Great German Composers („Die großen deutschen Komponisten“) auf. Andere Bezeichnungen als Deutscher findet man bei Kerst (1906, S. 3), Mathews und Liebling (1896), sowie MacKey und Haywood (1909); viel später auch bei Hermand und Steakley (1981). Manche Quellen änderten ihre Zuordnungen Mozarts zu heutigen Staaten im Laufe der Zeit. Grove bezeichnete Mozart nicht immer als „Österreicher“; dies erschien erstmals in der ersten Auflage des New Grove im Jahr 1980. Ähnlich war es auch beim Baker’s Biographical Dictionary of Musicians. Ursprünglich erwähnten sie die Landsmannschaft Mozarts nicht. Das Wort „Austrian“ wurde erstmals im Anfangssatz in der achten Auflage von 1992 erwähnt und wurde seither beibehalten.[348] Die Encyclopædia Britannica, die ihn heute als „Austrian“ bezeichnet, beschrieb ihn früher als deutschen Komponisten.[349]

Mozart selbst äußerte sich in seinen nachgelassenen Schriften nicht zur Frage seiner „Staatsangehörigkeit“ im modernen Sinne, nennt sich selber aber Teutscher, so in Briefen an seinen Vater, z. B. vom 29. Mai 1778, in dem es heißt:

„Was mich aber am meisten aufrichtet und guten Muthes erhält, ist, daß ich ein ehrlicher Teutscher bin“

Wolfgang Amadeus Mozart[350]

und vom 11. September 1778, in dem er schreibt:

„mir ist nur leid, daß ich nicht hier bleibe, um ihm zu zeigen, daß ich ihn nicht brauche – und daß ich so viell kann als sein Piccini – obwohl ich nur ein Teutscher bin.“

Wolfgang Amadeus Mozart[351]

In einem Brief vom 17. August 1782 schreibt er:

„Will mich Teutschland, mein geliebtes Vaterland, worauf ich (wie Sie wissen) stolz bin, nicht aufnehmen, so muß in Gottes Namen Frankreich oder England wieder um einen geschickten Teutschen mehr reich werden – und das zur Schande der teutschen Nation.“

Wolfgang Amadeus Mozart[352]

Daraus wird ersichtlich, dass für ihn Teutschland als Bezeichnung für die deutschsprachigen Gebiete Mitteleuropas und die teutsche Nation (jeweils in der damals im oberdeutschen Raum üblichen Schreibung) als Kollektivum der dort lebenden deutschsprachigen Menschen begriffliche Realität waren, ohne dass dabei der Nationalstaatsgedanke unserer Zeit darauf Anwendung finden könnte: Zu seiner Zeit existierte ein Rechtssubjekt mit Namen „Deutschland“ ebenso wenig wie eines namens „Italien“, von dem er an anderer Stelle schreibt. Was jedoch existierte, war das Heilige Römische Reich deutscher Nation, welches das heutige Deutschland und Österreich einschloss. Für dessen Kaiser schrieb er in Wien Musik zur Zeit der Verfassung obiger Aussage, nachdem er im Jahr zuvor aus Salzburg übersiedelt war und geheiratet hatte. Dies bildet somit den Kontext zum Verständnis der Aussage über seine Selbstverortung.

Nachkommen

  • Raimund Leopold Mozart (* 17. Juni 1783 in Wien; † 19. August 1783 ebenda)
  • Carl Thomas Mozart (* 21. September 1784 in Wien; † 31. Oktober 1858 in Mailand)
  • Johann Thomas Leopold Mozart (* 18. Oktober 1786 in Wien; † 15. November 1786 ebenda)
  • Theresia Maria Anna Mozart (* 27. Dezember 1787 in Wien; † 29. Juni 1788 ebenda)
  • Anna Maria Mozart (* 16. November 1789 in Wien; † 16. November 1789 ebenda)
  • Franz Xaver Wolfgang Mozart (* 26. Juli 1791 in Wien; † 29. Juli 1844 in Karlsbad)

Seine beiden die Kindheit überlebenden Söhne starben kinderlos. Es gibt daher keine direkten Nachkommen von Mozart mehr.

Musik

Zusammenfassung
Kontext

Komposition

Joseph Haydn würdigte Mozarts Musik, als er 1785 nach dem ersten Hören der ihm von Mozart gewidmeten Streichquartette Leopold Mozart versicherte:

„[…] ich sage ihnen vor gott, als ein ehrlicher Mann, ihr Sohn ist der größte Componist, den ich von Person und den Nahmen nach kenne: er hat geschmack, und über das die größte Compositionswissenschaft.“[353]

Mozart selbst bekannte in einem Brief an seinen Vater vom 7. Februar 1778:

„denn ich kann so ziemlich, wie sie wissen, alle art und styl vom Compostitions annehmen und nachahmen.“[354]

Es ist eine nachweisbare Eigenheit Mozarts, dass er während all seiner Kompositionsperioden Musik der verschiedensten Stile in sich aufgenommen und hieraus mannigfaltige Anregungen geschöpft hat.[355] Wesentlich geprägt ist sein Kompositionsstil von süddeutschen und italienischen Stilelementen der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Die frühesten Einflüsse stammen von seinem Vater und den Salzburger Lokalkomponisten. Wie sehr Mozart zunächst seinem Umfeld verhaftet blieb, zeigt der Streit um die beiden „Lambacher“ Sinfonien, bei denen lange unklar war, welche von Leopold Mozart und welche von Wolfgang Amadeus Mozart stammt.[356]

Bei seinen Reisen nach Italien lernte er den dortigen Opernstil kennen, der ihn stark prägte und ihm auch in London von Johann Christian Bach vermittelt wurde. Großen Einfluss – vor allem auf sein späteres Schaffen – hatte das Studium des Kontrapunktes: zuerst durch den Kompositionsunterricht bei Padre Martini in Italien, später in Wien durch die praktische Auseinandersetzung mit der Musik Johann Sebastian Bachs und Georg Friedrich Händels, die er bei Gottfried van Swieten kennenlernte. Mozart dazu an seinen Vater am 30. März 1783: „denn wir lieben uns mit allen möglichen Meistern zu unterhalten; – mit alten und mit Modernen“.

Als typisch für Mozarts kompositorisches Schaffen lassen sich folgende Punkte nennen:

  • Der Gattung des Klavierkonzerts verlieh Mozart symphonische Qualitäten[357] und führte sie zu formaler Vollendung.
  • Mozart schrieb mehr als seine Zeitgenossen einen sehr differenzierten und anspruchsvollen Orchestersatz, insbesondere die Bläser erlangten eine zuvor unbekannte Eigenständigkeit.[358][359][360]
  • Damit einher geht – ebenso wie bei Joseph Haydn – eine Zunahme der Länge und des Umfanges der einzelnen Werke (am deutlichsten zu beobachten bei den Sinfonien).
  • Mozart integrierte in seine Kompositionen kontrapunktische Kompositionstechniken und verschmolz den klassisch-homophonen und den barock-polyphonen Stil (Finale des Streichquartetts KV 387, Finale der „Jupiter“-Sinfonie KV 551).
  • Seine Werke sind von drei die Wiener Klassik charakterisierenden Kompositionsverfahren geprägt, die Mozart gemeinsam mit Joseph Haydn erarbeitet hat und die von Beethoven weiterentwickelt wurden: obligate Begleitung, durchbrochener Stil und motivisch-thematische Arbeit.
  • Vor allem in seinen späten Opern schuf Mozart eine überzeugende psychologisch-dramaturgische Charakterzeichnung.
  • Mozart gelang in seiner Musik die Verbindung des scheinbar Leichten, Eingängigen mit dem musikalisch Schwierigen und Anspruchsvollen.
  • Mozart komponierte „Musick für aller Gattung leute […] ausgenommen für lange ohren nicht“. (Brief Mozarts vom 16. Dezember 1780)

Alles in allem schuf Mozart aus den von ihm vorgefundenen Stilen und Kompositionstechniken dank seiner herausragenden Fähigkeiten Musik von großer Komplexität und bedeutender Stilhöhe. Daran konnten Beethoven und die Komponisten des 19. Jahrhunderts anknüpfen.

Interpretationsstil

Mozarts Klavierspiel wurde überall gerühmt und geschätzt. Dabei muss bedacht werden, dass er nicht auf dem modernen Klavier, sondern auf dem Hammerklavier und gelegentlich auf dem Cembalo spielte.

Als Grundartikulation pflegte Mozart das zu seiner Zeit übliche Non legato. Dies wird von Ludwig van Beethoven, der ihn mehrfach in Konzerten hörte, bezeugt und von Carl Czerny wiedergegeben. Demnach habe Mozart „ein feines, aber zerhacktes Spiel gehabt, kein ligato.“[361]

Rezeption

Zusammenfassung
Kontext

Kompositorische Mozart-Rezeption

Obwohl die Geschichte der deutschen Oper durch Mozart und Carl Maria von Weber bestimmt wurde,[362] ist die Vorstellung einer durchgängigen Tradition in der Nachfolge Mozarts irreführend. Peter von Winter folgte zwar dem Beispiel der Zauberflöte, die romantische Oper mit dem Freischütz von Weber ging jedoch nicht aus dem Singspiel hervor.[363]

Ludwig van Beethoven übernahm die formalen und gattungsgeschichtlichen Errungenschaften Joseph Haydns und Mozarts, ging jedoch schon bald mit kraftvoller Klanggestaltung und kontrastreicher Dynamik einen neuen Weg zu großer Intensität des Ausdrucks und äußerster Konzentration thematisch struktureller Verarbeitung, wobei „jedes einzelne Werk seine individuelle, einmalige und unwiederholbare Physiognomie und Gestalt besitzt“.[364]

Nach Franz Schubert dominierte das Vorbild Beethovens, insbesondere auch im Streichquartett,[365] wobei in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wegen der Herausforderungen der Werke Beethovens, Schuberts, Robert Schumanns und Felix Mendelssohn Bartholdys anspruchsvolle Kammermusik nur mit einzelnen oder wenigen Werken realisiert wurde. So zeigt sich das Außergewöhnliche von Mozarts Klarinettenquintett in der Nachfolge bei Johannes Brahms und Max Reger.[366] Brahms dürfte auch bei seinem letzten Streichquintett an Mozart gedacht haben.[367] Die Scheu der Komponisten, mit ihren Werken Vergleiche zu Mozart zu provozieren, führte dazu, dass das Sujet Don Juan bis zur Tondichtung des selbstbewussten jungen Richard Strauss gemieden wurde.[368] Strauss gab zwar zu, „keine Melodien wie Mozart“ schreiben zu können, meinte aber, durch die Kunst, aus seinen Themen „alles herauszuholen, was drinnen steckt“, aus den Komponisten seiner Zeit herauszuragen.[369]

Die Konzeption mancher Opern von Strauss folgen Vorbildern von Mozart: Der Rosenkavalier (1910, Libretto von Hugo von Hofmannsthal) entspricht Le nozze di Figaro, Die Frau ohne Schatten (1919, ebenfalls Hofmannsthal) der Zauberflöte.[370] Die schweigsame Frau (1935, Libretto von Stefan Zweig) enthält als Rückblick auf die Geschichte der Opera buffa Mozart-Zitate.[371] Im späten Oboenkonzert von 1945 kommt Strauss schließlich „seiner lebenslang verehrten ‚platonischen Idee‘ Mozart“ näher[372] als in den frühen Opern, wo trotz der Parallele zur Zauberflöte in der Frau ohne Schatten eine „dionysische Rausch-Ekstase“ stattfindet.[373]

Eine solche Klangopulenz in der Nachfolge Richard Wagners erfuhr um 1900 zunehmend Widerstand, etwa durch Ferruccio Busoni, der 1907 einen Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst vorlegte. Vorbild seiner Klassizität waren Bach und Mozart,[374] dessen „serenitas“ bei Busoni ein verklärtes Bild als „Inbegriff wahrhaft absoluter Musik“ ohne metaphysischen Ballast darstellt.[375] Dennoch schwebte ihm das Mysterium als Opernideal vor, allerdings nach dem Modell der Zauberflöte.[376]

Auch Reger pflegte um diese Zeit ein „Bach- und Mozart-Ideal“,[377] von seinen Werken sind insbesondere die Mozartvariationen (1914) im Repertoire geblieben.[378]

Im 19. Jahrhundert war die Komische Oper wie im 17. Jahrhundert eine „prekäre Gattung“, die in Deutschland neben Wagner nicht gedeihen konnte.[379] Um 1900 fand der Überdruss an der inzwischen weit verbreiteten Wagner-Nachfolge mit dem „Primat einer kontinuierlichen Orchestermelodie“ im Schlagwort „Zurück zu Mozart“ Ausdruck, womit die Wiederentdeckung von handlungsreichem Dialog im Rezitativton alternierend mit „musikalischem Verweilen“ propagiert wurde. An die Stelle „der erdrückenden Geschichtslast von Wagners mythologischem Drama“ traten Komische Opern wie die von Ermanno Wolf-Ferrari von Le donne curiose (1903 nach Carlo Goldoni) bis La vedova scaltra (1931) und bürgerliche Komödien wie L’Heure espagnole (1911) von Maurice Ravel oder Kleider machen Leute (1910 nach Gottfried Keller) von Alexander Zemlinsky. Von Busoni sind aus dem Jahr 1917 Arlecchino und Turandot zu nennen.[380] Der Schauspieler und Regisseur Ernst von Possart veranstaltete in München eine „Mozart-Renaissance“,[381] der Dirigent und Komponist Felix Weingartner kreierte den Ausruf „Vorwärts zu Mozart!“[382]

1916/17 komponierte Serge Prokofieff seine erste Sinfonie, bekannt als Symphonie classique „im klassischen Stil Haydns und Mozarts“, freilich in transformierter Form.[383] Arnold Schönberg nutzte in der Gigue seiner zwölftönigen Suite op. 25 einen Wechsel des Metrums, wie er schon bei Mozart anzutreffen ist.[384] Hans Werner Henze stand in seiner Musiksprache in der Oper Der junge Lord (1965, Libretto von Ingeborg Bachmann) zwar Igor Strawinskys Neoklassizismus nahe, teilte jedoch nicht dessen Prinzip der Parodie, sondern nutzte die Modelle der Vergangenheit ohne verfremdende Distanzierung, mit Anspielungen auf Mozart bis Gustav Mahler.[385] Der Minimalist Michael Nyman nannte Mozart als Vorbild und zitierte ihn in seinen Werken.[386]

John Cage integrierte in seinen experimentellen Kompositionsansatz mit Zufallsverfahren im HPSCHD-Projekt (1967) unter anderem Musik von Mozart.[387] Helmut Lachenmann übte in seinem Klarinettenkonzert Accanto (1975/6) Kritik an der „verdinglichten Schönheit der klassischen Musik“, indem Mozarts Klarinettenkonzert KV 622 auf Tonband nur gelegentlich hörbar und mit einer durch diverse Spieltechniken verzerrten „Verformung von Strukturmerkmalen der Vorlage“ konfrontiert wird.[388] In Bernhard Langs Musiktheater ODIO MOZART / I HATE MOZART (2006) wird in einer vorgeblichen Probensituation unter Verwendung von Turntablisten Mozart „gleichzeitig beschworen wie zum Verschwinden gebracht“ und „die ständige Repetition des Repertoires im Musikbetrieb kommentiert“.[389]

Kanonisierung und beginnende Mozart-Forschung

E. T. A. Hoffmann bezeichnete 1810 die Instrumentalwerke Haydns, Mozarts und Beethovens als „rein romantisch“, was als Auszeichnung gedacht war, da im Gegensatz zur Bestimmtheit der Vokalmusik eine „tönende Stimme des Erhabenen“ hörbar werde,[390] die Sinfonie dieser Komponisten dringe „zur Ahnung des Unendlichen, Absoluten“ vor.[391] Im 19. Jahrhundert bildete sich erstmals ein Kanon klassischer Autoren der Musik aus, bei dem Mozart die Opera buffa repräsentierte.[392] Die Idee einer „Wiener Klassik“ entsprang dem Bedürfnis nach einer national-musikalischen Klassik nach Vorbild der Weimarer Klassik.[393]

Mozart war der erste Musiker, auf den die quellenkritische Methode der historischen Disziplin angewandt wurde, in der Monographie W. A. Mozart (1856–1859) von Otto Jahn.[394] Nach den wissenschaftlichen Gesamtausgaben der Werke von Johann Sebastian Bach, Georg Friedrich Händel, Giovanni Pierluigi da Palestrina und Beethoven folgte 1876 die Mozarts.[395]

Posthume Popularität

Mit Gluck und Haydn zählt Mozart zu den ältesten Komponisten, deren Werk „ohne Kontinuitätsbruch“ regelmäßig aufgeführt wurde. Zum geschichtlichen Prozess der Herausbildung eines Opernrepertoires gehörten die Aufführungen von Don Giovanni und Zauberflöte.[396] Das Repertoire tendierte bald dazu, historische Musik zu bevorzugen. Schon um 1840 war etwa in Leipzig mit Mozart der am öftesten aufgeführte Komponist bereits lange verstorben.[397] Darbietungen seines Requiems in Konzertsälen zeigen das steigende Bedürfnis nach einem ernsten Charakter der dortigen „geistvollen Unterhaltung“.[398] Im Konzertrepertoire wurde Mozart jedoch bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts durch Beethoven vom ersten Platz verdrängt.[399]

Neue Institutionen räumten Mozart ein großes Gewicht neben der jeweils aktuellen Musik ein, so etwa das 1862 eingeweihte Théâtre-Lyrique in Paris[400] oder die 1918 von Hugo von Hofmannsthal, Richard Strauss und Max Reinhardt konzipierten Salzburger Festspiele.[401] Die großen Wiener und Salzburger Musikinstitutionen profitierten von der Berühmtheit ihrer „Mozart-Ensembles“.[402] Im Gegensatz zum bekanntesten literarischen Klassiker, Johann Wolfgang von Goethe, der aus den Lektüre-Gewohnheiten im 20. Jahrhundert allmählich verschwand, avancierte Mozart zum Vertreter einer musikalischen Massenkultur, die auf der klassisch-romantischen Erbschaft basiert.[403] Hatten etwa im Barock Opernaufführungen die Funktion von Repräsentation und Übermittlung einer Botschaft, was unter Nutzung bekannter Sujets aus der antiken Mythologie oder der römischen Geschichte realisiert wurde, wurde nun die Bekanntheit der kanonisierten Meisterwerke etwa Mozarts in Salzburg vorausgesetzt[404] bei der Idee des „Regietheaters“ nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Inszenierung zur zentralen Kategorie der Opernästhetik erhoben wurde.[405] Die „schöpferische Rücksichtslosigkeit“ der „Lust zu Bilderstürmerei“ wandte sich also auch gegen Così van tutte oder Don Giovanni, die „Umnutzung älterer Werke durch assoziative Zuspitzung“ setzte sich allgemein durch.[406]

Ebenfalls auf einen Mangel an einer mit Mozart vergleichbaren aktuellen Gestalt zurückgeführt werden könnte die Tendenz, Mozart als „Popstar des 18. Jahrhunderts“ zu vermarkten.[407] Aktuelle Identifikationswünsche wurden in den 1980er Jahren bedient durch den Pop-Rap-Song Rock Me Amadeus von Falco oder den Amadeus-Film von Miloš Forman,[408] der das Klischee des heiteren Wunderkindes, das an der Welt scheitert und verarmt stirbt, durch ein bizarres, ähnlich falsches eines „renitenten, halbirren Genies“ ersetzt.[409] Der Musikmarkt nutzte die neuen Möglichkeiten der durchlässigeren Sphären, so pries ein Billiglabel „Mozarts Klarinettenkonzert“ mit dessen Bekanntheit durch den Film Jenseits von Afrika (1985) an.[410]

Das Gedenken an Wolfgang A. Mozart und die Beschäftigung mit seinem Werk wird heute weltweit durch Biographien, musikwissenschaftliche Forschung, Radio- und Fernsehsendungen, Symposien und insbesondere durch Aufführungen seiner Kompositionen in den Opernhäusern und Konzertsälen aufrechterhalten. Seit dem 19. Jahrhundert werden – vor allem in Österreich und Deutschland – zu allen runden Gedenkjahren Mozartjahre begangen.

Die Republik Österreich hat Mozart mehrfach auf Münzen oder Banknoten gewürdigt, wie zum Beispiel auf der 5000-Schilling-Banknote von 1989 und der österreichischen 1-Euro-Münze. Die Bundesrepublik Deutschland hat zu Ehren seines 250. Geburtstages im Jahr 2006 eine 10-Euro-Silbermünze herausgebracht. Damit soll, so die offizielle Begründung, die Persönlichkeit des Komponisten als großes Ereignis „aus der deutschen Kultur und Geschichte“ für die Nachwelt erhalten bleiben. Außerdem hat die Deutsche Post AG zum gleichen Anlass eine Sondermarke herausgegeben. Dies geschah bereits zum 225. Geburtstag seitens der Deutschen Post der DDR in Form einer Blockausgabe.

Daneben gibt es etliche Merchandising-Artikel (z. B. Mozartkugeln).

Mozarts Name bedeutet für Orte aus seiner Biographie einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor im Bereich internationaler Städtetourismus. Eine besondere Rolle kommt seiner Geburtsstadt Salzburg, Wien als seinem langjährigen Wohnort und außerdem der Stadt Augsburg als Geburtsstadt seines berühmten Vaters Leopold Mozart zu.

Mozart zu Ehren erhielt ein 1924 entdeckter Asteroid die Bezeichnung (1034) Mozartia und ein 1991 entdecktes Mineral den Namen Mozartit. Darüber hinaus trägt der Mozart-Piedmont-Gletscher vor der Westküste der antarktischen Alexander-I.-Insel seinen Namen. Auch die Pflanzengattung Mozartia Urb. aus der Familie der Myrtengewächse (Myrtaceae) ist nach ihm benannt.[411]

Festivals

Zahlreiche Festivals befassen sich überwiegend mit Mozarts Werken. Bereits im 19. Jahrhundert fanden in seiner Geburtsstadt eine Reihe von Mozart-Festen statt. Zu den bedeutenden Festivals der Gegenwart gehören (in Klammer jeweils das Gründungsdatum):

Charakteristikum fast aller dieser Festivals ist, dass Mozart zwar deren zentrale Achse darstellt, aber zumeist auch Kompositionen anderer Komponisten aufgeführt werden. Weiters finden regelmäßig Mozart-Festivals in Bath, Texas und Vermont statt.

Museen

In der Getreidegasse in Salzburg richtete die einstige Internationale Mozart-Stiftung (die von 1870 bis 1879 existierte) im Geburtshaus Wolfgang Amadeus Mozarts (→ Hagenauerhaus) ein Museum ein. Ein weiteres Mozart-Museum befindet sich in der 1773 von der Familie Mozart bezogenen Wohnung im Tanzmeisterhaus am Makartplatz. 2006 wurden die Räume durch den Regisseur und Designer Robert Wilson neu gestaltet.

In Wien ist eine der Wohnungen Mozarts erhalten, allerdings ohne Möbel, die verschollen sind; sie wurde in ein Museum umgewandelt: Domgasse 5, gleich hinter dem Stephansdom. Die ursprüngliche Gedenkstätte wurde vor einiger Zeit um zwei Stockwerke erweitert und im Jänner 2006 als Mozarthaus Vienna wiedereröffnet. Mozarts Leben und seine Zeit werden dem Besucher durch teils aufwendige multimediale Präsentationen erläutert. An zahlreichen anderen Häusern, in denen Mozart lebte oder auftrat, sind Gedenktafeln angebracht.

Im Mozarthaus in der nördlichen Altstadt von Augsburg befindet sich eine Gedenkstätte zur Geschichte der Familie Mozart. In diesem Haus wurde sein Vater Leopold geboren. Eine Gedenktafel am Haus der Augsburger Fuggerei (Mittelgasse 14) erinnert zudem an seinen Urgroßvater, den Maurermeister Franz Mozart (1649–1694), der hier wohnte und starb.

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Die Villa Bertramka in Prag

Im Prager Stadtteil Smíchov wurde 1956 in der sogenannten Vila Bertramka ein Mozartmuseum eingerichtet. Zu Mozarts Lebzeiten lag das Gebäude jenseits der Stadtmauer und diente der Familie des Komponisten Franz Xaver Duschek als Landgut. Es gehörte der Ehefrau Duscheks, der Sängerin Josepha Duschek, der Enkelin Ignatz Anton von Weisers, des Salzburger Bürgermeisters und Textdichters Mozarts. Mozart wohnte hier im Oktober 1787 (Vollendung und Uraufführung des Don Giovanni) und von Ende August bis Anfang September 1791 (Einstudierung und Uraufführung von La clemenza di Tito).[413]

Mozart-Gesellschaft, Stiftung, Mozart-Orchester und Spielstätten

Die Deutsche Mozart-Gesellschaft (DMG) mit Sitz in Augsburg „widmet sich … der praktischen und wissenschaftlichen Pflege des Werkes von Wolfgang Amadé Mozart, der Erforschung des Lebens und Schaffens des Meisters und seiner Familie und der Erhaltung und Förderung der Mozart-Gedenkstätten in der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere des Geburtshauses von Leopold Mozart in Augsburg“.[414]

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Mozarts Geburtshaus in Salzburg
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Großer Saal des Mozarteums
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Haus für Mozart

In Salzburg hat die Internationale Stiftung Mozarteum ihren Sitz. Sie wurde 1880 von Salzburger Bürgern gegründet und ist aus dem 1841 entstandenen Dommusikverein und Mozarteum hervorgegangen. Die Autographensammlung der Stiftung enthält rund 190 Originalbriefe Mozarts, die Bibliotheca Mozartiana ist mit rund 35.000 Titeln die umfangreichste einschlägige Bibliothek der Welt. Die Stiftung besitzt zudem reiches Bildmaterial, darunter mehrere authentische Mozart-Porträts. Die Ton- und Filmsammlung verfügt über rund 18.000 Audiotitel (darunter sonst nicht zugängliche Mitschnitte von Mozart-Aufführungen) und etwa 1800 Videoproduktionen (Spielfilme, Fernsehproduktionen, Opernaufzeichnungen, Dokumentarfilme). Die Stiftung verwaltet auch die beiden Salzburger Mozart-Museen. In der Satzung der Stiftung verankert ist das 1931 gegründete Zentralinstitut für Mozart-Forschung, das heute unter dem Namen Akademie für Mozart-Forschung firmiert. Sie veranstaltet in regelmäßigen Abständen wissenschaftliche Tagungen, über die im Mozart-Jahrbuch berichtet wird. Sämtliche Bereiche der Mozart-Forschung werden hierbei berücksichtigt, zentral jedoch ist seit 1954 die Herausgabe der Neuen Mozart-Ausgabe, der historisch-kritischen Edition von Mozarts Werken.

Die Stiftung besitzt auch das Konzertgebäude Mozarteum mit zwei Sälen. Der Große Saal des Mozarteums wird nicht nur für den Salzburger Konzertbetrieb genutzt, sondern regelmäßig auch von den Salzburger Festspielen – mit Matineen, Liederabenden, Solistenkonzerten, aber auch Orchesterkonzerten – bespielt. Alljährlich im Jänner veranstaltet die Stiftung seit 1956 die Mozartwoche, bei der renommierte Orchester (etwa die Wiener Philharmoniker oder das Mahler Chamber Orchestra) und Interpreten (Nikolaus Harnoncourt, Riccardo Muti u. a.) Mozarts Werke aufführen, ebenfalls im Großen Saal des Mozarteums.

Ebenfalls im Jahr 1880 gegründet wurde die Öffentliche Musikschule Mozarteum, aus der sich schließlich die Universität Mozarteum entwickelte. Dort werden Ausbildungen für Streich-, Blas-, Zupf- und Schlaginstrumente und auch eine Ausbildung für Schauspiel angeboten. Die Universität Mozarteum ist heute in der Neustadt im Alten Borromäum nächst dem Mirabellgarten beheimatet. Zunächst aus Studierenden dieser Institution haben sich auch die zwei Mozart-Orchester Salzburgs entwickelt:

Seit 1908 besteht das Mozarteumorchester Salzburg (derzeit mit 91 Musikern), das heute als Orchester von Stadt und Land Salzburg sowohl den Opern- und Operettenbetrieb des Salzburger Landestheaters bestreitet, als auch bei den Salzburger Festspielen wichtige Aufgaben übernimmt: Es spielt seit 1950 alljährlich Mozarts Große Messe in c-Moll (KV 427) in der Stiftskirche St. Peter, wirkt in Opernproduktionen, den Mozart-Matineen am Sonntagvormittag, Serenaden, Orchesterkonzerten und Festveranstaltungen mit. Der Klangkörper hat seine Wurzeln im 1841 gegründeten „Dommusikverein und Mozarteum“ und wurde unter Mithilfe von Constanze Mozart ins Leben gerufen.

Das zweite Salzburger Mozart-Orchester ist die Camerata Salzburg, die 1952 von Bernhard Paumgartner als Camerata Academica des Mozarteums Salzburg aus Lehrern und Schülern der Universität Mozarteum gegründet wurde. Das Ziel der Camerata war und ist vorrangig die Mozart-Pflege. Unter ihrem Chefdirigenten Sándor Végh (1978–1997) übernahm sie für viele Jahre die Mozart-Matineen der Salzburger Festspiele und gastiert seither weltweit unter Leitung namhafter Dirigenten, wie Heinz Holliger, Kent Nagano, Trevor Pinnock oder Franz Welser-Möst.

Aus den Mozart-Festen des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts entwickelten sich schließlich ab 1920 die Salzburger Festspiele, in deren Mittelpunkt unverändert seit der Gründung Mozart steht. Analog zu Bayreuth, das alljährlich die Werke Richard Wagners aufführt, sollte der Salzburger Genius loci jeden Sommer in exemplarischen Aufführungen gewürdigt werden. Rund die Hälfte aller Opernproduktionen der Festspiele sind Mozart-Opern gewidmet, die erste Opernaufführung der Festspiele war der Don Giovanni am 14. August 1922, dirigiert von Richard Strauss und gesungen von den Damen Claire Born, Gertrud Kappel, Lotte Schöne und den Herren Alfred Jerger, Viktor Madin, Franz Markhoff, Richard Mayr, Richard Tauber.

Zu den Spielstätten der Salzburger Festspiele zählt seit 2006 das Haus für Mozart in der Hofstallgasse. Ursprünglich stand an dieser Stelle die Große Winterreitschule, die 1925 für Max Reinhardts Schauspielproduktionen als Festspielhaus adaptiert wurde. Ab 1927 spielte man jeden Sommer auch Opern – überwiegend Mozarts – in diesem Haus, das schließlich noch mehrmals umgebaut wurde. Anlässlich des bevorstehenden 250. Geburtstags Mozarts wurde das Festspielhaus zwischen 2003 und 2006 grundlegend erneuert und erhielt den neuen Namen. Die Eröffnung fand am 26. Juli 2006 mit einer Neuproduktion von Le nozze di Figaro statt. In diesem Mozartjahr wurden erstmals alle anderen Bühnenwerke Mozarts im Rahmen der Festspiele gezeigt (Projekt Mozart 22, siehe Opernchronologie der Salzburger Festspiele).

Im Jänner 2006 wurde das Theater an der Wien, das in den Jahrzehnten zuvor überwiegend Musical-Produktionen beherbergte, anlässlich des Mozart-Jubiläumsjahres wiederum zu einem Opernhaus umgewidmet. Mozart stellt nach wie vor einen Schwerpunkt der Programmierung von Wiens Neuem Opernhaus dar.

Erinnerungsstätten, Denkmäler und andere Werke der bildenden Kunst

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Altar in Tiefurt

Als primäre Erinnerungsstätten Mozarts gelten der Kenotaph im Garten von Giuseppe Antonio Bridi in Rovereto, der Altar (1799) im Schlosspark Tiefurt von Herzogin Anna Amalia von Sachsen-Weimar und Eisenach und der Pavillon (1792) im Garten von Franz Deyerkauf in Graz, alle drei als private Gedenkorte bald nach Mozarts Tod installiert.[415]

1837 wurde in Prag in der Universitätsbibliothek eine Mozart-Büste von Emanuel Max Ritter von Wachstein aufgestellt. Der Mozart-Hof am Ort des Sterbehauses in Wien beherbergte 1848 eine Büste von Johann Baptist Feßler, sie sich 2022 im Dachgeschoß des Einkaufshauses Steffl der Kärntner Straße befand.[416] Für die erste Semperoper (1838–1841) in Dresden schuf Ernst Rietschel Standfiguren von Gluck und Mozart.[417]

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Mozartdenkmal am Mozartplatz in Salzburg

Ludwig Schwanthaler schuf für die 1842 eröffnete Walhalla in Donaustauf bei Regensburg eine Marmorbüste Mozarts und zugleich das erste in der Öffentlichkeit gefeierte Mozart-Denkmal, eine Bronzestatue in Salzburg, ebenfalls 1842 enthüllt.[418] Es ist auf dem Mozartplatz in Blickrichtung Alte Residenz und Dom ausgerichtet. Wie sehr Mozart damals schon nicht nur lokalpatriotisch österreichisch, sondern als ständeübergreifender Besitz aller Deutschen verstanden wurde, zeigt die Planung und Finanzierung des Projektes: An den Plänen waren vor allem Nicht-Salzburger beteiligt, und unter den finanziellen Förderern findet man neben Kaiser Ferdinand I. die Könige von Preußen und Bayern, den Adel sowie bürgerliche Musikvereine und prominente Musiker.[419]

Eine bronzene Mozart-Statue befindet sich auf dem Kapuzinerberg. Diese wurde anlässlich des Ersten Internationalen Mozartfestes im Jahr 1877, einem Vorläufer der Salzburger Festspiele, enthüllt und stammt von Edmund Hellmer.[420] Dabei wurde auch das Zauberflötenhäuschen, in dem Mozart angeblich Die Zauberflöte komponiert hatte, hinter der Statue aufgestellt.[421] Betreiber dieser Aktionen war der Mozart-Enthusiast Johann Evangelist Engl (1835–1925), auf den die Gründung der Stiftung Mozarteum zurückgeht und der auch das „Schaugrab“ der Mozarts errichten ließ.

Das Grabmonument auf dem Wiener Zentralfriedhof schuf Hanns Gasser 1859.[422] In den 1860er Jahren schmückte Moritz von Schwind das Foyer der Wiener Staatsoper mit Fresken, darunter das Thema von Mozarts Zauberflöte.[423]

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Mozart-Denkmal in Wien, um 1900

Das marmorne Mozart-Denkmal (1896) im Wiener Burggarten ist das letzte Werk von Victor Tilgner. Hier verbindet er das Neo-Rokoko mit Anflügen von Art nouveau und dem Gefühl für „Grande maniera“ in der Präsentation der Figur.[424] Als Architekt war Karl König an der Gestaltung beteiligt. Ursprünglich stand das Denkmal auf dem Albertinaplatz. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde es 1953 in den Burggarten überstellt. Die Skulpturen bestehen aus Laaser Marmor (Vinschgau, Südtirol), die Stufen der Basis aus dunklem Diorit. Die Balustraden sind aus grobem Sterzinger Marmor aus Südtirol, zwei bei der Neuaufstellung dazugekommene Pfeiler wurden aus St. Margarethener Kalksandstein gefertigt.[425] Im Jahr 1862 wurde in Wien-Wieden (4. Bezirk) die Mozartgasse nach dem Komponisten benannt, 1899 der Mozartplatz. 1905 wurde dort der Mozart-Brunnen enthüllt,[426] ein Frühwerk des Architekten Otto Schönthal aus der „Wagnerschule“ Otto Wagners und des Bildhauers Carl Wollek mit Bronzefiguren von Tamino und Pamina.[427]

Das Monument für Haydn, Mozart und Beethoven im Berliner Tiergarten von Rudolf Siemering musste von dessen Sohn vollendet werden.[428] Von Siemerings Nachfolger des Rauchmuseums in Berlin, Emil Hundrieser wurden Entwürfe dafür kurz vor dessen Tod präsentiert.[429] Der ungarische Bildhauer und Medailleur Fűlőp Beck Ő nutzte für seine Medaillen wie der mit Mozart von 1925 Vorbilder der Renaissance.[430]

Louis-Ernest Barrias schuf mit seinem jungen Mozart, der in einer kindlich x-beinigen Haltung die Violine stimmt, eine dekorative Bronzefigur, die 1887 im Salon ausgestellt wurde.[431] Einen jungen Mozart mit Violine unter dem Arm hatte zuvor bereits Friedrich Ernst Pauli ebenfalls in Bronze gestaltet,[432] einen kindlichen Mozart am Klavier 1873 der Historienmaler Ebenezer Crawford.[433]

Das Thema Mozarts auf dem Sterbebett wurde wiederholt behandelt. Das bekannteste Werk des Historienmalers William James Grant (1829–1866) trägt dafür den Titel The Requiem,[434] auch die Darstellung von Mozarts letzten Augenblicken von Henry Jean Becquet gilt als dessen Meisterwerk.[435] Thomas W. Shields malte 1882 Mozart Singing his Last Requiem.[436] Im Musée de Bordeaux gibt es eine Skulptur des sterbenden Mozart von Rinaldo Carnielo (1853–1910).[437] Simon Guérin schuf eine Apotheose Mozarts.[438]

Der Impressionist Max Slevogt portraitierte den Sänger Francisco d’Andrade als Don Giovanni in Das Champagnerlied (1901/1902).[439] Raoul Dufy drückte seine Begeisterung für die Musik unter anderem in seiner Hommage an Mozart (1951) aus.[440] Der Maler, Performance-Künstler und Bildhauer Jannis Kounellis verwendete in seinen Werken, die die Fragmentierung der modernen Gesellschaft zum Thema haben, Musik von Mozart.[441] Die am Ursulinenplatz vor der Markuskirche 2005 aufgestellte Mozart-Skulptur Mozart – Eine Hommage von Markus Lüpertz führte einige Zeit zu Kontroversen.

Werke

Zusammenfassung
Kontext

Die Werke Mozarts werden meist nach ihrer Sortierung im Köchelverzeichnis (KV) gezählt, das der chronologischen Reihenfolge des Entstehens zu folgen versucht und im Jahr 2024 in einer von Neal Zaslaw neu bearbeiteten Ausgabe vorgelegt wurde.

Opern

Weitere Informationen Jahr, Titel ...
Jahr Titel KV
1767Die Schuldigkeit des ersten GebotsKV 35
1767Apollo et HyacinthusKV 38
1768Bastien und BastienneKV 50
1768La finta sempliceKV 51
1770Mitridate, re di PontoKV 87
1771Ascanio in AlbaKV 111
1771Il sogno di ScipioneKV 126
1772Lucio SillaKV 135
1775La finta giardiniera / Die Gärtnerin aus LiebeKV 196
1775Il re pastoreKV 208
1780Zaide (Fragment)KV 344
1781IdomeneoKV 366
1782Die Entführung aus dem SerailKV 384
1783L’oca del Cairo (Fragment)KV 422
1783Lo sposo deluso ossia La rivalità di tre donne per un solo amante (Fragment)KV 430
1786Der SchauspieldirektorKV 486
1786Le nozze di FigaroKV 492
1787Il dissoluto punito ossia il Don GiovanniKV 527
1790Così fan tutte ossia La scuola degli amantiKV 588
1791Die ZauberflöteKV 620
1791La clemenza di TitoKV 621
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Insgesamt 21 Opern.

Kirchenmusik

17 Messen, darunter

Siehe dazu den Artikel: Liste der Kirchenmusikwerke Mozarts

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Ausschnitt aus der autographen Partitur des Requiems (KV 626)

Orchesterwerke

Sinfonien

Siehe Liste der Sinfonien Mozarts

Klavierkonzerte

Siehe Liste der Klavierkonzerte Mozarts

Werke für Streichinstrumente und Orchester

Siehe auch Violinkonzerte (Mozart)

  • 1773: Violinkonzert Nr. 1 B-Dur (KV 207)
  • 1774: Concertone für 2 Violinen C-Dur (KV 190/186E)
  • 1775: Violinkonzert Nr. 2 D-Dur (KV 211)
  • 1775: Violinkonzert Nr. 3 G-Dur (KV 216)
  • 1775: Violinkonzert Nr. 4 D-Dur (KV 218)
  • 1775: Violinkonzert Nr. 5 A-Dur (KV 219)
  • 1776: Adagio E-Dur (KV 261)
  • 1776: Rondo concertante für Violine und Orchester B-Dur (KV 269/261a)
  • 1778: Concerto für Violine und Klavier D-Dur (KV315f)
  • 1779: Sinfonia concertante für Violine und Viola Es-Dur (KV 364/320d)
  • 1779: Sinfonia concertante für Violine, Viola und Cello A-Dur (KV 320e)
  • 1781: Rondo C-Dur (KV 373)

Insgesamt 12 Werke.

Werke für Blasinstrumente und Orchester

Flötenkonzerte und -sätze

Hornkonzerte und -sätze

s.a. Hornkonzerte (Mozart)
  • 1781: Rondo für Horn und Orchester Es-Dur (KV 371)
  • 1791: Hornkonzert D-Dur (KV 412/514/386b)
  • 1783: Hornkonzert Es-Dur (KV 417)
  • 1786: Hornkonzert Es-Dur (KV 495)
  • 1787: Hornkonzert Es-Dur (KV 447)

Insgesamt 13 Werke.

Weitere Orchesterwerke

Serenaden

Notturni

  • 1778: Notturno für vier Orchester D-Dur (KV 286)

Divertimenti

  • 1772: Divertimento D-Dur (KV 131)
  • 1772: Divertimento D-Dur (KV 136/125 a): „Salzburger Sinfonie Nr. 1“
  • 1772: Divertimento B-Dur (KV 137/125 b): „Salzburger Sinfonie Nr. 2“
  • 1772: Divertimento F-Dur (KV 138/125 c): „Salzburger Sinfonie Nr. 3“
  • 1783–85: Divertimenti Nr. 1 bis 5 B-Dur (KV 229/439b)

Märsche

  • 1769: Marsch D-Dur (KV 62)
  • 1773: Marsch D-Dur (KV 167b)
  • 1774: Marsch D-Dur (KV 189c)
  • 1775: Marsch D-Dur (KV 213b)
  • 1776: Marsch D-Dur (KV 249)
  • 1779: Marsch D-Dur (KV 320a Nr. 1)
  • 1779: Marsch D-Dur (KV 320a Nr. 2)

Kassationen

  • 1769: Kassation B-Dur (KV 62a)
  • 1769: Kassation G-Dur (KV 63) (Final-Musik)

Insgesamt 23 Werke.

Kammermusik

Klaviermusik

Siehe Liste der Klaviermusikwerke Mozarts

Orgelwerke

Obwohl Mozart in einem Brief an seinen Vater vom 17. Oktober 1777 schrieb, dass die Orgel seine Passion sei und bekannte „Die Orgel ist doch in meinen Augen und Ohren der König aller Instrumente“,[442] hat er nur wenige Orgelwerke komponiert.

  • Zwei kleine Fugen in G-Dur und D-Dur, KV 154a, wahrscheinlich 1772/1773 komponiert
  • Fuge g-moll, KV 401, wahrscheinlich 1773 komponiert, endet als Fragment nach 95 Takten
  • Stück für ein Orgelwerk in einer Uhr (Adagio und Allegro in f-moll für ein Orgelwerk), KV 594, 1790 komponiert
  • Allegro und Andante (Fantasie in f-moll) für eine Orgelwalze, KV 608, 1791 komponiert
  • Andante in F-Dur für Orgelwalze, KV 616, 1791 komponiert

Lieder

Insgesamt 42 Werke.

Kanons

Mozart hat textierte und untextierte Kanons geschrieben. Unter den textierten finden sich Werke mit kirchlichem Inhalt:

  • Kyrie (1770; KV 89)
  • Alleluia (1788; KV 553) – das Anfangsmotiv entstammt der Alleluja-Intonation der Karsamstagsliturgie
  • Ave Maria (1788; KV 554)

Es gibt aber auch Kanons mit zum Teil recht derbem Inhalt, der an Mozarts Bäsle-Briefe erinnert, die er an seine Cousine Maria Anna Thekla Mozart schrieb. In vielen Liederbüchern ist der originale Text durch einen neuen, „entschärften“ ersetzt. So zum Beispiel:

Der vierstimmige Kanon KV Anh. 191 (1788; 562c) ist für zwei Violinen, Viola und Bass gesetzt.

Rezeption (Auflistungen)

Zusammenfassung
Kontext

Literatur

Bühnenwerke

Belletristik

Die Figur Wolfgang Amadeus Mozarts wurde in vielen Romanen und Erzählungen verarbeitet, unter anderem in

  • Hermann Hesse: Der Steppenwolf. Frankfurt am Main 1974, ISBN 3-518-36675-0 (Mozart als Repräsentant der „Unsterblichen“ klärt den Protagonisten in einem erkenntnistheoretischen Vortrag über die ewige Differenz von Ideal und Wirklichkeit auf.)
  • Rotraut Hinderks-Kutscher: Donnerblitzbub Wolfgang Amadeus. Stuttgart 1943, ISBN 3-423-07028-5 (Kinder- und Jugendbuch.)
  • Rotraut Hinderks-Kutscher: Unsterblicher Wolfgang Amadeus Mozart. Stuttgart 1959 (Franckhs Musiker-Biographien für junge Menschen)
  • E. T. A. Hoffmann: Don Juan. In: Fantasiestücke in Callot’s Manier. 1814 (Ein reisender Enthusiast (E. T. A. Hoffmann?) wird während einer Don-Juan-Aufführung von Donna Anna in der Loge aufgesucht und für W. A. Mozart gehalten.)
  • Jörg G. Kastner: Mozartzauber. München 2001, ISBN 3-471-79456-5 (Spielt vor allem während der letzten Monate Mozarts bis kurz nach dessen Tod)
  • Eduard Mörike: Mozart auf der Reise nach Prag. (Novelle, Erstveröffentlichung Juli und August 1855 im Morgenblatt für gebildete Stände Nr. 30–33, selbständig als Buch 1856).[443] „Die berühmteste Künstlernovelle des 19. Jahrhunderts“;[444] aktuelle Ausgabe: Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-458-34827-1 (Auf der Reise zur Uraufführung des Don Giovanni in Prag gerät Mozart in das Schloss des Grafen von Schinzberg. Vor allem dessen Nichte Eugenie erahnt Mozarts Genialität, aber auch die Unausweichlichkeit seines nahen Todes und dass er sich „schnell und unaufhaltsam in seiner eigenen Glut“ verzehren wird.)
  • Wolf Wondratschek: Mozarts Friseur. DTV, München 2004, ISBN 3-423-13186-1 (Keiner verlässt Mozarts Friseur unverändert.)

Filme

Literatur

Werkverzeichnisse

Biographische Quellen

  • Ludwig Nohl (Hrsg.): Mozart nach den Schilderungen seiner Zeitgenossen. Leipzig 1880.
  • Albert Leitzmann (Hrsg.): Mozarts Persönlichkeit. Urteile der Zeitgenossen. Leipzig 1914.
  • Arthur Schurig (Hrsg.): Leopold Mozart. Reiseaufzeichnungen 1763–1771. Dresden 1920.
  • Arthur Schurig (Hrsg.): Konstanze Mozart. Briefe, Aufzeichnungen, Dokumente. Dresden 1922.
  • Roland Tenschert: Mozart schreibt Briefe, Wilhelm Frick Verlag, Wien 1941.
  • Otto Erich Deutsch (Hrsg.): Mozart. Die Dokumente seines Lebens. 2. Aufl. Kassel 1961.
  • Wilhelm A. Bauer, Otto Erich Deutsch (Hrsg.): Mozart. Briefe und Aufzeichnungen. Gesamtausgabe in 7 Bänden, hrsg. von der Internationalen Stiftung Mozarteum Salzburg, Kassel u. a. 1962 ff., ISBN 3-7618-1749-5.
    Erweiterte Ausgabe mit einer Einführung und Ergänzungen herausgegeben von Ulrich Konrad. 8 Bände. Bärenreiter, Kassel u. a. und dtv, München 2005, ISBN 3-423-59076-9.
  • György Schuler: Wenn Mozart ein Tagebuch geführt hätte…. Corvina Verlag, Budapest 1966.
  • Juliane Vogel (Hrsg.): Die Bäsle-Briefe. Stuttgart 1993, ISBN 3-15-008925-5.
  • Stefan Kunze (Hrsg.): Briefe. Reclam, Stuttgart 2005, ISBN 3-15-010574-9.
  • Silke Leopold (Hrsg.): Guten Morgen, liebes Weibchen! Mozarts Briefe an Constanze. Bärenreiter, Kassel u. a. 2005, ISBN 3-7618-1814-9.
  • Paul Ridder: Mythos Mozart. Ein bisher unbekanntes Porträt in seiner Galerie. In: Die Tonkunst. Jg. 5 (2011), S. 63–65.
  • Klaus Martin Kopitz: „Du kanntest Mozart?“ Unbekannte und vergessene Erinnerungen von Beethoven, Haydn, Hummel und anderen Zeitgenossen Mozarts. In: Mozart Studien. Band 20 (2011), ISSN 0942-5217, ISBN 978-3-86296-025-5, S. 269–309.

Biografien und Gesamtinterpretationen

Monografien

Hörbücher

Zusammenfassung
Kontext
Wikisource: Wolfgang Amadeus Mozart – Quellen und Volltexte
Commons: Wolfgang Amadeus Mozart – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Werkverzeichnisse, Noten, Dokumente

Hörbeispiele

Historische biografische Texte

Gesellschaften

Anmerkungen

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