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Krankheit Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Purpura Schönlein-Henoch, auch Purpura Schoenlein-Henoch und Purpura anaphylactoides (weitere Synonyme: rheumatoide Purpura, Immunkomplexpurpura, anaphylaktoide Pupura, früher auch Peliosis rheumatica) ist eine immunologisch vermittelte Entzündung der kleinen Blutgefäße (leukozytoklastische Vaskulitis der Kapillaren sowie prä- und postkapillären Gefäße) unbekannter Ätiologie, die als Multisystemerkrankung bevorzugt Haut, Gelenke, Darm und Nieren betrifft. Sie tritt am häufigsten im Vorschul- und Schulalter vorwiegend bei Knaben nach einem vorausgehenden Atemwegsinfekt oder anderen Auslösern (z. B. Medikamenten) auf, beginnt akut und verläuft häufig in Form mehrerer Schübe. In der großen Mehrzahl der Fälle heilt die Erkrankung folgenlos aus. Benannt ist sie nach den deutschen Ärzten Johann Lukas Schönlein (1793–1864)[1], der die „Peliosis rheumatica“ 1837 beschrieb, und Eduard Heinrich Henoch (1820–1910). Die Purpura Schönlein-Henoch wurde in der Chapel-Hill-Konferenz 2012 in IgA-Vaskulitis umbenannt.
Klassifikation nach ICD-10 | |
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D69.0 | Purpura anaphylactoides |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Die Purpura Schönlein-Henoch ist die häufigste Vaskulitis im Kindesalter, jährlich sind 15 bis 25 von 100.000 Kindern und Jugendlichen betroffen. Das mittlere Alter bei Erkrankungsbeginn beträgt sechs bis sieben Jahre, in den ersten zwei Lebensjahren ist die Erkrankung selten. Sie kommt in der kalten Jahreszeit gehäuft vor und betrifft häufiger Jungen als Mädchen.
Vermutlich ist die Purpura Schönlein-Henoch eine immunpathologische Reaktion auf genetischer Basis, die durch unterschiedliche Trigger hervorgerufen wird: Die Auseinandersetzung mit einem unbekannten Antigen führt zur Proliferation einer erhöhten Rate zirkulierender IgA-sezernierender B-Lymphozyten. Es bilden sich vermehrt Immunkomplexe (IgA), die sich in den kleinen Gefäßen niederschlagen, Komplement (insbesondere C3a und C5a)[2] aktivieren, Granulozyten und andere weiße Blutzellen anlocken und schließlich zu einer aseptischen Entzündung der Gefäßbahn in Haut, Darm und Nierenglomerula führen. Aufgrund dieser Pathogenese wird die Purpura Schönlein-Henoch auch als eine Hypersensitivitätsvaskulitits bezeichnet und entsprechend der Einteilung nach Coombs und Gell zur Gruppe der Typ-III-Überempfindlichkeitsreaktionen (Arthus-Reaktion) gezählt.
Dem Auftreten der Purpura gehen oft uncharakteristische Schmerzzustände und leichtes Fieber voraus. Die akute Phase dauert (3) – 12 – (60) Tage. Rückfälle sind möglich; man spricht von einem solchen nach einem länger als vierwöchigen, symptomfreien Intervall. Nur selten ist die Erkrankung chronisch. Es kann sich auch über zwei Jahre hinziehen.
Es gibt bei einer Purpura Schönlein-Henoch keinen beweisenden Laborparameter o. Ä., die Diagnose wird klinisch, das heißt anhand der Symptome gestellt. Differentialdiagnostisch müssen zuerst andere infrage kommende Erkrankungen ausgeschlossen werden: Je nach Symptomen eine idiopathische Thrombozytopenie, Sepsis, Leukämie, andere Vaskulitiden oder ein hämolytisch-urämisches Syndrom. Nach den Klassifikationskriterien der Amerikanischen Rheuma-Gesellschaft (ACR) kann die Diagnose mit einer Sensitivität von 87 % und einer Spezifität von 88 % gestellt werden, wenn zwei der folgenden vier Kriterien zutreffen:
In einer Modifikation dieser Kriterien wird gefordert, dass bei normaler Thrombozytenzahl zusätzlich zur palpablen Purpura mindestens ein weiteres Kriterium erfüllt sein muss. Obwohl Gelenkbeteiligungen oder Bauchsymptome den Hauterscheinungen vorangehen können, ist eine Diagnose ohne schon vorliegende Hautsymptome in der Regel nicht möglich. Bei den Laboruntersuchungen sind CRP und die Blutsenkungsgeschwindigkeit meistens nur mäßig erhöht, ANA sind negativ, ebenfalls Autoantikörper gegen Antigene neutrophiler Granulozyten (ANCA) der Klasse IgG.
Als Differenzialdiagnose muss eine Meningokokkensepsis ausgeschlossen werden.
Weitere Diagnostik ist symptombezogen und dient dem Erkennen von Komplikationen, sie wird unter Umständen wiederholt durchgeführt, wenn sich Symptome ändern, sie erfolgt in unkomplizierten Fällen ambulant durch den Kinderarzt und in komplizierten Fällen stationär in einer Kinderklinik eventuell in Absprache mit den entsprechenden Spezialisten:
Eine offizielle Therapieleitlinie bei Kindern existiert nicht. Bettruhe bzw. körperliche Schonung im akuten Schub ist sinnvoll; Vermeidung enger Kleidung, lokale Kühlung bei Gelenkschwellungen.
Die Behandlung wird symptombezogen ausgeweitet:
Bei Erwachsenen ist die Rate und die Schwere einzelner Komplikationen jedoch deutlich höher und geht mit deutlicher Verschlechterung der Prognose einher (Tancrede-Bohin 1997, Blanco 1997, Garcia-Porrua 2002). Häufigkeit und Schwere von Komplikationen sind bei der Purpura Schönlein-Henoch des Erwachsenen auch höher als bei der nicht IgA-assoziierten leukozytoklastischen Vaskulitis mit systemischer Beteiligung (sog. Hypersensitivitäts-Vaskulitis) (Michel 1992). Eine Arthritis der Knie- und Sprunggelenke ist häufig (61 %). Wenn bereits initial eine Nierenbeteiligung eingetreten ist, liegen die Chancen für eine langfristige Remission nur bei 20 % (Pillebout 2002). Abdominelle Beschwerden haben knapp 50 % und Darmblutungen 25 % der Erwachsenen, z. T. mit tödlichem Ausgang.[3] Bis zu 25 % der betroffenen Erwachsenen müssen zehn Jahre nach Diagnose dialysieren.[4]
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