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deutsch-jüdischer Schriftsteller und Maler Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Wolfgang Hildesheimer (geboren am 9. Dezember 1916 in Hamburg; gestorben am 21. August 1991 in Poschiavo, Schweiz) war ein deutscher Schriftsteller und Maler.
Wolfgang Hildesheimer wurde als Sohn jüdischer Eltern in Hamburg geboren. Sein Vater Arnold arbeitete ab 1919 bei der Margarinefabrik Van den Bergh bei Kleve, zog 1921 bis 1923 nach Nimwegen um und 1923 nach Mannheim, wo ein Zweigwerk stand. Er und die Mutter Hanna waren gut bekannt mit zahlreichen jüdischen Intellektuellen, pflegten ein stark musisch geprägtes Leben und gehörten zu den Zionisten. Der orthodoxe Rabbi Esriel Hildesheimer war sein Urgroßvater.[1] Nach seiner Auswanderung nach Palästina gründete Arnold Hildesheimer 1933 eine Chemiefabrik.[1]
Hildesheimer besuchte in Nimwegen einen niederländischen Kindergarten und sprach die Landessprache. Ab 1926 besuchte Hildesheimer das humanistische Gymnasium in Mannheim, mit dem er nicht zurechtkam, zwischen 1930 und 1933 die Odenwaldschule in Ober-Hambach. Danach wechselte er zur Frensham Heights School in Farnham, England. Ab 1934 machte er eine Tischlerlehre in Palästina, wohin seine Eltern emigriert waren. Ab 1937 studierte er Malerei und Bühnenbildnerei in London.[2] 1939 ging er über die Schweiz und Italien zurück nach Palästina. Nach Kriegsende kehrte er gegen den Rat seiner Eltern nach Deutschland zurück. 1946 begann er eine Tätigkeit als Simultandolmetscher und Gerichtsschreiber bei den Nürnberger Prozessen. Danach arbeitete er als Schriftsteller und war Mitglied der Gruppe 47. Er lebte in Ambach am Starnberger See und ab 1953 in München.[3] Seit 1957 lebte Hildesheimer in der Schweiz und in Italien.[4]
Für Aufsehen sorgte eine Rede, die Hildesheimer 1960 anlässlich der Internationalen Theaterwoche der Studentenbühnen in Erlangen unter dem Titel Über das absurde Theater hielt. 1980 hielt Hildesheimer die Eröffnungsrede der Salzburger Festspiele (Was sagt Musik aus).
Nachdem Hildesheimer in den 1940er Jahren unter anderem ein Gedicht aus Stefan Georges Das Jahr der Seele (1944) und Franz Kafkas Elf Söhne (1946) ins Englische übersetzt hatte, übertrug er ab den 1950er Jahren vor allem englischsprachige Literatur ins Deutsche. Er übersetzte unter anderem Nightwood von Djuna Barnes, einen Teil aus Finnegans Wake von James Joyce (Anna Livia Plurabelle, kommentierter Textbeginn 1966, ganzes Kapitel 1970) und ein Prosastück von Samuel Beckett (Wie die Geschichte erzählt wurde, 1973), außerdem zwei Theaterstücke von George Bernard Shaw (Die heilige Johanna, 1966, und Helden, 1970), wie er überhaupt auch als Dramatiker hauptsächlich englische Stücke übersetzte: zweimal Richard Brinsley Sheridan (Die Lästerschule, 1960, und Rivalen, 1961) und einmal William Congreve (Der Lauf der Welt, 1982); daneben auch ein Stück von Carlo Goldoni (Die Schwiegerväter, 1961) aus dem Italienischen. Außerdem übersetzte er die Bildunterschriften in Ronald Searles Quo vadis und sechs Bildergeschichten von Ronald Searle (ab 1962).
Seine Erzählungen Lieblose Legenden entstanden 1950 bis 1962 (die erste Sammlung in Buchform erschien 1952 mit Illustrationen von Paul Flora), wurden in zahlreiche Anthologien aufgenommen, im Rundfunk gesendet, in Schulbüchern pädagogisch aufbereitet und auch übersetzt; sie zählen zu den Klassikern der deutschen Nachkriegsliteratur. Für das Prosabuch Tynset (1965) erhielt er den Büchnerpreis und den Bremer Literaturpreis. Mozart (1977) wurde zum Bestseller und ist das meistübersetzte Werk Hildesheimers. Marbot. Eine Biographie (1981) ist eine fiktive Biografie und wurde von Zeitgenossen nicht unwidersprochen als Markstein der Postmoderne bezeichnet,[5] und die traurig-komische Prosa Mitteilungen an Max (1983) nannte Hildesheimer selbst das Satyrspiel nach den Tragödien. 1982 erhielt Hildesheimer die Ehrenbürgerschaft seines Wohnorts Poschiavo.[6] Angesichts der zu erwartenden Umweltkatastrophen habe er das Schreiben eingestellt, teilte er 1984 mit.[7]
Nachdem er sich in Palästina und bis 1950 auch in Deutschland an einigen Ausstellungen beteiligt, ab 1965 zahlreiche Einzelausstellungen veranstaltet und sich auch wieder an Gemeinschaftsausstellungen beteiligt hatte, kehrte er nach dem Ende des Schreibens zu seinen künstlerischen Anfängen zurück und beschäftigte sich vor allem mit seiner besonderen Art der Collagen; der erste Sammelband erschien 1984: Endlich allein.
Der Schriftsteller Eckhard Henscheid beschreibt in seiner 1998 veröffentlichten Erzählung Poschiavo – Graz einfach eine Fahrt Hildesheimers mit seiner Frau von ihrem Heimatort nach Graz zu einer Lesung beim Steirischen Herbst.[8]
Wolfgang Hildesheimer ist auf dem evangelischen Friedhof in Poschiavo begraben.[9]
Weitere Produktion: ORF Oberösterreich, UA: 4.10.1977. Sprecher: Norbert Kappen, Maria Becker, Regie: Ferry Bauer
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