staatlicher Literaturpreis für Jugend- und Kinderbücher in Deutschland Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Der Deutsche Jugendliteraturpreis (bis 1981: Deutscher Jugendbuchpreis, kurz DJLP) ist ein Staatspreis für Literatur. Er wurde 1956 vom damaligen Bundesministerium für Familienfragen gestiftet und wird jährlich verliehen. Ausgezeichnet werden herausragende Werke der Kinder- und Jugendliteratur. Die Organisation von Preisfindung und Organisation liegt beim Arbeitskreis für Jugendliteratur (AKJ). Das Geld für die Ausrichtung des Deutschen Jugendliteraturpreises kommt aus dem Kinder- und Jugendplan des Bundes (KJP). Dieser Förderetat der Bundesregierung ist für politische und kulturelle Kinder- und Jugendarbeit vorgesehen, der Deutsche Jugendliteraturpreis ist somit Kindern und Jugendlichen verpflichtet.
Von Anfang an war der Deutsche Jugendliteraturpreis auch ein internationaler Preis: Eingereicht werden können neben deutschsprachigen Kinder- und Jugendbüchern genauso Titel fremdsprachiger Autoren, soweit sie ins Deutsche übersetzt wurden. Seit 1996 erhalten die Preisträger neben der Preissumme eine Bronzeplastik, die Michael Endes Romanfigur Momo nachgebildet ist.
Ziel des Deutschen Jugendliteraturpreises ist es, Kinder und Jugendliche mit Hilfe eines qualitativ überzeugenden und vielfältigen Literaturangebots in ihrer Persönlichkeit zu stärken und ihnen Orientierung zu bieten.
Eine Kritikerjury, bestehend aus neun erwachsenen Juroren, vergibt den Deutschen Jugendliteraturpreis in den Sparten Bilderbuch, Kinderbuch, Jugendbuch und Sachbuch. Parallel dazu verleiht eine unabhängige Jugendjury den Preis der Jugendjury. Die Jurys prüfen die Bücher aus der Produktion des Vorjahres und nominieren davon sechs Titel pro Sparte. Die Nominierungsliste wird jedes Jahr auf der Leipziger Buchmesse verkündet.
Die Nominierungen sind die Grundlage für die Entscheidung der Jurys, die unabhängig voneinander ihre Preise vergeben. Die Preise sind mit 10.000 Euro pro Sparte dotiert und können zwischen Autoren, Illustratoren und Übersetzern aufgeteilt werden. Die Sieger des Deutschen Jugendliteraturpreises werden jährlich auf der Frankfurter Buchmesse bekannt gegeben. Seit 1991 wird ein Sonderpreis für das Gesamtwerk eines deutschen Autors, eines deutschen Illustrators oder eines deutschen Übersetzers kinderliterarischer Werke verliehen, der mit 12.000 Euro dotiert ist. 2017 wurde erstmals der Sonderpreis „Neue Talente“ in Höhe von 10.000 Euro verliehen. Die Preissummen betragen insgesamt 72.000 Euro. Laut Aussagen des Börsenblatts Online vom April 2021 sind nur der „Deutsche Kinderbuchpreis“ (100.000 €) sowie der „Astrid Lindgren Memorial Award (ALMA)“ (5 Millionen Schwedische Kronen = ca. 496.000 €) höher dotiert.[1]
Vor 1981 hieß der Preis „Deutscher Jugendbuchpreis“. Seit Bestehen des Deutschen Jugendliteraturpreises wurden die Ausschreibungen vielfach abgeändert. So gab es in der Anfangszeit von 1956 bis 1963 nur Preisverleihungen in den zwei Kategorien Kinderbuch und Jugendbuch sowie einen zusätzlichen Sonderpreis, der jedes Jahr unter einem anderen Motto stand, z.B. schönstes Märchenbuch, bestes Bilderbuch, bestes Sachbuch o. ä. 1964 wurde der thematische Sonderpreis abgeschafft und der Preis in den nächsten Jahren stattdessen um die Kategorien Bilderbuch und Sachbuch erweitert. Außerdem war es ab 1964 möglich, besondere Einzelleistungen wie Illustrationen oder Übersetzungen auszuzeichnen. 1991 wurde anlässlich des „35. Geburtstages“ der Sonderpreis für ein Gesamtwerk gestiftet.Seitdem wird jährlich (mit Ausnahme 1992) im Turnus eine lebende deutsche Autorin, Illustratorin oder Übersetzerin bzw. ein lebender deutscher Autor, Illustrator oder Übersetzer ausgezeichnet.[2] Zum 60. Jubiläum des Preises wurde der Sonderpreis „Neue Talente“ eingeführt. Mit diesem werden deutsche Autoren, Illustratoren und Übersetzer ausgezeichnet, die in den Vorjahren mindestens ein herausragendes literarisches Werk im Bereich der Kinder- und Jugendliteratur im deutschsprachigen Raum veröffentlicht haben.
Seit 1956 wurden rund 2800 Bücher mit dem Preis gewürdigt – sei es als Preisträger, auf der Auswahl- und später Nominierungsliste oder im Rahmen des Sonderpreises zu einem Gesamtwerk.
Alle Titel wurden in einer Datenbank erschlossen.[3]
2024–2021
2024
Bilderbuch: Das Preisbuch wird am 18. Oktober auf der Frankfurter Buchmesse bekannt gegeben.
Nominierungen: Mondeis von Baek Hee-na (Text, Illustration), Nina Jung (Übersetzung); Vogel ist tot von Tiny Fisscher (Text), Herma Starreveld (Illustration), Nicola T Stuart (Übersetzung); Es gibt keine Drachen in diesem Buch von Donna Lambo-Weidner (Text), Carla Haslbauer (Illustration), Elena Rittinghausen (Übersetzung); Der erste Schritt von Pija Lindenbaum (Text), Jana Hemer (Übersetzung); Bär ist nicht allein von Marc Veerkamp (Text), Jeska Verstegen (Illustration), Rolf Erdorf (Übersetzung); Wünsche von Mượn Thị Văn (Text), Victo Ngai (Illustration), Petra Steuber (Übersetzung);
Kinderbuch: das Preisbuch wird am 18. Oktober auf der Frankfurter Buchmesse bekannt gegeben.
Nominierungen: Der Wolfspelz von Sid Sharp (Text, Illustration), Alexandra Rak (Übersetzung); Mischka von Anoush Elman (Text), Edward van de Vendel (Text), Annet Schaap (Illustration), Rolf Erdorf (Übersetzung); Best Bro Ever! von Jenny Jägerfeld (Text), Susanne Dahmann (Übersetzung); Pepe und der Oktopus auf der Flucht vor der Müllmafia von Stepha Quitterer (Text), Claudia Weikert (Illustration); 12 Stockwerke – Mein unglaubliches Zuhause am Ende der Welt von Arndís Thórarinsdóttir (Text), Hulda Sigrún Bjarnadóttir (Text), Gisa Marehn (Übersetzung); Wolf von Saša Stanišić (Text), Regina Kehn (Illustration);
Jugendbuch: Das Preisbuch wird am 18. Oktober auf der Frankfurter Buchmesse bekannt gegeben.
Nominierungen: Fred und ich von Lena Hach (Text); Snapdragon von Kat Leyh (Text), Matthias Wieland (Übersetzung); Kurz vor dem Rand von Eva Rottmann (Text); Nur ein wenig Angst von Alexander Kielland Krag (Text), Gabriele Haefs (Übersetzung); Über den Dächern von Jerusalem von Anja Reumschüssel (Text); Cane Warriors. Niemand ist frei, bis alle frei sind von Alex Wheatle (Text), Conny Lösch (Übersetzung)
Sachbuch: Das Preisbuch wird am 18. Oktober auf der Frankfurter Buchmesse bekannt gegeben.
Nominierungen: Komm, wir entdecken ein Insekt! Den Krabbeltieren auf der Spur von Roberta Gibson (Text), Anne Lambelet (Illustration), Susanne Schmidt-Wussow (Übersetzung); Radieschen von unten. Das bunte Buch über den Tod für neugierige Kinder von Katharina von der Gathen (Text), Anke Kuhl (Illustration); Wölfe. Wahre Geschichten von Michał Figura (Text), Aleksandra Mizielińska (Text/Illustration), Daniel Mizieliński (Text/Illustration), Marlena Breuer (Übersetzung), Thomas Weiler (Übersetzung); Games. Auf den Spuren der Flüchtenden aus Afghanistan von Patrick Oberholzer; Anders nicht falsch von Maria Zimmermann; Emmie Arbel. Die Farbe der Erinnerung von Barbara Yelin (Text/Illustration)
Preis der Jugendjury: Das Preisbuch wird am 18. Oktober auf der Frankfurter Buchmesse bekannt gegeben.
Nominierungen: Toffee. Wie Glücklichsein von außen aussieht von Sarah Crossan (Text), Beate Schäfer (Übersetzung); Der beste Beweis bist du selbst von Jesmeen Kaur Deo (Text), Meritxell Janina Piel (Übersetzung); Stone Blind. Der Blick der Medusa von Natalie Haynes (Text), Babette Schröder (Übersetzung) und Wolfgang Thon (Übersetzung); Über den Dächern von Jerusalem von Anja Reumschüssel (Text); Fourth Wing. Flammengeküsst von Rebecca Yarros (Text), Michaela Kolodziejcok (Übersetzung); Durch das große Feuer von Alice Winn (Text), Ursula Wulfekamp (Übersetzung) und Benjamin Mildner (Übersetzung)
2023
Bilderbuch: Spinne spielt Klavier von Benjamin Gottwald (Text/Illustration)
Kinderbuch: Boris, Babette und lauter Skelette von Tanja Esch (Text)
Bilderbuch: Unsichtbar in der großen Stadt von Sydney Smith (Text/Illustration), Bernadette Ott (Übersetzung)
Kinderbuch: Irgendwo ist immer Süden von Marianne Kaurin (Text), Franziska Hüther (Übersetzung)
Jugendbuch: Sibiro Haiku von Jurga Vilė (Text), Lina Itagaki (Illustration), Saskia Drude (Übersetzung)
Sachbuch: 100 Kinder von Christoph Drösser (Text), Nora Coenenberg (Illustrationen)
Preis der Jugendjury: After the Fire von Will Hill, Wolfram Ströle (Übersetzung)
Sonderpreis 'Neue Talente – Übersetzung': Lena Dorn – für ihre Übersetzung aus dem Tschechischen von Tippo und Fleck. Über Fleckenteufel und andere Kobolde von Barbora Klárová und Tomáš Končinský (Text), Daniel Špaček (Illustration)
Sachbuch: Der Dominoeffekt oder Die unsichtbaren Fäden der Natur von Gianumberto Accinelli (Text), Serena Viola (Illustration), Ulrike Schimming (Übersetzung).
Sonderpreis Neue Talente: Gesa Kunter für ihre Übersetzung aus dem Schwedischen von Ylva Karlsson, Katarina Kuick: Schreib! Schreib! Schreib! Beltz & Gelberg, Weinheim 2016, ISBN 978-3-407-82124-9.
Sachbuch: Nest am Fenster von Geraldine L. Flanagan und Sean Morris
Sonderpreis zum Internationalen Jahr des Kindes: Konflikte, Auseinandersetzungen, Begegnungen, Probleme der Unterentwicklung heute: Im Jahr der Schlange von Utta Wickert
1977
Bilderbuch: Schorschi schrumpft von Edward Gorey und Florence P. Heide
Kinderbuch: Wo die Füchse Blockflöte spielen von Ludvík Aškenazy
Jugendbuch: – Der Preis für ein Jugendbuch wurde nicht vergeben. –
Sonderpreis Neubearbeitung klassischer Kinder- und Jugendbücher: Der Wildtöter von James Fenimore Cooper, Obpacher Buch- und Kunstverlag
1960
Kinderbuch: Mein Urgroßvater und ich von James Krüss
Jugendbuch: Schanghai 41 von Elizabeth F. Lewis
Sonderpreis Der junge Mensch in seiner Umwelt: Elegie der Nacht von Michel del Castillo
1959
Kinderbuch: Matthias und das Eichhörnchen von Hans Peterson
Jugendbuch: – Der Preis für ein Jugendbuch wurde nicht vergeben. –
Sonderpreis: Das beste Sachbuch für Kinder bis zu 14 Jahren: Pioniere und ihre Enkel von An Rutgers, So fliegst du heute und morgen von Leo Schneider und Maurice Umschweif Ames
Die Kritikerjury wird vom Vorstand des Arbeitskreises für Jugendliteratur für die Dauer von zwei Jahren in dieses Ehrenamt gewählt und vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend berufen. Die Jurymitglieder können maximal zwei Amtszeiten hintereinander absolvieren.
Die Jury besteht aus neun Personen: der/dem Vorsitzenden und acht Juroren, von denen je zwei Fachleute der Sparten Bilderbuch, Kinderbuch, Jugendbuch und Sachbuch sind. In drei über das Jahr verteilten Jurysitzungen werden die ausgewählten Titel gesichtet, die Nominierungen bestimmt und die Siegertitel gewählt. Alle Mitglieder der Jury haben gleiches Stimmrecht für alle Sparten. Die Ergebnisse der Wahl unterliegen bis zur Bekanntgabe bei der Preisverleihung im Rahmen der Frankfurter Buchmesse der Geheimhaltung.
Sparte Sachbuch: Heike Elisabeth Jüngst, Monika Trapp
Seit 1991 gibt es im Jahreswechsel Jurys für Sonderpreise für das Gesamtwerk deutscher Autoren, Illustratoren und Übersetzer. Die Sonderpreisjurys werden vom Vorstand des Arbeitskreises für Jugendliteratur für die Dauer einer Amtsperiode gewählt und durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend berufen. Seit 2017 vergibt die Sonderpreisjury zusätzlich zum Sonderpreis Gesamtwerk auch den Sonderpreis Neue Talente.[6]
Weitere Informationen Preisjahr, Auszeichnungsgattung ...
Roswitha Budeus-Budde (Vorsitz), Otto Brunken, Robert Elstner
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Die Jugendjury zum Deutschen Jugendliteraturpreis ist eine unabhängige Jury, in der jährlich ca. 100 Jugendliche eine Nominierungsliste erstellen und einen Preis vergeben. Der Arbeitskreis für Jugendliteratur e. V. hat damit die Beteiligung von Jugendlichen an der Preisfindung, die seit 1972 besteht, weiterentwickelt. Ihm ist es ein Anliegen, den Jugendlichen ihren Einsatz im Rahmen der Jugendjury zu zertifizieren. Eine Anerkennung erhalten sie seit 2008 durch einen Bildungpass, den Kompetenznachweis Kultur. Wie eine Analyse ausgewählter Werke gezeigt hat, setzen sich die Jugendlichen bei der Zertifizierung auch mit sprachlich anspruchsvollen Texten auseinander (vgl. Zellerhoff 2016) Die Jugendjury setzt sich aus sechs über die Bundesrepublik verteilten Leseclubs zusammen, die vom Vorstand des Arbeitskreises für Jugendliteratur auf eine Amtszeit von zwei Jahren gewählt und vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend berufen werden:
Jugendjury 2023/2024
cg Leseclub des Clavius Gymnasiums, Bamberg (Bayern)
1962 schrieb Arianna Giachi in der FAZ vom 23. November, der Preis sei eine „Zweckentfremdung von Bundesmitteln, die der Förderung der deutschen Jugendliteratur dienen sollten“. 1971 kritisiert Sybille Gräfin Schönfeldt in der Zeit: „Kann die ehrenwerte Absicht des Staates, sogenannte gute Kinderliteratur zu prämiieren, um die Kinder vor sogenannter schlechter Lektüre zu bewahren, jemals überholt sein? Die Bücher, die jetzt in Würzburg mit dem Deutschen Jugendbuchpreis ausgezeichnet worden sind, lassen nur eine Antwort zu: Ja – dieser Preis ist überflüssig geworden, auch wenn es seine vierzig oder fünfzig Juroren noch nicht gemerkt haben sollten.“[7] Ihre Kritik bezieht sie vor allem auf die fünf 1971 ausgezeichneten Bücher: „Fünf Bücher, gegen die man nicht viel sagen kann, aber auch nicht viel dafür, ein vorsichtiger Edeldurchschnitt, etwas heile Welt, etwas Autorität: Kinder lernen immer noch das Wohlverhalten durch Angst und Schrecken am schnellsten.“
2000er Jahre
2002 kritisierte der Verleger Otakar Božejovský in einem offenen Brief die angeblich mangelhafte Qualität der Preisträger in der Bilderbuchsparte: „Der Deutsche Jugendliteraturpreis, vor allem in der Sparte Bilderbuch, ist keine Auszeichnung mehr.“[8]Klaus Humann stellte sich dieser pauschalen Kritik in einem ebenfalls offenen Brief entgegen: „Aber die Nominierungsliste ist fast immer dadurch aufgefallen, das Gängige mit dem Gewagten, das Schrille mit den Betulichen zu verbinden. Und das ist gut so und soll so bleiben. Diesen Wagemut wünschte man der Jury aber auch bei ihrer endgültigen Preisentscheidung. Mit Ihrer pauschalen wie ungerechten Kritik haben Sie weder sich noch der Sache des Bilder- und Kinderbuchs einen guten Dienst erwiesen.“[9]
2010er Jahre
2013 kritisierte eine Autoren- und Illustratoreninitiative samt Unterschriftenliste mit über 500 teils namhaften Unterzeichnern, dass der Preis als einziger deutscher Staatspreis für Literatur auch für Übersetzungen verliehen werde, wobei gefühlt sogar mehr davon als deutschsprachige Originale ausgezeichnet würden.[10] Das Börsenblatt bezeichnete die Forderung als realitätsfern und schwer praktikabel, da so nicht verhindert werden könne, dass Verlage Lizenzübersetzungen einkaufen. Die seit 30 Jahren in Deutschland lebende Autorin Holly-Jane Rahlens (Preisträgerin 2003) würde beispielsweise ausgegrenzt, weil sie meist auf Englisch schreibe.[11]