Der Hörspielpreis der Kriegsblinden wird jährlich „für ein von einem deutschsprachigen Sender konzipiertes und produziertes Original-Hörspiel verliehen, das in herausragender Weise die Möglichkeiten der Kunstform realisiert und erweitert.“ Unter den Begriff Original-Hörspiel fällt nicht die bloße Bearbeitung, außer ein Autor arbeitet seinen eigenen Stoff für das andere Medium um oder auf. Das Hörspiel muss im vorausgegangenen Jahr erstmals ausgestrahlt worden sein. Der Preis wird dem Autor bzw. den Autoren zuerkannt.
Für den Hörspielpreis der Kriegsblinden darf jede öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt zwei Hörspiele einreichen. Seit 2006 sind auch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Österreichs und der Schweiz dabei. Auch die Jurymitglieder können Hörspiele vorschlagen. Der Name des Preises stand wiederholt zur Diskussion. Der Bund der Kriegsblinden gab 2006 an, so lange wie möglich daran festhalten zu wollen.[1]
Seit 2012 wird nicht mehr nur ein Preisträger gekürt, sondern im Vorfeld der eigentlichen Preisverleihung werden drei Nominierungen ausgesprochen.
Die Zusammensetzung der Jury hat sich im Laufe der Jahre mehrmals geändert. Nach den derzeit gültigen Statuten[2] besteht sie aus sieben Kritikern/Kulturschaffenden, die von der Film- und Medienstiftung NRW berufen werden; sieben Kriegsblinden, die vom Bund der Kriegsblinden berufen werden, und der/dem Juryvorsitzenden. Langjähriger Vorsitzender der Jury, der auch der Hörspielexperte Werner Klippert von 1959 bis 1965[3] angehörte, war der Initiator des Preises Friedrich Wilhelm Hymnen. Ihm folgten der Medienjournalist Uwe Kammann (1996 bis 2001), der Literaturwissenschaftler Jörg Drews und die Schriftstellerin Anna Dünnebier. Zurzeit fungiert die Kulturwissenschaftlerin Gaby Hartel als Juryvorsitzende.
Die Jurysitzung findet im jährlichen Wechsel in einer der beteiligten Rundfunkanstalten statt.
Der undotierte Ehrenpreis bestand aus einer von einem kriegsblinden Künstler je individuell gestalteten Plastik. Im Jahr 2002 legte die Jury zur Vergabe des Preises fest, dass die Hand mit Lorbeer von Dario Malkowski allen künftigen Preisträgern als Anerkennung verliehen wird. Traditionell nehmen alle beteiligten Rundfunkanstalten das ausgezeichnete Hörspiel ins Programm, wodurch der Autor von den Wiederholungshonoraren profitiert.
Bis zum Jahr 2000 wurde der Hörspielpreis im Bonner Plenarsaal des Bundesrates verliehen. Dann fand die Verleihung in unregelmäßigen Wechsel im Berliner Bundesrat, im Gästehaus der Bundesregierung auf dem Petersberg, in der Kölner Wolkenburg, im Kleinen Sendesaal des Westdeutschen Rundfunks (WDR) oder beim Deutschlandfunk (DLF) in Köln statt.
Angegeben ist das Jahr, in dem der Preis verliehen wurde. Die Hörspiele wurden in der Regel im Jahr vor der Preisvergabe produziert und urgesendet.
1980: Der Tribun von Mauricio Kagel, Regie: der Autor (WDR)
1981: Moin Vaddr läbt oder A Ballahd inne Munnohrd kinstlich mit Mosseg unde Jesann von Wullar Kinnpussku von Walter Kempowski, Regie: Horst H. Vollmer (HR)
1995: Apocalypse Live von Andreas Ammer / FM Einheit / Ulrike Haage, Regie: Andreas Ammer / FM EiInheit (BR/Bayerisches Staatsschauspiel (Marstall)/Bayerische Staatsoper)
2011: Schicksal, Hauptsache Schicksal. Hörspiel nach Motiven aus Joseph Roths „Die Legende vom heiligen Trinker“ von Robert Schoen mit Lorenz Eberle, Regie: der Autor (Autorenproduktion in Zusammenarbeit mit dem HR, Peter Liermann)
2012: Testament. Verspätete Vorbereitungen zum Generationswechsel nach Lear von She She Pop, Regie: die Autoren (D-Kultur)
nominiert waren außerdem: Lebensabend in Übersee von Hermann Bohlen und Klaus Barbie – Begegnung mit dem Bösen von Peter F. Müller, Leonhard Koppelmann und Michael Müller
2017: Screener von Lucas Derycke, Regie: der Autor (WDR)
nominiert waren außerdem: Evangelium Pasolini von Arnold Stadler und Oliver Sturm (HR/DLF) sowie Mein Herz ist leer von Werner Fritsch (Deutschlandradio Kultur/RB)
nominiert waren außerdem: Gold. Revue von Jan Wagner (DLF/SWR) und Geister sind auch nur Menschen von Katja Brunner (SRF)
2019: Auf der Suche nach den verlorenen Seelenatomen von Susann Maria Hempel, Darstellerin, Musik und Regie: die Autorin (RBB)
nominiert waren außerdem: Der Absprung von Paul Plamper (WDR) und Die Toten von Feuerland von Ulrike Haage und Andreas Ammer (NDR mit Deutschlandfunk Kultur)
2020: Audio.Space.Machine von wittmann/zeitblom, Komposition und Regie: die Autoren[6] (Deutschlandfunk mit NDR und SWR)
nominiert waren außerdem: Die Entgiftung des Mannes von Holger Böhme (MDR) und Das Ende von Iflingen von Wolfram Lotz (SWR)
nominiert waren außerdem: Einsam stirbt öfter von Gesche Piening (BR) und Fünf Flure, eine Stunde von Luise Voigt (HR/SWR/DLF)
2022: Die Arbeit an der Rolle von Noam Brusilovsky und Lucia Lucas, Reige: der Autor (SWR)
nominiert waren außerdem: Adolf Eichmann - ein Hörprozess von Noam Brusilovsky und Ofer Waldman (RBB/DLF) und Saal 101 12-teilges Dokumentarhörspiel über den NSU-Prozess von Ulrich Lampen, Katja Huber, Julian Wiprich, Katarina Agathos (BR/HR/MDR/NDR/RB/RBB/SR/SWR/WDR/DLF), Regie: Ulrich Lampen (BR)
2023: Entgrenzgänger II - Tscherkesskij Magasin von Robert Schoen, Regie: der Autor (HR)
nominiert waren außerdem: Mixing Memory and Desire I von Werner Fritsch, Regie: der Autor, Komposition: Werner Cee (SWR) und K.I.T.A. - Das Menschenmögliche von Carina Pesch und Antje Vauh, Regie: die Autorinnen (WDR/DLF Kultur)
Bund der Kriegsblinden Deutschland (Hrsg.): Hörspielpreis der Kriegsblinden. Reden der Preisträger seit 1952. In: Der Kriegsblinde. Zeitschrift für Verständnis und Verständigung. 3. bis 58. Jahrgang, Marburg, 1952–2007[7]