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Die Wegbereitung zur europäischen Einigung wurde bis 1951 durch viele „Visionäre“ getätigt, die eine Realisierbarkeit vom friedlich vereinten Europa beabsichtigten. An Ideen und Plänen hatte es ab dem 14. Jahrhundert nicht gemangelt. Was in den Anfängen als Utopie erschien, wurde ab Mitte des 20. Jahrhunderts bei aller Vielfalt der etwa 90 Sprachen und Kulturen, ein weltgeschichtliches Unikat als Teil einer Staatenwelt. [1]
Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts hatte das politische Europa bereits eine lange Vorgeschichte. Drei ausgedehnte europäische Völkergemeinschaften haben als Reiche bis dahin bestanden, wobei deren geschichtliche Bedeutung jeweils nur vorübergehend war. Das Römische Reich existierte von 201 v. Chr. bis 476 n. Chr. in Südeuropa, also 676 Jahre. Die Verbindung mit dem Christentum – als Staatsreligion ab 380 – verlieh dem Kontinent ein Fundament, das Macht, Glauben und Orientierung miteinander vereinte. Das Fränkische Reich unter Karl dem Großen bestand mit großer Ausdehnung von 771 bis 814 nur 43 Jahre, prägte allerdings entscheidend die politischen, gesellschaftlichen, kulturellen sowie religiösen Strukturen in Westeuropa. Das später nachfolgende Heilige Römische Reich „Deutscher Nation“ konnte sich trotz des lang anhaltenden Streits zwischen Kirche und Staat und des zunehmenden Machtverlusts des Kaisers, der zuletzt lediglich Titular-Herrscher war, in Mitteleuropa von 962 bis 1806 insgesamt 844 Jahre halten.
Es gab in den verschiedenen alt-europäischen Großreichen zum Teil einheitliche Währungen sowie gleiche Gesetze und Rechte, die annähernd auf einer einheitlichen Rechtsgrundlage beruhten. Die Lebensbedingungen der Bevölkerung blieben durch die Abhängigkeit feudaler Territorialfürsten und Monarchen sehr bescheiden. Seit dem Zeitalter der Entdeckungen erlangten europäische Mächte durch Expansion einen Herrschaft-Macht über große Teile der Welt. So gelangten europäische Sprachen, Religionsgemeinschaften, Verwaltungsordnungen und politische Ideen u. a. nach Amerika, Indien und Afrika. Vielerlei Kriege, sei es als Eroberungsfeldzüge, Kreuzzüge, Glaubens- oder Befreiungskriege bestimmten maßgeblich die europäische Geschichte.
Im 16. Jahrhundert kämpften in Europa die rivalisierenden Mächte in 31 Kriegen um die Vorherrschaft. Viele kleine Fürstentümer sowie Grafschaften mussten stets neue politische Veränderungen hinnehmen. Manche Volksgruppen, wie Iren oder Basken, machten die bittere Erfahrung mit der Missachtung und Unterdrückung ihrer kulturellen Identität. Bis Ende des 17. Jahrhunderts lebten die meisten Europäer als einfache Bauern und Handwerker mit wenig Rechten sowie ohne schulische Bildung und einen Wandel leitete erst das Zeitalter der Aufklärung ein. Der Partikularismus hatte mit der Zeit bis zu 300 Kleinstaaten im Heiligen Römischen Reich entstehen lassen. Im späten 18. Jahrhundert bewirkten die Französische Revolution und der gescheiterte Versuch von Napoléon Bonaparte, ganz Europa zu unterwerfen, eine Umwälzung der bisherigen Verhältnisse. Der Deutsche Bund und die Restauration-Epoche brachten eine Zeit äußeren Friedens bei gleichzeitiger Unterdrückung des bürgerlichen Freiheitsstrebens. Viele Revolutionen im 19. Jahrhundert scheiterten in den meisten europäischen Staaten und die europäische Idee geriet gegenüber dem imperialistischen Machtstreben der Großmächte wieder ins Hintertreffen. Erst durch die zwei katastrophalen Weltkriege mit über 65 Millionen Toten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, wurden die Visionen der europäischen Vordenker schließlich von den Widerstandsbewegungen aufgegriffen und umgesetzt. [2]
Die „Wegbereitung zur europäischen Einigung“ wurde von bestimmten Persönlichkeiten, jeweils aus ihrer zeitbedingten Weltanschauung, als „Vision“ unterschiedlich entwickelt. „Europa ist kein Ort, sondern eine Idee" sagte der französische Philosoph und Publizist Bernard-Henri Lévy. Das Europa als Einheit sollte mit den vielfältigen Ideen zum Komplex unabhängiger Völker, politischer Institutionen, weltlichem Wissen und Kultur, künstlerischer und literarischer Traditionen, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Interessen mit dem Mosaik freier Meinungen in Frieden und Freiheit werden. Die „Europa-Projekte“ von Napoléon Bonaparte und Adolf Hitler galten nur der Macht, Unterdrückung und Diktatur. Einige Vorstellungen der weitsichtig denkenden Europäer werden in ihrem geschichtlichen Umfeld dargestellt und verdeutlichen die lange, beschwerliche Entwicklung zum dauerhaften Frieden.
Im 14. Jahrhundert, am Ende des Spätmittelalters, sind die Anfänge der Wegbereitung für ein einheitliches Europa zu finden. Der Streit um Vorherrschaft zwischen kirchlicher und weltlicher Macht begann mit der päpstlichen Bulle Unam Sanctam und eskalierte wenige Jahre später, am Ende des Jahrhunderts wo beide Universalgewalten deutlich geschwächt waren. Gleichzeitig breitete sich das Osmanische Reich und mit ihm der Islam am Bosporus und auf dem Balkan aus. Im Jahr 1312 gingen die 62 Jahre ohne Kaiser zu Ende, die mit dem Tod Friedrich II, dem Ende der Staufer, begannen und rivalisierende Fürstentümer, umstrittene Königreiche sowie Gegenpäpste hervorgebracht hatten. Es gab noch Kreuzzüge, sowie neun große Kriege, zum Beispiel den Hundertjährigen Krieg zwischen dem englischen und dem französischen Königshaus, wobei ganze Landstriche verwüstete wurden. Es herrschte in Europa große Hungersnot, die eine Schwächung der Menschen zur Folge hatte. Die Pest, ausgehend 1346 von der Krim, bewirkte als „Schwarzer Tod“ eine Entvölkerung zu einem Drittel, das zu Änderungen der Sozialstrukturen führte und ab dem Jahr 1349 Pestpogrome sowie die Geißler bewirkte. Ein wirtschaftlicher Niedergang setzte ein und die Schwächung des Rittertums folgte, wobei die Legende von Robin Hood entstand. Karl IV führte die Goldene Bulle im Jahr 1356 als Verfassungsdokument des mittelalterlichen Reiches ein, wobei Adel sowie Großbürger begünstigt wurden und die Reichsfürsten mit Privilegien der Königswahl sowie mit der erblichen Hausmacht ausgestattet wurden. Dadurch konnte der Feudalismus mit dem territorialen Besitztum eines Adelsgeschlechts beginnen. Das Abendländische Schisma der römisch-katholischen Kirche löste, unter anderem durch finanziellen Lasten bei den Gläubigen, die ersten Reformbewegungen durch Jan Hus und John Wyclif aus. Besitzergreifungen und Unterwerfungen wurden bei vielen Volksgruppen versucht, wobei noch in Flandern, Katalonien, Schottland, Irland und Wales die Eigenständigkeit noch bewahrt werden konnte. Seeräuber sowie Raubritter machten den Handel auf See- und Landwegen unsicher. Diese zahlreichen Krisenphänomene bewirkten einen Vertrauensverlust von Monarchie und Kirche. Das Aufkommen neuer Ideen bewirkte den künstlerischen und wissenschaftlichen Fortschritt und die Epoche der Renaissance. Auf Grund vieler Kriege und Krisen im 14. Jahrhundert fühlten sich auch die ersten Verfechter einer friedlichen Europa-Idee genötigt, ihre Vorstellungen zu veröffentlichen. [3]
Pierre Dubois, Jurist und Amtsanwalt, erarbeitete als Scholastiker um 1306 für seinen französischen König Philippe IV le Bel („den Schönen“) sowie für den König Eduard I von England einen anonymen Plan: „Über die Wiedergewinnung des Heiligen Landes“ (De Recuperatione de Terre Sancte), der mit einen „Dauerhaften Frieden in Europa“ gewährleistet werden sollte, indem sich die Staaten vorher zusammenschließen.
Schon im Jahr 1300 forderte Dubois einen umfassenden Reformplan in seinem ersten Werk: „Raciones inconvincibies“ - das einzige, das unter seinen vollen Namen erschien -, eine gründliche Reform des Staates, der Kirche und die Trennung von Kirche und Staat, sowie eine Erneuerung des Heeres und des Gerichtswesens. In seinem größten anonymen Hauptwerk „De Recuperatione de Terre Sancte“, bestehend aus 142 Paragraphen, forderte Dubois um 1306, in Anbetracht eines drohenden Kreuzzuges, die Bildung einer europäischen politischen Einheit und ein „föderatives Staatengebilde mit einem gemeinsamen Parlament“. Durch die unerläßliche Vorbedingung eines Friedens innerhalb Europas, müssen „ ... die katolischen Fürsten in Eintracht leben und keine Kriege gegeneinander führen. Denn wenn [...] der Friede dadurch gesichert würde, dass sie sich gleichsam zu einem einzigen Staat zusammen schließen, der aber so fest geeint sein müsste, dass er durch nichts getrennt werden könnte“. Als Epigone (Nachgeborener) schilderte Dubois den Krieg als eines der größten Übel, erklärte die Schrecken und die Verwerflichkeit der Kriege in Europa, die eventuell nur ein Mittel zum Frieden sein dürften, denn wer den Krieg um seiner selbst Willen beginne, sei der schlimmste aller Übeltäter. In seinem Traktat (Abhandlung) wollte er ein Konzil der weltlichen und geistlichen Fürsten Europas, wobei beschlossen werden sollte, dass derjenige, der den Frieden störe, schwer bestraft werde. Er forderte strenge Strafen bei Nichteinhaltung und ein Schiedsgericht mit Schiedsrichtern und klaren Anklage- und Verteidigungsvorschriften, Zeugen, Beweismitteln, sowie eine strenge Gerichtsverordnung in ganz Europa, die als eine obligatorische ständige Einrichtung bestehen sollte. Eine Revision des Urteils müsse allerdings möglich sein. Er kritisiert auch die Innenpolitik des Königs, wobei Dubois die Rechte der Stände im Gleichgewichtsverhältnis betonte. Die Glieder dieser engen europäischen Staaten-Gemeinschaft sollten auf gewisse Souveränitätsrechte verzichten, aber im Grunde selbständige Gebilde bleiben. Der Inhalt seines Werkes war bis dahin ohne Vorbild und strotzte vor neuen Ideen, wobei auch ein wirtschaftliches Zusammenleben mit dem dazugehörigen Handelsvorschriften beschrieben wurden. Dubois hatte erstmalige Vorstellungen veröffentlicht und beschrieb darin, dass sich jedes Land auf die Waren beschränken solle, die es selber billig herstellen kann, denn andere teurer hergestellte Erzeugnisse würden sich nicht lohnen. Auch ein regelmäßiger Güteraustausch zu festen Preisen und Transportkosten solle stattfinden. In seinem Werk waren auch Darstellungen über Schulbildung, Berufsausbildung, Erziehungswesen, Rechtpflege und Kirchenpolitik erstmalig vorbildlich dargestellt. Dubois war mit seinem Vorschlag eines europäischen Staatenbundes der erste Verfechter einer Europa-Idee, wobei allerdings die damalige herrschende französische Sichtweise von ihm benutzt wurde. Dubois starb um 1321 im Alter von etwa 70 Jahren. [4]
Dante Alighieri schrieb ca. 1316 als Florentiner Dichter, Philosoph und Politiker sein staatstheoretisches Hauptwerk „Drei Bücher über die Monarchie“ (De Monarchia libri tres), wobei er sich ein „föderatives ideales Kaisertum mit Richtlinien“ und die Trennung von Kirche und Staat vorstellte.
Der politische Denker Dante hatte die Idee von der universalistischen Einheit der Menschen und propagierte deshalb sehr ausführlich für eine föderale Welt-Monarchie, wobei allein der Kaiser herrschen sollte. Er wollte unbedingt eine Trennung von Kirche und Staat und deshalb wandte er sich gleichzeitig gegen den weltlichen Herrschaftsanspruch des Papstes. Sein Leben war geprägt von politischen Auseinandersetzungen zwischen Kirche und Staat, wobei er sich rückhaltlos für die Unabhängigkeit der weltlichen Ordnung einsetzte. Dante wollte ein in sich gewandeltes idealisiertes Sacrum Imperium, indem weder Papst noch der Kaiser Heinrich VII alleine herrschen könne, denn jeder sorge für sich in seinem Bereich zum Wohle der Untertanen. Sollte der Papst Sanktionen gegen die weltliche Macht des Kaisers ergreifen, sei es Blendwerk und gegen alle Vernunft der natürlichen Ordnung. Nachdem im Jahr 1301 Papst Bonifaz VIII mit seinen papsttreuen Guelfen („Schwarzen“), in der Florentiner Provinz, die weltliche Herrschaft wieder alleine übernommen hatte, wurden die kaisertreuen Ghibellinen („Weißen“), deren Mitglied Dante war, als Partei verboten, die Besitztümer beschlagnahmt und die Häuser niedergerissen. Dante musste sofort fliehen und wurde in mehreren Prozessen in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Von da an galt er als vogelfrei sowie geächtet, wo ihn jeder straflos erschlagen konnte und deswegen musste er bis zu seinem Tod im Jahr 1321, ein unstetes Wanderleben führen. Seine drei Bücher Monarchia wurden von ihm neutral und objektiv verfasst, denn Dante ergriff nicht einseitig Partei gegen oder für den Papst und Kaiser. Somit hoben sich seine drei Bücher weit über andere Literatur hinaus, weil er versuchte, die Gegensätze zu überbrücken. Er beschrieb unter anderem, dass Eigentümlichkeiten der Völker in Europa auch unterschiedliche Gesetze nötig machen. Die Politik des Kaisers sollte den „Teilherrschenden“ in Europa nur allgemeine „Richtlinien“ geben, so dass diese für die Menschen zum Frieden führten und es sollte auch nicht nur ein Staat für die „Menschheit“ sein. Zum ersten Mal wurde seit der Antike der Gedanke einer „Föderation“ mit Bundesstaaten klar und deutlich dargestellt, wo die gleichen „Richtlinien“ gelten sollten. Es brauchte auch nur ein Staat vorhanden sein, denn wenn sich die christliche Menschheit innerhalb eines Kulturkreises befindet, ist die Nationalität völlig egal. Dante wagte auch scholastisch in seiner „Commedia“ die Synthese, dass jede Strafe, Sühne und Belohnung ihren Platz hat und sich in drei Reichen, als Hölle, Fegefeuer und Paradies in der jenseitigen Welt für eventuell begangene Sünden darstellt. Außerdem schrieb er, dass weder Papst noch Kaiser sich in die Belange des anderen einzumischen habe, aber die weltliche Autorität sollte der himmlischen (Papst) eine Ehrerbietung darbringen, denn das gehöre sich so. Der große Dichter und Philosoph starb am 14. September 1321 in Ravenna im Alter von 56 Jahren. [5]
Im 15. Jahrhundert, dem sog. Spätmittelalter, wurden in Europa ca. 14 Kriege aus machtpolitischen Gründen geführt, die durch Entwicklung der Feuerwaffen verlustreich waren. Neue wirtschaftliche Machtzentren entstanden durch die „Hanse“, wobei Wirtschaft und Handel sich entwickelten. Familien wie Medici und Fugger wurden so reich, das sie zum Teil die europäische Politik beherrschten. Die Machtstellung der Kirche wurde zunehmend angezweifelt und als Reaktion auf „häretische“ Bewegungen wurde die Inquisition mit grausamster Folter zur Unterdrückung von Andersdenkenden geschaffen. Erste angebliche Hexen wurden durch weltliche Gerichtstribunale zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt und das Buch „Hexenhammer“ erschien. Die Kirchenspaltung, das Abendländische Schisma, konnte auf dem Konzil von Konstanz beendet werden, allerdings bewirkten neue Lehren von John Wyclif und Jan Hus erste Reformbewegungen, die zunächst unterdrückt werden konnten. Das Osmanische Reich konnte mit seinem muslimischen Glauben nach der Eroberung von Byzanz im Jahr 1453, durch die zahlreichen Türkenkriege im gesamten Balkan tief ins Christliche Abendland eindringen, später jedoch erfolgreich abgewehrt werden. Enea Silvio de' Piccolomini (später Pius II.) beschwor 1454 den Reichstag, eine Art Europa-Armee aufzubauen und führte den Begriff „Europa“ wieder ein, der aus der Karolingerzeit stammte, wobei er noch „Christenheit“ und „Vaterland“ hinzugefügte. Bewegliche Metall-Lettern von Johannes Gutenberg bewirkten die Ausbreitung des Buchdrucks und darauf folgend die Verbreitung von politischen und religiösen Flugschriften wie etwa der Lutherbibel. Das Wissen wurde niedergeschrieben und Patente wurden eingeführt. Neue National- und Territorialstaaten entstanden, die eine Erbmonarchie eingeführten. Der portugiesische König Heinrich der Seefahrer initiierte ab 1418 die Erkundung neuer See- bzw. Handelsrouten und Christoph Kolumbus endeckte 1492 die Neue Welt. Auf der Iberischen Halbinsel wurde die seit dem Jahr 711 bestehende muslimische Al-Andalus-Zeit beendet, die Monarchie der Katholischen Könige verbannte nach dem Fall von Granada 1492 Juden und Muslime aus dem Land. 1495 erfolgte im Heiligen Römischen Reich im Rahmen der humanistisch inspirierten Reformbestrebungen Kaiser Maximilians I. erstmals die Etablierung eines Gewaltmonopols als „Ewiger Landfriede“. Private Fehden wurden verboten und für Streitigkeiten gab es ein Reichskammergericht, außerdem wurden ein Reichshofrat und eine Reichssteuer eingeführt. [6]
Nikolaus von Kues (auch Nicolaus Cusanus oder de Cusa), einer der bedeutendesten Humanisten, verfasste 1433, als deutscher Philosoph, Theologe, Mathematiker und Kirchenrechtler, seine drei Bücher: „Über die allumfassende Eintracht“ (De Concordantia Catholica), wobei er weitsichtig das Verhältnis von Glauben und Wissen, in einer neuen Ekklesiologie (Kirchen- Reflexion), als eine allgemeine Konzils- und Staatstheorie und darauf aufbauende Reichsreform entwarf.
Im Jahr 1434 wurde von Kues deutlich gemacht, das die Konzile dem Papst übergeordnet sein müssen und in seinen theologisch-humanistischem Darstellungen, wurde ein neuzeitliches Denken publik gemacht, das auch später Giordano Bruno beeinflußte. Durch seine wissenschaftlichen Arbeiten für seine drei Bücher, entlarvte er 1433 die unechte geheime Konstantinische Schenkung vom Kaiser Konstantin I, indem der römische Papst Silvester I, vom Römischen Reiches ganz Westrom geschenkt bekam und erst im Jahr 800 n. Chr. rechtwidrig erstellt wurde. 1453 erschütterte ihn als Kardinals-Diplomat der Fall von Konstantinopel, denn er verhandelte dort ab dem 17. Mai 1437 im Auftrag von Papst Eugen IV, über eine Annäherung der orthodoxen und der linkkatholischer Kirche. Hierbei hatte er die Vision eines Dialogs der Religionen in seiner Schrift: „De pace fidei” (Über den Frieden im Glauben) entwickelt und setzte sich deswegen mit Vertretern der verschiedenen Nationen im Dialog zwischen den großen Weltreligionen auseinander. Wörtlich sagte Kues: „Gott habe den Völkern jeweils ihre eigenen Propheten und Lehrer gesandt, es gelte die eine Religion in der Mannigfaltigkeit der Bräuche zu erkennen und in gegenseitiger Achtung friedlich zu leben“. Kues beschäftigte sich eingehend, trotz Bedrohung der Türken, mit dem Islam und trat für deren Legitimität ein. Acht Jahre später erschien seine „Sichtung des Korans” in der Abhandlung: „Cribratio Alchorani”. Nikolaus von Kues war Europäer, denn er hatte in den Niederlanden, Italien und Deutschland gelebt. Die anstehende Frühe Neuzeit könnte, durch die angebliche Bedrohung des Islam, mit allergrößten Veränderungen verbunden sein und viele Menschen sahen den alten hergebrachten christlichen Glauben in Gefahr. In den Jahren ab 1437 wurde Kues in seinem bisherigen Ansichten iZm. dem Papsttum untreu, denn ihm wurden die irdischen Ämter wichtiger, so das er von 1438 – 1948 als päpstlicher Gesandter, an den deutschen Reichs- und Fürstentagen erfolgreich teilnehmen konnte. Dadurch wurde er allerdings zum größten Humanist im 15. Jahrhundert und zum Wegbereiter des Rationalismus, denn es gelang ihm maßgeblich mit dem Wiener Konkordat, das Verhältnis zwischen Kirche und Reich zu retten und wurde von seinem langjähriger Freund, Papst Nikolaus V zum Kardinal ernannt. Der schickte ihn 1451 auf Legationsreise, um die Kirchenreform im Heiliges Römisches Reich durchzuführen, wobei Kues mit seinem Reformprogramm eine friedliche Eintracht in der (europäischen) Christenheit auf der Grundlage seines historisch-kritischen Denkens erarbeitete und einem Ausgleich zwischen Kaiser und Papst durch Aussöhnung im zerstrittenen Reich ermöglichte. Kues der eigentlich für eine Trennung von Kirche und Staat war, indem Könige in freier, geheimer und gleicher Wahl gewählt werden um auf den Thron zu gelangen, hätte allerdings die Abschaffung der Erbmonarchie bedeutet. Von Papst Nikolaus V, wurde Kues ab 1452 zu den diplomatischen Gesprächen für eine Einigung der katholischen Kirche mit den Hussiten in den Glaubensstreitigkeiten nach Eger entsandt, um u.a. zusammen mit Georg von Podiebrad einen Frieden stiften, der vorerst scheiterte, weil sein Rivale Johannes von Capestrano dies verhindern konnte. Während seiner Zeit als päpstlicher Gesandter, schrieb er als wissenschaftlicher und anti-scholastischer Denker im Jahr 1440 seine wohl bedeutendste Schrift: „De Docta Ignorantia“ (Über das belehrte Nichtwissen). Er schrieb auch über das unendliche Universum, erkannte die Achsdrehung der Erde und entwarf die erste Landkarte Europas, die allerdings erst 1491 veröffentlicht wurde. Nur unter diplomatisch, kirchlichen Schutz vom Papst, konnte er sich diese veröffentlichte Darstellung erlauben, denn eine seiner zehn mathematischen Traktaten lautete: „De geometricis transmutationibus“ (Von den geometrischen Verwandlungen), die erst von Nikolaus Kopernikus im Jahr 1543 aufgegriffen wurden. Sein Freund und Humanist, Papst Pius II, berief Kues 1458 zum Kurienkardinal von Rom und auch zu seinem Generalvikar, wobei er 1459 die „Reformatio generalis” (Generalreform) entwarf, indem der Papst in seiner Amtsführung überprüft und befristet werden sollte. Im Jahr 1464 bekam er den Auftrag, eine Reise für den von Papst Pius II. geplanten Kreuzzug gegen die Türken zu unternehmen, um in Mittelitalien die marodierenden Kreuzfahrer zu sammeln und nach Ancona zu bringen, wo die Schiffe für den Kreuzzug auslaufen sollten. Dabei starb Nikolaus von Kues als bekennender Europäer, mit einen eigenen Traum, ein demokratisches, friedliches Europa zu verwirklichen, am 11. August mit 63 Jahren. [7]
Georg von Podiebrad entwarf 1462 als König von Böhmen den: „Ersten europäischen Föderationsvertrag“ mit 21 Artikeln und war im 15. Jahrhundert der Einzigste, der ein ernsthaften europäischen Friedensplan vorstellte.
Seit 1450 war Podiebrad ein Friedensstifter und Diplomat bei religiös-politischen Streitigkeiten zwischen den Prager Kompaktaten (Religions Pakt) und Utraquisten (Teil der Hussiten). Im Jahr 1448 wurde Podiebrad mit 38 Jahren zum neuen böhmischen König gewählt und in einem geheimen Obedienz-Eid musste er sich dem Papst gegenüber verpflichten, den katholischen Glauben zu bewahren. Papst Pius II, den Podiebrad im Juli 1451 persönlich noch als Piccolomini getroffen hatte und schon als bürgerlicher Enea Silvio de' Piccolomini 1454 eine Art Europa-Armee aufzubauen wollte. Pius II befürchtete nun eine Säkularisierung und forderte deshalb, das Podiebrad sich augenblicklich unter apostolischer Entscheidungsgewalt stellte und seinen Eid öffentlich kundat, was Podiebrad allerdings als Utraquist mit Entschiedenheit ablehnte. Podiebrad war 1459 im Friedens-Vertrag von Eger, ein Mitbegründer der Grenze zwischen Böhmen und dem Kurfürstentum Sachsen, die auf der Höhe des Erzgebirges und der Elbe bis heute noch gilt. Um seine Herrschaft zu stabilisieren, aber auch in Sorge um die osmanische Bedrohung, entwickelte Podiebrad die Idee eines Staatenbundes und die Einberufung eines weltlichen europäischen Konzils, dass allerdings hauptsächlich an der fehlenden Mitwirkung des Papstes scheiterte. Sein dafür erdachter Föderationsplan bestand aus 21 Artikeln, u.a. dem katholische Glauben, Rechtsverhältnisse zu Nichtmitgliedern, Vorgehen bei Vertragsbruch, Bundesgericht, Schiedsgericht, supranationales Recht, innerstaatliche Rechtsprechung, Bündniserweiterung, Asyl, europäischer Münze, Finanzierungen, Bundeskasse, Bundesversammlung inkl. Bundesrat, Besetzungen anteilig nach Nationen, Wappen und Erbschaftsregelungen. Schon im Jahre 1459 wurde, der vorerst geheime Plan, unter Mitwirkung von Juristen und angesehenen Diplomaten, wie Antonius Marini, Zdenek von Sternberg, Zdenek Kostka, Martin Mayr und Gregor von Heimburg ausgearbeitet. Der Plan war zu der Zeit weit voraus und ging über die universale Einheits-Idee von Pierre Dubois und Dante Alighieri hinaus, denn ein Bund der Nationen sollte auch auf gewisse Souveränitätsrechte versichten, indem Kriegsführung und Aussenpolitik dem neuen europäischen Bund obliegen sollte. Hiermit wären Kaiser und Papst entmachtet gewesen und der Plan war derzeit nicht ordentlich umsetzbar. Auf dem Reichstag zu Prag 1463 wurde der Entwurf des Reichsreformprojekts von Podiebrad trotzdem vorgestellt. Es begann eine Diskussion zwischen den kirchlich- und weltlichen Autoritäten. Anschließend wurde Podiebrad vom Papst Pius II, wider besseren Wissens, als „Ketzerkönig“ betitelt und nur weil die päpstliche Macht erhalten werden sollte. In einer am 11. Juni 1464 zugestellten Bulle (Urkunde) wurde Podiebrad zur Rechtfertigung seines utraquistischen Glaubens innerhalb von 180 Tagen nach Rom zitiert, während dessen allerdings der Papst verstarb. Am 23. Dezember 1466 wurde Georg von Podiebad vom neu gewählten Papst Paul II exkommuniziert und der Königswürde entbunden, desweiteren war es verboten mit ihm zusammenzuarbeiten. Auf dem Reichstag zu Nürnberg im Jahr 1467 gelang es Podiebrad nicht, mit seinen Plan einen Frieden zu stiften, weil die kirchlichen Abgesandten dagegen waren. Anfang des Jahres 1468 marschierte Matthias Corvinus, als König von Ungarn, im Auftrage vom Papst gegen den böhmischen König, wurde aber in der Schlacht bei Vilémov am 25./26. Februar von Podiebrad besiegt und zum Waffenstillstand gezwungen. Während den Friedensverhandlungen, an denen auch die Kurie beteiligt war, verstarb der böhmische König Georg von Podiebrad am 22. März 1471 mit 51 Jahren. [8]
Am Beginn der Neuzeit kämpften im 16. Jahrhundert viele Staaten in 31 Kriegen um ihre Vorherrschaft und viele kleine Fürstentümer sowie Grafschaften mussten politische Veränderungen hinnehmen. Die Gesellschaftsstruktur zwischen Adel und Bürgertum änderte sich allmählich, denn Hoheitsrechte und der Feudalismus wurden durch Geldmangel geschwächt und die ländliche Bevölkerung litt Not durch Frondienste und Abgaben. Die katholische Kirche galt vielen Zeitgenossen als moralisch verderben sowie macht- und geldgierig, was sich in Vetternwirtschaft, Korruption, Inquisition und Ablasshandel z. B. durch die Borgia-Päpste und Medici-Papst Leo X zeigte. Deswegen schrieb Martin Luther im Jahr 1517 seine 95 Thesen, die zum Auslöser für Reformationen in ganz Europa wurden. Andauernde Unruhen, Bauernaufstände und der Hexenwahn erreichten ihre Höhepunkte. Der Sklavenhandel begann sowie die Ausrottung der altamerikanischen Hochkulturen der Inkas und Azteken als Folge der europäischen Entdeckungen. Ab 1562 gab es in Frankreich acht Hugenottenkriege, wobei in der Bartholomäusnacht in Paris ein brutales Massaker an den Hugenotten begangen wurde. In England kam es zu einer weiteren Kirchenspaltung durch den Anglikanismus; zeitgleich verbreiteten sich die neuen Lehren von Johannes Calvin und Ulrich Zwingli sowie andere Glaubensgemeinschaften wie Presbyterianer, Hussiten oder Täufer. Ab 1520 wurde das „Christliche Abendland“ von der ersten Wiener Türkenbelagerung bzw. dem Islamischen Glauben bedroht und es bedurfte bis 1566 einer ungeheuren europäischen Anstrengung sich zu verteidigen. Von 1519–1522 konnte die erste Weltumseglung als Expedition unter Ferdinand Magellan bewerkstelligt werden. Die Habsburger Dynastie erreichte den Höhepunkt ihrer Macht und Karl V versuchte vergeblich, über sein Weltreich zu herrschen, über dem „die Sonne nie unterging“. Schließlich scheiterte er am Widerstand der Reichsfürsten vor allem in Fragen der Religion. Der Augsburger Religionsfrieden von 1555 legte eine konfessionelle Spaltung des Reiches fest, wobei das Prinzip des Cuius regio, eius religio galt: Nicht der einzene bestimmte über seine religiöse Zugehörigkeit, sondern der jeweilige Landesfürst. Es entwickelten sich Kunst, Medizin und Wissenschaften und der Humanismus in der Philosophie spielte eine tragende Rolle in die Übergangsepoche zwischen Mittelalter und Neuzeit. [9]
Erasmus von Rotterdam hatte 1517 als niederländischer Philosoph, Philologe und Theologe: „Die Klage des Friedens“ verfasst und zu einer Art „Völkerbund“ aufgerufen. Im 16. Jahrhundert war er der einzigste von der europäischen Bevölkerung, der deren sehr verbreiteten Friedenswillen, auf Grund der erbarmungslosen Machtkämpfe der Herrschenden, eine Stimme verlieh.
Erasmus Werk: „Die Klage des Friedens“, war eigentlich für einen Friedenskongresss gedacht, der jedoch so nie zustande kam. Noch zu seinen Lebzeiten gelangte sein Werk in Europa zur überragender Bedeutung und wurde in alle europäischen Sprachen übersetzt. Er beschreibt, dass der größte Teil der Völker den Krieg verflucht und der Wille aller „Guten“, Bündnisse zustande bringen könnte, denn „ ... Krieg wird aus Krieg gesät, Rache verursacht wieder Rache“. Durch sein Postulat der religiösen Toleranz war er einer der bedeutendsten und einflussreichsten Repräsentanten des europäischen Humanismus in der sog. „Neuen Zeit“ und galt, absolut ungewollt, als Vordenker der Reformation, durch seine kritische Haltung gegenüber der Kirche und der neuartigen Interpretation der heiligen Schriften. Schon 1503 hatte Erasmus „Das Handbüchlein des christlichen Soldaten“ geschrieben und darin den Laien auf die selbe Stufe wie den Mönch gestellt. Er hatte durch sein Studium des Neuen Testaments einige Fehler durch sprachliche Unterschiede entdeckt und öffentlich gemacht. Seinerzeit galt der Spruch: „Erasmus legte das Ei, welches Luther dann ausbrühtete“. Der Papst als theokratisches Oberhaupt der Christen, war für ihn nur ein Lehrmeister und ein verkörpertes Gewissen. Christlich zivilisierte Handeln stand bei ihm im Vordergrund und einen „gerechten Krieg“ gab es für ihn nicht. Papst Julius II forderte Erasmus auf, sich nicht bei den Fürsten einzumischen. Erasmus war loyal gegenüber der Kirche und hatte trotzdem den Mut in seinem Werk: „Lob der Torheit“, das er seinem Freund Thomas Morus widmete, über Papst und Prälaten, in Scholastik als Satire zu pöpeln. Morus hatte die berühmt gewordene „Utopia“, als Roman-Schilderung mit der Unterstützung von Erasmus geschrieben, wobei es sich um eine ferne „ideale Gesellschaft“ handelte, die als prägende Sozialutopie gedacht war. Weil Morus genauso dachte und handelte wie Erasmus, musste er dafür 1535 sein Leben lassen. Sein anderer Freund Juan Luis Vives, der in Spanien, Frankreich und England lebte, schrieb: „Das die Europäer, wegen der Uneinigkeit gegenüber den anderen Völkern außerhalb Europas, einmal untergehen und alle Kriege verlieren würden“. Eine sehr gewagte Prognose in einem Zeitalter, als die europäischen Seemächte Spanien und Portugal, später auch England und Frankreich sich anschickten, die gesamte Welt zu unterwerfen. Erasmus war ein echter Kosmopolit in Europa und lebte in den Niederlanden, Frankreich, Italien, England, Schweiz und im deutschen Reich. Schon im Jahr 1515 schrieb er, als zuständiger Rat für den späteren Karl V, die Abhandlung: „Die Erziehung des Christlichen Fürsten“, in der wichtige Voraussetzungen für eine friedliche segensreiche Politik dargelegt wurden und christlich-moralischen Lebensgrundsätze, sowie Benimm-Regeln der höfischen Sitten eines Regierungsoberhauptes enthalten waren. Dieser Inhalt wurde sehr beliebt bei den zeitgenössischen Fürsten und drei Jahre vor seinem Tod im Jahr 1533 gab Erasmus noch nicht auf, von Frieden und Vernunft zu predigen. Mit seinen Schriften konnte er keinen Frieden für die zerstrittenen Glaubensparteien herstellen, obwohl von ihm die Schrecken des Krieges immer wieder aufgezeigt wurden. Mehrmals hatte er mit Martin Luther korospendiert und am Ende seines Lebens betrachtete er Luther als gefährlichen Propheten, denn Erasmus verabscheute eine Kirchenspaltung. Erasmus starb 1536 im Alter von 71 Jahren. Später hatten bedeutende Theologen versucht, die vom Kaiser und den Fürsten gewollten Religionsgesprächen wieder aufzunehmen, um die verschiedenen Konfessionen auf die Grundlage von Erasmus wieder zusammenzuführen. Sie bleiben erfolglos und der für Deutschland gültige Augsburger Religionsfrieden von 1555, war nur ein Kompromiss, der eher auf Akzeptanz der realen Machtverhältnisse, als auf echter Einsicht und gegenseitiger Toleranz beruhte. [10]
Heinrich IV. französischer König (1594–1610), hatte nach Überlieferung in den posthum ab 1632 gemachten Notizen und 1641 veröffentlichten Memoiren seines engsten Vertrauten und besten Freundes, Maximilien duc de Sully, die Idee und das Ziel, ein „Großen Plan“ (Grand Dessein) zu verwirklichen. In dem Großen Plan waren „15 unabhängige föderative Europäische Staaten und eine überstaatliche Struktur“ für die europäischen Republiken vorgesehen.
Der 40 Jahre alte König von Navarra konvertierte im Jahr 1593 zum Katholizismus, um die 30 Jahre anhaltenden Hugenottenkriege in Frankreich zu beendigen und wurde am 27. Februar 1594 als „Heinrich IV“ zum König von Frankreich gewählt. Maximilien duc de Sully, seit 1572 sein persönlicher Freund und ab 1597 Minister sowie sein fähigster Staatsmann, bewirkte in seinem Auftrag einen guten Staatshaushalt, erwarb ehemalige Landesteile, hob Ämter auf, ordnete die Steuern, baute neue Verkehrwege und bewirkte eine ertragreiche Landwirtschaft. Außerdem schuf er eine neue Infrastruktur und eine neue Verwaltung, förderte Industrie und Handel und hob die Zölle für Getreide auf. Heinrich IV konnte das von Religionskriegen zerrüttete Land mit Sullys Hilfe wieder aufbauen und am 13. April 1598 sicherte er allen Franzosen, durch sein Edikt von Nantes, eine freie Religionsausübung. Heinrich IV schaffte es dadurch innerhalb von Frankreich einen 87 Jahre anhaltenden Religionsfrieden herzustellen und versöhnte sich mit dem spanischen König Philipp II. Als diplomatischer Vermittler konnte er mehrmals andere Kriege verhindern und wurde mit Recht von seinem Volk ein Friedensfürst genannt. Der für Heinrich IV erdachte Plan von Maximilien duc de Sully, 15 föderative Europäische Staaten zu vereinigen, wurde zur Legende einer vereitelten Großtat, als Fiktion einer Utopie der bekanntesten europäischen Einigungspläne und zur Mystifikation spätere Wegbereiter. Es sollte ein europäisches Heer, der etwa 15 gleich großen Staaten geben, eine ständige Ratsversammlung aller Staaten mit insgesamt 66 Abgeordneten als Repräsentanten, die mit vorherigen regionalen Versammlungen, alle Zwistigkeiten beenden könnten. Tatsächlich war es durch die Aufrüstung sehr wahrscheinlich, dass Heinrich IV ernsthafte Pläne für eine große Koalition gegen das Haus Habsburg durchdacht hatte, denn Sully bewerkstelligte die modernste Armee der damaligen Zeit und der König war beim Volk hoch angesehen. Ein Bündnis sollte es geben, indem sein Land mit Schweden, England, Schottland, Niederlanden, Dänemark, Schweiz, Lotharingen, Venedig und den protestantischen deutschen Fürstentümern Bestand haben würde und Russland, Afrika, Asien sowie die Türkei sollten nicht dazugehörten. Das wurde auch Jakob I (König von England) vorgeschlagen, denn es könnten unermessliche Vorteile durch die Sicherung vom „inneren und äußeren Frieden“ erzielt werden, indem die sehr hohen Ausgaben für das Heer sowie für die Befestigungen eingespart würden, wenn alle in guter Nachbarschaft lebten. Wegen seiner friedlichen, erfolgreichen Politik in Europa, wurde Heinrich IV als die stärkste und intelligenteste Persönlichkeit unter den bisherigen französischen Herrschern geachtet. Am 14. Mai 1610 wurde er im Alter von 57 Jahren ermordet. Unter seinen Nachfolgern wurde die religiöse Toleranz und die Freiheitsrechte, zugunsten der königlichen Machtpolitik wieder beendet. [11]
Im 17. Jahrhundert wurden am Anfang der Neuzeit in Europa ca. 22 Kriege geführt und die religiösen und dynastischen Spannungen erreichten ihren Höhepunkt, das Jahrhundert wurde deshalb auch das „eiserne“ (siècle de fer) genannt. Ab dem Jahr 1605 gab es in Straßburg Zeitungen und Tommaso Campanella schrieb im selben Jahr von den wirtschaftlichen Vorteilen einer europäischen Völkergemeinschaft, denn „wenn nur einer regierte, würden Feindschaft, Ehrgeiz und Habsucht in der Welt aufhören“. Mit dem zweiten Prager Fenstersturz begann 1618 der Dreißigjährige Krieg, an dem nahezu der gesamte Kontinent beteiligt war und ganze Landstriche wurden verwüstet. Zum Bevölkerungsrückgang von zwei Dritteln kamen Plünderungen, Hungersnöte, Seuchen, sowie Missernten infolge der „Kleinen Eiszeit“ hinzu. Durch den Glauben an eine bevorstehende Apokalypse gab es Todesfurcht und Hexenwahn. Der „Westfälische Friede“ von 1648 zementierte die Glaubensspaltung in Mitteleuropa, die mittelalterliche Feudalordnung wurde weiter aufgelöst. Ab sofort galten bis heute prägende Prinzipien des Völkerrechts wie die des souveränen Staates, der gleichberechtigt mit anderen ist. Die Kleinstaaterei wurde durch Territoriale Veränderungen begünstigt, so dass die Europa-Idee keine Chancen auf Verwirklichung hatte. Der Absolutismus wurde typisch und hinterließ einen bleibenden Eindruck in der Kultur und im kollektivem Gedächtnis. Eine Ausnahme bildete England, wo sich das Parlament gegen die Allmachtsbestrebungen des Königs behaupten konnte und sogar kurzzeitig radikale Antimonarchisten unter Oliver Cromwell die Macht übernahmen. Der Habeas Corpus Act schützte als neues Gesetz die Bürger vor willkürliche Verhaftung. 1683 begann die zweite Wiener Türkenbelagerung und letztmalig musste das „Christliche Abendland“ in einer enormen militärischen Koalition eingreifen. Der „Sonnenkönig“ Ludwig XIV. beendete 1685 durch das Edikt von Fontainebleau die religiöse Toleranz mit der Formel „Un roi, une loi, une foi“. Gegen Ende des Jahrhunderts setzte sich ein radikal neues Weltbild durch: Anstelle der Glorifizierung der Vergangenheit und der Furcht vor der Apokalypse trat der Glaube an menschliche Vernunft, empirisch begründete Wahrheit und menschlichen Fortschritt. Mit einer empirischen Methode der Aufklärung begründete Sir Francis Bacon seinen Ausspruch „Wissen ist Macht“. Die Renaissance wurde durch die beginnende Aufklärung fortgesetzt. Erfindungen und Entdeckungen durch Galileo Galilei und Sir Isaac Newton begründeten die moderne Naturwissenschaft, die Ideen und Gedanken von René Descartes, Baruch Spinoza und Gottfried Wilhelm Leibniz die moderne Philosophie. Soziale Gegensätze verschärften sich und wurden zur Grundlage für die ersten demokratischen Bewegungen. In England führte beispielsweise nach der "Glorreichen Revolution" von 1689 die Verabschiedung der Bill of Rights mit ihrer Absicherung individueller Grundrechte zur dauerhaften Souveränität des Parlaments. [12]
Émeric Crucé (auch Lacroix) veröffentlichte 1623 als französischer Mönch und Mathematiker den „Ersten Friedensplan der Welt“, der auf Freiheit und Handel basiert. Nicht nur den Frieden in Europa hatte er in seinem Buch: „Der Neue Kineas“ (Le Novveav Cynée) zum Ziel, sondern er wollte auch eine ständige Versammlung der Botschafter aller Länder, um Streitigkeiten der Herrscher auf friedlichem Wege durch ein Schiedsspruch zu beenden.
Aus dieser Idee entstand 296 Jahre später im Jahr 1920 der Völkerbund in Genf sowie 1946 die UNO in New York. In seinem Projekt hatte er zwei Motive: Die religiöse Toleranz und das Nützlichkeitsdenken, die zusammen gehörten. Sein Grundgedanke war, das sich ein Krieg nicht lohne und seine Darstellungen, für ein weltweites Bündnis mit einem handels- und sozialpolitischen Abkommen, waren völlig neu. Dies machte Crucé den politisch Mächtigen und den Monarchen plausibel und für sein Buch wünschte er sich ein Platz an deren Arbeitskabinetten. Als sein bestes Beispiel nannte er den „Pyrrhus-Sieg“ und erklärte, das alle bisher von ihm untersuchten Kriegsursachen untauglich gewesen seien und nur der Waffenübung dienten oder um der Ehre willen geführt würden. Ein friedliebender Fürst könne Ruhm und Ehre bekommen, aber ein Krieg bringe bei einer Niederlage immer nur Schande und viele Tote. Alleine das Ungewisse in einem Krieg sei eine Torheit, denn ein drängen auf das Gelüst mit Hoffnung für die Ehre oder Religion, werde immer mit dem Verlust von Menschen enden. Alle Religionen hielten die Ihre für die beste, denn „der Krieg schadet der wahren Religion, statt sie zu fördern, er doch der Ursprung aller Niedertracht, Bosheit, Lästerung und Gottesverleugnung“. Alle Menschen sind miteinander verwandt und das wird nicht durch die räumliche Trennung und der Sittenunterschiede aufgelöst. Die Fürsten sollten sich einem Weltparlament beugen und über Streitigkeiten sollte die Versammlung entscheiden. Frieden, bringe nur gemeinsame Sicherheit, deshalb müsse den Armen geholfen werden, damit sie keine Aufstände machen. Eine Ausbildung der Handwerker sollte es geben, so dass sie sich selber versorgen können, wobei gerechte Steuern, Jugenderziehung und Beschäftigung mit nützlichen Wissenschaften, immer ein Gewinn bringen. Auch ein internationalen Handel, Ausbau der Flüsse, einheitliche Münzen und einheitliche Maße und Gewichte, forderte Crucé ausführlich. Seine Meinung war, das „ein Kaufmann hoch angesehen sei, weil er sein Vermögen vermehrt, aber ein Soldat ruiniere immer nur seine Mitmenschen“. Die Souveränität der Völker und Staaten sei als „gesamteuropäische Souveränität“ zu bezeichnen und sollte das Leben in Europa beherrschen. Als Utopist sprach er vom Reisepass: „Wir können uns leicht die Bequemlichkeit und den Vorteil vorstellen, mit dem Reisepaß eines beliebigen Landes durch die Staaten Europas zu reisen, wobei dieser Paß durch die Liga des Friedensstaates legitimiert wird“ und „Was für eine Freude wärs, die Menschen allenthalben frei und ungehindert reisen und ohne ängstliche Rücksichtnahme auf Herkunft, Sitten und ähnliche Unterschiede miteinander verkehren zu sehen, so als wäre die Erde – was sie denn in Wahrheit auch ist – eine allen gemeinsame Stadt“. Am Schluss schrieb er in seinem Buch den Allerdurchlauchtigsten, Großmächtigsten und Unüberwindlichen Monarchen: „Wir wollen keinen Scheinfrieden, keinen Frieden für drei Tage, sondern einen dauerhaften Frieden auf freiwilliger und gleicher Grundlage, einen Frieden, der jedem gibt was ihm gebührt, dem Bürger sein Privilegium, dem Fremden Gastrecht und aller Welt die Freiheit in Handel und Verkehr“. Émeric Crucé starb 1648 mit 58 Jahren. [13]
Hugo Grotius beschrieb 1625, als niederländischer Publizist, politischer Philosoph, Theologe und Rechtswissenschaftler aus der Utrechter Union, in sein Buch: „Über das Recht des Krieges und des Friedens“ (De jure belli ac pacis). Als erster erklärte er die „Grundlagen für das Völkerrecht“, indem alle Rechtsverhältnisse – auch zwischen Einzelpersonen – geregelt werden müssen.
Im Konflikt mit orthodoxen Calvinisten, unterstützte er die holländischen Staaten. Im Jahr 1618 wurde Grotius gefangen genommen und er musste 1619 auf Lebenszeit ins Gefängnis Schloss Loevestein. In seiner Haft nutzte Grotius 1621 ein Privileg, indem er sich Bücher schicken lassen durfte, diese aber wieder zurückgeben musste und entkam in einer großen Bücherkiste aus der Haft. Grotius beschäftigte sich dann als Schriftsteller mit seinem alten theologischen Projekt, indem er Vorschläge machte, wie eine Wiedervereinigung der römisch-katholischen mit der protestantischen Konfessionen gelingen könnte. Er schrieb juristische, sowie geschichtliche Werke und sein Buch 1925: Über das Recht des Kriegs und des Friedens, wo er das Naturrecht, Völkerrecht und das Privatrecht beinhaltete. Darin beschrieb er einen Ausgleich zwischen den Denominationen und befasste sich mit der Frage eines gerechten Krieges. Für ihn stand die Menschheit als Rechtsgemeinschaft, über den Einzelstaaten, denn die Menschenrechte sind den souveränen Staaten übergeordnet. Ab 1634 konnte Grotius der schwedischen Königin Christina I als Botschafter in Frankreich dienen. Den Dreißigjährigen Krieg erlebte Grotius aus nächster Nähe und er hatte eine Schlüsselrolle in den Verhandlungen zwischen Schweden und Frankreich. Schon im Jahr 1604 verfasste Grotius ein Rechtsgutachten für die Niederländische Ostindien-Kompanie, das aber bis 1868 unveröffentlicht blieb. Derzeit schrieb er auch seine bekannte Abhandlung: „Über das Prisenrecht“ (De jure praedae), wobei von ihm seine Gedanken für einen revolutionären neuen Grundsatz formuliert wurden, nach dem die Meere „Internationale Gewässer“ seien und alle Nationen somit das Recht hätten diese zur Handelsschifffahrt zu nutzen. Zunächst wurde davon lediglich ein Kapitel unter dem Titel: „Mare Liberum“ (Das freie Meer) Anonym veröffentlicht. Die katholische Kirche indizierte Mare Liberum umgehend, da es die päpstliche Weltordnung durch den Vertrag von Tordesillas untergrub. Die nun angestoßene Debatte hatte wichtige ökonomische Implikationen in der Idee des Freihandels dargestellt und die Holländer unterstützten im wesentlichen die Idee. In England wurden 1651 die Inhalte als brisante Publikation verboten, damit diese auf keinen Fall in das neue Gesetz aufgenommen würden und eine Navigationsakte, verbot die Einfuhr sämtlicher Waren, ausgenommen derer die auf englischen Schiffen waren. Das Gesetz führte letztlich unter anderem zum Ersten Englisch-Niederländischer Seekrieg. Im seinem bekannten Buch von 1925, das später in zahlreichen Auflagen erschien, hatte er die ersten Grundlagen für das Völkerrecht beschrieben, wobei außerdem eine Abhandlungen zum Naturrecht beinhaltet war. Durch klare Darstellungen, über die Gelegenheiten und Mittel, einer fortschrittlichen Betonung der Gedanken zum Natur- und Völkerrecht, wurden seine Publikationen bekannt. Diese Ausführungen bewirkten, vor allem durch seine intellektuelle Persönlichkeit, die Souveränität des späteren Völkerrechts und der Entstehung der Pariser Seerechtsdeklaration. Grotius konnte letztendlich mit dazu beitragen, damit ein allgemeiner Friede und die Freiheit des Handels auf den ganzen Erdkreis begründet wurde. Am 26. August 1645 erlitt er vor Pommern, bei der Rückkehr von Schweden, im Alter von 62 Jahren einen Schiffbruch und zwei Tage später erlag er am 1645 in Rostock seinen Verletzungen. [14]
John Locke veröffentlichte 1689 als englischer politischer Philosoph und Aufklärer sein anonymes Werk: „Two Treatises of Government“ (Zwei Abhandlungen über die Regierung), das bedeutendste Lehrbuch des Liberalismus, das damit ein Wegbereiter für die meisten „Verfassungen demokratischer Staaten“ wurde.
Von 1683 bis 1688 musste sich Locke in Holland verbergen u.a. wegen seiner Weltanschaung und Einstellung gegenüber den damals Regierenden. Die publizierte Theorie von Locke hatte grundlegenden Einfluss auf Durchsetzung der „Glorious Revolution“ in England und der Verabschiedung vom Bill of Rights. Der Erfolg, des bis heute bestehenden parlamentarischen Regierungssystems im Vereinigtem Königreich, mit dem Parlament als Träger der Staatssouveränität, konnte zur weltweiten Entwicklung des Parlamentarismus und der Pressefreiheit beitragen. Dadurch wurde ab 1649 zum erstenmal die Informationsfreiheit und die Öffentliche Meinung durch Zeitungen gewähleistet. Die passende Theorie lieferte er in zwei Werke, den wichtigsten Teil im zweiten Traktat des „Two Treatises of Government“ und im „Epistola de tolerantia“ (Brief über die Toleranz). Mit Francis Bacon, war er auch Vordenker der Encyclopédie, die ab 1745 enstand und zur Aufklärung der Neuzeit beitrug. Locke ließ seine wichtigen Werke nicht nur anonym verlegen, sondern beseitigte auch alle Spuren, die ihn damit im Zusammenhang bringen konnten, indem er die Manuskripte vernichtete. Wenn er gelobt wurde, reagierte Locke nicht darauf. Bereits 1668 hatte Locke anonym die „Betrachtungen über die Senkung des Zinssatzes und die Erhöhung des Geldwertes“ geschriebenen, indem er sich für eine frühe Form des Freihandels einsetzte. In seiner Geldtheorie, erklärte er die ursprünglich auf Subsistenz beruhende Eigentumsordnung, zum rechtmäßigen Übergang in eine kapitalistisch geprägte. Die von ihm zugrunde gelegten Naturrechte, wurden Kernbestand des Liberalismus, denn in seinem bekanntesten Werk befindet er auch, das Freiheit, Gleichheit, Unverletzlichkeit von Person und Eigentum, zu den höchsten Rechtsgütern gehörten. Demzufolge ist eine Regierung nur legitim, wenn sie die Zustimmung der Regierten besitzt und Leben, Freiheit und Eigentum beschützt. Werden diese Bedingungen nicht erfüllt, hat der Untertan ein Recht zur Rebellion. Locke konnte entgültig für die Gewaltenteilung zwischen der Legislative und der Exekutive sorgen und die Judikative hatte Montesquieu später ergänzt. Lockes politische Philosophie als Manifest für eine liberale Demokratie, wurde maßgeblich in den meisten Verfassungen demokratischer Staaten beinhaltet, unter anderem bei der Unabhängigkeitserklärung (1776), der Verfassung der Vereinigten Staaten (1787), der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte (1789) und der Französische Verfassung (1791). Locke gilt als ein Hauptvertreter des englischen Empirismus und legte im Gegensatz zu den Vertretern des Rationalismus, seinen Schwerpunkt auf Erfahrung und der sinnlichen Wahrnehmung als Fundament wissenschaftlicher Theoriebildung, was er in seinen Werken ausführlich darlegte. Dadurch beeinflußte er maßgeblich die nachfolgenden Entwicklungen der politischen Theorien und für ihn waren die religiösen und politischen Grundrechte des Volkes, die Grundlagen eines Staates. Weitere bedeutende anonyme Bücher konnte Locke noch schreiben, bevor er 1704 mit 72 Jahren starb. Alle Theorien in seinen Werken wurden zur Inspiration für Freiheitskämpfer in aller Welt. Erst in seinem Testament bekannte sich Locke zum Autor dieser Bücher. [15]
William Penn schrieb 1693 als englisch-amerikanischer Politiker, Jurist, Führer der Quäker und Gründer vom USA Bundesstaat Pennsylvania, ein ausführliches Essay towards the Present and Future Peace of Europe, deutsch „Essay in Bezug auf die Europäische Einigung“.
Der Unterschied zu den bisherigen europäischen Einigungsplänen besteht darin, das im Essay towards the Present and Future Peace of Europe die Rechtsidee in den Vordergrund gestellt wurde, denn Gerechtigkeit gibt Frieden und somit kann es keinen Krieg geben. Penn führt danach weiter aus, das zur Herstellung und Sicherung des Friedens u.a. ein gesicherter Besitzstand, ein freier Handel, eine entwickelte Industrie, ein wirtschaftlichen Aufschwung, mit Wohlfahrt und Gastlichkeit, sowie ein gesellschaftlicher Konsens über Gesetzgebung mit Rechten und Pflichten gehörten. Als Institutionen sah er ein Obersten Gerichtshof in Europa vor, einen Rat, einen Präsidenten und beschwor die Staaten Europas, ein europäisches Parlament als „Bundesversammlung“ mit 70 Delegierten zu schaffen, wobei Russland und die Türkei extra zugehörig sein sollten. Die jeweilige Anzahl der Landesdelegierten, sollte nach den Einkünften eines Landes bzw. Staates erfolgen und mit einer zweidrittel Mehrheit sollte bzw. kann nur ordentlich abgestimmt werden. Die Korruption sollte peinlich vermieden werden und im Innern blieb natürlich jeder Staat souverän. Die eingesparten Kriegskosten könnten u.a. der jeweiligen Wissenschaft zu gute kommen und auch dem Argument, das ohne Krieg, eine Verweichlichung der Gesellschaft eintritt, könnte mit der Jugenderziehung im wissenschaftlichen, technischen sowie staatsbürgerlichem Bereich entgegengewirkt werden. Penn war einer der bedeutendsten Kolonisten Nordamerikas, gründete bzw. baute Pennsylvania als eine Gesellschaft auf, wo mit religiöser Toleranz, Brüderlichkeit und persönlicher Freiheit für Siedler und der eingeborenen Indianer, mit guten nachbarschaftlichen Beziehungen gelebt wurde. Er schaffte sich dort eine europäische Völkervielfalt durch neue Ansiedler mit Deutschen, Holländern, Wallonen, Schweizern, Franzosen, Schotten und Iren. Großen Wert legte er auf die Protokolle und den Vorkehrungen über Rangfragen. In Pennsylvania schuf er mit den Bürgern eine Volksvertretung als zweite Kammer und mit Hilfe seines Freundes John Locke eine demokratische freiheitliche Verfassung. Durch die volle Religionsfreiheit und dem toleranten, weltanschaulichen, friedlichen, demokratischen Verständnis untereinander bzw. mit anderen, konnte er ein wirtschaftlichen Erfolg verbuchen. Penn sah die Reisefreiheit für einen guten Handel und Verkehr als Wichtig an, wobei er sich den Satz von Émeric Crucé zu eigen machte und hob deutlich die Bequemlichkeit bzw. den Vorteil vom Reisen mit einem Reisepaß durch die Staaten innerhalb von Europa hervor. In Anbetracht der Staaten, die durch Verzicht ihrer Souveränitätsrechte ein Problem hatten, bemerkte er: „Und wenn man das eine Verminderung ihrer Macht nennt, dann könnte dies nur daher kommen, daß der große Fisch fortan nicht mehr die kleinen auffressen kann, sondern daß jede Hoheit gleichermaßen vor Rechtsverletzungen geschützt ist und andererseits in die Unmöglichkeit versetzt, solche zu begehen“. Er war mit seinen Ansichten seiner Zeit weit voraus und deshalb ein gern gesehener Gast in Europa. William Penn starb im Jahre 1718 mit 74 Jahren und wurde erst am 28. November 1984 zum Ehrenbürger der USA erklärt. [16]
Das 18. Jahrhundert markiert den Beginn der Moderne, der Gegensätze und der Aufklärung. Durch den Absolutismus konnte der feudale Adel prunkvolle Paläste bauen. Einfache Menschen, unselbständige Bauern und Tagelöhner lebten in bitterer Armut; Seuchen und die letzte Pest verödeten viele Landstriche. In einem System von ca. 300 Kleinstaaten herrschten die Machthaber von Frankreich, Großbritannien, Österreich, Preußen und Russland im System der Pentarchie, das sich in der Mitte des Jahrhunderts etablierte, und waren ständig zerstritten. Daher hatte John Bellers im Jahr 1710 seine Gründe für einen europäischen Staat vorgeschlagen, um die Mächte von Europa, durch eine universelle Garantie, mit jährlichen Kongress, Senat, Parlament, zu errichten, um alle Streitigkeiten mit einer internationalen Truppe zu begleichen. 21 Kriege sowie Erbfolgekriege und Koalitionskriege wurden geführt und die Monarchen betrachteten alles als ihr persönliches Eigentum. Dynastien wurden gefestigt und die Politik wurde von 15 verwandten Adelsfamilien bestimmt. Die Philosophie in der Aufklärung verbreitete sich als Reaktion auf diese Zustände und es entstand durch Diderot und d’Alembert eine politisch brisante Encyclopédie. Montesquieu verfasste seine anonyme Staats- und Gesellschaftstheorie „Vom Geist der Gesetze“. Die Rationalisierung der Arbeit führte zur Gründung von Manufakturen und der technische Fortschritt beförderte durch die Dampfmaschine und den mechanischen Webstuhl zunächst in England den Beginn der Industriellen Revolution, die die gesellschaftlichen Strukturen umwarf und zu großem Wohlstand, aber auch zu bitterer Armut führte. Der Merkantilismus wurde durch den Wirtschaftsliberalismus abgelöst, als dessen maßgeblicher Begründer Adam Smith mit seinem Buch „Der Wohlstand der Nationen“ gilt. Die 13 britischen Kolonien in Noramerika erklärten im Streit mit dem britischen Monarchen am 4. Juli 1776 ihre Unabhängigkeit. Einer der maßgeblichen geistigen Vorreiter dieser Entwicklung der späteren Vereinigten Staaten von Amerika war Thomas Paine, der durch sein „Rights of Man“ auch zum geistigen „Vater der Arbeiterbewegung“ wurde. Monarchische Staaten bemühten sich unter dem Zeichen des "aufgeklärten Absolutismus" um Reformen: Preußen unter Friedrich dem Großen führte die Schulpflicht ein und schaffte die Folter ab, ähnliches geschah in Österreich unter Joseph II.; Gewerbefreiheit und politische Mitspracherechte wurden zunächst vergeblich gefordert. Trotz der ersten modernen Verfassung wurde Polen ab 1772 aufgeteilt und 1795 ganz aufgelöst. Andauernde Unterdrückung sowie hohe Zins- und Abgabenlast löste die 1789 die Französische Revolution aus. Abbé Sieyès schrieb seine Streitschrift zum „Dritten Stand“, der bislang im Schatten von Adel und Klerus stand und nun zum entscheidenden politischen Akteur wurde. In der „Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte“ wurden die Gewaltenteilung und persönliche Freiheitsrechte niedergeschrieben, verkürzt in den Prinzipien von „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“. Die Sansculotten, Vertreter der niederen Gesellschaft, geführt von Robespierre, erhoben sich gegen die Bourgeoisie und errichteten mit dem Ziel radikaler gesellschaftlicher Umwälzung und absoluter Gleichheit eine Terrorherrschaft mit ca. 30.000 Toten. Mary Wollstonecraft forderte die „Verteidigung der Rechte der Frau“ und Jeremy Bentham schrieb, dass die Pressefreiheit eine wesentliche Voraussetzung für ein geordnetes Staatswesen ist und einen internationalen Frieden gewährleistet. Napoléon Bonaparte gelang der Staatsstreich in Frankreich. Als selbst ernannter Erbe der Revolution wurde er zum Alleinherrscher und überzog dann ganz Europa mit seinen Eroberungfeldzügen. Dadurch enstanden in den besetzten Ländern neue Nationalgefühle und der Wunsch zum europäischen Frieden. [17]
Charles Irénée Castel de Saint-Pierre verfasste 1712 als französischer Schriftsteller und Philosoph seine Schrift: „Projekt des Ewigen Friedens in Europa“
(Projet pour rendre la paix perpétuelle en Europe) und bekundete den Begriff: Union Européenne (dt. Europäische Union).
Mit seinem (zuerst anonym) verfassten Projekt schrieb Charles Irénée, das es „... zwischen allen christlichen Herrschern ein dauerndes ewiges Bündnis zum Zweck der Erhaltung eines ununterbrochenen Friedens in Europa“ geben sollte. Dieser sehr ausführliche Projekt-Plan wurde später inhaltlich nach und nach von anderen nachfolgenden europäischen Persönlichkeiten aufgegriffen. Charles Irénée wurde als bedeutender Frühaufklärer unter dem Namen „Abbé de Saint-Pierre“ bekannt, obwohl er nie Geistlicher oder Mönch war und von Zeitgenossen, „Apotheker Europens“ bezeichnet wurde. Er galt als einer der ersten Denker, der das Zeitalter der Aufklärung ankündigte und sich mutig damit beschäftigte, ob das naturrechtliche innerstaatliche Vertragsmodell sich auch auf die zwischenstaatliche Ebene übertragen ließe. Charles Irénée betrachtete die Ausdehnung des europäischen Bundes vom Standpunkt der politischen Vernunft. Er erwähnte auch den „Großen Plan“ von Heinrich IV, dem eigentlichen Evangelium von Maximilien duc de Sully. Bei den schwierigen diplomatischen Verhandlungen im Vertrag von Utrecht, machte sich Charles Irénée als Unterhändler einen Namen, wobei er sich zusätzlich durch sein Projekt: „Universellen Friedens zwischen den Nationen“ anleiten ließ, für das er als Abbé de Saint-Pierre berühmt wurde. Dadurch wurden später Jean-Jacques Rousseau und Immanuel Kant beeinflusst. Deutlich legte er die zahlreichen Vorteile eines europäischen Staatenbundes als gegebene Fortschritte in allen Lebensgebieten dar. Vor allem nannte er Finanzielle Vorteile durch eine Verstärkung des Handels, geringere Heeresausgaben und durch ein Bevölkerungswachstum höhere Staatseinnahmen, denn damit wäre alles besser, als jegliche Art von Krieg. Er forderte einen internationalen Völkerbund und einen „Europäischen Bund“ mit 24 Kommissaren, sowie ein Vertrag mit 12 Grundartikeln, keine Adels-Erbfolge, bestimmte Zollfreiheiten, neue Staats-Beitritte, eine europäische Verwaltung und ein europäisches Schiedsgericht. In seinen Projekten erfand er die Steuererklärung, befasste er sich mit der Bildung einer politischen Akademie, mit einer Reform der Religion und der Geistlichkeit. Weitblickend beschäftigte sich Charles Irénée mit dem Sozial- und Erziehungswesen, dem Handels- bzw. der Wirtschaftspolitik und ab 1713 als einer der ersten mit der Erleichterung des Handels mit Staatsobligationen, der sog. Börse. Er war ein Wegbereiter für den Utilitarismus, Liberalismus, Quantitätstheorie und der klassischen Volkswirtschaftslehre. Einige bestimmte Theorien des Geldes und der Wirtschaft von Charles Irénée, wurden teilweise schon 1689 von John Locke, danach erst 1776 von David Hume und Adam Smith, sowie 1798 von Jeremy Bentham publiziert. In seinem Werk: „Polysynodie oder die Mehrheit der Räte“ kritisierte Charles Irénée Öffentlich 1718 die Politik des verstorbenen Louis XIV und diese Kritik war es ihm wert aus der französischen Akademie ausgeschlossen zu werden. In literarischen Salons kämpfte er weiterhin für die Entwicklung der öffentlichen Schulbildung und erklärte seine Vorstellung, das die äußere Souveränität des absolutistischen Monarchen, durch eine Errichtung eines staatsübergreifenden Schiedsgerichts beschränkt werden sollte. Ein ständiger Bundesrat sollte in einer Freien Stadt eingerichtet werden, wo 24 autonomen Mitgliedstaaten die Kompetenzen, der Streitschlichtung, des Heeres, der Außen- und Zollpolitik, sowie der Mindestbeiträge beschließen könnte. Eine Abänderung wäre dann nur mit der Zustimmung sämtlicher Mitglieder möglich. Im Jahr 1740 reiste Charles Irénée mit 83 Jahren zu Friedrich dem Großen, um Ihm von seinem Friedensplan zu überzeugen. In einem Brief an Voltaire schrieb Friedrich unter anderem über den Friedensplan von Charles Irénée: „Die Sache ist sehr praktisch; um sie zustande zu bringen, fehlt weiter nichts als die Zustimmung Europas und anderer Kleinigkeiten dieser Art“. Anschließend wurde Charles Irénée von der geistigen Autorität Voltaire in einer Zeitschrift, als „Anti-St.-Pierre“ anonym verunglimpft. Charles Irénée wichtige „erste Vorstellung einer europäischen Vereinigung“ und sein Projekt des „Ewigen Friedens in Europa“, konnte erst im 20. Jahrhundert mit internationalen Organisationen umgesetzt werden. Charles Irénée Castel de Saint-Pierre verstarb 1743 im hohem Alter mit 84 Jahren und seine Projekte, füllten als gesammelte Werke insgesamt 23 Buchbände. [18]
Jean Jacques Rousseau verfasste als französisch-schweizerischer Philosoph, Pädagoge, Komponist und Schriftsteller, 1762 sein sozialpolitisches Hauptwerk: Du Contrat Social ou Principes du Droit Politique (dt. „Vom Gesellschaftsvertrag oder Prinzipien des Staatsrechtes“), um damit ein erträglichen Zustand in der Gesellschaft herzustellen und die Ungerechtigkeiten der Gesellschaft beseitigen.
In seinem Hauptwerk verfasste Rousseau einen staatstheoretische Texte und beschrieb, das die „schlechten“ Zustände in der Gesellschaft ihn bewogen hätten, seine „Abhandlung zum Sozialvertrag“ (Contrat Social) zu schreiben, wobei er die Herstellung einer genossenschaftlichen Verbindung forderte. Rousseau hatte den Weltschmerz gefunden und beschrieb den Gemeinwillen eines Volkes als Schlüsselbegriff: „Volonté générale“ (Allgemeiner Wille). Mit der Schrift: „Der Leviathan“ insperierte ihn Thomas Hobbes, der ausfühlich beschrieb, warum ein „Krieg aller gegen alle“ geführt wird und stellte fest, das „Macht“ einen Gesellschaftsvertrag braucht. Rousseau propagierte deshalb, das die unverfälschliche Natur des niedrigen Volkes in den Vordergrund gerückt werden sollte. Der Mensch sei niemals autark, sondern von anderen abhängig, aber jeder Herr oder Eigentümer unterdrücke seine Knechte. Mit diesem Wissen schrieb er: „Vom Gesellschaftsvertrag oder Prinzipien des Staatsrechtes“. Rousseau schuf dadurch die menschlichen Grundlagen egalitärer Gerechtigkeitstheorien, indem er u.a. darlegte: „Mögen sie auch körperlicher oder geistiger Kraft ungleich sein, durch Übereinkunft und Recht werden sie alle gleich.“ Damit hatte er seine europäischen Gedanken, der historischen und wesensmäßigen Gemeinsamkeiten der Völker in den Vordergrund gestellt, die später durch den Utilitarismus unter Adam Smith und John Stuart Mill eine Gegenposition erfuhren. Rousseau wollte grunsätzlich die gegenseitigen freiwilligen Bürger-Rechte und Pflichten in der Gesellschaft, als Ansprüche mit einbeziehen. Der wichtige Begriff: Volkssouveränität wurde durch ihn geprägt, als eine Legitimierung für Volksabstimmungen und der allgemeinen Wahlen. Eine Entartung und Abkehr von der Natur des Menschen machte derjenige, „der ein Stück Land mit einem Zaun umgab und auf den Gedanken kam zu sagen »Dies gehört mir« und der Leute fand, die einfältig genug waren, ihm zu glauben“. Dieses Problem war für ihn der Urheber aller Verbrechen, Kriege, Herrschaft, Knechtschaft, Habgier, Ehrgeiz, Reichtum und Armut in Europa. Als Rousseau den revolutionären Inhalt in Paris veröffentlichte, wurde das Werk ab April 1762 verboten und öffentlich verbrannt. In Paris und Genf wurden Haftbefehle gegen ihn erlassen, so dass er flüchten musste. 1762 fand er Aufnahme bei Friedrich den Großen, der ihm Asyl und etwas später sogar das Bürgerrecht gewährte. Schon ab dem Jahr 1755 hatte er in Amsterdam seine „Abhandlung über den Ursprung und die Grundlagen der Ungleichheit unter den Menschen“ publiziert und fragte sich: „Was ist der Ursprung der Ungleichheit unter den Menschen und wird sie vom Naturrecht erlaubt ?“. Damals war seine Ansicht revolutionär und wurde damit einer der Väter des europäischen Sozialismus. 1755 schrieb er für die große Encyclopédie, wobei er als erster die Politische Ökonomie beschrieb. Auch mit den Theorien im „Projekt des Ewigen Friedens in Europa“ von Abbé de Saint-Pierre setzte sich Rousseau sehr gründlich auseinander und gegenüber der Version, spielten für ihn historische und wesensmäßige Gemeinsamkeiten der europäischen Völker eine größere Rolle. Er argumentierte, das Europa unschätzbare Vorzüge gegenüber anderen Kontinenten habe und wegen seiner gleichmäßigen Besiedlung, sowie seiner Fruchtbarkeit und des Handels, seien außerdem noch fast alle Völker irgendwie miteinander verwandt. Es gibt eine Vielzahl von kleinen Staaten, die viele gemeinsame Interessen hätten und auch aufeinander angewiesen seien. Die Fürsten denken kurzsichtig und ihre oberflächlichen Interessen ändern sich zu schnell, so dass man nicht zu ordentlichen Regeln gelangen kann. Alle Mitgliedstaaten in Europa müssten miteinander so abhängig sein, das keiner in der Lage ist, sich dem anderen zu wiedersetzen und ein bewaffneter europäischer Bund besäße die Macht, seine Staaten zur Einhaltung der Ordnung zu zwingen. Rousseau hatte die 12 Artikel von Abbé de Saint-Pierre auf 5 Grundartikel gekürzt, wobei alle wichtigen Inhalte eingearbeitet wurden. Wenn diese dann zu Stande kämen, dürfte nur mit der Zustimmung aller Staaten etwas abgeändert werden. Können sich die europäischen Staaten nicht auf diese Grundlage einigen, würde es keinen internationalen Frieden in Europa geben. Ab 1770 wurde er von den Behörden wieder in Frankreich geduldet und konnte dort zurückgezogen leben, bis er 1778 mit 66 Jahren starb. Seine Bücher hatten sehr viel Einfluss auf das politische Denken und inspirierte damit die Französischen Revolution, als deren wichtigster geistiger Wegbereiter er gilt. Schiller und Andreas Riem beschrieben ca. 10 Jahre später, ein europäisches „Wir-Gefühl“, wobei sie - im Sinne von Rousseau -, geistige Eliten zur Freisetzung der europäischen Kräfte, die zur Berfreiung des Einzelnen und zur Entfaltung ihrer Fähigkeiten zwischen den Menschen und Staaten forderten. Rousseau schuf viele politische Theorien des 19. und des frühen 20. Jahrhunderts, ebenso die moderne Pädagogik. Er beeinflusste auch Robespierre, Immanuel Kant, Pestalozzi, Herder, Diesterweg, Montessori und Ellen Key. [19]
Immanuel Kant, ein Königsberger Philosoph, fordert 1795 in seinem Buch: „Zum ewigen Frieden“ das „Völkerrecht“ ein, in dem die Verbindlichkeit zwischenstaatlicher Abkommen gewährleistet ist und das „auf einen Föderalismus freier Staaten gegründet sein“ sollte.
Immanuel Kants Werk: „Zum ewigen Frieden“ enthielt damals bereits die Vorstellung einer aus republikanischen Staaten gebildeten föderalen Organisation Europas. Ab 1749 hatte Kant schon viele große Werke geschaffen, wobei dieses Buch eines der bekanntesten wurde. Die Themen des Humanismus und der Völkerversöhnung waren im 18. Jahrhundert vielfälltig. Somit hatte er sich auch mit den Werken von Rousseau und Abbé de Saint-Pierre auseinandergesetzt. Kant bezog die gesamte bisherige Aufklärung mit ein und teilte nicht den unbedingten Optimismus der frühen Aufklärer, wobei die Vernunft letzlich siegen sollte. Für ihn war das Ziel ein Selbstzweck und nicht die menschliche Glückseligkeit, sondern die Sittlichkeit zur Verwirklichung der Rechtsidee, die das Zusammenleben der Völker regelt. Menschen sind für ihn von natur aus ungesellig und gewalttätig, sodass sie nicht in ungebundener Freiheit nebeneinander bestehen können. Human ausgedrückt schrieb er: „Man kann sich eines gewissen Unwillens nicht erwehren, wenn man ihr Tun und Lassen auf der großen Weltbühne aufgestellt sieht“. Deswegen forderte er eine Disziplin, um die Freiheit unter den Gesetzen aufrecht zu halten. Der Friede ist ein Rechtsproblem, die Folge davon und keine Frage der Philanthropie (Menschenliebe). Kant betrieb eine methodische Grundlagenfoschung und wollte sich auf keine Utopie einlassen. Für die Friedenspublizistik brachten seine politischen Theorien eine Wende. In seinem „Friedensvertrag“ hatte Kant die Grundsätze seiner Moralphilosophie angewendet, um auf die Kernfrage der Politik nach dem Frieden zwischen den Staaten hinzuweisen. Nur über die „Vernunft“ geleitet sollten Entscheidungen getroffen werden, um die Gerechtigkeit zu betrachten. Frieden ist kein natürlicher Zustand unter den Menschen und deshalb muss er gestiftet werden. Die Gewährung des Friedens sei Sache der Politik, die sich dem allgemeingültigen Rechtssystems unterordnen müsse. Er hatte in seinem Werk eine Gliederung vorgenommen und in 2 Abschnitte sowie 9 Artikel aufgeteilt inkl. Zusätze und Anhänge. Das Bürgerrecht, das Völkerrecht und das Weltbürgerrecht waren ein zentraler Bestandteil in seinem Abschnitten bzw. Artikeln, wobei die Erklärung, wie der Frieden dauerhaft erhalten werden kann, von ihm eine klare und durchgängige Darstellung beinhaltet. Sehr beachtet wurden darin seine sechs Präliminarartikel, welche Kant als ethische Verbotsgesetze formuliert hatte. Dazu hatte er drei Definitivartikel beinhaltet: 1. „Die bürgerliche Verfassung in jedem Staat soll republikanisch sein“. 2. „Das Völkerrecht soll auf einem Föderalismus freier Staaten gegründet sein“. 3. „Das Weltbürgerrecht soll auf Bedingungen der allgemeinen Hospitalität eingeschränkt sein“. Die neuzeitlichen Begriffe: „Frieden“ und „Völkerrecht“, wurden beide in einem Zusammenhang entscheidend durch ihn bekannt. Seine Ideen wurden später in das Völkerrecht übernommen, wo die Verbindlichkeit zwischenstaatlicher Abkommen festlegt und in der Ausrichtung des Friedens, Völkerrechtlich im Vertrag verwirklicht wurden. Kant hatte sich außerhalb der Philosophie auch mit den klassischen Naturwissenschaften, Physik und Mathematik, sowie mit den Lehren von Gottfried Wilhelm Leibniz und Isaac Newton beschäftigt. Dadurch konnte er in der Erkenntnistheorie, Ethik, Ästhetik, sowie in der Religions-, Rechts- und der Geschichtsphilosophie den zentralen Wendepunkt in der Philosophiegeschichte schaffen, so das er die moderne Philosophie bis ins 21. Jahrhundert maßgeblich beeinflusste. Interessant war, dass er die Mathematik mit den Naturwissenschaften verknüpfte, um in der Metaphysik die Grenze des Wissens aufzeigen, bei welchen Vorstellungen bzw. Ideen gar keine Erkenntnis mehr möglich sind, weil ihr Inhalt jenseits des Erkenntnisvermögens liegt. Seine letzten 15 Jahre waren gekennzeichnet durch den sich stetig zuspitzenden Konflikt mit der preußischen Zensurbehörde vom König Friedrich Wilhelm II und 1796 erhielt er die Weisung, sich seiner religiösen Schriften zu enthalten, da sie deistisches (reformation) und sozinianisches (unklaren) Gedankengut verbreiteten. Fichte und Herder wurden noch zu Lebzeiten von Kant in ihren Wirken und Werken positiv beeinflusst. Immanuel Kant starb 1804 im Alter von 80 Jahren. [20]
Das 19. Jahrhundert begann 1789 als „Langes 19. Jahrhundert“ mit der französischen Revolution und endete 1914 mit dem Beginn des Ersten Weltkrieg. Das gesamte Jahrhundert war vom Konflikt politischer Ideen, die entweder Neuerungen (Demokraten, Liberale) einführen oder alte Strukturen bewahren oder wiederherstellen wollten (Konservative, Monarchisten), sowie von der Idee des Nationalismus geprägt, die sowohl als Fortschritt und Befreiung von überkommenden Strukturen begrüßt wurde als auch Hass und Kriege auslöste. Wirtschaft und Gesellschaft, Wissenschaft und Politik veränderten sich vor allem nach 1830 radikal, das Bürgertum löste in den meisten Ländern den Adel als dominierenden Schicht ab, gleichzeitig entstand der "Vierte Stand", die Arbeiterschaft. Ein großer Fortschrittsoptimismus griff um sich, gleichzeitig kam zu einer starken Besinnung auf die Vergangenheit, vor allem auf die jeweilige nationale. Die (west-) europäischen Staaten erweiterten im Wettstreit ihre Kolonialreiche über die gesamte Welt und drückten ihr ihren Stempel auf. Es gab in dem Jahrhundert insgesamt 27 Kriege, inklusive der 12 Revolutionskriege, sowie Koalitions- und Befreiungskriege.
Kaiser Napoleon I. hatte durch Krieg die politische Landkarte Europas völlig umgestaltet und eine Kontinentalsperre verhängt. Mit dem Reichsgesetz und dem Reichsdeputationshauptschluss (RDHS) vom 25. 03. 1803 begann im Kaiserreich die „Mediatisierung“ (Mittelbarmachung) der Reichsstädte. Das war auch die Trennungs im Reich von Kirche und Staat als „Säkularisation“ (Enteignung) von ehemaligen kaiserlichen Lehen der geistlichen Fürstentümer und aller übrigen geistlichen Reichsstände. Das Heilige Römisches Reich „Deutscher Nation“ ging 1806 endgültig zu Ende. Mit der andauernden französischen Fremdherrschaft, die zunächst eher als Befreiung vom Freudalismus empfunden worden war, enstanden deutsche Nationalgefühle und die Romantik wurde eine gefühlsbetonte Restauration zur Spätaufklärung. Neue Institutionen wie der Code Civil (französische Gesetze) entstanden, während in Preußen Reformer um Freiherr vom Stein die Leibeigenschaft abschafften, Gewerbefreiheit und Selbstverwaltung einführten sowie das Steuersystem positiv veränderten. Der Wiener Kongress versuchte 1815 im so genannten Vormärz die Rückkehr zur Pentarchie (Fünfherrschaft) der Großmächte, anstelle des erträumten deutschen Nationalstaates entstand der Deutsche Bund. Für nationale Einheit und bürgerliche Freiheitsrechte wurden beim Wartburgfest schwarz-rot-goldenen Fahnen, für „Ehre, Freiheit, Vaterland“ geschwenkt, ähnliche Bewegungen entwickelten sich in anderen europäischen Staaten, etwa Polen, Griechenland oder Italien. Die Julirevolution 1830 bewirkte den endgültigen Sturz der absolutistischen Bourbonenherrschaft in Frankreich und führte auch in Deutschland zu erheblicher Unruhe sowie zur so genannten "Demagogenverfolgung". Der Deutsche Zollverein 1834 verbesserte die Wirtschaftskraft und trieb die Industrialisierung voran. Strukturwandel und Rationalisierung bewirkten wegen fehlender sozialen Absicherung eine große Massenarmut (Pauperismus), was zu den Ursachen der Märzrevolution gehörte. Als Reaktion darauf beschrieb Friedrich Engels die „Die Lage der Arbeiterklasse“ und verfasste mit Karl Marx ein Kommunistisches Manifest. Die Märzforderungen im Revolutionsjahr führten zum ersten frei gewählten deutschen Parlament, das mit der Kaiserdeputation endete. Die Gründung eines demokratischen deutschen Nationalstaats scheiterte; es folgte die Reaktionsära. Auch in vielen anderen Staaten fanden während des europäischen "Völkerfrühlings" 1848 Revolutionen statt, etwa in Böhmen und Ungarn, die unter Vorherrschaft der Habsburgermonarchie standen. Schließlich führten die Macht- und Kriegspolitik Otto von Bismarcks 1871 zur deutschen Reichseinigung unter konservativen Vorzeichen, 10 Jahre zuvor war das Königreich Italien entstanden. Beide neue Nationalstaaten gingen auf Konfrontationskurs mit der Katholischen Kirche, der Vatikan regierte darauf mit jahrelanger Abschottung gegen alle politischen und wissenschaftlichen Neuerungen; in der Bewegung des Ultramontanismus entstanden aber gleichzeitig katholisch geprägte Organisationen und Pateien, eine der Wurzeln der europäischen Christdemokratie. Arbeiterbewegungen, Gewerkschaften und der Sozialismus entstanden. Die SPD wurde gegründet und Otto von Bismarck erließ das Sozialistengesetz sowie als Gegenmittel die weltweit ersten staatlichen Sozialversicherungen, beides konnte allerdings den Aufstieg der neuen politischen Kraft nicht verhindern. Massenmedien entstanden und die Eisenbahn sowie erste Kraftfahrzeuge bewirkten bessere Mobilität und die Hochindustrialisierung. Die meisten Regierungssysteme waren konservativ und Soziale Reformen fehlten. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts kam es zu radikalen Veränderungen in Literatur, Musik und Malerei wie dem Impressionismus, ausgehend von den rasch wachsenden Großstädten wie Paris, Lodnon, Berlin oder Wien. Das Deutsche Kaiserreich wollte in der Zeit des Imperialismus eine Großmacht werden, in Afrika und auf dem Balkan verschärften sich die Konflikte. Große Aufrüstungen wurden Hinweise für die neu gegründeten Friedensbewegungen, dass es einen Weltkrieg geben könnte. [21]
Friedrich Wilhelm Joseph Schelling schrieb 1806 als Philosoph und Ritter von Schelling in seiner verzweifelten Hoffnung auf einen europäischen Humanismus: „Ich erwarte eine völlige Versöhnung aller europäischen Völker“ und weiterhin deren „Kulturelle Vielfalt“.
Dieses schrieb er, genau zu der Zeit, als Berlin von Napoleon eingenommen wurde und Franz II die Kaiserkrone niedergelegte. Vor allem hatte Schelling und andere damalige Philosophen, wie Franz von Baader und August Wilhelm Schlegel eine große Sorge, „das die reichhaltige europäische Geschichte und die einzigartige Kultur der Verschiedenheit in Europa nicht geopfert werden dürfte, indem die kulturelle Vielfalt erhalten bleibt“. Außerdem hatten derzeit Alle Philosophen flammende Texte zum Europagedanken verfasst. Wegen der dauerhaften Besetzung durch die Franzosen, sah der Deutsch-Däne Konrad von Schmidt-Phiseldeck schon damals die Notwendigkeit, das eine europäischen Einigung auf der Grundlage eines europäischen Kulturbegriffs geschehen müsse und Johann Gottfried Herder hatte im Revolutions Jahr 1789 schon erkannt, das dort, wo alles über ein Kamm geschert wird, die Besonderheiten und Ausnahmen verschwinden, welche Europas Kultur seit jeher geprägt haben. Schelling schrieb vom großen Bund der Nationen auf der Grundlage der gemeinsamen Religion und war einer der Hauptvertreter der Philosophie des deutschen Idealismus, wobei Georg W. F. Hegel seine Moderne politische Theorien darstellte, wonach „der Staat die Freiheit seiner Bürger garantiert.“ Mit Hegel und Friedrich Hölderlin war Schelling sehr freundschaftlich verbunden und vertiefte sich in die Werke von Immanuel Kant und Johann Gottlieb Fichte. Geprägt durch die theologische Aufklärung und Enthusiasmus der Französischen Revolution, sah Schelling bei seiner Arbeit, die Philosophie als „die bloße Vernunfterkenntnis überschreitende positive Wissenschaft“, die daher nur durch „Erfahrung“ erkennbar ist. Seine Darstellungen über die Naturphilosophie, waren im neuen Blatt: „Geschichte der Philosophie“ zu lesen. Durch seine Religionsphilosophie wirkte er auch auf die Existenzphilosophie und somit zur Übertragung des Begriffs des Organischen, auf den gesellschaftlichen Bereich, als Vorläufer der logischen Gesellschaftsmodelle. Schelling behauptete, das Bewusstsein ist die Materie aus dem realen, universalen, oder absoluten Leben des Menschen und macht den Abschluss zu der höchsten Naturstufe des zweckmäßig tätigen Naturgeistes, in dem man sich selbst zum realen Objekt seiner Ideale z. B. der Freiheit erhebt. Als Professor konnte er, auf den Gebieten, der Rechts- und Staatswissenschaft, der Naturwissenschaft, der Medizin, der Kunsttheorie sowie der Theologie erfolgreich wirken. Im Jahr 1812 wurde er mit dem „Zivilorden der bayerischen Krone“ ausgestattet und somit in bayerischen Adelsstand erhoben. 1854 starb Friedrich Wilhelm Joseph Ritter von Schelling mit 79 Jahren und auf sein Grabmal wurde die Inschrift angebracht: „Dem ersten Denker Deutschlands“. Viele bekannte Persönlichkeiten, Naturwissenschaftler und Spätphilosophen wurden anschließend von Schelling beeinflusst. [22]
Henri de Saint-Simon verfasste für den Wiener Kongress, als bedeutender französischer soziologischer und philosophischer Publizist und Graf, im Jahr 1814 ein Buch: „Reorganisation der europäischen Gesellschaft“ (Réorganisation de la société européenne) und stellte dabei eine „Moral für die Klasse der Armen“ in den Vordergrund.
In seinem Buch hatte Saint-Simon die Idee, dass eine internationale Organisation alleine in der Lage sei, „die Völker Europas in einem einzigen politischen Körper zusammenzufassen, die nationale Unabhängigkeit eines jeden zu wahren“. Derzeit wurden noch sechs weitere, andere europäische Einigungspläne vorgestellt, allerdings forderte er als sozialer Utopist, eine „Moral für die Klasse der Armen“ und schrieb: „Zweifellos wird eine Zeit kommen, wo alle Völker Europas empfinden werden, dass erst die Angelegenheiten des Gemeinwohls geregelt sein müssen, ehe man sich den nationalen Interessen zuwendet; dann erst werden die Übel sich vermindern, die Unruhen sich legen, die Kriege erlöschen“. Durch die krisenhaften Aspekte und der beginnenden Industrialisierung, sowie des Arbeiterelends, müsse eine Internationale Organisation eintreten. Der Feudalismus muss beendet werden und auch Verträge genügen nicht um ein Krieg zu verhindern, sondern es bedürfe eine zwingende Gewalt einer europäischen Regierung, wobei es in Europa ein Zentralparlament geben sollte, das aus Bundessteuern bezahlt würde. Es sollten die europäischen Abgeordneten über ein bestimmtes Mindest Grundeigentum verfügen, wobei auch noch 20 besonders hervorradende verdienstvolle hohe Pesönlichkeiten aus der Öffentlichkeit deligiert werden. Saint-Simon wurde 1815, in der Zeit der Restauration mit seinen Schriften bekannt, wo er die revolutionäre Ansicht vertrat, das nur die „Industriellen“ Dienstleistungen und vor allem die Güter produzierenden Arbeiter, die nützlichen Mitglieder der Gesellschaft seien und das der einzelne Anteil am gemeinsam erwirtschafteten Wohlstand nach seiner eingebrachten Leistung zu bemessen seien. Die parasitäre Klasse, wie der Adel, aber auch die Zwischenhändler aller Art müssten leer ausgehen, während Unternehmer und Arbeiter jeweils ihre angemessene Entlohnung erhielten. Die Aufgabe eines Christen sei es, die unteren Bevölkerungsschichten bei der Verteilung des Sozialprodukts gerecht zu berücksichtigen. An seiner letzten Ausarbeitung war auch sein neuer Sekretär Auguste Comte beteiligt, der spätere Begründer der Denkschule des Positivismus. Somit wirkte Saint-Simon stark auf die sozialpolitischen Vorstellungen vieler Autoren der Romantik und vor allem der vielen politischer Akteure des Jahrhunderts. Er begründete die wirtschafts- und sozialwissenschaftliche Denkschule der „Saint-Simoniens“ und zählte zu den Vertretern des utopischen Sozialismus bzw. des sog. „Frühsozialismus“. Dadurch war er im Widerspruch von Karl Marx. Saint-Simon wurde einer der Väter der katholischen Soziallehre, die sich als christliche Alternative zum atheistischen Sozialismus à la Marx verstand. Er starb mit 65, im Jahr 1825 in Paris und gilt heute als ein Wegbereiter der wissenschaftlichen Soziologie und zugleich des politischen Sozialismus. [23]
Friedrich von Gentz war 1815 ein einflussreicher deutscher Schriftsteller, Staatsdenker und Politiker und Berater von Fürst Metternich auf dem Wiener Kongress. Durch viele Publikationen bekannt, erstellte Gentz eine „Föderativ-Verfassung Europas“ in Verbindung mit dem politischen Gleichgewicht der Staatensysteme und beeinflusste als praktikable Lösung die europäische Politik.
Als erster Sekretär und Protokollführer, konnte Gentz am Wiener Kongress unter den Vertretern aus rund 200 europäischen Staaten, als österreichischer Generalsekretär und „graue Eminenz“ des Vorsitzenden Fürst von Metternich, seine Verantwortung ausüben. Somit wurde er der erste „Sekretär Europas“, der sich allerdings öfters Ambivalent (zwiespältig) entscheid. Alle europäischen Fürsten, hatten ohne Ausnahme die Richtigkeit erkannt, dass Frieden, eine verbesserte Staatsmaxime, intaktes Völkerrecht, Kultur und aufgeklärte Handelspolitik, besser seien wie jeder Krieg. Der „Deutscher Bund“ sollte als Puffer zwischen den anderen Staaten in Mitteleuropa entstehen und man vereinbarte vorerst eine Quadrupelallianz (Bund von vier Mächten). Schon ab 1804 war Gentz von Vorstellungen des Alexander I, Zar von Russland, beeindruckt, der sich bemühte einen europäischen Frieden durch ein „Föderationssytem“ herzustellen. Gentz war vorher, ab 1786 ein hoher Staatsbeamter in Preußen und für die dortige Politik tätig, wurde allerdings wegen seiner Haltung gegen den französischen Staat nicht mehr tragbar, zog 1802 nach Österreich um dort als Diplomat zu arbeiten. Ab 1809 wurde Gentz für Metternich der Ghostwriter (unsichtbarer Schreiber) und für die österreichische Innen- und Außenpolitik als außerordentlicher Hofrat zuständig. Auf der Pariser Friedenskonferenz 1815 fand er keine ausreichende Mehrheit, um ein „Europäisches Büro“ in Wien einzurichten. Gentz wurde auch als Urheber der Karlsbader Beschlüsse 1819 angesehen, wobei er für die verabschiedete Zensurpolitik, ebenso wie Metternich, zum gehassten Symbol der vormärzlichen Reaktion wurde. Als Anfang der 30er Jahre Gentz den Kurs von Metternich kritisierte, endete abrupt seine politische Karriere. Inspiriert von den Schriften und Publikationen Jean-Jacques Rousseau, sowie Abbé de Saint-Pierre und Immanuel Kant, setzte sich Gentz mit der französischen Revolution, sowie mit der Expansionspolitik von Napoléon Bonaparte auseinander. Gentz gehörte zu den Entwicklern des gemäßigten Frühkonservatismus in Österreich und vertrat die Idee, einer auf Rationalität und Kontinuität basierenden Reformpolitik, die jeder Revolution vorbeugen müsste. Er war ein Apologet (Verteidiger) des Gleichgewichtssystems für eine Bündnis- Organisation in Europa als ein ewiges „Schimäre“ (Mischwesen). Das bedeutete für ihn, das eine Verfassung für alle Staaten durch eine Garantie des Obersten Gerichtshofs geschützt werden müssten, denn die vielen Kriege seien nur durch ein Übergewicht einzelner Staaten entstanden. Er lehnte sehr konservativ, die Ideale von bestimmten Menschenrechten, einer Volkssouveränität, sowie von bestimmten Freiheiten und die allgemeine Gleichheit ab, denn die Prinzipien der Tradition und des geschichtlich Bewährten, könnten als dauerhafte Öffentliche Ordnung schützenwerter sein. Gentz wollte ein Gleichgewichtssystem in Europa sicherstellen, das Kriege verhinderte und jede Revolution abwehren könnte. Er starb mit 68 Jahren am 9. Juni 1832 in Wien, gesellschaftlich isoliert und trotz aller Anstrengungen und Verdienste nicht wirklich geachtet. [24]
Giuseppe Mazzini verfolgte im Jahr 1849, als italienischer Jurist und Radikaldemokrat, sowie bekannter Freiheitskämpfer im Rahmen des Risorgimento, in seinem Londoner Exil sein großes politisches Ziel „Die Selbstbestimmung der Europäischen Völker“ zur Einheit.
Für die theoretische Grundlage der Befreiung und Einigung der europäischen Staaten gründete er mit Lajos Kossuth, Alexandre Ledru-Rollin und Arnold Ruge den Comitato Europeo. Mazzini war ein Berufsrevolutionär, wobei sein politisches Ziel die Selbstbestimmung der Europäischen Völker war, insb. die Unabhängigkeit bzw. die Einigung der italienischen Staaten, die damals sehr zersplittert waren. Er wollte eine revolutionäre Erhebung des Volkes, indem die Vertreibung der fremden Besatzungsmächte ermöglicht würde. Als Revolutionär wurde er inhaftiert und musste nach Entlassung, in die Schweiz, Frankreich und England, als politischer Asylant ins Exil. Ab 1831 konzipierte Mazzini aus dem Exil die neue Bewegung: Giovine Italia (Junges Italien), wo sich dann ab 1834 Junges Deutschland und Junges Polen unter dem Motto: „Freiheit – Gleichheit – Humanität“ zu dem Geheimbund „Junges Europa“ zusammenschlossen und anstelle der Fürsten und Könige in Europa, ein demokratisches „Europa der Völker“ organisieren wollten. Durch zwei Umsturzversuchen, die in Genua und Savoyen scheiterten und die er von Genf aus geleitet hatte, wurde Mazzini in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Aus der Schweiz wurde er 1836 ausgewiesen und organisierte vom Londoner Exil die italienischen Arbeiter, um das sie gegen die Fremdherrschaft in Italien kämpften. In der italienischen Märzrevolution scheiterte Mazzini 1848 mit seinen Ideen. Nachdem der Papst Pius IX im November, wegen den revolutionären Unruhen, den Kirchenstaat in Rom verließ und sich nach Gaeta absetzte, konnte Mazzini 1849 mit anderen Mitstreitern, die Römischen Republik verkünden. Allerdings konnte diese nur ein viertel Jahr bestehen, denn mit seinen radikaldemokratischen Zielen, blieb Mazzini erfolglos. Wieder in London, wo sich damals die Emigranten aus ganz Europa trafen, hatte er in Zeitungsartikeln und etlichen Aufrufen, die „Einheit Europas“ beschworen und für ein Brüderliches Zusammenleben im „Europa der Vaterländer“ geworben. Mit seinen Ideen und Aktivitäten trug er dazu bei, das sich große Teile der Kleinbürger, Handwerker und Arbeiter, als eine revolutionäre Kraft mobilisieren konnten und so zur Einigung der italienischen Nation beitrugen. Durch Kenntnisnahme der fortgeschrittenen englischen Industrie, setzte er sich ab 1851 intensiv mit der sozialen Frage auseinander, indem er auch mit zur Gründung der ersten italienischen Arbeitervereine beitrug. Mazzini konnte miterleben, dass sich Italien 1861 zu einer nationalen Einheit zusammenschloss, war allerdings verbittert, weil es sich um ein Königreich handelte. 1870 kehrte er im Alter mit 75 Jahren, kurz vor seinem Tod im Jahr 1872 unter falschen Namen, in seine italienische Heimat Pisa zurück. Mit seiner schwärmerisch radikalen Utopie für ein „Europa der Vaterländer“, wurde er als Freiheitskämpfer, ein früher Vordenker der modernen Europäischen Union. [25]
Victor Hugo forderte öffentlich im Jahr 1849, als bedeutender französischer Schriftsteller bzw. Publizist, die „Vereinigten Staaten von Europa“, die er als Vorsitzender vom ersten großen internationalen Friedenskongress in Paris erklärte.
Dieses schlüssige Resümee: „Die Freiheit ist das Prinzip, die Revolution ist das Mittel, die Republik ist das Resultat“ von 1870, machte sich Victor Hugo noch nicht unmittelbar im Revolutionsjahr 1848 zu eigen und schrieb die Zeilen: „Ein Tag wird kommen, wo diese beiden gewaltigen Staatengruppen, die Vereinigten Staaten von Amerika und die Vereinigten Staaten von Europa einander gegenüber stehen und sich die Hand reichen werden“. Konrad von Schmidt-Phiseldeck hatte schon 1820, auf die erstarkende zukünftige Weltmacht USA hingewiesen und 1835 prophezeite sein Zeitgenosse Alexis de Tocqueville, eine Dualität der beiden kommenden Weltmächte Amerika und Russland. Europa war für Hugo die „Nation des zwanzigsten Jahrhunderts“ und darauf richtete er seine politische Einflussnahme aus, denn: „Nichts ist mächtiger als eine Idee zur richtigen Zeit“. Seine Vision, hatte allerdings keine Verwirklichungschancen im vorgegebenen historischem Umfeld, denn der Vorstoß richtete sich sogar direkt gegen die vorherrschende politische Tendenz der Zeit, die den souveränen Nationalstaat verherrlichte und Europa alsbald in die Konkurrenz imperialistischer Mächte trieb. Er erzählte Geschichten Europas und fand die herrlichsten Metaphern (Übertragungen) zur Verbrüderung ihrer Völker und prophezeite: „Die Schweiz wird in der Geschichte Europas das letzte Wort haben“. In seinen politischen Wirken, beeinflusste er seine Parteifreunde schon früh durch sozial engagierte und politisch liberale Reden, vor allem bei der Februarrevolution 1848. Schon ab 1815 hatte es in Amerika und England mehrere Friedensvereine gegeben, wodurch sich im Juni 1843 in London der erste Friedenskongress entwickelt hatte. Führende Persönlichkeiten, wie Varnhagen von Ense, Alexander von Humboldt und Richard Cobden konnten dazu beitragen, das der erste große internationale Weltfriedenskongress 1849 in Paris tagte. Victor Hugo hatte denn Vorsitz und kündigte als erster die „Vereinigten Staaten von Europa“ an und bekam für diese Ankündigung auch Hohn und Spott. Dieser Begriff von Charles Mackay, ging vielen Teilnehmern zu weit, indem Sie sozialistisch dachten und als Freimaurer von religiösen Idealen abrückten, denn sie wollten das nationalistische in den Vordergrund stellen. Andere spätere Kongresse, zu Beispiel die sogenannte „Internationalen Friedensliga“, konnten keinen Erfolg verbuchen. Schon 1831 hatte Hugo sein literarisches Meisterwerk: Der Glöckner von Notre-Dame geschrieben und bewirkte auch die Aufnahme in die Académie Française. Als Viktor Hugo sich 1851 gegen den Staatsstreich des Charles-Louis-Napoléon Bonaparte auflehnte, der sich zum Präsidenten auf Lebenszeit machte, wurde Hugo kurz inhaftiert und musste auf die britischen Kanalinseln Jersey und Guernsey ins Exil. Von dort aus konnte Hugo dann Napoléon III, der sich auch 1852 zum Kaiser ausrufen ließ, als „Napoléon le Petit“ satirisch attackieren. Dort entwickelte er die Idee einer gemeinsamen Europäischen Währung. Am 14. Juli 1870, dem ersten Jahrestag vom Sturm auf die Bastille und unmittelbar vor dem Deutsch-Französischen Krieg, pflanzte er die „Eiche der Vereinigten Staaten von Europa“ auf Guernsey und prophezeite: „Das es in hundert Jahren keine Kriege und keinen Papst mehr gebe, die Eiche aber groß sein würde“. Als Schriftsteller blieb Hugo weiterhin enorm produktiv, so dass er vor allem erfolgreich auf das Elend der proletarisierten Arbeitermassen aufmerksam machte. Nach dem Sturz von Kaiser Napoléon III im Jahr 1870, kam Hugo aus dem Exil zurück und wurde 1876 in dem Oberhaus fungierenden Senat gewählt. Politisch motiviert und engagiert, ging er gegen soziale Ungleichheiten vor und war gleichzeitig liberal, was allerdings für ihn nicht immer einfach wurde. Krieg und Gewalt wurden von ihm verabscheut und er wollte mit allen Mitteln die Demokratie verteidigen. Mehrere seiner Werke wurden vom Vatikan auf den Verbot-Index gesetzt. Die führende Friedensaktivistin Bertha von Suttner, schrieb ab 1892: „Die Waffen nieder!“ und regte ein gestifteten Friedenspreis an, den es allerdings erst ab 1901 als Friedensnobelpreis gab. Durch das stetige weitere Wirken von Völkerrechtlern, wie Johann Caspar Bluntschli, James Lorimer, Bertha von Suttner und Zar Alexander II -(dem Initiator der Brüsseler Konferenz 1874), konnte im Jahr 1899 die Friedensbewegung ereichen, das die Haager Friedenskonferenz stattfand, die Hugo nicht mehr erleben konnte und daraus entstanden später die Haager Konventionen. Hugos Schaffenskraft ließ schon 1878 durch einem Schlaganfall nach, konnte allerdings noch seinen Ruhm genießen, bis er 1885 mit 83 Jahren starb. [26]
Das 20. Jahrhundert, auch „Kurzes 20. Jahrhundert“, begann nach der relativ friedlichen Belle Epoque, der „schönen Epoche“, mit der „Urkatastrophe“ der Weltkriege. Im Ersten Weltkrieg mit ca. 10 Millionen Toten kämpften bis 1918 die Mittelmächte gegen alliierte Verbündete. Die Pariser Vorortverträge sollten eine stabile Nachkriegsordnungen etablieren und etablierten mit dem Völkerbund erstmals eine internationale Staatengemeinschaft, allerdings blieb dieser durch den Nichtbeitritt der USA schwach und neue Grenzen, die dem postulierten Selbstbestimmungsrecht der Völker widersprachen, schufen neues Unrecht. Die Donaumonarchie wurde aufgelöst und neue Demokratien in Mittel- und Osteuropa entstanden, in Deutschland endete mit der Novemberrevolution die Monarchie der Hohenzollern und die Weimarer Republik entstand. Durch die Oktoberrevolution kamen in Russland nach dem Sturz des Zaren die Bolschewiki an die Macht, es etablierte sich die Sowjetunion als neue – zunächst gemiedene und gefürchtete – Macht im internationalen System. Nach der kurzen wirtschaftlichen und kulturellen Blüte der Goldenen Zwanziger brach 1929 die Weltwirtschaftskrise über Europa herein und hatte große Arbeitslosigkeit und Armut zur Folge. Dieser Herausforderung waren junge Demokratien wie die Weimarer Republik nicht gewachsen und es kam zum Aufstieg totalitärer Ideologien wie Faschismus, Nationalsozialismus und Stalinismus. Ein beispiellos mutiges Bekenntnis zur Freiheit hatten alle SPD-Abgeordneten im Berliner Reichstag um ihren Fraktionschef Otto Wels abgegeben. Die 94 Frauen und Männer der SPD waren die einzigen, die am 23. März 1933 gegen Hitlers Ermächtigungsgesetz stimmten, bezahlten 24 mit ihrem Leben. Am 24. März 1933 fand die Machtübergabe an die NSDAP statt, nachdem schon elf Jahre zuvor in Italien Benito Mussolini an die Macht gekommen war. Später wurde der Tag der Arbeit am 1. Mai 1933 im 3. Reich zum Tag der nationalen Arbeit missbraucht und als als Feiertag eingeführt bzw. diktiert, obwohl es nichts zu feiern gab, bei damals über 6 Millionen Arbeitslosen in der Bevölkerung. Am darauffolgenden Tag am 2. Mai wurden die führenden und andere Gewerkschaftler, sowie sehr viele Politiker verhaftet. Die Gewerkschaften und die Parteien, wie die SPD, wurden verboten und die Pressefreiheit aufgehoben. Im Spanischen Bürgerkrieg standen sich zwischen 1936 und 1939 die Ideologien gegenüber, wobei die Nationalisten nach einem äußerst grausamen Kriegsverlauf siegten. Mit den Überfall auf Polen begann der Zweite Weltkrieg, da weder der Völkerbund noch die Appeasement-Politik Frankreichs und Großbritanniens der Aggression des nationalsozialistischen Deutschland etwas entgegenzusetzen hatten. Es gab riesige Zerstörungen und über 55 Millionen Menschen starben, wobei zusätzlich noch Juden, Sinti und Roma, Kriegsgefangene und Widerstandskämpfer im Rassenwahn umgebracht wurden. Die Achsenmächte verloren gegen ein alliiertes Bündnis von über 50 Staaten. Mit der Stunde Null, der endgültigen bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht am 8./9. Mai 1945, wurden Deutschland und Österreich in vier Bestatzungszonen aufgeteilt. Mit den Differenzen der Siegermächte begann der Kalte Krieg und zog einen „Eiserne Vorhang“ mitten durch Europa, am sichtbarsten in der Deutschen Teilung. Das einst weltpolitisch dominante Europa war nun geschwächt und die Supermächte USA und Sowjetunion bestimmten das internationale Geschehen; auch in den Kolonien regten sich Unabhängigkeitsbestrebungen, bis 1960 wurden diese fast alle selbständig, was etwa für Großbritannien, Frankreich oder Belgien einen gewaltigen Einschnitt bedeutete. Die Erfahrung zweier Weltkriege, von Flucht und Vertreibungen aus Osteuropa, des heraufziehenden Kalten Krieges sowie der Schwächung Europas bewirkten ein Zusammenrücken in Westeuropa, verstärkte Einigungsbewegungen der Regierungen und der Zivilgesellschaften, die Konkretisierung der Vision der Vereinigte Staaten von Europa, wie sie etwa Winston Churchill zu dieser Zeit beschwor. Neben der Einrichtung des Europarates 1949 und der am Veto Frankreichs gescheiterten Europäischen Verteidigungsgemeinschaft 1954 war der wichtigste Schritt die Gründung der EGKS 1952, die 1957 durch die Römischen Veträge zur EG erweitert wurde. In den Nachkriegsjahrzenten entwickelte sich in Westeuropa ein nie gekannter Massenwohlstand und es etablierte sich die Konsumgesellschaft; damit einher gingen tiefgreifende gesellschaftlichen Veränderungen, die im Jahr 1968 kulminierten. Die zunehmende Mobilität etwa durch Urlaubsreisen brachte die europäischen Gesellschaften einander näher und leistete einen Beitrag zur Vertiefung der Europäischen Einigung. [27]
Friedrich Naumann hatte sich 1915 als evangelischer Theologe und liberaler Politiker mit seinem Buch: „Mitteleuropa“, für einen engen wirtschaftlichen und milititärischen Zusammenschluss der mitteleuropäischen Länder unter deutscher Führung eingesetzt.
Er schrieb während des Ersten Weltkriegs wörtlich: „Keine mitteleuropäische Nationalität, auch nicht die deutsche, ist für sich groß genug für einen weltwirtschaftlichen Wirtschaftsstaat. Das ist die Folge der kapitalistischen Verkehrswirtschaft“. Das wurde breiten Öffentlichkeit auch so gesehen, jedoch nicht von der militärischen Führung. Naumann gründet schon 1896 den „Nationalsozialen Verein“ und setzte sich Zeit seines Lebens für Demokratisierung, Sozialpolitik sowie einer expansiven deutsche Außenpolitik ein, blieb allerdings wegen der imperialistischen Konnotationen bis heute umstritten. In seiner Schrift über die „Neudeutsche Wirtschaftspolitik“ entwarf er im Jahr 1902 einen „Industrieparlamentarismus“ (Mitbestimmung) und plädierte für eine freie Entfaltung der Gewerkschaftsbewegung. Weiter setzte er sich für eine Parlamentarisierung der Verfassung und der Abschaffung des Dreiklassenwahlrechts ein. Diesen sozialen Liberalismus propagierte er in verschiedenen liberalen Parteien von 1907 bis 1918 im Reichstag, wo er nach dem Ersten Weltkrieg, der erste Vorsitzende der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) war. Er war auch Mitglied der Weimarer Nationalversammlung und hatte die Verfassung für das Deutsche Reich mit ausarbeitet. Naumann plädierte schon 1910 im Reichstag für eine parlamentarische Zusammenarbeit mit der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD), die später Grundlage der Weimarer Koalition wurde. Vor und während des Ersten Weltkriegs hatte Naumann die „Neue Türkei“ unterstützt, die nach den Plänen der Jungtürkischen Bewegung anstelle des Osmanischen Reiches weite Teile des arabischen Nahen Ostens umfassen sollte, worin er Chancen für eine wirtschaftliche Expansion Deutschlands sah. Viele Aspekte seines politischen Denkens waren durch die Epoche Wilhelms II geprägt und deswegen befürwortete er den wilhelminischen Militarismus mit einer Kolonial- und Flottenpolitik. Angesichts des Ersten Weltkriegs schrieb er sein aufsehenerregendes Buch „Mitteleuropa“, um eine enge wirtschaftliche Föderation mit Ost- und Südosteuropa und einen militärischen Zusammenschluss der mitteleuropäischen Länder unter deutscher Führung für einen Frieden einzufordern. Trotz einer breiten Unterstützung in der deutschen Öffentlichkeit, konnte er jedoch bei der militärischen Führung grundsätzlich kein Einsehen gewinnen. Der Woodrow Wilson (Präsident der USA) schlug bereits am 8. Januar 1918 sein 14-Punkte-Programm vor, das u.a. Selbstbestimmung der Völker, ein Völkerbund, offene öffentliche Völkerrechtsverträge, Rüstungsbeschränkung, internationaler Handel , vorsah, konnte sich jedoch nur zum Teil durchsetzen und nicht in entscheidenden Punkten, gegenüber Georges Clemenceau (Frankreich = Revanche) und Vittorio Orlando (Italien = Annexion). Nach Ende des Krieges kämpfte Naumann in seiner Partei und in der Öffentlichkeit, gegen die Unterzeichnung des Versailler Vertrags, der von 18. Januar 1919 bis zum 21. Januar 1920 dauerte. Durch Erkenntnisse aus den Naturwissenschaften, der Geschichtsforschung und Philosophie, wollte er im „Christlichen Glauben als Volksgemeinschaft“, in klassenübergreifender Einheitsideologie durch ein Bündnis von Liberalismus und Protestantismus, die soziale Frage als eine Idee zur Überwindung der Klassengegensätze lösen. Alle Hoffnungen setzte er auch auf innere Reformen, u.a. durch die politische Bildungsarbeit in der eigens dafür von ihm gegründeten „Staatsbürgerschule“. Naumann war der Mittelpunkt eines großen Freundeskreises, der sich vom Bildungs- und Klein- und Großbürgertum bis in die Arbeiterschaft erstreckte. Zum „Naumann-Kreis“ gehörten Max Weber, Hellmut von Gerlach, Lujo Brentano, Elly Knapp und später Gustav Stresemann. Das politische, publizistische und pädagogische Werk von Friedrich Naumann wurde nach 1919 von seinen Schülern und Mitarbeitern, wie Theodor Heuss, Marie Elisabeth Lüders, Gertrud Bäumer und Wilhelm Heile fortgesetzt. Am 24. August 1919 starb Friedrich Naumann mit 59 Jahren und nach ihm wurde die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit benannt. [28]
Richard Graf Coudenhove-Kalergi erregte als österreichischer Schriftsteller und Politiker, ab dem 15. November 1922 durch die Vossische Zeitung und in der Zeitung Neue Freie Presse, internationales Aufsehen mit dem Titel: „Paneuropa-ein Vorschlag“, der zum Thema seines Lebens wurde und gründete 1924 die „Paneuropa-Union“.
Dieses „Paneuropa“, von Graf Coudenhove-Kalergi, sollte ein militärisch, politisch und wirtschaftlich vereintes Europa sein, weil sich 1919 die USA weigerte dem Völkerbund beizutreten. Ein Jahr zuvor hatte er bereits seinen Plan dem Präsidenten der Tschechoslowakei, Tomáš Masaryk, vorgetragen. Es kam für ihm nur ein föderativer Zusammenschluss der europäischen Staaten in Frage, um einen Weltkrieg zu verhindern. Mit polemischen Inhalt forderte er einen europäischen Staatenbund, als eine echte Alternative gegenüber einen neuen Weltkrieg, in dem sich Europa als Pan-Europa („Ganz Europa“), zu einem politischen und wirtschaftlichen Zweckverband zusammenschließt. Wörtlich: „Das kontinentale Europa von Portugal bis Polen wird sich entweder zu einem Überstaat zusammenschließen oder noch im Laufe dieses Jahrhunderts politisch, wirtschaftlich und kulturell zugrunde gehen“. Als Coudenhove-Kalergi 1923 sein programmatisches Buch: „Pan-Europa“ veröffentlichte, warb er um Mitglieder für seine erste europäische Bewegung: „Paneuropa-Union“, die am 1. Mai 1924 in der Wiener Hofburg gegründet wurde. Mitglieder waren unter anderem, Albert Einstein, Stefan Zweig, Rainer Maria Rilke, Thomas Mann, Paul Claudel, Paul Valéry, Heinrich Mann, Gerhart Hauptmann, Sigmund Freud, Ortega y Gasset, Salvador de Madariaga, Richard Strauss, Édouard Herriot, Arthur Schnitzler, Leo Amery, Duff Cooper, Charles de Gaulle, Aristide Briand, Konrad Adenauer, Paul Löbe, Ignaz Seipel, Karl Renner, Edvard Benes, Franz Werfel und Bruno Kreisky. Politisch sollte die Organision als „Europa-Union“ ein Gegengewicht zu den USA, Russland und den Staaten Asiens sein, wobei die Wirtschaft, Kultur und Politik mit der Freiheit, Frieden, Wohlstand, besser sein sollte. Graf Coudenhove-Kalergi war Weltbürger und führte persönlich ein globales internationales Leben. In Japan geboren, aufgewachsen in Österreich, in Frankreich zu Hause, tschechoslowakischer Staatsbürger und gearbeitet in den USA. In der Zwischenkriegszeit sah er nur eine Alternative: „Zusammenschluss oder Zusammenbruch“. Eindringlich warnte er schon 1923 vor einem „Zukunftskrieg“ und sah die Gefahr, dass Europa nach einem Krieg, durch eine künstliche Grenze „in eine sowjetische Kolonie und ein amerikanisches Protektorat geteilt“ werde. Führende Kreise der Intellektuellen, Dichter und Philosophen waren seine Unterstützer, indem sie den Kassandraruf beschwörten: „Einigung oder Untergang“. Die Reaktionen der offiziellen Politik waren zurückhaltend bis ablehnend und 1925 forderte die SPD als erste Partei, auf Initiative Rudolf Hilferding in ihrem Heidelberger Programm, die „Vereinigten Staaten von Europa“. 1926 wurde in Wien der erste Kongress der Paneuropa-Union mit ca. 2000 Teilnehmern aus 24 Nationen ein öffentlicher Durchbruch und somit zum Synonym für die politische Einigung in Europa, deren erster Internationaler Präsident er wurde. Am 5. September 1929 schlägt, auf Drängen von Graf Coudenhove-Kalergi, der Politiker Aristide Briand in seiner Genfer Völkerbund Rede, eine „Föderation der europäischen Nationen“ vor. 1932 warnte der Graf auf den 3. Paneuropa-Kongress in Basel: „Stalin bereitet den Bürgerkrieg vor – Hitler den Völkerkrieg“. Am 23. November 1934 sagte Coudenhove-Kalergi in Wien zum Gedenken des ermordten Engelbert Dollfuss: „Es sind Tage, die entscheiden über Krieg und Frieden [...] Europa hat die Wahl zwischen Untergang und Aufstieg [...] Der Kampf um Europa ist ein Kampf um Gut und Böse, um Ordnung und Chaos“. Die Paneuropa-Union wurde 1938 verboten und er musste vor den Nationalsozialisten über die Schweiz nach den USA ins Exil flüchten, wo er als Professor für Geschichte lehrte. Einen besonderen Weg der „Europäischen Einigung“ beschritt die „Europäische Parlamentarier-Union“ (EPU), die 1947 von Graf Coudenhove-Kalergi schweizerischen Gstaad gegründet wurde und an die Paneuropa-Bewegung anknüpfte. Diese erreichte, dass der 1949 gegründete Europa-Rat, außer dem Ministerrat, ein zweites Organ als Beratende Parlamentarische Versammlung bekam. Die EPU wollte die Parlamentarier der nationalen europäischen Parlamente zusammenbringen, um somit eine Europa-Versammlung zu bewerkstelligen. Bei der Gründung der Europäischen Bewegung (EB) im Oktober 1948, beabsichtigte die EPU, die vom Graf sehr autoritär geführt wurde, als einzige europäische Organisation mit ihren über 800 europäischen Parlamentarier-Mitgliedern keine weitere Zusammenarbeit, denn Graf Coudenhove-Kalergi wollte Europa konservativ von oben nach unten einigen und deshalb brach die EPU 1950 auseinander. Im Jahr 1952 traten ehemalige Mitglieder der EPU, der „Europäischen Bewegung“ (EB) als eine „Parlamentarische Sektion“ bei und Graf Coudenhove-Kalergi wurde sofort zum Ehrenpräsident der EB ernannt. Im selben Jahr unterbreitete er dem Europarat einen Entwurf seiner Europaflagge und 1955 die Europäische Hymne, die er als Beethovens Vertonung von Schillers „Ode an die Freude“ vorschlug. Für besondere Verdienste um die Europäische Einigung wurde ihm dann am 18. Mai 1950 der erste internationale Karlspreis der Stadt Aachen verliehen. Graf Coudenhove-Kalergi starb 1972 mit 79 Jahren. [29]
Aristide Briand setzte sich ab 1927 als französischer Jurist, Politiker und Ehrenpräsident der Paneuropa-Union, mit großer Überzeugungskraft und brillanter Rhetorik, unermüdlich für die erste mögliche „Verfassung einer Europa-Union“ ein und sagte vor dem Völkerbund: „Einig sein, um zu leben und zu gedeihen – das ist die gebieterische Notwendigkeit, vor der fortan die Völker Europas stehen.“
Aristide Briand war von 1909 bis 1932 insg. 23 x Minister, 11 x Ministerpräsident sowie Außenminister der Dritten Republik. Er schaffte es ab 1909 eine Trennung von Religion und Staat in Frankreich endgültig zu verankern und für die Glaubenskongregation wurde eine Regelung gefunden, die zum Vorbild für viele andere Staaten wurde. Papst Pius X. lehnte mit der Enzyklika „Vehementer nos“ die Trennung ausdrücklich ab. Als es im Oktober 1910 in Frankreich zu heftigen Arbeitskämpfen und zum Generalstreik der Eisenbahner kam, musste Briand als Premierminister, trotz Verfechter für ein Generalstreik, das Verbot damit rechtfertigten, weil die Öffentliche Ordnung als „das Lebensrecht der Gesellschaft“ bedroht und die Nation einer unerträglichen Lage ausgesetzt wäre. Ab 1914 nahm er sich verstärkt den auswärtigen Angelegenheiten an, indem er nach dem Ersten Weltkrieg zu den Unterstützern des Völkerbundes und der internationalen Friedensbemühungen zählte. Briand kritisierte 1921 erneut die harten Bedingungen im Versailler Friedensvertrages gegenüber Deutschland und legte deswegen 1922 sein Amt nieder. 1923 wurde er Mitbegründer der Initiative Paneuropa-Union mit den politischen Kollegen Édouard Herriot, Paul Löbe, Edvard Benes, Ignaz Seipel und Konrad Adenauer. Briand wurde wieder Ministerpräsident und war Chefarchitekt der Verträge von Locarno, womit er 1925 einen Erfolg erzielte und bekam dafür 1926 zusammen mit dem deutschen Außenminister Gustav Stresemann den Friedensnobelpreis. Mit Gustav Stresemann war er Initiator vom „Briand-Kellogg-Pakt“, des Vertrags über den gegenseitigen Verzicht auf Krieg zwischen Staaten, als ein Kriegsächtungs-Pakt (Pariser Vertrag 1928), der von 62 Nationen unterzeichnet wurde. Am 5. September 1929 rief Aristide Briand, als Ministerpräsident und Außenminister, vor der zehnten Völkerbund-Versammlung die „27 europäischen Regierungen“ auf, ein föderatives Europa zu schaffen. Sein Freund Gustav Stresemann erklärte dort 4 Tage später, das ein „Wirtschaftsystem für Europa“, als zusätzlichen gemeinsamen Aspekt betrachtet werden muss und dabei vor allem von Édouard Herriot in diesem Vorhaben Unterstützung fand. Herriot vertrat schon im März 1924 vehement auf dem Kongreß zur Förderung für internatonale Handelsbeziehungen, das es eine Wirtschaftsintegration innerhalb der europäischen Staaten geben muss und am 29. Januar 1925 forderte im Abgeortnetenhaus dieses nochmals, wobei er prophezeite, das ansonsten Europa wirtschaftlich in der Welt nur eine Provinz sein würde. Bekannte Wirtschaftswissenschaftler waren der gleichen Meinung und bis 1930 konnten ca. 30 Internationale Komitees u.a. für Zoll und Verkehr gegründet werden. Es drohte allerdings durch die Weltwirtschaftskrise, eine europäische wirtschaftliche Zersplitterung und der Aufbau neuer Zollgrenzen sollte laut der Debatte mit ca. 20.000 Schlagbäumen versehen werden. In Paris konnte der im Jahr 1926 gegründete „Europäische Zollunion-Verband“ nichts mehr ausrichten. Daraufhin wurde Aristide Briand am 9. September 1929 beauftragt, ein Memorandum für eine Europa-Union zu erarbeiten, das am 17. Mai 1930 dem Völkerbund bzw. allen Regierungen zugestellt wurde. Am 8. September 1930 waren alle Stellungsnahmen eingetroffen und Briand bekam von den europäischen Regierungen auf der elften Völkerbund-Versammlung eine Absage, die allerdings wegen einer eventuellen Einschränkung der „Souveränität“ scheiterte. Briand schlug dann noch einmal am 11. September 1930 vor dem Völkerbund einen „Europäischen Rat“ vor, der als Instanz für Europa-Plan und Zollunion gebildet werden sollte, was am Widerstand Englands scheiterte. Dafür wurde ein Ausschuss, als sogenannte Studienkommission vom Völkerbund beschlossen, um den ersten vollständigen Plan für eine Europa-Union als Ziel weiter verfolgen zu können. Am 19. März 1931 vereinbarten Deutschland und Österreich, gemeinsame Richtlinien für eine Zollunion Deutschland-Österreich. Dieses überhastete Projekt wurde am 21. März 1931 extra präsentiert, erwies sich aber als zu schwach, um eine Herausforderung im europäischen Staatensystem zu bewerkstelligen. Die französische Deputiertenkammer lehnte am 9. Mai diese Zollunion einstimmig ab und am 3. September 1931 mussten die Pläne entgültig aufgegeben werden. Drei Tage nach der letzten Völkerbund Rede im Jahr 1930 hatten Nationalsozialisten in Deutschland die Wahlen gewonnen und die Kommission für eine Europa-Union stellte die Arbeit ein, weil am 30. Januar 1933 die sog. Machtergreifung Hitlers begann. Am 9. Mai 1950 wurde Aristide Briand im sog. Schuman-Plan von Robert Schuman gewürdigt, wobei sich viele Franzosen seit über 20 Jahren mit ihren Europa Plänen, zur Vorkämpfer für den Frieden waren. Briand starb am 7. März 1932 im Alter von 70 Jahren in Paris. [30]
Winston Churchill, Premierminister vom Vereinigtem Königreich, schrieb 1930 in einer US- Wochenzeitschrift ein Artikel: „The United States of Europe“. 1943 regte er in einer Radiosendung an, dass es im Rahmen einer globalen „Ordnung der Weltregionen“, eine Art „Vereinigte Staaten von Europa“ geben möge, sowie einen „Europa-Rat“ und 1946 forderte er in der „Züricher Rede“, die akademischen Jugend Europas auf, die „Vereinigten Staaten von Europa“ zu schaffen.
Bereits 1929 war Churchill von den Ideen des französischen Außenministers Aristide Briand begeistert, der sich zur Konzeption Europas geäußert hatte. Deswegen schrieb er in der Saturday Evening Post New York, am 15. Februar 1930 einen Artikel: „The United States of Europe“, indem von ihm eine Möglichkeit der europäischen föderativen Staats- Bindungen aufgezeigt wurde. Er hatte schon ab 1895 an Kriegen teilgenommen und sich 1912 mit den Ansichten von Lionel Curtis auseinandergesetzt. Churchill hatte sehr viele Regierungsämter, war zweimal Premierminister und legte die Grundlagen der Anti-Hitler-Koalition. Überzeugen konnte er sein Volk in der scheinbar aussichtslosen Lage im Sommer 1940, in dem er ihren Durchhaltewillen stärkte, um den Krieg noch nicht verloren zu geben und versprach: „Ich habe nichts zu bieten außer Blut, Mühsal, Tränen und Schweiß“. Im Juni 1940 hatte er dem ersten Unions-Projekt, das von Jean Monnet sowie Charles de Gaulle ausgearbeitet wurde und den Namen Churchill-Projekt trug, nur zögerlich zugestimmt. Hierbei handelte es sich um eine komplette „Union“ mit Frankreich, um eine Kapitulation gegen Adolf Hitler zu verhindern. Churchill ermöglichte es dem französischen Brigadegeneral Charles de Gaulle, am 18. Juni 1940 über BBC einen Appell an seine Landsleute zu senden, in dem er sie zur Fortsetzung des Kampfes aufforderte. Churchill unterstützte sehr viele Exil-Politiker, indem er ihnen politisches Asyl gewährte und unterzeichnete mit Charles de Gaulle am 8. August 1940, die „Übereinkunft von Chequers“, um die integrale Restauration und Unabhängigkeit sowie die Größe Frankreichs zu respektieren. Um vom 9. bis 12. August 1941 die sog. Atlantik-Charta als „Vier Freiheiten“ zu unterzeichnen, traf sich auf dem Schlachtschiff Prince of Wales in der Nähe von Neufundland, Churchill mit Franklin D. Roosevelt. Diese Freiheiten vom 6. Januar 1941 waren: die Freiheit der Rede (Meinungfreiheit), Freiheit für jeden (Religionsfreiheit), Freiheit von Not (freie Wirtschaftabkommen), Freiheit von Furcht (Abrüstung und Nichtangriffspakt) und wurden am 26. Juni 1945 zur Grundlage der Nachkriegsordnung und der Vereinten Nationen. Auf der Konferenz von Casablanca wurde 1943 von beiden Politikern eine gemeinsame Kriegsstrategie festgelegt. Am 21. März 1943 verkündete Churchill, in einer an sein Volk gerichteten BBC Radiosendung, das es im Rahmen einer globalen „Ordnung der Weltregionen“, einen „Europa Rat“ geben sollte, der als ein „wirklicher und wirkungsvoller“ Bund „in dessen Gefüge sich alle, auch die stärksten der in Frage kommenden Mächte einordnen“. Auf der Konferenz von Teheran wurde 1943 mit Josef Stalin, die Westverschiebung von Polen zur Oder-Neiße-Linie beschlossen, sowie eine Aufteilung in Mittel-, Ost- und Südosteuropas als Interessensphären. Von den „Großen Drei“ wurde 1945 auf der Konferenz von Jalta die Aufteilung in vier Besatzungszonen beschlossen, die dann in einer „Erklärung über das befreite Europa“ am 11. Februar bekannt gegeben wurde. Die Denazifizierung, Demilitarisierung, Demokratisierung und Demontage, wurde auf der Potsdamer Konferenz von den drei Hauptalliierten beschlossen und Churchill benutze den Begriff, von Wassilij Rosanow aus dem Jahr 1918, „Eiserner Vorhang“. Als Veteran zweier Weltkriege - die fast zum katastrophalen Selbstmord Europas führten - dachte er, es müsse eine Initialzündung für die politische Einigung Europas geben und rief in seiner berühmten „Zürcher Rede“ am 19. September 1946 in der ETH Zürich die „Jugend Europas“ auf, Sie möge „eine Art Vereinigte Staaten von Europa schaffen“, sowie sofort einen „Europarat“. Diese Rede hatte Richard Graf Coudenhove-Kalergi geschrieben, der gerade in den USA als Geschichtsprofessor lehrte. In Zürich sagte er auch unmissverständlich, das bei der Einigung, das Vereinigte Königreich nur als ein außenstehender „Sponsor“ in Betracht käme, denn „Wir haben unsere eigenen Träume. Wir sind bei Europa, aber nicht von ihm. Wir sind verbunden, aber nicht eingeschlossen“. Winston Churchill war 1947 ein wegweisender Mitbegründer der britischen Union Europe Movement (UEM), woraus 1948 durch seiner Mithilfe die internationale „Europäische Bewegung“ (EB) entstand. Churchill war widersprüchlich, denn er konnte sich nicht klar entscheiden, ob er nun ein Föderalismus (Bundesstaat) oder eine Kooperation (Staatenbund) wollte. Um nicht die britische Souveränität des Empire und Commonwealth zu opfern, weigerte er sich an einem kontinentaleuropäischen sog. Abenteuer der „Europäische Verteidigungsgemeinschaft“ (EVG) zu beteiligen. Dafür musste das Vereinigte Königreich insg. 26 Jahre im europäischen Abseits stehen. 1953 bekam Churchill den Nobelpreis für Literatur und bot der Sowjetunion überraschend die Auflösung der Blöcke und Schaffung eines gesamteuropäischen Sicherheitssystems an, das aber erst mehr als 40 Jahre später verwirklicht werden konnte. Sir Winston Churchill bekam, als einer der bedeutendsten Gründerväter der Europäischen Union, im Jahr 1956 den Karlspreis. Er starb mit 91 Jahren am 24. Januar 1965. [31]
Helmuth James Graf von Moltke, deutscher Jurist, gründete mit Peter Graf Yorck von Wartenburg 1940 den „Kreisauer Kreis“ und entwickelten mit anderen elitären Persönlichkeiten den Plan einer „organisatorischen Einheit föderativer Staaten“ nach dem Sturz des Hitler-Regimes. Als eine intellektuelle Widerstandsgruppe im Ort Kreisau / Schlesien plante er mit seiner Gruppe die Nachkriegszeit.
Der Kreisauer Kreis entwickelte sich schnell unter Graf von Moltke zur Organisation eines speziellen Widerstands, dem auch seine Ehefrau Freya von Moltke angehörte. Die elitären wichtigsten Persönlichkeiten diskutierten auch mit anderen Widerstandsgruppen über „die staatliche und gesellschaftliche Neuordnung Deutschlands“. Als Anwalt für Völkerrecht und für das Internationale Privatrecht (IPR), konnte Graf von Moltke vielen Menschen das Leben retten. Im Zweiten Weltkrieges war Moltke in der völkerrechtlichen geheimen Nachrichten- Abteilung der Abwehr in der deutschen Wehrmacht tätig, um Erkenntnisse aus dem Ausland und deren Zeitungen zu sammeln und an die zuständige Behörde weiterzuleiten. Moltke musste eine Verbindung zwischen dem Oberkommando der Wehrmacht und dem Auswärtigen Amt gewährleisten. Auch Gutachten in Fragen des Kriegsvölkerrechts mussten von ihm erstellt werden und so hoffte er, humanitär auf das militärische Geschehen einzuwirken. Schon ab 1940 prangerte er im Untergrund den Missbrauch des Völkerrechts in den europäischen Nationalstaaten an und organisierte mit anderen Persönlichkeiten der Widerstandsgruppen u.a. auch Carl Friedrich Goerdeler, geheime Treffen. Goerdeler hatte 1941 einen ausführlichen allerdings konservativen Friedensplan entwickelt, der jederzeit umsetzbar war und eine organische Einheit föderativer Staaten in Europa beinhaltete, so das keine Staatsmacht in der Welt alleine herrscht. Der Kreisauer Kreis hatte eigene europäische Neuordnungspläne entwickelt, die dem fundamentalen Prinzipien zugrunde lagen, die Moltke 1939 als „Die kleinen Gemeinschaften“ mit Grundgedanken eines gesellschaftlichen Aufbaus „von unten“ formulierte. Die Grundsatzerklärung vom Kreisnauer Kreis wurde am 14. Juli 1943 fertig und das Subsidiaritätsprinzip sollte eine radikale Abkehr vom traditionellen Obrigkeitsstaat durch alle Themenbereiche für ein friedliches gemeinsames Europa darstellen. Im Zentrum aller Erwägungen sollte der einzelne Mensch stehen, dessen Freiheit in Europa einen größtmöglichen Umfang auf der gemeinsamen weltanschaulichen Basis gewährleistet. Eine europäische Verflechtung insbesondere im Bereich der Wirtschaft wurde niedergeschrieben und Moltke wollte einen europäischen Bundesstaat, indem die ehemaligen Nationalstaaten lediglich nicht-souveräne Verwaltungsgliederungen darstellten. Eine besondere Unterstützung bekam der Kreisauer Kreis 1943 durch Claus Schenk Graf von Stauffenberg. Wegen der Einsprüche gegen völkerrechtswidrige Befehle wurde Moltke im Januar 1944 von der Gestapo verhaftet. Vom 31. März bis 7. Juli 1944 trafen sich viermal in Genf, 15 führende Widerstandskämpfer aus neun europäischen Ländern und verfassten geheim das „Projekt einer Deklaration über die europäische Zusammenarbeit“ unter dem Motto: „Nie wieder Krieg“. Sie erklärten: Ein dauerhafter Friede kann nur Bestand haben wenn „die verschiedenen Länder der Welt sich bereit erklären, dass Dogma der absoluten Souveränität abzustreifen, indem Sie sich einer gemeinsamen Bundesorganisation eingliedern“. Durch das Stauffenberg Attentat am 20. Juli 1944 auf Adolf Hitler, gelang es der Gestapo die Arbeit des Kreises aufzudecken. Weil Moltke und seine Mitstreiter darüber nachgedacht hatten, wie ein auf sittliche und demokratische Grundsätze zurückbesinnendes Deutschland nach der Zeit von Hitler entstehen könnte, beurteilte der Richter Roland Freisler dieses als ein todeswürdiges Verbrechen. Als Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus wurde Moltke wegen seines Eintretens für das Völkerrecht zum Tode verurteilt und am 23. Januar 1945 im Zuchthaus Berlin-Plötzensee erhängt. Dem Kreisauer Kreis gehörten damals 27 der bekanntesten, mutigsten Persönlichkeiten an, von denen mussten deswegen ca. 12 der rund 200 Persönlichkeiten des 20. Juli 1944 als Widerstandskämpfer für ein freies demokratisches Europa, ihr Leben lassen. [32]
Charles de Gaulle richtete am 18. Juni 1940 einen Appell über BBC an das französische Volk. Als französischer Brigadegeneral und verantwortlicher Staatssekretär für eine Widerstands-Koordination mit Großbritannien im zweiten Weltkrieg, hatte er die berühmteste Rede in der Geschichte Frankreichs gehalten.
Am 18. März 1944 stellte er seine unauflösliche „Wirtschafts-Union“ vor, die Frankreich mit Benelux, dem Rheinland und Ruhrgebiet beschließen sollte.
In den Kriegsjahren führte Charles de Gaulle die Résistance des Freien Frankreich gegen die deutsche Besatzung an. Ab dem 17. Juni 40 im Exil, konnte er am 18. Juni 1940, mit Hilfe von Winston Churchill, um 19 Uhr über BBC London einen Appell an das französische Volk richten. Diese aufrüttelnde Ansprache wurde in den Zeitungen des noch unbesetzten Südfrankreichs abgedruckt und in den folgenden Tagen wurde die Ausstrahlung des Appells von der BBC, in ganz Frankreich wiederholt. Am 25. Juni 1940 gründete de Gaulle in London das „Komitee Freies Frankreich“ und wurde Chef der „Freien Französischen Streitkräfte“ sowie des „Nationalen Verteidigungskomitees“. Vom Kriegsrat der Vichy-Regierung wurde er daraufhin im August 1940 wegen Hochverrats, in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Charles de Gaulle war Anstifter und Insider mehrerer Europa-Pläne mit seinem Vertrauten Jean Monnet. In seinem eigenen Plan, den Monnet in seinem Auftrag ausarbeitete, schlug de Gaulle am 18. März 1944, eine unauflösliche Wirtschafts-Union, mit Frankreich, den Benelux, des Rheinlandes und des Ruhrgebiets vor, das als Plan einer Wirtschaft und Schwerindustrie vereinbart werden sollte. Eine Assoziierung mit Großritannien war beabsichtigt und eventuell könnte dieser Plan nach Südeuropa ausgeweitet werden. Den Benelux-Staaten ging die Führungsrolle Frankreichs zuweit und am 5. September wurde ihre Zollunion beschlossen. Sein großer Ausspruch: „Frankreich hat keine Freunde, es hat nur Interessen“. Darauf folgend, war de Gaulle in Prinzipienfragen immer unerbittlich und schuf das französische Komitee für die nationale Befreiung (CFLN), um die politischen Richtungen des befreiten Frankreichs zu vereinigen. Am 25. August 1944 zog er dann in das befreite Paris ein und war bis 1946 Chef der Übergangsregierung. Im Februar 1945 erreichte er die Anerkennung Frankreichs durch die drei großen Alliierten, als eine der zukünftigen Besatzungsmächte Deutschlands und Österreichs. Er führte das Frauenwahlrecht ein, etablierte ein modernes staatliches Sozialsicherungssystem und erreichte die Aufnahme Frankreichs in den Weltsicherheitsrat der UNO, als ständiges Mitglied. Die Idee einer Föderation mit einer Französisch-britische Union wurde 1956 durch die damaligen Premierminister der beiden Länder Guy Mollet und Anthony Eden wiederaufgenommen, als Plan einer Marraige Cordiale der beiden europäischen Großmächte, der jedoch nie an die Öffentlichkeit gelangte, weil er für unrealisierbar gehalten wurde. Wegen dem Algerienkrieg, wurde de Gaulle wieder mit der Bildung einer Regierung beauftragt, setzte eine Verfassungsreform durch und gründete die Fünfte Republik. Er trat 1962 nachdrücklich für ein „Europa der Vaterländer“ unter der Führung Frankreichs ein, wobei neben den EWG-Staaten, nicht Großbritannien (2 x Veto), aber Polen, Tschechoslowakei, Ungarn, Rumänien, Bulgarien und Griechenland dazu gehören sollten. Diese neue Union sollte sich in der Welt, als dritte Großmacht neben den USA und der Sowjetunion etablieren und eine eigenständige Außenpolitik führen können. Die Idee war angesichts der weltpolitischen Lage nicht durchführbar und insbesondere bei der westdeutschen Regierung stieß sie auf Ablehnung. In seiner Amtszeit als Präsident (1958-1969), konnte de Gaulle, nach dem Vorbild des Priesters Franz Stock, mit seinem ehemaligen „Erbfeind“ eine Aussöhnung bewerkstelligen. Mit seinem Partner und Freund Konrad Adenauer, vereinbarte er die deutsch-französischen Freundschaft, mit der Etablierung gemeinsamer Institutionen, z. B. dem deutsch-französische Jugendwerk, die dann am 22. Januar 1963 als Elysée-Vertrag beschlossen wurde. Allerdings vertrat er immer wieder kompromißlos nationale Interessen und so praktizierte er einen Boykott wegen der europäischen Agrarpolitik, durch die „Politik des leeren Stuhls“. Er erklärte am 14. Dezember 1965: „Selbstverständlich kann man auf den Stuhl wie ein Zicklein springen und rufen: „Europa, Europa, Europa! Aber das führt zu gar nichts und bedeutet gar nichts.“ Sein Humor und seine Schlagfertigkeit bei Fragen waren berüchtigt. „Wie geht es Ihnen?“, antwortete er: „Mir geht es gut, aber seien Sie versichert, ich werde es nicht versäumen zu sterben“. Er starb am 9. November 1970 im Alter von 80 Jahren. [33]
Jean Monnet erarbeitete im Juni 1940 als französischer Politiker mit Charles de Gaulle einen Plan einer „Union“ für Frankreich und Großbritannien. Als Mitglied Exilregierung hatte er im Frühjahr 1943 ein Konzept unter Mithilfe von André Philip und René Mayer eine „Westeuropäische Gemeinschaft“ für die Schwerindustrie unter Einbindung Deutschlands entworfen. Mit seinem weiteren nachfolgenden geheim gehaltenen Plan, den „Schuman-Plan“, bekam Europa einen dauerhaften Frieden.
Ab 1920 war Jean Monnet drei Jahre stellvertretender Generalsekretär des Völkerbundes und danach als Wirtschaftsberater in China, Polen und Rumänien tätig. Zwischen den beiden Weltkriegen bekleidete er einen hochrangigen Posten zur Koordinierung der Industrieproduktion für Frankreich und dem Vereinigten Königreich. In Algier im Exil erarbeitete er mit Charles de Gaulle, im Juni 1940, den Tagen als Frankreich zusammenbrach, das Churchill-Projekt, das als unauflösliche „Union“ mit Frankreich und Großbritannien gelten sollte. Dieser Plan hatte die Unterstützung der britischen „Federal Union“ Bewegung mit Arnold J. Toynbee und Robert Vansittrat. Es sollte in der Union eine gemeinsame Verteidigung, Staatsbürgerschaft, Außen-, Finanz-, Wirtschaftspolitik und Parlament geben. Ab 1943 war Monnet beteiligt an der Arbeit des CFLN und im Auftrage Charles de Gaulle, hatte Jean Monnet mit den engsten Mitarbeitern noch einen Plan erarbeitet, wo es eine gemeinsame Verteidigungs-, Außen-, Finanz- und Wirtschaftspolitik, Staatsbürgerschaft und Parlament mit dem Briten geben sollte. Im Jahr 1946 wurde Monnet Leiter des Planungsamtes zur Entwicklung eines wirtschaftlichen Modernisierungsprogramms und hatte die Aufgabe einen Plan zu einer Zusammenlegung der westeuropäischen Schwerindustrie fertig zu stellen. Für die Zusammenführung der Schwerindustrie mit West-Deutschland und unter Einbeziehung des Ruhrstatuts, um das Risiko einer einseitigen Aufrüstung für alle Zeiten auszuschließen, verfaßte Monnet Anfang April 1950 ein Exposé. Der NRW Ministerpräsident Karl Arnold, den Monnet später „Vater der Montan-Union“ nannte, hatte im Januar 1949 sehr gute ausführliche Ideen eingebracht. In Paul Reuter fand er einen sehr guten Mitarbeiter, der gleich die Ideen mit der „Haute Autorité“ hatte und am 16. April war die Konzeption einer supranationalen europäischen Exekutive fertig, wobei wenige und ganz unabhängige Personen die Aufsicht haben sollten. Monnet hatte noch die tüchtigen Mitarbeiter, Étienne Hirsch und Pierre Uri, die ihn unterstützten. Erst am 20. April wurde Ministerpräsident Georges Bidault und Ende April auch Außenminister Robert Schuman von dem Plan eingeweiht und am 1. Mai war Schumann mit dem streng geheim gehaltenen Plan-Konzept, einverstanden. Es wußten nur die direkten Mitarbeiter von Monnet bescheid. Am 7. Mai wurde Dean Gooderham Acheson und am 8. Mai Kornrad Adenauer schriftlich eingeweiht und beide stimmten emphatisch zu. Trotz Bedenken billigte Dienstagmorgen am 9. Mai 1950, Ministerpräsident Georges Biault mit mit seinem Kabinett den Plan und am selben Tag wurde dieser von Robert Schumann um 18 Uhr als „Schuman-Plan“ vor Pressevertretern in einer Regierungserklärung verkündet. Dieses Datum wird als Geburtsstunde der Europäischen Union betrachtet und führte zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), deren Präsident Monnet von 1952 bis 1955 in der Hohen Behörde war, dem Exekutivorgan der EGKS. Großbritannien lehnte den Plan ab und konnte somit 22 Jahre kein Einfluss ausüben. Mit Charles de Gaulle organisierte Monnet im Jahre 1955 das „Aktionskomitee für die Vereinigten Staaten von Europa“. Das Monnet-Komitee war der eigentliche Wegbereiter für Euratom und der späteren Römischen Verträge, sowie für den Gemeinsamen Markt. Helmut Schmidt über Monnet wörtlich: „Monnet war ein Mann, der Ideen und Vorstellungen entwickelte und der sich dann die Leute suchte, die ihrerseits genug Macht und Einfluß hatten, um seine Vorstellungen zu verwirklichen: eine ganz ungewöhnliche Vorgehensweise in der Politik“. Der bekannteste Satz von Monnet lautete: „Nicht Staaten vereinigen wir, sondern Menschen“. Als einer der Gründerväter der Europäischen Union erhielt er 1953 für seine Verdienste zur europäischen Integration den Karlspreis und 1963 die Presidential Medal of Freedom von John F. Kennedy. Von den Regierungschefs der Europäischen Gemeinschaft wurde er im Jahr 1976 zum ersten Ehrenbürger Europas ernannt. Die sich stellende Herausforderung für Europa beschrieb Jean Monnet mit den Worten: „Europa hat nie existiert, man musste Europa erst erschaffen !“. Jean Monnet starb am 16. März 1979 mit 91 Jahren. [34].
Władysław Sikorski, polnischer Exil-Ministerpräsident und General, beabsichtigte ab dem 11. November 1940 zusammen mit Edvard Benes, Präsident der tschechoslowakischen Exilregierung, nach dem Ende des Krieges eine enge „Politische und wirtschaftliche Assoziation“ zu bilden, wobei sich andere osteuropäische Länder anschließen sollten.
Am 7. November 1939 wurde Władysław Sikorski vom Władysław Raczkiewicz, Exil-Präsident der Republik Polen, zum Obersten Befehlshaber und Generalinspekteur der polnischen Streitkräfte ernannt. Als General befehligte er die mehr als 84.000 Angehörige der polnischen Exilarmee in Frankreich. Als Premierminister der Polnischen Exilregierung, nahm er am 17. Juni 1940, kurz vor der Kapitulation Frankreichs, die Einladung von Winston Churchill an und verlegte seinen Sitz nach London. Sikorski war General und Ministerpräsident der polnischen Exilregierung in England während des Zweiten Weltkriegs und unterstützt wurde er von Józef Retinger, seinem engsten Berater. Von London aus befahl Sikorski am 19. Juni 1940 in einer Radioansprache, den Soldaten und Freiwilligen aus Polen die sich in Frankreich befanden, sich nach England durchzuschlagen. Nach dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion, wurde am 30. Juli 1941 das Sikorski-Majski-Abkommen auf Initiative der britischen Regierung unterschrieben und die polnischen Kriegsgefangenen in der Sowjetunion konnten daraufhin amnestiert werden. Durch das polnisch-sowjetisches Militärabkommen vom 14. August, wurde in der Sowjetunion als so genannten Anders-Armee, eine Bildung polnischer Streitkräfte aus den Kriegsgefangenen ermöglicht, die nach dem Befehlshaber Władysław Anders benannt wurde. Schon ab 1939 gab es Bemühungen um eine polnisch-tschechische Föderation und einem umfassenden osteuropäischen Zusammenschluss. Im November 1941 unterzeichneten in London die Exilregierungen von Jugoslawien, Griechenland, Polen, Tschechoslowakei eine Absichtserklärung, sich gemeinsam in einer Union zu organisieren. Als General und Exil-Ministerpräsident kam Sikorski am 30. November 1941 nach Moskau und erreichte bei Josef Stalin eine Evakuierung der über 25.000 Mann starken polnischen Streitkräfte aus dem Iran. Am 15. Januar 1942 hatte die griechische und juguslalawische Exilregierung die Bildung einer gemeinsamen Union verabschiedet. Ein ausfühlichen Plan mit Präzision für eine mitteleuropäische Föderation, wurde ebenfals im Jahr 1942, vom im Exil lebenden ehemaligen tschechoslowakischen Ministerpräsisidenten Milán Hodža ausgearbeitet und dieser könnte auf ganz Europa ausdehnt werden. Im selben Jahr wurde ein möglicher osteuropäischer Zusammenschluss von der UdSSR untersagt und nach der Entdeckung der Massengräber Massaker von Katyn, erst 1943 bekannt, wurden die Beziehungen sofort beendet, so das dem Diktator Josef Stalin seiner kommunistischen Machtübernahme in den osteuropäischen Staaten nichts mehr im Wege stand. Władysław Sikorski war bis zu seinem Tod im Jahr 1943, der Initiator für die Konföderations- Beschlüsse gewesen. Diese wurden mit Beratung von Józef Retinger und der Unterstützung von Winston Churchill ausgearbeitet, der für die Länder der Süd- und Osteuropa Staaten, mit Verteidigung, Bildung, Wirtschaft- und Außenpolitik gelten sollte. Sikorski kam am 4. Juli 1943 während der Rückreise von einer Inspektion der polnischen Truppen im Nahen Osten bei einem Flugzeugabsturz in Gibraltar ums Leben. Eine sowjetische Sabotage wurde vermutet, aber die genauen Umstände konnten auch durch eine gerichtliche Untersuchung nicht geklärt werden. Władysław Sikorski konnte vielen polnischen Soldaten das Leben retten und hatte sich unermüdlich für eine europäische Konföderation und Assoziation eingesetzt. [35]
Altiero Spinelli verfasste 1941 gemeinsam mit Ernesto Rossi und Eugenio Colorni, als politischer Häftling, das „Manifesto di Ventotene“, als Vision eines vereinten Europa auf der Grundlage einer föderalen Verfassung, ein ersten direkten Vorläufer vom Vertrag von Lissabon wurde.
Von ihm, als italienischer Antifaschist und überzeugter Europäer stammt der Satz: „Die europäische Revolution muss sozialistisch sein, um unseren Bedürfnissen gerecht zu werden; sie muss sich für die Emanzipation der Arbeiterklasse und die Schaffung menschlicherer Lebensbedingungen einsetzen“. In den Jahren von 1939 bis 1941 verfasste er im Gefängnis mit seinen Gleichgesinnten auf der Insel Ventotene das bekannte „Manifest von Ventotene“. Wegen des Kriegs und der dementsprechenden Krise der europäischen Nationalstaaten, sahen Sie nur eine Lösung: „Die Schaffung einer Europäischen Föderation“, das als vereintes Europa auf der Grundlage einer föderalen Verfassung, Wirklichkeit werden kann. Nach seiner 16 Jahre langen Haft gründete er mit Gleichgesinnten 1943 die „Movimento Federalista Europeo“ (MFE) als eine politische Organisationsform für Europa und war bis 1962 deren Generalsekretär. Im Jahr 1944 schloß er sich der Widerstandsbewegung an, wo er im selben Jahr in Genf mit 15 führenden Widerstandskämpfern aus neun europäischen Ländern für die Einigung des Kontinents plädierte und war dort auch Mitverfasser für ein „Europäische Manifest“, wobei maßgebend 1946 das Hertensteiner Programm mit verfasste. Im Jahr 1954 wurde mit seiner Hilfe die „Europäische Verteidigungsgemeinschaft“ (EVG) und die „Europäische Politische Gemeinschaft“ (EPG) vorangetrieben, allerdings wurden beide Verträge vom französischen Parlament abgelehnt. Anschließend arbeitet Spinelli als Berater für Alcide De Gasperi, Paul-Henri Spaak und Jean Monnet für die europäische Einigung. Spinelli wurde später Mitglied der Europäischen Kommission und war von 1970 – 1976 für Industriepolitik und Forschung zuständig. Er schlug im Jahr 1946 mehrere neue Kompetenzbereiche für die EG-Kommission vor und der Begriff: „Europäische Union“ von Abbé de Saint-Pierre 1712 wurde von ihm ab 1944 geprägt. Am 21. Oktober 1972 wurde der Begriff auf der Pariser Gipfelkonferenz auf die Tagesordnung gesetzt, angenommen und Offiziell erst 1983. Bis 1986 war er Abgeordneter im Europäischen Parlament und mit Hilfe vom sog. „Krokodilsclub“, entwarf er einen neuen Vertrag für ein gemeinsames Europa. Dieser, sein zweiter „Vertragsentwurf für eine Europäische Union“, den Spinelli ab 1981 im Ausschuss initiierte, wurde zwar vom Europäischen Parlament am 14. Februar 1984 mit großer Mehrheit angenommen, aber vom Europäischen Rat der Staats- und Regierungschefs der EWG wieder verworfen. Als der Europäische Rat ab dem Jahr 1974 institutionalisiert wurde, reagierte Spinelli misstrauisch, weil er ein Rückschritt hin zu mehr zwischenstaatlicher Abstimmung, auf Kosten der gemeinschaftlichen Methode befürchtete. Ab derzeit wurde die EG-Kommission immer mehr zum reinen Erfüllungsgehilfen des Europäischen Rates, bis 1983 der Abgeordnete Horst Seefeld im Auftrage des EU-Parlaments eine „Untätigkeitsklage“ beim EuGH gegen den Europäischen Rat einreichte und nach dem Urteil musste in absehbarer Zeit die Dienstleistungsfreiheit bewerkstelligt werden. Im Jahr 1986 konnte dadurch die „Einheitliche Europäische Akte“, als abgespeckter Spinelli Vertrags-Entwurf durch einem vorherigem sog. Dooge-Ausschuss, unterzeichnet werden. Hierbei wurde der Aufbau eines europäischen Binnenmarktes inkl. des freien Personen-, Waren-, Dienstleitungs- und Kapitalverkehrs ab 1992 beinhaltet. Später konnte dadurch die Schaffung des „Europäischen Binnenmarkts“ sowie eine stärkere Zusammenarbeit in der Außenpolitik bewerkstelligt werden. Als leidenschaftlicher Verfechter einer „Europäischen Verfassung“ und seinem unermütlichen Einsatz für die europäische Einigung, war Altiero Spinelli einer der Gründerväter der Europäischen Union. Als Anerkennung für seine Verdienste wurde 1993 eines der beiden Brüsseler Gebäude des Europäischen Parlaments, zum „Altiero Spinelli Parlament“ (ASP) benannt. Er starb im Alter von 79 Jahren am 23. Mai 1986. [36]
Paul-Henri Spaak hatte 1944 als belgischer Jurist, Politiker und Staatsmann, zusammen mit Paul van Zeeland und Louis de Brouckère, in ihrem Londoner Exil, die „Zollunion Benelux“ vorbereitet und Sie entwickelten die erste kleine westeuropäische Wirtschafts- und Währungsunion.
Seit 1932 war Spaak u.a. Minister für Verkehr, der Post, mehrfach Außenminister, sowie viermal Premierminister. Zwischen 1940 und 1944 war er Außenminister der belgischen Exilregierung in London. Vor dem Zweiten Weltkrieg hatte sich Spaak für die völlige Autonomie Belgiens eingesetzt und sich vergeblich bemüht, die Neutralität seines Landes zu wahren. Im Londoner Exil unterstützte er eine Politik der regionalen Kooperation und der gemeinsamen Sicherheit. Am 5. September 1944 war er mit verantwortlich, das eine Zollunion zwischen Belgien, den Niederlanden und Luxemburg vereinbart und am 29. Oktober 1947 zum Vertrag für die Benelux Staaten wurde. Der Benelux-Vertrag konnte am 3. Februar 1958 unterzeichnet werden und trat 1960 in Kraft. Spaak engagierte sich sehr stark für eine internationale und für eine europäische Einigung unter Einschluss Großbritanniens. Am 10. Januar 1946 wurde er in London zum Präsidenten der ersten UN-Generalversammlung der Vereinten Nationen gewählt und vor der UN-Generalversammlung in Paris sagte Spaak in seiner Rede an die sowjetische Delegation gerichtet: „Messieurs, nous avons peur de vous“ („Meine Herren, wir haben Angst vor Ihnen“). Beim Haager Europa-Kongress vom 7.- 10. Mai 1948, nahm Spaak aus Korpsgeist zu den Politischen Linken beim Kongress der „Europäischen Einigungbewegung“ nicht teil. Als überzeugter Unterstützer der Bewegung, war das für ihm keine leichte Entscheidung, vor allem weil er die Hintergründe kannte. Bei der Gründung der Internationalen Europäische Bewegung am 25. Oktober 1948 in Brüssel, nahm er dann allerdings als Ehrenpräsident teil. Im Jahr 1949 wurde Spaak Vorsitzender der parlamentarischen Versammlung des Europarats und zwischen 1950 und 1955 war er Leiter des Internationalen Rates der Europäischen Bewegung, wobei er außerdem von 1952 bis 1954 Präsident der Gemeinsamen Versammlung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) war. 1955 wurde er auf der Konferenz von Messina von den europäischen Staats- und Regierungschefs als Ausschussvorsitzender eingesetzt, um einen Bericht zur Vorbereitung eines gemeinsamen europäischen Marktes zu erstellen. Dieser so genannte „Spaak-Bericht“ führte in Rom am 25. März 1957 zur Unterzeichnung der Römischen Verträge und damit zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) sowie der Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom). 1956 wurde Spaak Generalsekretär des NATO-Rates, wobei Brüssel neuer Sitz des NATO-Hauptquartiers gewählt wurde. Danach wurde er wieder Stellvertretender Ministerpräsident und bis 1966 Außenminister seines Landes. Ihm zu Ehren wurde eines der beiden Brüsseler Gebäude des Europäischen Parlaments, als „Paul-Henri Spaak Parlament“ benannt. Er gilt als einer der Gründerväter der Europäischen Union und erhielt dafür 1957 den Karlspreis. Er starb am 31. Juli 1972 im Alter von 73 Jahren. [37]
Ludwig Erhard verfasste 1944 als deutscher Diplom-Kaufmann und Dr. rer. pol für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, eine Denkschrift: „Kriegsfinanzierung und Schuldenkonsolidierung“, indem er Überlegungen zum Neuaufbau der Wirtschaft nach dem Krieg ansellte. Er führte die „Soziale Marktwirtschaft“ ein und hatte dadurch eine prinzipielle soziale Ausrichtung nach 1945 in Europa bewirkt.
Als Vertreter des Ordoliberalismus (Ordnungform und Lenkungs-Prozess der Wirtschaft) forderte er bereits im Oktober 1932 die Verbrauchsgüterproduktion zu fördern und trat, im Gegensatz zum damals vorherrschenden Protektionismus, für die Wettbewerbswirtschaft und für eine freie Marktpreisbildung ein. Durch seine Expertisen, sowie seiner 1944 verfaßten Denkschrift über die zukünftige Marktwirtschaft, hatte er den Widerstandskämpfer Carl Friedrich Goerdeler und die Besatzungsmächte beeindruckt. Im Oktober 1945 wurde er deswegen von der amerikanischen Militärregierung zum Staatsminister für Handel und Gewerbe berufen. Die Wirtschaftliche Lage in Deutschland war derzeit sehr schlecht, wobei zusätzlich noch 12 Millionen Vertriebene, Flüchtling und Evakuierte aufgenommen werden mussten. Das Verkehrsystem war zerstört und es herrschte Not und Unterversorgung, Schwarzhandel, Naturalientausch und Warenhortung sowie die sogenannte Zigarettenwährung. Ab Herbst 1945 wurden Pläne, Vorschläge ausgearbeitet und es gab Verhandlungen, die nicht öffentlich waren, wobei es eine freiheitliche, marktwirtschaftliche, sowie verläßliche funktionsgerechte Währung geben sollte. Ab 1947 leitete Erhard die Experten-Kommission „Sonderstelle Geld und Kredit“ bei der Verwaltung der Finanzen der britisch-amerikanischen Bizone, die eine schnelle Konvertierbarkeit der Währungen in Europa wollte. Am 2. März 1948 wurde er Direktor der Verwaltung für Wirtschaft des „Vereinigten Wirtschaftsgebietes“ in den westlichen Besatzungszonen. Es wurde von den westlichen Besatzungen der Trizone, eine geheim gehaltene Währungsumstellung vorbereitet und fünf Tage vor der bevorstehenden Währungsreform, die am 20. Juni 1948 mit der neuen „Deutsche Mark“ (DM) stattfinden sollte, wurde Erhard von den West-Alliierten über den Termin informiert. Erhard war verärgert und ließ von seinem Pessesprecher absichtlich einen Tag vorher über den Rundfunk verkünden, das die Zwangsbewirtschaftung und die Preisbindungen aufgehoben seien. Der amerikanische Militär-Gouverneur Lucius D. Clay warf Erhard vor, er habe eigenmächtig die Vorschriften vom alliierten Besatzungsrecht verändert. Erhard sagte: „Ich habe sie nicht verändert, ich habe sie abgeschafft!“. Somit wurden durch die eigenmächtige Entscheidung, mit Hilfe von Leonhard Miksch (Berater), die Zwänge sowie Bindungen von Wirtschaft und Preisen mit dem „Leitsätzegesetz“ vom 21. Juni 1948 aufgehoben, als wesentliche Voraussetzung für das „Wirtschaftswunder“. Das Grundgesetz der BRD trat am 23. Mai 1949 in Kraft und am 15. September wurde Konrad Adenauer, Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland und Erhard, immer parteilos, wurde Bundesminister für Wirtschaft. Die östliche deutsche Besatzungszone reagierte mit der Gründung der DDR. Soziales Handeln in der Wirtschaftspolitik, als theoretisch, ethisches Modell, verknüpfte Erhard mit der reinen Marktwirtschaft. Das war alles zunächst heftig umstritten und die Reformen führten zu hohen Preissteigerungen, so das es am 12. November 1948 zu einem Generalstreik kam. Durch das Petersberger Abkommen vom 23. November 1949 und durch das Wirtschaftswachstum, wurde sein Kurs bestätigt. Das Umlageverfahren der Rente als Generationenvertrag, lehnte Erhard als nicht zukunftsfähig ab. Kornrad Adenauer setzte sich durch, mit dem bekannten Ausspruch: „Kinder kriegen die Leute sowieso“. 1957 schrieb er sein Buch: „Wohlstand für alle“, indem seine Vorstellungen allgemeinverständlich dargestellt wurden. Bis 1963 konnte er seine einführte Soziale Marktwirtschaft festigen, wobei Walter Eucken die Grundprinzipien und Alfred Müller-Armack den Ausdruck beschrieben hatte. Letztendlich wurde bewirkt, das die „Made in Germany“ sich ins Gegenteil verkehrte. Von 16. Oktober 1963 bis 1966 war Erhard Bundeskanzler. Die deutsch-französischen Beziehungen waren für ihm nicht so wichtig, wie die Beziehungen zu den USA. Als 1966 US-Präsident Lyndon B. Johnson hohe zusätzliche Besatzungskosten einforderte, wurde sein Ansehen als Wirtschaftsfachmann erschüttert, weil die erste Rezession der Nachkriegszeit einsetzte. Die Arbeitslosenzahlen stiegen drastisch an und am 1. Dezember 1966 legte er sein Amt nieder. Die Wirtschaftskraft erholte sich wieder schnell, so das Deutschland mehrmals Exportweltmeister wurde. Erhard bekam schon 1955 das Großkreuz des Verdienstorden der Italienischen Republik und erhielt die Ehrenbürgerschaft der Stadt Ulm. Ludwig Erhard, der die „Soziale Marktwirtschaft“ in Europa einführte, starb am 5. Mai 1977 mit 80 Jahren und am 11. Mai 1977 fand ihm zu Ehren im Plenarsaal des Deutschen Bundestages ein Staatsakt statt.[38]
Die Europäische Deklaration wurde aus den Erfahrungen zweier Weltkriege, mit über 65 Millionen Toten, am 19. September 1946 getätigt. Europäische intellektuelle Vertreter, von ehemaligen Widerstandsgruppen, wichtigen politischen Personen, unter anderem von ehemaligen Exilregierungen, europäischen Verbänden und Gruppierungen, wollten eine dauerhafte Versöhnung zwischen den ehemaligen Kriegsgegnern bewerkstelligen. Durch die bedingungslose Kapitulation der deutschen Wehrmacht, nach der sogenannten „Stunde Null“ (0.16 Uhr) am 9. Mai 1945, sollte vermieden werden, das es zu einem Macht- und Ordnungsvakuum in Europa kommt. In den Vordergrund wurde der politische Wille gestellt, eine »Europäische Union« in Europa, demokratisch-föderativ mit einem Subsidiaritätsprinzip zu bewerkstelligen.
Im Jahr 1944 trafen sich in Genf, viermal von März bis Juli, 15 Vertreter von Widerstandsgruppen, aus neun europäischen Ländern, im Hause von Willem Adolf Visser ’t Hooft, um ein föderatives geeintes Europa nach der Zeit vom Nationalsozialismus als Projekt: „Europäische Deklaration“, mit dem Motto „Nie wieder Krieg“ vorzubereiten. Vom 14. bis 24. September 1946 hatte Hans Bauer und Heinrich Georg Ritzel von der schweizer „Europa Union“, viele namhafte Föderalisten nach Hertenstein eingeladen. Bis zum 19. September wurden die Inhalte von 12 Thesen vorbereit, die alle zusammen als „Europäischer Rütlischwur“ getätigt wurden. Am 20. September hielt Anna Siemsen einen Vortrag über die Mitwirkung Deutschlands in der Europäischen Union und der Inhalt wurde Einstimmig angenommen. Am Tag darauf folgten nochmals sehr intensive Debaten zum ausgearbeiteten allgemein gehaltenen Hertensteiner Programm, das dann verabschiedet wurde und man beschloss eine vorläufige Dachorganisation „Aktion Europa-Union“. Es waren nur, wegen den noch erschwert bestehenden Einreise Bestimmungen, 79 Eliten aus den 31 föderalistischen Bewegungen von 14 Länder anwesend sein, als der Schwur auf dem „Rütli“ am 22. September noch einmal öffentlich mit Publikum, Musik und Fahnenschwenken als „Europäische Deklaration“ kuntgetan wurde. Hier gelang ihnen, den Grundstein für die internationale Vorbereitung der „Europäischen Bewegung“ zu legen, womit ein friedlich, demokratisch, wirtschaftliches Europa, als das „Dritte-Kraft-Konzept“ zwischen der ost- und westlichen Welt beginnen konnte. In 8 der 12 Thesen wurde der Begriff: „Europäische Union“ erstmals in den Vordergrund gestellt und die Begriffe: „Europäisch“, „Gemeinschaft“, „Föderation“ und „Menschenrechte“ wurden mit beinhaltet.
Am Tag vom „Europäischen Rütlischwur“, hatte in der Nähe, an der ETH Zürich, Sir Winston Churchill, britischer Premierminister a.D., seine berühmt gewordene„Züricher Rede“ gehalten, wo er der akademischen Jugend zurief: „Last Europa entsehen!“. Die Hertensteiner Teilnehmer überlegten, ob sie ein Zustimmungs-Telegramm rüberschicken sollten, lehnten es dann aber ab, weil er unter anderem, keine Souveränität abgeben wollte, Osteuropa ausschloss und alles nur als Einzelgänger darstellte. [39]
Die Union Européenne Fédéraliste (UEF) wurde am 17. Dezember 1946 in Paris gegründet. Alexandre Marc organisierte als bekannter französischer Schriftsteller, unter anderem mit Altiero Spinelli, Henri Frenay, Eugen Kogon, Hendrik Brugmans, Denis de Rougemont und Carlo Schmid, vom 15. bis 17. Dezember den ersten europaweiten Kongress mit mehr als 40 verschiedene nationalen föderalistischen Gruppierungen aus 16 europischen Ländern, die sich zu einem einheitlichen europäischen Dachverband der Bewegung „Union Europäischer Föderalisten“ zusammenschlossen. Alexandre Marc wurde Generalsekretär und der Niederländer Hendrik Brugmans übernahm den Vorsitz. Die UEF sollte für die etwa 100.000 Mitglieder im wesentlichen als sogenannte Kontaktbörse fungieren, denn die nationalen föderalistischen Vereinigungen agierten unabhäng. Alexandre Marc bereitete 1947 die erste Aktivität des UEF in Amsterdam vor, an dem auch seine Gewerkschaftsfreunde teilnahmen und beim Kongress des UEF in Montreux vom 27. bis 31. August 1947 waren die Delegierten aus 16 europäischen Ländern gekommen. Es konnte durch die Tätigkeiten der UEF erfolgreich bewirkt werden, das am 1. Januar 1948 die Verträge der Benelux-Zollunion und der Brüsseler Pakt am 17. März 1948 in Kraft gesetzt wurden. Für den „Haager Europa-Kongress“ 1948 in Den Haag wurde von Alexandre Marc, die „Konzeption und die vorbereitende Phase“ bewerkstelligt. Auf der internationalen Tagung der UEF in Rom, die vom 6. bis 11. November 1948 stattfand, wurde der „Europäische Rütlischwur“ nochmal präzisiert und eine Verfassung ausgearbeitet, die als „Entwurf von Rom“ bekannt wurde. Die Föderalisten wollten allerdings „ohne Wenn und Aber“ einen europäischen Bundesstaat und hofften eine mächtige multinationale europäische Volksbewegung zu etablieren. Das gelang ihnen nicht, weil dieser Verband eine Art Massenbewegung war, dadurch heterogen blieb und deswegen auch in vielen Fragen zerstritten. Alexandre Marc, war später der Anstifter, sowie der Berichterstatter über den Schutz der Menschenrechte und der Institution Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, was er zusammen mit Denis de Rougemont bewerkstelligen konnte. Außerdem wurde von Alexandre Marc der Wiederaufbau der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) bewirkt. [40]
Die United Europe Movement (UEM) (britische Europäische Einigungsbewegung) wurde am 14. Mai 1947 mit zahlreiche konservativen und liberalen Politikern der „Unionisten“ in Großbritannien gegründet. Der britische Politiker Baron Duncan-Sandys, hatte am 16. Januar 1947, ein vorbereitendes „Provinsional British United Europe Committee“ mit Sir Winston Churchill als Initiator (beide derzeit a.D.) gegründet. Die Labour Party wollte sich nicht als Partei beteiligen, obwohl dort drei Mitglieder mitwirkten und die Kommunistische Partei schloss sich aus. Das Committee hatte 22 Mitglider und Churchill übernahm den Vorsitz. Am 14. Mai 1947 wurde in London der Gründungsakt für die britische „Europäische Bewegung“ der Unionisten vor ca. 5.000 illustren Gästen in der Royal Albert Hall vollzogen und unter der Kuppel hing eine riesigen Fahne mit der Aufschrift: «Europe arise». Es war ein gesellschaftliches Großereignis und die internationale Presse war begeistert. Die UEM hatte mit ca. 2.500 Mitgliedern großen Zuspruch, wurde allerdings zu einer Art High Society der Honoratiorenbewegung und ihr »Rat« bestand absichtlich nur aus 75 Personen. Tatik war, das nicht nur der Begriff: Europäische Bewegung, sondern auch die Organisiation unter britische Führung gestellt wurde, um einen europäischen Bundesstaat zu sabotieren. Im Juli 1947 wurde die französische Unionisten-Bewegung „Conseil Français pour l’Europe unie“ von René Courtin mit Paul Ramadier, Pierre-Henri Teitgen, André Siegfried und Paul Reynaud in Paris gegründet und beide Bewegungen vereinigten sich. Bei den verschiedenen Europa- Konzeptionen und Richtungen vieler Bewegungen, drohte eine schwerwiegende Zersplitterung, weil die Föderalisten ein europäischen supranationalen Bundesstaat befürworteten und die Unionisten einen europäischen intergouvernementalen Staatenbund wollten. Baron Duncan-Sandys hatte unter längerer Vorbereitung bewirkt, das in Paris im Juli 1947 ein europäisches „Verbindungs-Komitee“ (Comité de Liaison) installiert werden konnte. Auf einer Versammlung vom 13. bis 14. Dezember wurde dadurch ein „Internationales Koordinierungs Komitee der europäischen Bewegungen“ (Joint` International Committee of the Movements for European Unity) (ICMEU) gegründet. Duncan-Sandys leitete die Koordinierung der Bewegungen und alle europäischen Vereinigungen der großen Dachverbände von Unionisten und Föderalisten, traten außer der Europäische Parlamentarier-Union (EPU), dem Komitee bei. Die von Graf Coudenhove-Kalergi geführte EPU verhielt sich zunächst distanziert, allerdings waren sehr viele Persönlichkeiten der EPU, gleichzeitig auch noch in den anderen Vereinigungen vertreten. Duncan-Sandys hatte als Bevollmächtigter der Vereinigungen, zum „Europa-Kongreß“ nach Den Haag eingeladen, der am 7.- 10. Mai 1948 stattfand. Er hatte extra dafür eine rote Europaflagge entworfen, die beim Kongreß draußen wehte und drinnen an der Wand hing. Das grüne wurde im August 1948 für ein Kongreß in Straßburg modifiziert und erstmals vom 19. bis 25. April 1949 in London auf der Wirtschafts-Konferenz der EB als grüne Fahne öffentlich gehißt. [41]
Das European Recovery Programm (ERP) wurde vom General und U.S.-Außenminister, George C. Marshall am 5. Juni 1947 als Aufbauhilfe für West-Europa, in einer 12 Minuten Rede vor der Absolventenklasse der Harvard-Universität, als „Marshall-Plan“ verkündet:
Diese Rede bezog sich auf die sogenannte Hoffnungsrede, die von James F. Byrnes am 6. September 1946 in Stuttgart gehalten wurde. Hintergrund war die Resolution vom US-Senat im März 1947, als Forderung einer „Schaffung der Vereinigten Staaten von Europa im Rahmen der Organisation der Vereinten Nationen (UNO)“ (gegr. 26. Juni 1945) und das US-Repräsentantenhaus stimmte zu und beide Kongreß-Häuser waren sich einig. Die desolate Lage und die chaotischen Verhältnisse in Europa, ließen ab Mai 1945 eigentlich keine andere Möglichkeit zu und John Foster Dulles, der Außenpolitische Berater von Marshall, hatte in einer Rede gesagt: „Europa müsse sich föderativ vereinigen oder zugrunde gehen“. Hintergrund war allerdings auch, nach dem gescheiterten Morgenthau-Plan 1944 aus Deutschland ein Agrarland zu machen, das ein wirtschaftlich und politisch destabilisiertes Europa ein Problem für den Weltmarkt bedeuten würde und auch für die USA ein großer Absatzmarkt ausfiel. Mit Besorgnis sah die USA ein weiteres Problem, das ein schwaches Europa für den vorrückenden Kommunismus sehr empfänglich sein könnte und vom US-Präsident Harry S. Truman wurde die Entscheidung am 12. März 1947 mit seiner Truman-Doktrin verkündet, das die USA alle „freien Völker“ im Kampf gegen totalitäre Regierungsformen unterstützen würde. Es sollte als „Hilfe zur Selbsthilfe“ organisiert werden, damit zuerst die notleidende Bevölkerung versorgt wird und die Amerikaner schickten zwischen 1946 und 1960 fast zehn Mill. „Care-Pakete“ mit Lebensmitteln, Kleidung oder Werkzeugen, die dann von kirchlichen und sozialen Einrichtungen an Bedürftige, in Deutschland, Österreich und andere europäische Staaten verteilt wurden. Dafür hatten sich in den USA schon am 27. November 1945 auf Initiative von Lincoln Clark, 22 Wohlfahrtsverbände als Nichtregierungsorganisation (INGO) zusammengeschlossen und die „CARE“ (Cooperative for American Remittances to Europe) gegründet. George Frost Kennan, der von 1940 – 1944 zum Wiederstandskämpfer Helmuth James Graf von Moltke engen Kontakt gehalten hatte, wurde Chef des Planungsstabes im US-Aussenministerium und am 23. Mai 1947 war der ERP-Plan für einen Wiederaufbau Europas fertig: 1) Die europäischen Länder sollen sich einigen, wo die Schwerpunkte liegen sollen, die USA unterstützen sie dann darin, 2) der europäische Steinkohlebergbau ist zu fördern, 3) das Programm soll so angelegt sein, dass dem amerikanischen Steuerzahler klar wird, dass es für lange Zeit die letzte Hilfsmaßnahme für Europa sein wird, 4) eine spätere Rückzahlung in fast allen Fällen wird gefordert. Das die Hilfe nicht vom Ziel geleitet werden soll den Kommunismus zu bekämpfen, betonte Kennan sondern es soll das wirtschaftliche und gesellschaftliche Europa wieder hergestellt werden. Ab dem 24. April 1947 zögerte die UdSSR, ob nun eine Zusammenarbeit gewollt und Hilfsgelder aus dem ERP angenommen werden sollen, das dann auf der Pariser Konferenz am 2. Juli vom Außenminister Michailowitsch Molotow, für den gesamten Ostblock alles abgelehnt wurde und er betrachtete die Hilfe als eine „Einmischung in innere Angelegenheiten“, obwohl Polen, Tschechoslowakei und Ungarn dafür waren. Am 20. August 1947 wurde an der Sowjetischen Zonengrenze ein Stacheldraht errichtet und auf einer Moskau- Konferenz wurde am 27. September das „Informationsbüro der kommunistischen und Arbeiterparteien“ (Kaminform) in Kraft gesetzt. Am 3. April 1948 wurde das US-Auslandhilfegesetz (Foreign Aid Act) verabschiedet und das European Recovery Programm (ERP) konnte sofort über die Economic Cooperation Administration (ECA) gestartet werden. Die Aufbauhilfe, als sogenannter „Marshall-Plan“ für West-Europa, wurde am Anfang mit 12,4 Milliarden $ ausgestattet, wobei es insg. 13,9 Mrd. $ – (2007 ca. 76 Mrd. € ) waren, die bis zum 30. Juni 1952 ausgezahlt werden sollten. Ernest Bevin und Georges Bidault organisierten sofort, vom 12. Juli bis zum 22. September 1947, für 16 europäische Staaten eine Konferenz, wodurch dann am 16. April 1948 die „Organisation for European Economic Co-operation“ (OEEC), als ein Europäischer Wirtschaftsrat gegründet wurde. Dieser sollte die Versorgung und den Wiederaufbau organisieren, das dem europäischen Streben für eine Einigung Europas sehr nützlich wurde. Mit der Währungsumstellung für Westdeutschland, reagierte die Sowjetische Besatzungszone (SBZ) am 24. Juni 1948 mit der Berlin-Blockade. Am 25. Januar 1949 wurde dann für den Ostblock das „Council for Mutual Economic Assistance“ (COMECON) gegründet und die Blokade am 12. Mai 1949 abgebrochen. George Marshall wurde 1948 zweimal „Mann des Jahres“, bekam 1953 den Friedensnobelpreis verliehen und erhielt 1959 den Karlspreis. [42]
Das American Committee for a United Europe (ACUE) hatte sich am 23. April 1948 als US-amerikanische Organisation gegründet, um Westeuropa durch eine Europäische Integration gegen den Ostblock zu organisieren. 1948 wurde im New York University Faculty Club ein Treffen mit dem Ziel zur Schaffung eines besonderen Komitees zur Unterstützung eines freien und vereinigten Europas organisiert. Richard Nikolaus Graf von Coudenhove-Kalergi hatte die Zusammenkunft organisiert und James William Fulbright fungierte als Präsident. Er hatte im März 1947 als Autor, eine Entschließung im US-Kongresses über die Prinzipien einer Europäischen Förderation eingebracht, wobei die „Schaffung der Vereinigten Staaten von Europa“ im Rahmen der UNO bewerkstelligt werden sollte. Diese Forderung wurde zur amerikanischen Außenpolitik und das ACUE wurde dafür von 118 prominenten US-amerikanischer Persönlichkeiten unterstützt. Im August 1949 sprengte die UdSSR seine erste Atombombe. Die USA wollte sofort eine privilegierte Allianz mit dem Vereinigten Königreich, sowie nun schnellstens eine Integration der Europäischen West-Staaten. Die ACUE beschloss eine direkte Unterstützung und Kontrolle der Europäischen Bewegung, die britisch organiesiert wurde. Wegen ihre Nicht-Vertretung in den Führungsgremien der Europäischen Bewegung und wegen deren komplezierten Finanzierung durch den ACUE, protestierte in Frankreich sofort die UEF, die zeitweise mehr als 100.000 Mitglieder als stärkste Europabewegung hatte. Die Europäischen Bewegungen und vor allem die UEF wurden weiterhin bis in die 1960er Jahre, zum Teil bis zu über 50 %, über das ACUE finanziell unterstützt, wobei der US-Geheimdienst Office of Strategic Services (OSS) auch eine lenkende Funktion einnahm. [43]
Die Europäische Einigungsbewegung (französisch-britische Union Europe Movement), hatte auf ihren Europa-Kongress vom 7.- 10. Mai 1948 in Den Haag eingeladen, wo sich 722 Intellektuelle Persönlichkeiten der mehr als 40 nationalen Bewegungen aus 28 europäischen Ländern im historischen Rittersaal des Parlamentsgebäudes trafen . Davon waren 26 Gewerkschaftler, 153 Wirtschaftsvertreter, 271 Politiker darunter Parlamentarier, 6 ehemalige Premierminister, 14 aktive und 45 ehemalige Minister anwesend. Ehrengäste waren Prinzezin Juliana mit Prinz Bernhard. Duncan Sandys hatte den Kongress durch das „Internationalen Komitee der Bewegung für die Einheit Europas“ (ICMEU) bewerkstelligt. Durch seine Leitung und den taktischen Einladungen, waren die konservativen Unionisten in der Mehrheit, allerdings konnten die wichtigsten arrangierten Wegbereiter vom UEF natürlich anwesend sein. Unter anderem waren: René Courtin, Alexandre Marc, Hendrik Brugmans, Léon Blum, Paul van Zeeland, Salvador de Madariaga, Alcide de Gasperi, Paul Reynaud, Paul Ramadier, Józef Hieronim Retinger, Pierre-Henri Teitgen, Denis de Rougemont, Jacques Rueff, Henri Frenay, André Siegfried, Robert Schuman, Jean Monnet François Mitterrand, Harold Macmillan, Albert Coppé, Anthony Eden und Harold Macmillan. Für Deutschland waren 51 Personen u. a. mit Kornrad Adenauer, Heinrich von Brentano, Eugen Kogon und Walter Hallstein anwesend. Viele Mitglieder der britischen regierenden Labour-Party und einige andere Sozialisten konnten oder wollten nicht teilnehmen u. a. Paul-Henri Spaak. Alle Vertreter der europäischen Regierungen waren nicht offiziell anwesend, denn es handelte sich um eine rein private sog. Nichtregierungsorganisation (NGO) Veranstaltung. Der Ehrenpräsident Winston Churchill sprach in seiner Eröffnungsrede vom „Grand Dessein“, der Postum- Vision des Heinrich IV, die sein Staatsminister Duc de Sully, zur Befriedung Europas erdachte. Der Haager Kongress hatte es bewerkstelligt, das sich die Föderalisten und Unionisten einig wurden, denn die oberste Maxime lautete: „Nie wieder Krieg !“. Draußen und drinnen an der Wand hing das Banner der Einigungsbewegung mit dem roten „E“ als Symbol für die Europäische Einigung. Dieser „Europa-Kongress“ wurde zum Meilenstein der europäischen Einigungsgeschichte und es gab drei Resolutionen: Politik, Wirtschaft und Soziales, sowie Kultur, die in Arbeitsgruppen erarbeitet wurden. Allerdings konnten sich die föderalistischen Forderungen nur ansatzweise durchsetzen, zumal sie durch die Einladungstaktik in der Minderheit waren. In der Schlussresolution wurde der von den Föderalisten durchgesetzte Bergriff: „Souveränität“ wieder gestrichen. Die Vertreter aus 10 osteuropäischen Staaten bedauerten in einer gemeinsamen Erklärung, das sie nicht offiziell am Kongress teilzunehmen können und fügten hinzu: „Unsere Völker werden völlig Moskau (UdSSR) subordiniert, das ihnen jegliche Zusammenarbeit mit dem Okzident verbietet“. Von allen Delegierten wurde eine „Europäische beratende Versammlung“, ein „Europäischen Sonderrat“ zur Vorbereitung für eine Europäische Politische Union und einer Europäischen Wirtschafts Gemeinschaft, eine „Europäische Menschenrechtscharta“ sowie dafür einen „Gerichtshof“ gefordert. Die Konservativen setzten sich durch, das die Europäische Bewegung keine föderalistische Volksbewegung werden sollte. Am 9. Mai präsentierte sich der Kongress mit einer großen Kundgebung auf dem Amsterdamer Hauptplatz vor ca. 40.000 Menschen, was eine enorme Resonanz bewirkte und die Welt-Presse war begeistert.
Am 17. August 1948 wurde dann vor einem internationalen Komitee, ein zusammengefaßtes kurzes Memorandum vorgestellt und François de Menthon hatte sein Entwurf für eine „Verfassung für die Vereinigten Staaten von Europa“ vorgelegt. Beim nächsten Europa-Kongress der Einigungsbewegung sollte die „Europäische Bewegung“ als eine gemeinsame Organisationform zur dauerhaften Einrichtung gegründet werden. [45]
Die Europäische Bewegung (EB) wurde am 25. Oktober 1948 in Brüssel auf dem „Europa-Kongress“ gegründet. Eingeladen hatte das Internationalen Komitee der Bewegung für die Einheit Europas (ICMEU) der fünf großen europäischen Dachverbände. Diese waren, die von Altiero Spinelli und Alexandre Marc im Dezember 1946 gegründete föderalistische „Union européenne des Fédéralistes“ (UEF), die Mitglieder, der im März 1947 von René Courtin und Konrad Adenauer gegründeten und erst 1949 anerkannten christlichen „Nouvelles Equipes Internationales“ (NEI), die im März 1947 von Paul van Zeeland und Jacques Rueff gegründete ökonomiesche „Ligue Européenne de Coopération Economique“ (LECE), der von Duncan Sandys und Winston Churchill im Mai 1947 gegründeten liberal-konservativen „United Europe Movement“ (UEM) und die im Februar 1947 von André Philip und Jacques Robin gegründete sozialistische „Mouvement Socialiste pour les Etats-Unis d'Europe“ (MSEUE). Fast alle Persönlichkeiten der Dachverbände waren bereits beim „Haager Kongress“ aktiv und einige Mitglieder der „l'Union Parlementaire Européenne“ (EPU) waren nur privat anwesend. Die Tagung fand unter gemeinsamer Ehrenpräsidentschaft von Winston Churchill, Léon Blum, Alcide de Gasperi und Paul-Henri Spaak statt. Den sogenannten „Unterbau“ sollten die europäischen nationalen Sektionen der fünf großen Verbände bilden. Die EPU wollte allerdings als Organisation mit ihren anderen Vorstellungen nicht mitmachen. Geleitet wurde der Kongress von Duncan Sandys und Józef Retinger, wobei alle Persönlichkeiten vom Europa-Kongress am 10. Mai 1948, sich dieser privaten „Europäischen Bewegung“ anschlossen, um einen Einfluss auf die offizielle Politik der Regierungen zu nehmen. Damit konnte letztendlich ein großer Erfolg verbucht werden und den Weg zur „Vorbereitung der Europäischen Integration“ ebnen. Diese gemeinsame effizientere Organisationsform der Europäischen Bewegung, konnte unter anderem durch ihren Exekutivausschuß dazu beitragen, wirkungsvoller in der Öffentlichkeit gegenüber der Politik aufzutreten, um dort effektiver Einfluß zu nehmen. Eine Reihe von wichtigen Sachverständigen- und Fachkonferenzen, sowie Aktionsprogramme konnten in der darauffolgenen Zeit konkretisiert werden und jedes Land hatte unmittelbar danach eine nationale Sektion der Europäischen Bewegung gegründet. In einem weiteren Kongreß, der in Brüssel vom 25. bis 28. Februar 1949 stattfand, wurden die Vorschläge der EB präzisiert und die Gründung zum Europa-Rat vorbereitet. Bei der Wirtschafts-Konferenz der EB, vom 19. bis 25. April 1949 in Westminster, wurde die europäische Wirtschafts-Union mit einer freien Währungskonvertibilität und den Grundfreiheiten des freien Personen,- Kapital- und Güterverkehr beschlossen. Vom 8. bis 12. Dezember 1949 fand eine Kulturkonferenz in Lausanne statt und erst im Juli 1950 wurde letztendlich eine EB-Konferenz in Rom, für die Leitlinien der europäischen Sozialpolitik abgehalten. [46]
Die erste Europäische Politische Zusammenarbeit in West-Europa konnte letztendlich ab Mitte 1948 durch die guten Entwürfe und Vorbereitungen über das Medium der „Europäischen Bewegung“ bewerkstelligt werden. Die wichtigsten Persönlichkeiten der privaten nicht-gouvernementalen |Initiativgruppen konnten als sog. „Internationale Nichtregierungsorganisation“ (INGO) beratend tätig werden, weil Sie eben nicht über eine legislative oder exekutive Gewalt verfügen konnten und wollten. Einige Mitglieder, waren allerdings zum Teil, die wichtigsten europäischen politischen Persönlichkeiten in den fünf Regierungen des Brüsseler Pakts, indem sie mit dafür sorgten, das am 4. April 1949 der Nordatlantikvertrag (NATO) und am 5. Mai 1949 der Europarat ratifiziert werden konnte. Zu allen Vorbereitungen, wurden alle fünf europäische Vereinigungen und die Europäische Parlamentarier-Union hinzugebeten, um eine allgemeine europäische Einigkeit zu erzielen. Mit diesem System der guten Zusammenarbeit, konnte die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948, als eine eigene Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) verbessert und 1950 beschlossen werden, wobei dann später der zuständige Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte folgte. Anschließend wurde die „Europaplolitik zur Routine“ und unter weiterer Einflußnahme der Europäischen Bewegung, zu einer gewollten Berufsdiplomatie. Diese erfolgreiche besondere Art und Weise der Zusammenarbeit, zwischen einer privaten neutralen europäischen politischen Interessenvereinigungen und der praktischen offiziellen Europapolitik war „Einmalig“ und es wurde damit ein dauerhafter europäischer Frieden gesichert. Der Europäischen Union (EU) fehlt bis heute im Jahr 2024 immer noch eine klare politische Identität. Lange wurde den Bürgern die "Europäische Integration" primär nur als ein wirtschaftliches Unterfangen zum Objekt von Frieden und Freiheit vermittelt. Die EU-Verfassung war im Jahr 2004 auch aus innenpolitischen Erwägungen in Niederland und Frankreich gescheitert. Um die EU durch den EU-Vertrag zu festigen, fehlt die gemeinsame finanzielle Solidarität als echte Wirtschafts- und Währungsunion (Art. 3 (4) EU), sowie das grenzüberschreitende Tarif- und Streikrecht innerhalb der EU[47]
Die Europäische Union mit ihren 27 Staaten wäre bis heute noch nicht so weit fortgeschritten ohne die Visionen und den Mut der vielen Wegbereiter und Vordenker. Alle diese Persönlichkeiten hatten sich deutlich für ein friedliches, demokratisches, föderatives und wirtschaftlich soziales, sowie politisch vereintes Europa eingesetzt, so dass sie alle den Friedensnobelpreis und / oder den Karlspreis verdient hätten. Einige mussten wegen ihren europäischen Vorstellungen sehr leiden und auch einige ihr Leben lassen.
Ab 1946 schafften es „Große Organisationen und Gründerväter“, dass sich die verschiedenen Vorstellungen, Richtungen, der europäischen Verbände und Organisationen einig wurden, so das am 9. Mai 1950 der wichtige von Jean Monnet erarbeiteten Plan von Robert Schuman erklärt[48] werden konnte und die „Europäische Integration“ 1951 mit der Gründung des EGKS-Vertrags begann[49]. Am 25. März 1957 wurde in Rom mit den Römische Verträge der Grundstein für die Europäische Union gelegt. Die ab 1961 abgeschottete Wohlstands–Grenze war 1989 mit Wegfall vom Eiserner Vorhang durch die deutsche Wiedervereinigung friedlich ohne Waffen gefallen !
Deswegen haben Wir heute in der „Europäischen Union“, den am längsten bestehenden Frieden in unserer Geschichte, der ab der Stunde Null schon 79 Jahre als „Oase des Friedens“ besteht und deshalb wurde am 10. Dezember 2012 die EU für ihren Einsatz für Frieden, Versöhnung, Demokratie und Menschenrechte in Europa[50], mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. [51]
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