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Vorteilsbeschaffung durch Verwandte Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Vetternwirtschaft oder Nepotismus bezeichnet eine übermäßige Vorteilsbeschaffung durch und für Familienangehörige oder andere Verwandte (oder enge Freunde).[1] Beispiele für diese Bevorzugung sind die Gewährung von ungewöhnlich günstigen Vertragskonditionen untereinander oder die Unterlassung notwendiger Prüfungen bei Verwandten zu Lasten einer Institution oder eines Unternehmens, in denen ein Familienmitglied eine leitende Position innehat. Auch Schiebung kann eine Form der Vetternwirtschaft sein. Selten gebraucht wird die weibliche Form Cousinenwirtschaft als Bevorzugung von weiblichen Verwandten und Freundinnen bei Stellenbesetzungen, Auftragsvergaben und Ähnlichem ohne Bezug zur fachlichen Eignung.[2]
In schwäbischen Mundarten ist die Bezeichnung Vetterleswirtschaft üblich, in alemannischen Mundarten Vetterliwirtschaft. Bei einer Günstlingswirtschaft sind keine Familienangehörigen, sondern andere Personen die Nutznießer des verschafften Vorteils (vergleiche Klientelpolitik). Im bairischen Sprachraum heißt es ungeachtet einer familiären Verbandelung Spezlwirtschaft (Spezi, Spezl: „Freund“), in Österreich Freunderlwirtschaft oder Filz[3][4][5], im Rheinland bekannt als Klüngel.
Die Bezeichnung „Vetternwirtschaft“ (von „Vetter“, zur Bedeutung und Wortherkunft siehe dort) kam erst im 20. Jahrhundert auf und wird zur Jahrtausendwende häufiger verwendet als „Nepotismus“.[6]
Das Wort „Nepotismus“ ist abgeleitet vom lateinischen nepōs („Enkel, Urenkel, Neffe, Nachkomme“).[7] Vergleichbare Bezeichnungen bestehen bereits im Altindischen (nápāt „Abkömmling, Enkel, Sohn“) und im Altgriechischen (anepsiós „Geschwisterkind; Geschwistersohn, Neffe“). Nepos war zum einen die konkrete Bezeichnung für einen Neffen (oder Enkel), zum anderen die Bezeichnung für Nachkommen im Allgemeinen. Im mittelalterlichen Latein bezeichnet Nepos dann übergreifend jeden Verwandten, ohne dass auf den Verwandtschaftsgrad zurückgeschlossen werden könnte. In die französische Sprache kommt das Wort als neveu (Neffe), ins Englische als nephew. In der deutschen gehobenen Umgangssprache wurde mit spöttischem Beiklang, vermittelt über das Französische, das aus der lateinischen Form nepotem abgeleitete Wort Neveu oder Nevö bis 1914 verwendet (bis zur damaligen Kampagne gegen Wörter französischer Herkunft). Das von nepos abgeleitete Wort Nepot für einen begünstigten jüngeren Verwandten (meist in der Politik) ist veraltet.
Gemäß Friedrich Kluges Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache kann das Wort „Neffe“ wie lateinisch nepos auf indogermanisch népōt („Enkel“, vielleicht in der Grundbedeutung „schutzlos“) zurückgehen. Die Bedeutungen (althochdeutsch nëvo, mittelhochdeutsch nëve, daraus frühneuhochdeutsch nefe, seit dem 17. Jahrhundert Neffe) schwanken zwischen „Schwestersohn“, „Brudersohn“, „Enkel“, „Vetter“ und „Oheim“.[8]
Vetternwirtschaft gab und gibt es in und zwischen Herrscherhäusern. Innerhalb des europäischen Hochadels gab es stets Verwandtschaften über Staatsgrenzen hinweg, teilweise zustande gekommen durch Vernunftehen oder arrangierte Heiraten. Diese Verwandtschaften beeinflussten auch das Entstehen und Vergehen von Allianzen, Bündnissen und Koalitionen.
Berühmt und berüchtigt war die praktizierte Kardinalsvetternwirtschaft der Bischöfe und Päpste in Mittelalter und Neuzeit. Einen großen Aufschwung erfuhr er durch die avignonesischen Päpste Clemens V., Johannes XXII., Clemens VI. und Innozenz VI. im 14. Jahrhundert. Den Höhepunkt erreichte die päpstliche Vetternwirtschaft vom 15. bis zum 17. Jahrhundert, als den päpstlichen Verwandten ganze Teilgebiete des Kirchenstaats zu Lehen gegeben wurden, um eigene Fürstentümer zu errichten (siehe dazu Nepotismus am Heiligen Stuhl).
In Frankreich wird die Bezeichnung népotisme für die durch gemeinsame akademische oder dienstliche Karrieren entstehenden Abhängigkeiten und Begünstigungen benutzt, die insbesondere den öffentlichen Dienst und den großen staatlich kontrollierten, formal privatwirtschaftlichen Bereich durchdringen (etwa bei Energie- und Versorgungswirtschaft, Bahn, Film und Kultur).
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