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Psychologe, Menschenrechtsaktivist Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Thomas Gebauer (* 4. April 1955 in Konstanz am Bodensee) ist ein deutscher Psychologe. Er war von 1996 bis 2018 Geschäftsführer von medico international.
Gebauer besuchte die Hohe Landesschule in Hanau. Nach dem Abitur studierte er Psychologie und Soziologie an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main, spielte Theater und engagierte sich in der politischen Jugendarbeit. 1979 schloss er das Studium mit einem Diplom in Psychologie ab. Seitdem ist Gebauer für die Frankfurter Hilfsorganisation medico international tätig. Dort war er zunächst als Mitarbeiter in der Öffentlichkeitsabteilung beschäftigt, dann als Leiter des Projektbereichs und von 1996 bis 2018 als Geschäftsführer[1][2]. Von 2019 bis Ende 2020 war er Sprecher der Stiftung medico international[3], seit 2021 ist er ehrenamtliches Mitglied im Kuratorium der Stiftung[4].
Beeinflusst von der Kritischen Theorie hat sich Gebauer mit der Entwicklung eines kritischen Begriffs von Hilfe beschäftigt. Grundlegend sind für ihn dabei ein politisches Verständnis von humanitärem Handeln, die ideologiekritische Analyse von Hilfe im Kontext von Hegemonie und ein politischer Menschenrechtsbegriff.[5] Überzeugt von der gesellschaftlichen Bedingtheit von Gesundheit, setzt sich Gebauer für eine Solidaritätspraxis ein, die auf die Schaffung von sozial gerechten und demokratisch verfassten Verhältnissen zielt. Bereits Mitte der 1980er Jahre begründete Gebauer den psychosozialen Arbeitsschwerpunkt von medico international und arbeitete dabei mit der Psychoanalytikerin Marie Langer zusammen,[6] die von ihrem mexikanischen Exil aus beim revolutionären Umbruch Nicaraguas half. Über Marie Langer lernte er die Ethnopsychoanalytiker Goldy Parin-Matthèy und Paul Parin kennen, mit denen er bis zu deren Tode in einem regen Austausch stand.
Im Zuge der Betreuung von Kriegsversehrten stieß Gebauer Ende der 1980er Jahre auf das Problem der Landminen. Gemeinsam mit Bobby Muller, dem Präsidenten der „Vietnam Veterans of America Foundation“, rief er 1991 die Internationale Kampagne zum Verbot von Landminen (ICBL) ins Leben,[2] die innerhalb weniger Jahre zu einer weltweiten Bewegung wurde.[7] Für ihren Anteil am Zustandekommen der „Internationalen Konvention zum Verbot von Antipersonenminen“ (kurz: Ottawa-Konvention) wurde die Kampagne 1997 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Gebauer gehörte zur Delegation der ICBL, die den Preis in Oslo entgegennahm.[8]
In den Folgejahren hat sich Gebauer vor allem mit den politisch-ethischen Dimensionen von Hilfe und Solidarität auseinandergesetzt. Immer wieder übte er Kritik an der Instrumentalisierung der Menschenrechte für die machtpolitische Sicherung bestehender Ungleichheit.[9] Ausdruck der von ihm beschriebenen „Versicherheitlichung von Politik“ sei die Überlagerung von Recht und Gerechtigkeit durch einen alles dominierenden Sicherheitsdiskurs,[10] aber auch Veränderungen in den Strategien der Kriegsführung.[11] Zugleich verteidigt er ein auf Emanzipation zielendes solidarisches Engagement gegen dessen, so Gebauer, zunehmende Reduzierung auf eine technokratische Anpassungspraxis. Hilfe gelte es immer zugleich zu verteidigen, zu kritisieren und zu überwinden.[12] Voraussetzung für strukturelle Veränderungen auf internationaler Ebene ist für Gebauer die Existenz einer unabhängigen transnationalen Öffentlichkeit, die erst im Prozess des Werdens sei.
Gebauer engagiert sich in internationalen Netzwerken, u. a. im weltweit tätigen „People‘s Health Movement“, und wirkt bei der Entwicklung globaler gesundheitspolitischer Strategien mit, die Gesundheit als globales Gemeingut begreifen, das nur in solidarischer Zusammenarbeit und Verantwortung verwirklicht werden könne.[13] Er gehört auch zu den Initiatoren der Joint Action and Learning Initiative, einer internationalen Plattform, die sich für eine Rahmenkonvention für globale Gesundheit einsetzt.[14] Sie greift u. a. die von ihm vertretene Idee auf, die bisherige interessengeleitete globale Gesundheitsfinanzierung durch einen völkerrechtlich bindenden Vertrag über einen Ausgleichsfinanzierungsmechanismus zu ersetzen (Globalisierung des Solidarprinzips).[14]
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