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Große Kreisstadt im Vogtlandkreis, Sachsen, Deutschland Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Reichenbach im Vogtland (vogtländisch Reignbach) ist eine Große Kreisstadt mit 20.273 Einwohnern (Stand 31. Dezember 2023) im sächsischen Vogtlandkreis.
Wappen | Deutschlandkarte | |
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Basisdaten | ||
Koordinaten: | 50° 37′ N, 12° 18′ O | |
Bundesland: | Sachsen | |
Landkreis: | Vogtlandkreis | |
Verwaltungsgemeinschaft: | Reichenbach im Vogtland | |
Höhe: | 380 m ü. NHN | |
Fläche: | 34,47 km2 | |
Einwohner: | 20.273 (31. Dez. 2023)[1] | |
Bevölkerungsdichte: | 588 Einwohner je km2 | |
Postleitzahlen: | 08468, 08491 (Jägerhaus), 08499 (Mylau, Obermylau) | |
Vorwahl: | 03765 | |
Kfz-Kennzeichen: | V, AE, OVL, PL, RC | |
Gemeindeschlüssel: | 14 5 23 340 | |
LOCODE: | DE RIV | |
Adresse der Stadtverwaltung: |
Markt 1 08468 Reichenbach im Vogtland | |
Website: | www.reichenbach-vogtland.de | |
Oberbürgermeister: | Henry Ruß (Die Linke) | |
Lage der Stadt Reichenbach im Vogtland im Vogtlandkreis | ||
Die Stadt liegt in Südwestsachsen, etwa 18 km von Plauen und 19 km von Zwickau entfernt. Der Ort auf rund 380 m liegt im sächsischen Teil des Vogtlandes. Durch den heutigen Stadtteil Mylau, der früher eine eigene Stadt war, fließt die Göltzsch. Die vergleichbar große Stadt Greiz, im thüringischen Vogtland gelegen, befindet sich nur rund 5 km nordwestlich.
Stadt Greiz im Landkreis Greiz | Gemeinde Mohlsdorf-Teichwolframsdorf im Landkreis Greiz | Gemeinde Neumark im Vogtlandkreis |
Stadt Netzschkau im Vogtlandkreis | Gemeinde Heinsdorfergrund im Vogtlandkreis | |
Gemeinde Limbach im Vogtlandkreis | Stadt Lengenfeld im Vogtlandkreis |
Zu Reichenbach gehören die Ortsteile Brunn, Cunsdorf, Friesen, Mylau, Obermylau, Oberreichenbach, Rotschau und Schneidenbach. Seit dem Jahr 2000 besteht die Verwaltungsgemeinschaft Reichenbach im Vogtland, der Reichenbach und Heinsdorfergrund angehören.
Die Ursprünge der Stadt liegen vermutlich in einer slawischen Ansiedlung am Raumbach. Im Jahre 1085 soll der Naumburger Bischof Günther I. von Wettin im Zuge deutscher Besiedelung eine hölzerne Kirche geweiht haben.[2][3] Diese wurde um 1100 in Stein ausgeführt, bald darauf jedoch von einfallenden heidnischen Slawen zerstört und um 1140 wieder aufgebaut. Nachweislich ließen sich Anfang des 12. Jahrhunderts auch fränkische Siedler nieder. Um 1180 erfolgte schließlich die großräumige Besiedlung des nördlichen Vogtlandes durch Deutsche. Der Ort entwickelte sich im Tal nahe der Burg Mylau in verkehrsgünstiger und sicherer Lage schnell zu einer aufstrebenden Kleinstadt. Im Jahre 1224 ist in Reichenbach ein Herrensitz erwähnt, der einst Vorwerk der Burg Mylau war. Er unterstand ab 1270 den Vögten von Plauen.
Der Name, damals noch Richenbach, vermutlich nach den wasserreichen Bächen im Gebiet der heutigen Altstadt benannt, ist urkundlich erstmals 1212 belegt, die jedoch ältere Siedlung erhielt schon um 1240 Stadtrecht und wird in einer Urkunde von 1271 als „civitatis richenbach“, also befestigte Kleinstadt mit Verteidigungs-, Handels- und Selbstverwaltungsrechten, erwähnt.
Reste der mittelalterlichen Stadtbefestigung sind noch am Sebastian-Bach-Platz in größerem Umfang sichtbar, an die ehemaligen Stadttore erinnert unter anderem der Straßenname Mylauer Tor zwischen Markt und Roßplatz, dem ehemaligen Viehmarkt. Der Standort des Oberen Tores ist durch die Nachbildung einer kursächsischen Postmeilensäule aus dem Jahre 1724 markiert. Der genaue Verlauf der einstigen Stadtmauer ist anhand eines historischen Stadtmodells im Neuberinmuseum erkennbar. Erstaunlich ist hierbei die Lage der Stadtkirche St. Peter und Paul, deren älteste Teile im Turmfuß ebenfalls aus dem 12. Jahrhundert stammen, außerhalb der Befestigung, was auf wahrscheinlich hölzerne Vorgängerbauten oberhalb der fränkischen Siedlung – also zwischen Altstadt und ummauerter Stadt – hinweist.
Reichenbach wurde 1336 von den Böhmen erobert und im Jahr 1367 durch Heinrich Reuß, Vogt von Plauen, dem deutschen Kaiser und böhmischen König Karl IV. mit den umliegenden Dörfern verkauft. Im Jahr 1422 erfolgte die Verpfändung der Stadt an die Wettiner. Reichenbach wurde im Frühjahr 1430 samt Kirche von Hussiten völlig zerstört. Aufgrund seiner günstigen Lage wurde es wieder aufgebaut und entwickelte sich zu einer regional bedeutsamen Handwerker- und Händlersiedlung. Im 15. Jahrhundert kam Reichenbach an die Herren von Metzsch, welche den Umbau der damaligen Burg zum Wohnschloss vornahmen. Die urkundliche Nennung des Herrensitzes als Rittergut ist für 1577 belegt. Die Familie von Metzsch saß über die Jahrhunderte auf Reichenbach und musste zwei Brände ihres Schlosses in Kauf nehmen.
Nach dem Dreißigjährigen Krieg etablierte sich die Tuchmacherei und brachte Wohlstand in die Stadt. Nach vorangegangenen Stadtbränden bemühte man sich auch um größere Feuersicherheit, allerdings vorerst ohne Erfolg. 1681 brannten 135 Wohnhäuser nieder. 1690 erließ der Rat eine Feuerlöschordnung. Zu jener Zeit waren um die 300 Tuchmacher in der Stadt tätig, bis 1720 waren es etwa 500. Am 17. August 1720 ereignete sich ein weiterer Stadtbrand, bei dem etwa 500 der 700 Wohnhäuser vernichtet wurden. Die weitgehende Zerstörung des Ortes führte zu einem wirtschaftlichen Niedergang, da viele Handwerker den Ort verließen und sich andernorts eine neue Existenz aufbauten.[4] Nachdem 1773 das Schloss teilweise wieder aufgebaut worden war, erforderte der Brand von 1833 einen kompletten Neubau. 1856 übernahm die Stadt Reichenbach das Herrenhaus und eröffnete darin 1875 ein Museum.
An die als bedeutende Poststraße genutzte alte Frankenstraße im Verlauf der heutigen B 173 („Hofer Chaussee“) erinnert neben der kursächsischen Distanzsäule im Zentrum auch die noch zum Teil erhaltene kursächsische Ganzmeilensäule am Gasthaus Schwarze Katze in Oberreichenbach.
Reichenbach kam im 16. Jahrhundert mit der Herrschaft Mylau an das kursächsische bzw. spätere königlich-sächsische Amt Plauen, dem der Ort bis 1856 unterstand.[5] 1856 wurde Reichenbach Sitz des Gerichtsamts Reichenbach. 1875 wurde die Stadt der Amtshauptmannschaft Plauen angegliedert.[6]
1833 wurde das historische Rathaus in der Mitte des Marktplatzes als markantestes Gebäude bei einem erneuten Stadtbrand zusammen mit Wohnquartieren und einem ganzen Scheunenviertel vernichtet. 1846 beschleunigte die Eröffnung des ersten Reichenbacher Bahnhofs als vorläufige Endstation der Bahnstrecke Leipzig–Hof (Sächsisch-Bayerischen Eisenbahn) die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt. Von der Eisenbahn gingen in den folgenden Jahren mit Streckenerweiterungen und Neubauten in Richtung Nürnberg und in die Orte des Umlandes immer wieder Impulse für Industrieansiedlungen aus. So eröffnete 1895 die Bahnstrecke Reichenbach–Göltzschtalbrücke und 1902 die Rollbockbahn. Streckenabschnitte der längst verschwundenen Nebenbahnen sind noch heute im Reichenbacher Stadtbild erkennbar.
Die Industriebetriebe lockten zahlreiche neue Bewohner in die Stadt, die hauptsächlich in den Kammgarn- und Streichgarnspinnereien oder Webereien Arbeit fanden. Zu einer exportorientierten, international bekannten Firma entwickelte sich zum Beispiel die 1883 gegründete Woll- und Seidenweberei Schultz & Donner. Zudem siedelten sich metallverarbeitende Betriebe an und im frühen 20. Jahrhundert folgte unter anderem die Papierherstellung und -verarbeitung.
August Horch setzte seinen Innovations- und Unternehmergeist von 1902 bis 1904 ebenfalls in Reichenbach in die Tat um und baute mit dem Horch Tonneau das erste sächsische Automobil. Im Jahre 1903 stellte er das erste deutsche Auto mit einem Vierzylindermotor vor, das Modell 3 mit einem Hubraum von 2382 cm³ und einer Leistung von 22 PS (16 kW).
Das Städtische Elektrizitätswerk mit Überlandzentrale machte Reichenbach 1909 zu einer modernen Stadt. Der 1926 nach einem Entwurf von Stadtbaumeister Rudolf Ladewig errichtete Wasserturm sicherte den gestiegenen Wasserbedarf der Stadt. Im gleichen Jahr wurde der Grundstein für den ebenfalls von Ladewig geplanten und 1928 vollendeten Neubau der Höheren Textilfachschule gelegt, die heute ein Standort der Westsächsischen Hochschule ist.
1924 wurde Reichenbach bezirksfrei.
Am 28. Juni 1925 wurde erstmals eine Bergprüfungsfahrt des ADAC an der Strecke Reichenbach-Schwarze-Tafel-Mühlwand durchgeführt. Diese „Mühlwander Bergrennen“ wurden von 1921 bis 1981 vom Alaunwerk zur „Schwarzen Tafel“ durchgeführt. Im Jahr 2004 lebte diese Tradition mit historischen Rennwagen und Motorrädern wieder auf.
Mit der Landung des Luftschiffs LZ 127 „Graf Zeppelin“ in Brunn am 28. September 1930 erlebte die Region ein Spektakel, dem über 130.000 begeisterte Zuschauer beiwohnten.[7]
Auch Reichenbach wurde von den Gewalttaten des Nationalsozialismus nicht verschont, die hier mit der Gründung der NSDAP-Ortsgruppe im August 1923 ihren Anfang nahmen. Direkt nach der Machtübernahme Hitlers 1933 setzten Durchsuchungen von Parteiheimen, Häusern und Wohnungen ein, die in der Besetzung des Volkshauses (heutiges Stadthaus am Markt) und dem Hissen von Hakenkreuz- und SS-Fahne ihren vorläufigen Höhepunkt fanden. Ab März 1933 setzten Verhaftungen unliebsamer Personen, wie etwa SPD- und KPD-Funktionären, sowie Abgeordneter und Oberbürgermeister Dr. Karl Kühn ein. Unter den Verhafteten war auch der aus Chemnitz stammende Reichstagsabgeordnete Albert Janka (KPD). Die Gefangenen wurden im damaligen „Volkshaus“ inhaftiert, verhört und gefoltert. Einige Gefangene, darunter auch Janka, überlebten die Torturen nicht. Die übrigen wurden später in das KZ Sachsenburg überführt.[8]
Die kleine jüdische Gemeinde Reichenbachs verzeichnete zur Volkszählung am 16. Juni 1933 noch 19 Mitglieder, die in den folgenden Jahren schrittweise deportiert wurden. Letztmals waren zum 31. Dezember 1940 noch vier jüdische Mitbürger zu verzeichnen.[9]
Während des Zweiten Weltkriegs wurden im Zuge von Metallsammlungen private Eisenzäune, vier Denkmäler, vier Kirchenglocken, Inventar des Heimatmuseums und Einrichtungsgegenstände (Waschbecken) aus den Reihen der Friseurinnung für die Rüstungsindustrie geopfert.[10]
Nachdem in den Vorjahren bereits 186 Fliegeralarme zu verzeichnen waren, wurde am 21. März 1945 Reichenbach erstmals direkt angegriffen. Bei dem amerikanischen Bombenangriff durch 34 B-17 Bomber wurden 161 Menschen getötet, 73 Gebäude komplett zerstört und 675 beschädigt.[11] Die damalige Albertschule, heute Friedensschule, wurde zu dieser Zeit als Lazarett genutzt; der Schutzbunker davor sollte die Bewohner vor derartigen Angriffen schützen.
Der Bahnhof wurde nur leicht beschädigt, und es ging nur die Bebauung im heutigen „Park des Friedens“ und entlang der Bahnhofstraße verloren. Die bedeutendsten Bombenopfer waren der „Kaiserhof“ an der Stelle des heutigen Neuberinhauses, Gasthof und Hotel „Goldenes Lamm“ an der Stelle der heutigen Sparkasse am Postplatz und die Großdruckerei Carl Werner.
Am 17. April 1945 wurde die Stadt Reichenbach, nachdem sie von Oberbürgermeister Otto Schreiber auf Drängen des Feuerwehr-Unterführers Hermann Thoß[12] entgegen den Befehlen kampflos übergeben worden war, von US-amerikanischen Truppen besetzt, die wiederum am 1. Juli 1945 von der Sowjetarmee abgelöst wurden. Die kampflose Übergabe der Stadt an die US-Amerikaner ersparte Reichenbach ein Inferno dreier Bombenangriffe.
Aufgrund der Lage in der Sowjetischen Besatzungszone gehörte Reichenbach ab 1949 zur neu gegründeten DDR und wurde Kreisstadt des 55.000 Einwohner zählenden neuen Kreises Reichenbach im Bezirk Chemnitz (1953 in Bezirk Karl-Marx-Stadt umbenannt), nachdem es seine Bezirksfreiheit verloren und kurzzeitig dem Kreis Plauen-Land angehört hatte. Bekannt war Reichenbach durch die zahlreichen Kalender und Ansichtskarten vom Verlag Bild und Heimat.
Reichenbach blieb weiterhin Kreisstadt des nun sächsischen Landkreises Reichenbach, verlor jedoch nach der Deutschen Wiedervereinigung neben vielen Arbeitsplätzen zahlreiche Einwohner. 1995 wurde die Stadt Teil des Vogtlandkreises und war somit nicht mehr Kreisstadt, behielt jedoch zahlreiche Stellen des neuen Landratsamtes und erhielt den Titel Große Kreisstadt. Am 1. Mai 2003 wurde die Stadt von Reichenbach/Vogtl. in Reichenbach im Vogtland umbenannt.[13] Vom 7. bis 9. September 2007 fand in Reichenbach der Tag der Sachsen statt.
Die Stadt profitiert von ihrer Lage an der A 72 zwischen den Oberzentren Plauen und Zwickau und der Nachbarschaft zur thüringischen Kreisstadt Greiz. Sie selbst ist als Mittelzentrum in der langfristigen Raumordnung verankert, sodass mittlerweile zahlreiche neue Arbeitsplätze in den Industrie- und Gewerbegebieten entstanden sind. Das Stadtbild ist von sanierten Gründerzeitbauten und Wohngebieten verschiedener Art geprägt und verlor vor allem im Rahmen der 5. sächsischen Landesgartenschau (1. Mai – 18. Oktober 2009) und von Stadtumbauprogrammen die einst charakteristische Dichte von historischen, aber wenig ansehnlichen Industriebauten.[14]
Gleichwohl wurden und werden auch vergleichsweise historisch wertvolle Gebäude in der Innenstadt abgerissen und Überkapazitäten in den DDR-Großwohnsiedlungen am Stadtrand abgebaut. Insbesondere in der Innenstadt versucht die Stadtverwaltung mit Grünflächengestaltung und Schaffung von Parkmöglichkeiten auf den entstandenen Brachflächen die Attraktivität zu steigern.[15] In einigen Bereichen (Am Graben, Kirchgasse, Johannisgasse, Obere und Untere Dunkelgasse) ist das für eine Altstadt typische Stadtgefüge durch Abrisse erheblich beeinträchtigt.
Oberreichenbach wurde am 1. Januar 1908 eingemeindet. Cunsdorf folgte am 1. April 1924.[16] Brunn und Friesen wurden am 1. März 1994 eingegliedert[17], Rotschau am 1. Januar 1996.[18] Schneidenbach kam am 1. Januar 1999 hinzu.[19]
Zum 1. Januar 2016 fusionierten Mylau (mit dem am 1. Januar 1996 eingemeindeten Obermylau) und Reichenbach im Vogtland zur neuen Stadt Reichenbach im Vogtland.[20]
Entwicklung der Einwohnerzahl (ab 1960 31. Dezember):
1834 bis 1925
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1933 bis 1984 |
1990 bis 2004
|
2005 bis 2014
|
2015 bis 2022
|
Datenquelle ab 1998: Statistisches Landesamt Sachsen
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