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deutscher Reformpädagoge und Schriftsteller Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Martin Otto Rudolf Luserke (* 3. Mai 1880 in Berlin;[1] † 1. Juni 1968 in Meldorf, Holstein) war ein deutscher Reformpädagoge, Barde, Erzähler, Schriftsteller und Theaterschaffender.[2] Er gehörte zu den bedeutenden Persönlichkeiten der deutschen Reformpädagogik[3] und gilt als ein Wegbereiter der heutigen Erlebnispädagogik.[4] Er war Mitgründer der Freien Schulgemeinde in Wickersdorf und der Schule am Meer auf Juist, Initiator und Mitgründer der ersten auf einer Insel im Meer angesiedelten reformpädagogischen deutschen Schule und Initiator der einzigen freistehenden Theaterhalle einer deutschen Schule.
Als herausragende pädagogische Leistung Luserkes wird die Einführung des „Darstellenden Spiels“ (Laienspiel),[5] das sich vom professionellen Theater abgrenzte,[6] in die Schul- und Jugendarbeit betrachtet. Dieses wurde auch in die Jugendbewegung integriert.[2][7] Er gilt daher als Begründer des Laienspiels an den Schulen Deutschlands. Die Begriffe „Bewegungsspiel“[8] und „Darstellendes Spiel“[9] gehen auf Luserke zurück. Als erster Pädagoge entwickelte Luserke eine eigene Theorie des Schultheaters.[10]
Martin Otto Rudolf Luserke, geboren in der Großgörschenstraße 65 in der Schöneberger Vorstadt,[11][1] war einer von drei Söhnen des Carl Friedrich Wilhelm Luserke (1851 in Breslau; † 30. Dezember 1931 in Klotzsche) und dessen aus Westfalen stammender Ehefrau Amalie Elisabeth (* 28. Oktober 1855 in Osnabrück; † 5. Februar 1942 in Dresden), geborene Lindhorst.[12][13][14] Die Familie Luserke stammte ursprünglich aus Breslau in Schlesien, väterlicherseits seit vielen Generationen Zimmerleute.[15] Sein Vater hatte nach einer mit 14 Jahren begonnenen Maurerlehre durch ein Stipendium ohne Reifeprüfung an der Technischen Hochschule Aachen studiert. Er war dann als technischer Zeichner an der Errichtung des Anhalter Bahnhofes beteiligt und später als Bauleiter tätig, bezeichnete sich selbst als Architekt.[11] Als Prüfungsbeauftragter eines Berliner Hochbauamtes[16] konnte sich seine Familie ein eigenes Haus in der gutbürgerlichen Tempelhofer Kaiserin-Augusta-Straße leisten.[11] Martin Luserke hatte einen älteren Bruder, Johannes Fridrich Wilhelm (* 6. April 1877 in Berlin; † 4. April 1949 in Dresden),[17] und einen jüngeren Bruder, Otto Karl Gottfried (* 19. November 1887 in Berlin).[18]
In seiner Kindheit und Jugend hatte Martin Luserke Gelegenheit, den Hamburger Hafen, die Elbe und die deutsche Nord- und Ostseeküste kennenzulernen, darunter per Segelboot und Dampfschiff auch die ostfriesische Insel Spiekeroog und die Insel Helgoland in der Deutschen Bucht. Den schriftlichen Erinnerungen seiner Mutter zufolge fühlte er sich schon sehr früh zum Meer hingezogen.[19] Die Eltern verweigerten ihrem Sohn jedoch den Wunsch, zur See zu gehen.[20] Er wird als ein lebhaftes und phantasiebegabtes Kind beschrieben und scheute offenbar keine Waghalsigkeit, um das Meer und die Wellen zu erleben.[11]
Ab dem Alter von zehn Jahren soll Luserke Werke von Schiller gelesen haben, mit 13 Jahren Shakespeare, Goethe und Ibsen – umfänglich und mit großer Intensität.[21][22] Den ersten Kontakt mit dem Theater soll er im Alter von etwa fünfzehn Jahren am Schauspielhaus Berlin gehabt haben, wo er eine Max-Reinhardt-Inszenierung des Schauspiels Wilhelm Tell nach Friedrich Schiller miterlebte.[23] Allerdings sollen dabei seine phantasievollen Erwartungen, die sich durch die vorherige Lektüre des Werks gebildet hatten, maßlos enttäuscht worden sein, was offenbar auf die von ihm als überbordend üppig empfundene und ablenkende Kulisse zurückzuführen war.[24][15] Seine eigenen Bilder im Kopf ließen sich mit dem Illusionstheater auf der Profibühne nicht in Einklang bringen. Dies war womöglich ein Anlass für ihn, daraus Schlüsse für das eigene spätere Theaterschaffen zu ziehen.
Im Alter von fünfzehn Jahren brach Luserke mit seinem Elternhaus. Als ein wesentlicher Auslöser dafür gilt der Moment, als ihm seine Mutter eine heimlich gelesene fünfbändige Gesamtausgabe von William Shakespeare wegnahm und verbrannte.[25][23] Daraufhin versuchte der Schüler Luserke, die unterbrochene Lektüre des letzten Stücks Der Sturm für sich selbst zu Ende zu dichten.[15]
Die achtunddreißig Jahre später erfolgte reichsweite Bücherverbrennung der Nationalsozialisten am 10. März 1933 musste Luserke daher als ein Déjà-vécu-Erlebnis empfinden, als Begrenzung seiner latenten Bestrebungen nach Selbstbestimmung.
Seinem etwa 1895 datierten Bruch mit dem eigenen Elternhaus lag ein von ihm als einengend und „unfroh“ empfundenes kleinbürgerliches Familienleben mit großer Autoritätsgläubigkeit und „durchkälteter“ Religiosität zugrunde, in dem weltliche oder als unchristlich charakterisierte Literatur keinen Platz hatte.[20] Als Kind wurde Luserke zur Strafe in den Keller des Hauses gesperrt, an dessen Wand er mit Kreide „Jungenarrestanstalt!“ schrieb.[11] Freies Denken, Diskutieren und Handeln erschienen ihm dadurch von ganz besonderer Bedeutung, auch für seine späteren Schüler, Kollegen und Mitarbeiter. Andere Meinungen und Lebensentwürfe waren für ihn daher kein Ausschlussgrund, wohl aber Handlungen gegen die „Schulgemeinde“ (Gemeinschaft).
Am 30. September 1908 heiratete er Marie Anna „Annemarie“ Elisabeth Gerwien (* 15. Februar 1878 in Erfurt; † 4. Oktober 1926 in Juist), die er durch seine Lehrtätigkeit für die Freie Schulgemeinde in Wickersdorf kennengelernt hatte. Sie stammte aus einer alten preußischen Offiziersfamilie und war Tochter des Oberstleutnants a. D. Paul Vincenz Gerwien (* 7. Dezember 1843 in Neisse; † 12. September 1923 in Dresden)[26][27][28] und dessen Ehefrau Julie Elisabeth Auguste (* 28. Oktober 1855 in Berlin; † 17. September 1932 ebenda), geb. Riese.[29] Marie Anna Elisabeth Gerwien war dort seit 1906 als Hausdame beschäftigt,[30] gab bei der standesamtlichen Eheschließung jedoch an, keinen Beruf auszuüben. Beide Trauzeugen kamen von Seiten der Braut. Martin Luserke gab an, sein Vater sei Architekt.[31]
Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor, eine Tochter und drei Söhne, Ursula (* 20. Januar 1910 in Wickersdorf; † 5. November 1987 in Freiburg im Breisgau durch Unfall), Klaus (* 6. Oktober 1912 in Wickersdorf), Heiner (* 4. August 1914 in Wickersdorf; † 19. Februar 1992) und Dieter (* 15. September 1918 in Wickersdorf; † 17. Februar 2005).[32][33]
Von den Schülern an der Freien Schulgemeinde und später der Schule am Meer wurde Luserke mit „Lu“ und seine Ehefrau mit „Frau Lu“ angesprochen.[34] Das Kürzel „Lu“ wurde von seinen Schülern auch an der Meldorfer Gelehrtenschule noch genutzt.
Zwischen 1938 und 1968 führte ihm Auguste Schwarting den Haushalt.[35] In seinen letzten Lebensjahren betreute ihn auch seine Tochter Ursula.
Auf Veranlassung seiner Eltern besuchte Luserke keine staatliche Schule, sondern zunächst die Knabenschule der Herrnhuter Brüdergemeine in Berlin. Seine stark pietistisch geprägten Eltern schickten ihn im Alter von vierzehn Jahren zur Lehrerausbildung auf das Herrnhuter Lehrerseminar im niederschlesischen Niesky (Lausitz),[16][36] wo er 1900 das Lehrerexamen abschloss.[20] Dort, wo der musische Bereich stärker betont war als an staatlichen Schulen,[11] traf er erstmals auf Hans-Windekilde Jannasch.[37] Zwischen 1900 und 1904 war Luserke verpflichtet, als Elementarlehrer und Heimerzieher am gymnasialen Pädagogium in Niesky tätig zu sein, um auf diese Weise die Kosten seiner Ausbildung zu tilgen.[11] Im Liebhaberorchester der Stadt spielte er die Bratsche.[15] Während dieser Zeit entfremdete er sich zunehmend vom Pietismus. Er zog nach Thüringen und studierte ab 1904 Mathematik und Philosophie an der Universität Jena.[38]
Im Jahr 1905 unternahm er eine meereskundliche Studienfahrt in die Bretagne, die zu einer mehrmonatigen Wanderung durch das Gebiet der keltischen Steinzeitkultur geriet.[39] Dabei soll Luserke auf Île-Molène durch den Vortrag eines Barden hinsichtlich seines eigenen künftigen Schaffens zur Verwendung mündlicher und schriftlicher Überlieferungen wie Sagen und Legenden inspiriert worden sein.[35] Eine knapp zweimonatige Wanderung durch Italien (1906), wo er in Florenz als Lehrer hospitierte,[22] und Reisen nach Ägypten und Norwegen schlossen sich später an diese Auslandserfahrung an.[40] In Italien reflektierte er sein Verhältnis zum Beruf als Lehrer und zweifelte an der erlernten pädagogischen Methodik, die ihm als „unendlich wuchtig“ erschien. Er fand zu dem Entschluss, ein „moderner Lehrer“ zu werden, „der Menschheit ein Stück vorauszueilen und kühne Träume zu verwirklichen“. Daraus, aus der Lektüre eines Buches des Reformpädagogen Hermann Lietz und einem Besuch bei diesem resultierte seine Hinwendung zur Reformpädagogik.[41][15]
Vom akademischen Lehrbetrieb und von der damals vermittelten Vorstellung klassischer Pädagogik enttäuscht, brach er sein Studium im Jahr 1906 vorzeitig ab und verzichtete damit auf eine abgesicherte Lehramtslaufbahn an staatlichen Schulen.[15] Dennoch wurde er von seinen akademischen Lehrern, dem Literaturnobelpreisträger Rudolf Eucken, Ernst Haeckel, Wilhelm Rein und später von Hermann Lietz nachhaltig geprägt. Auf diese lässt sich seine Vorstellung einer idealisierten „naturhaften Erziehung zur Heranbildung von Gesinnung“ maßgeblich zurückführen,[42] ebenso die von Eucken vertretene Überzeugung einer Einheit von Geistesleben und Handeln. Die von Eucken dargestellte Vision Johann Gottlieb Fichtes von einem eigenständigen Schulstaat, in dem die Jugend, von den Zwängen der älteren Generation befreit, durch ihr eigenes Tun zur geistigen und sittlichen Einsicht finde, mag Luserke vor seinem familiären und religiösen Hintergrund beeindruckt haben.
Nachdem Luserkes Hochschullehrer Rein, an dessen pädagogischem Universitätsseminar auch Lietz ein Ausbildungsjahr verbracht hatte,[43] in der Mitte der 1890er Jahre zur Gründung von Heimschulen aufgerufen hatte, bildete dieser neue Schultypus für begeisterungsfähige Pädagogen einen Ausweg aus dem staatlichen Schulsystem der Kaiserzeit. Luserke fühlte sich davon angezogen. Die Heimschulen waren privat, zumeist abgelegen in ländlicher Umgebung mit entsprechenden Betätigungsmöglichkeiten im Freien, verbunden mit einer physischen Abhärtung und einer lebensreformerischen Ernährung (vorwiegend vegetarisch). Der Begriff Heim sollte an das tradierte familiäre Heim anknüpfen und den Schülern eine Art Familienersatz bieten, die Familie nicht ausschließen, sondern aktiv in die Arbeit der „Schulgemeinde“ einbinden. Die Schüler sollten nicht mehr nur rein theoretische Kenntnisse vermittelt bekommen, sondern charakterlich (Gesinnung) ethisch geprägt werden.[44] Dies wirkte sich didaktisch auf alle Unterrichtsfächer aus, wissenschaftlich und handwerklich. Die Heimschulen kritisierten die sozialen und kulturellen Missstände im Kaiserreich teils massiv, fühlten sich dennoch einem idealistischen „Deutschtum“ verbunden.[45]
Für sein literarisches Werk nennt Luserke selbst u. a. Adler, Freud, Jung, Klages, Nietzsche und Spengler als Autoren, die ihn geprägt haben.[46][38]
Im Jahr 1931 erwarb Luserke an der Seefahrtschule im ostfriesischen Leer das Steuermannspatent auf Kleiner Fahrt.[47]
Ostern 1906 schloss er sich dem Reformpädagogen Hermann Lietz an und unterrichtete an dessen Deutschem Landerziehungsheim (D.L.E.H.) im thüringischen Haubinda, zu dieser Zeit geleitet von Paul Geheeb. Drei Jahre zuvor war es dort zum so genannten „Haubinder Judenkrach“ gekommen, zu einem Streit um die Aufnahme jüdischer Schüler,[48][49][50] die nur noch in Ausnahmefällen als Zöglinge akzeptiert werden sollten,[11] ein Ansinnen, das Luserke für seine spätere Schulgründung nicht übernahm.[51] Am D.L.E.H. ging man von einer grundsätzlichen „Gefährdung des Zöglings durch das ihm eingeborene Böse“ aus,[52] ein Umstand, der zu einer umfassenden Überbehütung und sehr wenig Freiraum für die Schüler (und Pädagogen) führte.[53] Walter Benjamin zufolge bildeten einzig Luserke und Gustav Wyneken eine oppositionelle Bewegung gegen den in Haubinda alltäglichen militärischen Drill der Zöglinge.[54] Die dadurch entstehenden Konflikte mit der Schulleitung, aber auch die Verheimlichung eines geplanten Teilverkaufs der Schule, führten zur Sezession der genannten Pädagogen.[11]
Im Herbst 1906 gründete eine Gruppe „pädagogischer Rebellen“, zu der neben Luserke auch Rudolf Aeschlimann, Paul Geheeb, August Halm und Wyneken gehörten, die Freie Schulgemeinde in Wickersdorf bei Saalfeld im Thüringer Wald.[38][55][56]
Neben Wyneken, der eher als Theoretiker und keinesfalls als Pädagoge beschrieben wird,[57] sollen dort wesentliche Impulse vom Praktiker Luserke ausgegangen sein. Dessen Konzept einer unmittelbar erfahrungsorientierten Didaktik habe beispielsweise Hans Alfken nachhaltig beeinflusst.[58][59] Luserke arbeitete an der Freien Schulgemeinde beispielsweise mit Hans-Windekilde Jannasch, Peter Suhrkamp oder Bernhard Uffrecht zusammen. An diesem neuen Landerziehungsheim entstanden Luserkes erste Laienspiele und Erzählungen.
Er agierte als primus inter pares der Kameradschaft der Bären, einer nahezu familiär anmutenden Gruppe, die aus etwa zehn Schülern und einem Lehrer, dem Kameradschaftsführer, bestand.[60] In der Logik der Kameradschaften waren diese Schüler Bärenjunge, Luserke Bär.[15] Zu den Bären zählten beispielsweise Ernst Herdieckerhoff und Ernst Putz.
Im Jahr 1910 (andere Quelle: 1911) wurde Luserke durch Großherzog Georg II. von Sachsen-Meiningen, der auch als „Theaterherzog“ bezeichnet wurde, zum Schulleiter berufen.[38][36][15] Anlass dafür waren bekannt gewordene pädophile (hier: päderastische) Übergriffe Wynekens gegenüber Schülern, die zum so genannten „Eros-Skandal“ und teilweise auch zu Gerichtsprozessen, Haftstrafen und Wynekens Verlust der Schulkonzession führten.[11]
Luserke legte im Frühjahr 1912 für die Verwaltung der ersten sechs Jahre des Bestehens der Freien Schulgemeinde nachträglich Schülerbücher und Lehrerbücher an, da Wyneken dies bis 1909 ganz unterlassen bzw. ab 1909 in unvollständiger Weise erledigt hatte.[61] Bis 1914 und dann wieder von 1922 bis zum Frühjahr 1925 nahm Luserke die Funktion des Schulleiters wahr. Überliefert ist seine Einschätzung: „In der Gegenwart ist die Schule zur reinen Vorbereitungsanstalt und zum Institut zur Vergabe von Berechtigungen verkommen, und die Familie findet keine Zeit mehr, um Erziehungsaufgaben zu erfüllen.“[11]
1912 erschienen Luserkes erste Laienspiele, die er seit 1906 aufführte.[62] Auch sein erstes Werk zur Tanzkunst wurde publiziert:[63] „Die Tanzkunst soll eine Bahn eröffnen, auf der dieser starke Instinkt wieder frei empor dringt und uns über uns selbst erhebt“.[11]
Vom Kriegsausbruch 1914 bis 1917 war Luserke als Soldat an der Westfront. Anfangs gehörte er der 1. Kompagnie (damalige Schreibweise) des I. Bataillons des Infanterie-Regiments Nr. 143 (Straßburg im Elsass; Mutzig) an, zuletzt als Unteroffizier. Als erste Einsatzorte im Herbst 1914 sind beispielsweise Amenoncourt, Laon und Bouconville dokumentiert. Schwer verwundet und am Kopf für sein Leben gezeichnet, daher die für ihn später typische Kopfbedeckung,[64] geriet er in französische Kriegsgefangenschaft und wurde dem Dépôt des Prisonniers de Guerre à Montauban im Département Tarn-et-Garonne in Südfrankreich zugewiesen, wo er zeitweise mit rund 1500 weiteren deutschen Soldaten interniert war.[65][66]
1917 habe er einen Nervenzusammenbruch erlitten und wurde daher als Rehabilitationsmaßnahme in den schweizerischen Kurort Heiden im Kanton Appenzell Ausserrhoden verbracht,[67][36][11][68] dann nach Lahr.
Luserke habe Wyneken direkt nach der Novemberrevolution 1918 zur Freien Schulgemeinde nach Wickersdorf zurückgerufen und ihm dort wieder die Schulleitung übertragen, nachdem die Wyneken nicht gewogene Landesregierung abgesetzt gewesen sei. Dabei habe Luserke das Ziel verfolgt, die entstandene Lagerbildung von Luserke- und Wyneken-Befürwortern bzw. -Gegnern aufzulösen.[69]
1919 schrieb Luserke unter dem Einfluss der Novemberrevolution Band 3 der von dem Marxisten-Leninisten Karl Korsch herausgegebenen Reihe Praktischer Sozialismus, nachdem George Bernard Shaw Autor des zweiten Bandes war. Luserke forderte darin eine sozialistische Ethik der Arbeit, die gesamtgesellschaftlichen Zielen zu folgen habe.[70]
„It seemed essential to remind people, that the post-revolutionary society must also meet the needs of the nation’s intellectuals. This is what Martin Luserke, a popular novelist and educator, tried to do in an essay on work motivation published in 1919 as part of a series Praktischer Sozialismus ("Practical Socialism") edited by the philosopher Karl Korsch. Like Ruckhaber, Luserke thought it wrong to make a distinction between mental and physical labour. This led him to call for a "socialist" ethic of work to replace the bourgeois-idealist one based on this distinction, which only helped to perpetuate the hierarchy of classes. Under socialism people of all walks of life would be taught to work for one another and to accept discipline in order to achieve common goals. Where Luserke chiefly differed from Ruckhaber is in his belief that intellectual work is hardly "work" at all, but rather intrinsically pleasurable activity and therefore in some sense its own reward. As a result, he was not particularly concerned with improving the remuneration of intellectuals or cutting back on their hours of work. But he did think that workers of the mind needed special conditions if they were to serve society effectively. To make their different treatment acceptable to the majority of workers whose days were spent in hard, routine, labour, it was necessary to adopt the principle of meritocracy: in Luserke’s utopia, examinations would be used to select the few needed for intellectual tasks, and these individuals would then be given non-monetary privileges and rewards, including the opportunity to experience joy in work.“
Unter Herausgeber Theodor Etzel war Luserke neben Hans Brandenburg, Richard Euringer, Ludwig Klages, Manfred Kyber, Rudolf von Laban und Hans Reiser Mitarbeiter der im schöngeistigen Walter Seifert Verlag erschienenen Zeitschrift Die Fahne.
Zusammen mit Paul Reiner, dem Ehepaar Karl und Hedda Korsch sowie Karl August Wittfogel war Luserke 1920 als Lehrer einer Räteschule der Jenaer Arbeiterschaft vorgesehen. Lehrer und Kursteilnehmer mussten einer sozialistischen Partei angehören (siehe Zeitungsartikel in diesem Abschnitt).[71]
Zurück in der Freien Schulgemeinde Wickersdorf suchte Luserke den sich wiederholenden Pädophilie-Fällen und den immer wieder aufflammenden Konfrontationen mit Wyneken, in deren Kern es um gegensätzliche pädagogische Vorstellungen ging, etwas entgegenzusetzen. Erst bildete er zusammen mit Rudolf Aeschlimann und Paul Reiner das so bezeichnete Triumvirat gegen Wyneken und dessen pädophile Gefolgsleute im Kollegium, bevor es schließlich zur Sezession kam.[72]
Gemeinsam mit seinen Kollegen Helene und Rudolf Aeschlimann, Christfriede und Fritz Hafner, Anna Sara und Paul Reiner sowie weiteren Mitarbeitern wollte er einen Aufbruch „an den Rand der bewohnbaren Welt“ wagen. Zusammen mit den männlichen Kollegen gründete er am 4. Oktober 1924 die Stiftung Schule am Meer und eröffnete am 1. Mai 1925 die reformpädagogische Schule am Meer im Loog auf der Nordseeinsel Juist,[73][38][74] die er Pfingsten 1924 mit Rudolf Aeschlimann, Paul Reiner und deren drei Kameradschaften, den Bären, Wölfen und Pinguinen, erkundet hatte.[75][76][77]
In der Folge baute die Gruppe buchstäblich aus dem Nichts die Schule am Meer, in der Luserke eine „Synthese von Geist- und Lebensbildung“ erreichen wollte, auf.[44][78]
Sechzehn Schüler wechselten mit den Familien Aeschlimann, Hafner, Luserke und Reiner von der Freien Schulgemeinde aus dem Thüringer Wald an die Nordseeküste nach Juist, darunter Herbert von Borch, Hans Hess, Hans Werner Skafte Rasmussen und Ove Skafte Rasmussen. Luserke beteiligte sie in einer „Fahrtgenossenschaft“ an der Urbarmachung des Loog und am Küstenschutz der Sandbank Juist.[11]
„Luserke suchte für die Schule an der Meeresküste, der nordischen Urheimat, einen Ort, an dem die Gezeiten von Ebbe und Flut in ihrem Auf und Ab den Menschen in eine innere Bewegtheit bringen. Er suchte eine Umwelt – in diesem Falle eine Inselwelt –, die herausfordert zur Selbstbehauptung im Tun. Daß dieses Tun auch praktische Arbeit bedeutet, war in einer derartigen Umwelt selbstverständlich und gehörte zu Leben und Erziehung, zur Lebensgestaltung überhaupt. Was später in der Formulierung von agitur ergo sum menschenkundlich abgehandelt wird, ist in der Idee der Gründung der Schule am Meer auf Juist durchaus angelegt.“
Während der Journalist und Musikkritiker Herbert Connor in Morgenbeilagen der Berliner Börsen-Zeitung für die Schule am Meer warb, konnte Luserke den Konzertpianisten, Dirigenten und Komponisten Eduard Zuckmayer als Musikpädagogen, Chor- und Orchesterleiter für die Schule am Meer gewinnen, später auch die Pädagogen Walter Jockisch, Friedrich Könekamp, Heinrich Meyer, Günther Rönnebeck, Gerhart Sieveking und Kurt Sydow.[80][81] Mit Zuckmayer, dem Chor und dem Orchester bzw. Laienspielgruppen der Schule am Meer unternahm Luserke während der Schulferien zahlreiche Gastspieltourneen zu Profibühnen in deutschen Großstädten, die eine sehr positive mediale Beachtung erfuhren.[82][83][84] Luserke war als Texter an Kompositionen von Zuckmayer beteiligt und lernte auch dessen jüngeren Bruder, den Schriftsteller Carl Zuckmayer (Der Hauptmann von Köpenick, 1931) kennen, der sich besuchsweise und zum Arbeiten in der Schule am Meer aufhielt.[85][86][87]
Von 1930 bis 1931 wurde für das „Darstellende Spiel“ (Laienspiel) Luserkes eine schuleigene freistehende Bühnenhalle errichtet,[88] reichsweit und bis heute ein Unikat.
Mit Unterstützung des preußischen Kultusministeriums und des Berliner Zentralinstituts für Erziehung und Unterricht war geplant, die Schule am Meer auf Juist als Spielzentrum und Ausbildungsstätte für pädagogische Spielleiter einzurichten. Luserke wurde aufgrund seiner eigenen sozialistischen Orientierung und derjenigen der S.a.M. seit etwa 1925 durch Adolf Grimme (SPD) maßgeblich unterstützt, die Korrespondenz dazu ist erhalten.[89] Durch die häufigen Regierungsumbildungen in Preußen verlor Grimme jedoch schon 1932 in Folge des Preußenschlags (Staatsstreich) sein Ministeramt, Luserke und die S.a.M. infolgedessen die Förderung aus Berlin; der politische Wind wehte nun durch rechts-konservative Kräfte, gegen die Basisdemokratie innerhalb der Schule am Meer. Kurz nach der Machtabtretung an die Nationalsozialisten schrieb Luserke in das Logbuch (Tagebuch) der Schule: „Hier in Meer und Eis kann einem vorkommen, Berlin wäre ein Tollhaus geworden. Freilich muß der Einsturz dieses Tollhauses auch unsere Arbeit zerstören.“[90][11] Ostern 1934 wurde das Internat vor dem Hintergrund des Antisemitismus und der nationalsozialistischen „Gleichschaltung“ geschlossen, nachdem rund ein Drittel der Schüler, diejenigen jüdischer Abstammung, aufgrund des Drucks Juister Nationalsozialisten (des Bürgermeisters, in Personalunion NSDAP-Ortsgruppenleiter, der SA und der HJ) das Internat verlassen hatten, ebenso die Lehrkräfte jüdischer Herkunft. Bereits seit ihrer Gründung 1925 hatte die S.a.M. auf Juist diesbezüglich unter Druck gestanden.
Das Laien- bzw. Rollenspiel ist heute in Deutschland fester Bestandteil an vielen Schulen und im Programm der Lehrerfortbildung.[91][92] Luserkes Konzeption des „Bewegungsspiels“ wird heute wieder von Regisseuren aufgegriffen.[93]
Luserke, der das Zusammenwirken von Schülern und Pädagogen als Kulturgemeinschaft begriff,[94] galt als sensibler Erzieher mit einer vielseitigen handwerklichen und künstlerischen Begabung, die er im Sinne einer „Lebensbildung“ (= am realen Leben orientierte Bildung) seiner Schüler einsetzte.[64][78] In Wickersdorf und auf Juist verknüpfte er grundlegende Forderungen der Reformpädagogik und Elemente der Jugendbewegung, die er seinerseits mit dem Laienspiel beeinflusste, das den expressionistischen Ausdruckstanz beinhaltete. Er sah einen Bildungswert des Laienspiels, sofern es den Eigengesetzlichkeiten des Spiels folge und nicht das professionelle Theater imitieren wolle.[6] Mit seinem schulischen „Darstellenden Spiel“, das stets in starkem Maß auf die Persönlichkeit der jeweils agierenden Schüler zugeschnitten war, wollte er auf das professionelle Theater einwirken.[95] Sein „Darstellendes Spiel“ war durch Aufführungen der von Émile Jaques-Dalcroze in Hellerau bei Dresden gegründeten Bildungsanstalt für Musik und Rhythmus angeregt worden.[96] Seine Konzeption präsentierte Luserke in vielen Vorträgen und in schriftlichen Abhandlungen, die in den 1920er Jahren in Standardwerke der Tanzbewegung aufgenommen worden waren.[97][98]
„Meine Treulosigkeit gegen das normal Bestehende, meine Fixiertheit auf das Neu-Schaffen, wird mir ganz richtig bescheinigt.“
Seine für die damalige Zeit sehr fortschrittliche pädagogische Praxis, die ein holistisches Konzept beinhaltete (siehe Artikel zur Schule am Meer, Abschnitt Körperbildung), basierte allerdings auf einer seinerzeit weit verbreiteten völkischen Denkweise (siehe auch: Völkische Bewegung), einem „nordisch-germanischen“ Ideal, auf Mystik und Mythen. Neben stark idealisierenden und romantisierenden Aspekten ergaben sich dadurch Parallelen zu der während der Weimarer Republik aufkommenden nationalsozialistischen Bewegung, die sich zu einem Konglomerat aus teilweise schon lange existierenden Strömungen formte.
Von völkischen bzw. nationalsozialistischen Begriffen wie „Rassenreinheit“,[100][101][102] „Entartung“[103][104] oder „völkischer Blutsvergiftung“,[105][106] und damit von einer rassistischen Ausgrenzung der Juden und anderer Bevölkerungsminderheiten, distanzierte sich Luserke in seiner programmatischen und zivilisationskritischen Schrift mit Leitsätzen für die Schule am Meer schon 1924 deutlich, noch vor dem ersten Erscheinen von Hitlers Mein Kampf:
„Wir glauben an das deutsche Wesen als an eine geistig-seelische Rassigkeit, die über allen Tagesmeinungen und Parteikämpfen als Gemeinschaft der Sprache und als eine Geformtheit und fortdauernde Formung durch gemeinsame Kulturgüter besteht. Wir glauben aber, daß sie nicht bloß als Natur vorhanden ist, sondern daß es der Verantwortung der Lebenden unterliegt, was sie mit diesem Lebenskörper anfangen. Wir rechnen zu dieser Verantwortung auch eine kraftvolle Nüchternheit gegenüber der mystischen Überbewertung des Blut- und Leibhaften und der einsiedlerisch-völkischen Nervosität. Wir glauben nicht, daß alle krankhaften Erscheinungen am Volkstum auf Vergiftung mit Fremdartigkeit, sondern wir glauben vielmehr, daß sie auf geistig-seelischer Unterernährtheit und Formlosigkeit beruhen.“
Dieses Statement wurde in vorgeblich wissenschaftlicher Sekundärliteratur vorsätzlich verfälschend auf die erste Satzhälfte stark verkürzt wiedergegeben, um Luserke als Antisemit darzustellen.[109] Sein Standpunkt verdeutlicht hingegen, dass weder die NS-Eugenik noch das von völkisch Gesinnten und Nationalsozialisten komplementär zu Juden und anderen Minderheiten gebrauchte Antonym „Arier“ für die Schule am Meer Geltung besaßen. Luserke und das Internat vertraten auch keine nationale Grundhaltung, die sich gegen andere als „rein deutsche“ Einflüsse positioniert hätte. Umgeben von Friesen, die sich eher als eigenständige Gruppe mit eigener Geschichte, Sprache und Kultur betrachten, wäre das auch realitätsfremd gewesen. Luserke lud stattdessen auch Schüler und Studenten aus England und dem Land der seinerzeit so apostrophierten „Erbfeinde“ ein, aus dem Land also, in dem er seine so schwere Kopfverletzung erlitten hatte, die ihn zeitlebens zeichnete. Die Bühnenstücke der Schule am Meer ließ Luserke nicht nur in deutscher, sondern teils auch in englischer und französischer Sprache aufführen. Das Internat warb international für sich; es nahm Schüler aus aller Welt auf. Eine andere Hautfarbe oder Religion war für die Aufnahme keinerlei Hindernis.[110] Nach dem 30. Januar 1933 änderte sich das durch den nahezu umgehend verstärkt ausgeübten Druck seitens Juister Nationalsozialisten. Der massiv spürbare Stimmungsumschwung veränderte das Schulleben nachhaltig, wurde durch eine ganze Reihe von Schülern und Lehrern registriert und schriftlich überliefert.[111][112]
In der S.a.M. sollten die kulturellen Gemeinsamkeiten herausgearbeitet und betont werden, um zu einer „Bildung von Gesinnung“ (Grundeinstellung, Charakter) positiv beizutragen. Der Hintergrund einer seit vielen Jahrhunderten christlich-jüdisch geprägten Kultur spiegelt sich folgerichtig sowohl in der Schule am Meer als auch in Luserkes Werk wider (siehe auch: Kapitel Jüdisch-christliche Symbolik im Artikel zur Schule am Meer oder Luserkes während der NS-Zeit mit Bezug zum Judentum publizierter Buchtitel Obadjah und die ZK 14).[113][114][115]
Luserke arbeitete über Jahrzehnte ganz selbstverständlich mit einer Vielzahl jüdischer Schüler, Eltern, Kollegen wie Eduard Zuckmayer, Architekten wie Bruno Ahrends, Vertrauensleuten wie Margarete Elisabeth Dispeker, Hans Hecht oder Walter Schatzki und Förderern wie Alfred Hess zusammen, mit sozialistisch oder kommunistisch orientierten Menschen wie Adolf Grimme, Horst Horster (1903–1981), Fritz Karsen,[116] Hedda Korsch,[117] Karl Korsch[118] oder Paul Reiner,[119] mit Gegnern bzw. Antipoden des Nationalsozialismus wie Alfred Ehrentreich, Walter Kaesbach, Ernst Majer-Leonhard, Herman Nohl, Robert Wichard Pohl, Christian Rohlfs oder Alfred Weber, aber auch mit teils völkisch orientierten Menschen wie Eugen Diederichs, Hans Freyer, Ernst Herdieckerhoff, Gunther Ipsen, Ludwig Kelbetz oder Ludwig Roselius, die später den Nationalsozialismus unterstützten. Diese Vielfalt von Kontakten ist auch aus heutiger Sicht keineswegs erstaunlich, denn das breite Spektrum ist Kennzeichen einer Gesellschaft und somit auch das einer Schule.
Die basisdemokratisch und dezentralisiert organisierte Schule am Meer, in der Schüler und Lehrer ein gleichberechtigtes Stimmrecht hatten, wies einen im Vergleich zu den staatlichen Schulen im Deutschen Reich recht hohen Anteil von Schülern jüdischer Abstammung auf, der rund ein Drittel betrug. Entsprechend hoch war der Anteil in der Elternschaft. Dieses Faktum und bedeutende Zuwendungen für die Stiftung Schule am Meer durch Förderer jüdischer Herkunft führten dazu, dass die Schule schon ab 1925 von Insulanern auf Juist als „Jöödenschool“ (plattdeutsch für Judenschule) verunglimpft und beschimpft wurde.[120]
Während die meisten anderen reformpädagogischen Einrichtungen in das NS-Bildungssystem integriert wurden,[121][122] verhinderte dies im Fall der Schule am Meer die von Luserke gelebte Überzeugung einer persönlichen Autonomie jedes Schülers und Lehrers. Eine solche Autonomie sowie die basisdemokratische und dezentralisierte Schulorganisation widersprachen diametral dem nationalsozialistischen Gedankengut einer bedingungslosen Unterordnung des Einzelnen. Dazu trug auch Luserkes Maxime bei, dass der Jugendphase ein eigener Wert zuzumessen sei.[123] Dieser Wert erscheint heute als selbstverständlich, war damals jedoch eine der neuen Erkenntnisse, die sich erst während der Weimarer Zeit herausbildeten und während der NS-Zeit teilweise widerrufen wurden.
Luserke erklärte 1933 im vergeblichen Bemühen, den Fortbestand der Schule am Meer abzusichern, in Beiträgen für pädagogische Zeitschriften seine Bereitschaft, im neuen Staatssystem mitzuwirken.[124] Für sein „Darstellendes Spiel“ verwies er auf einen angeblich „nordisch-germanischen Charakter“ von Shakespeares Dichtung.[125] Seine jüdischen Schüler wechselten aus Angst vor antisemitischen Übergriffen durch lokale NSDAP-Anhänger und -Funktionsträger nach dem 30. Januar 1933 auf rein jüdische Schulen in Wohnortnähe ihrer Eltern, auf Internate im benachbarten Ausland oder emigrierten. Kollegen jüdischer Herkunft fühlten sich von ihm als Schulleiter im Stich gelassen; kollegiale Freundschaften zerbrachen dabei.
„Wenn die Schule im Zusammenhang mit der notwendig gewordenen Trennung von Frau Reiner sich damals nicht sofort selber auflöste, so tat sie nichts anderes, als was so ziemlich ganz Deutschland tat oder tun mußte […] Wer hätte denn wünschen mögen, unsere Schule gleichgeschaltet allmählich in einen Zustand innerer Halbheit und Zerrissenheit absinken zu sehen, wie ich ihn an anderer Stelle [19]34–35 noch aus nächster Nähe beobachten konnte [Zuckmayer wirkte danach kurzzeitig an der Odenwaldschule]; wer hätte das wünschen mögen, nur – damit eben dort Schule gehalten würde?? […] Nein, es war wohl gut und richtig so, daß Lu [Luserke] die Einsicht, die Entschlußkraft und die Härte aufbrachte, im rechten Augenblick und noch aus einem gewissen Grad von freier Entschließung heraus Schluß zu machen [die Schule am Meer zu schließen], was andern – und mir – damals nur sehr schwer eingehen wollte.“
Luserke priorisierte den Erhalt der S.a.M. mit Bühnenhalle; es war sein Lebenswerk. Er konnte jedoch kein Gegenmittel gegen den NS-Ungeist auf Juist und reichsweit finden; jeglicher Schulbetrieb in Preußen war von den Entwicklungen in Berlin abhängig. Durch den Verlust von bis zu einem Drittel der Schülerschaft und somit auch von deren zahlenden Eltern, anderen jüdischen Förderern und den jüdischen Lehrkräften geriet die private Finanzierung der S.a.M. in eine Schieflage, denn die 1931 fertiggestellte Bühnenhalle war noch abzuzahlen. In dieser Anzahl waren neue Privatschüler während der Weltwirtschaftskrise nicht akquirierbar. Als Griff nach einem Strohhalm ist daher Luserkes Offerte an die ab 1933 als staatliche Jugendorganisation vorherrschende Hitlerjugend zu bewerten, die Trägerschaft des Juister Landerziehungsheims zu übernehmen. Anfangs durchaus interessiert, lehnte dies die Reichsjugendführung (Baldur von Schirach) im Januar 1934 mit Hinweis auf den finanziellen Aspekt ab. Luserke bot die Übernahme der Schulgebäude dann noch der Landesverwaltung der Nationalpolitischen Erziehungsanstalten in Preußen an, ebenfalls vergeblich,[127] denn dieser schwebten dafür architektonische Objekte ganz anderer Größenordnung vor.
Luserkes pädagogisches Vermächtnis lässt sich zusammenfassend als „Weltbemächtigung durch Erfahrung aus eigenem Abenteuer und Erlebnis“ beschreiben. Die unmittelbare Erfahrung „aus erster Hand“ war ihm sowohl für sich als auch für seine Schüler von ganz besonderer Bedeutung. Dieser Ansatz entspricht dem Kern der heutigen Erlebnispädagogik, für die er als ein Wegbereiter gelten kann.[128]
Luserke war ein sehr begabter Erzähler, der unvorbereitet und unmittelbar auf Abruf seiner Schüler abenteuerliche und phantasievolle Geschichten entwickeln konnte. Diese waren nicht etwa komplett erfunden, sondern speisten sich zum Teil aus überlieferten Sagen, Mythen und Legenden sowie aus dem Erfahrungshorizont seines eigenen Lebens und dem seiner Schüler.[129] Auf diese Weise vermochte er seinen Zuhörerkreis stets zu fesseln, denn alle wurden in irgendeiner Form Teil der sich vor ihnen entfaltenden Erzählung. Nur wenn diese von seiner Zuhörerschaft gut angenommen worden war, brachte sie Luserke später zu Papier,[35] eine Vorgehensweise, die partiell sicherlich zu seinem literarischen Erfolg beitrug.
Nach der Schließung der Juister Schule am Meer führte Luserke auf einem in den Niederlanden erworbenen Blazer[130][131] ein Leben als freier Schriftsteller zur See.[132][133] Mit dem Plattbodenschiff, fälschlich als Tjalk bezeichnet, legte er 1934 in Juist an, solange für ihn das Kapitel S.a.M. noch nicht vollständig abgeschlossen war. Danach jedoch kehrte er nie mehr dorthin zurück, unterhielt aber mit Kollegen und Schülern weiterhin Kontakt, beispielsweise mit Beate Köstlin (später: Uhse), Hubert H. Kelter, Jens Jürgen Rohwer und Kurt Sydow.[134][135][136] Sein Kindheitstraum, zur See zu gehen, diente ihm nun wohl auch als temporäre Fluchtoption vor dem alles vereinnahmenden NS-Staat, aber auch zur Bewältigung seiner Frustration über sein verlorenes Lebenswerk auf Juist.
„Aber von den Machthabern konnte ich natürlich bei so vielen mißverstandenen Dingen kein ‚Vertrauen‘ erwarten. Das ist alles ganz folgerichtig und der Rücktritt und das Verschwinden auf der ‚Krake‘ ein Weg, der meiner Dichter- und Theaterart entspricht.“
Verträge mit Verlagen hatte Luserke 1934 nicht; er stach ohne ökonomische Perspektive in See.[138][139] Als Schriftsteller gelang es ihm, seinen Kopf davon freizumachen und andere Prioritäten zu setzen.[140][11] Mit seiner Krake (ex ZK 14), die er als schwimmende Dichterwerkstatt zu nutzen wusste, war Luserke – anfangs in Begleitung seines fünfzehnjährigen Sohnes Dieter (1918–2005) – rund vier Jahre lang in den Küstengewässern der Nord- und Ostsee unterwegs,[141] um alte Segelrouten der Wikinger zu erkunden.[142] Dabei entstanden beispielsweise sein erfolgreichster Roman Hasko und sein Lieblingswerk Obadjah und die ZK 14.
Eine eindeutige politische Positionierung Luserkes gegenüber dem NS-System blieb aus;[143] eine NSDAP-Mitgliedschaft Luserkes ist nicht überliefert. Er blieb parteilos, obwohl er mehrfach zum Parteieintritt aufgefordert worden war. Er empfand, dass er vor der Machtabtretung an die Nationalsozialisten persönlich versagt habe, und enthielt sich jeglicher öffentlicher politischer Parteinahme,[144] wozu sich in dem 1934 bis 1938 während der Sommermonate geführten Logbuch der Krake wiederholt und über Jahre selbstkritische Eintragungen finden. Nationalsozialistische Angebote, als Lehrer an einer Napola (NPEA) tätig zu werden, lehnte er offenbar ebenso ab wie eine Mitarbeit beim Völkischen Beobachter.[11] Dennoch erhielt er 1935 zusammen mit zwei Kollegen, die dem NS-System nahe standen, den neu gestifteten Literaturpreis der Reichshauptstadt Berlin, persönlich überreicht von Joseph Goebbels.[145][11]
In der Reichsschrifttumskammer (RSK) musste ab 30. Juli 1934 jeder Mitglied sein, der hauptberuflich schriftstellerisch tätig sein wollte.[146] Auf Luserke traf diese Profession nach 1934 zu. Voraussetzung für die Mitgliedschaft war neben dem „Ariernachweis“ eine Prüfung, ob der Bewerber in der Vergangenheit gegen die NS-Ideologie verstoßen hatte. Ab März 1939 hatten per Anordnung Verleger und Buchhandel die systemische Konformität von Werk und Persönlichkeit der Schriftsteller zu verantworten. Als während der NS-Zeit linientreuer Schriftsteller kann Luserke jedoch nicht bezeichnet werden.[147] Allerdings war ihm ab 1935 dezidiert an einer Arbeitsteilung zwischen Politik (hier: NS-Staat) und Dichtung gelegen; die Dichtung für das „Volk“ habe für die Seele eine neue Bilderwelt, einen Mythos, zu kreieren.[148] Die Einsamkeit des Schriftstellers lag ihm jedoch nicht,[149] er suchte in Erzählabenden an Bord den direkten Kontakt zu seinen Lesern,[150] damit aber auch zu den politischen Strukturen, aus denen sich das Auditorium seiner Erzählabende nun zusammensetzte: BDM, HJ und „Landjahr“-Einberufene.[151] 1938 jedoch wurde allen „Landjahr“-Teilnehmern der Kontakt mit Luserke untersagt.[152]
Literarisch erfolgreich war Luserke vor allem im Dritten Reich, wozu die Motive seiner Werke – Kameradschaft, Wagnis und Bewährungsprobe – wesentlich beitrugen, aber auch seine Betonung des Nordischen und Germanischen in Verbindung mit der von ihm kreierten Kulisse von Meer und Küstenlandschaft.[153] Luserkes literarische Publikationen enthalten aufgrund ihrer oft surrealen Sujets – soweit heute belegbar – keine NS-Propaganda, wohl aber völkische Bezüge.[154]
Ein Vorabdruck seines Romans Obadjah und die ZK 14 oder Die fröhlichen Abenteuer eines Hexenmeisters erschien 1936 im Völkischen Beobachter. Danach erschien der Titel u. a. bei der Deutschen Buch-Gemeinschaft, der es immerhin gelang, während der NS-Zeit kein einziges Buch mit NS-Propaganda herauszugeben.[155]
„Wer den Obadjah lieben kann, der hat mich ganz verstanden.“
Luserkes Bücher wurden danach mehrfach wieder aufgelegt, auch im Zentralverlag der NSDAP, dem Franz-Eher-Verlag. Widersprüche zwischen der NS-Politik und seinen dichterischen Absichten blieben Luserke verborgen, er kritisierte jedoch teils wiederholt Aspekte der NS-Literaturpolitik. Dies führte jedoch nicht zu einer grundsätzlichen Auseinandersetzung mit der NS-Politik oder etwa deren Ablehnung. Insgesamt ließ er während dieser Jahre eine unabhängige Urteilsfähigkeit und Distanz vermissen.[157]
Luserke überwinterte ab Ende 1938 unplanmäßig in Meldorf (Holstein) und musste dann wegen der 1939 für private Schiffe gesperrten Betriebsstoff- und Proviantzuteilung und der Verminung der deutschen Küstengewässer an Land bleiben.[11] Erst nach dem zweiten Überwintern 1940 siedelte er sich nach eigener Aussage fest dort an.[158] Ab diesem Zeitpunkt entstand eine Vielzahl von Texten für sein „Bewegungsspiel“ und eine Wikinger-Trilogie.[15] Sein erzählerisches Werk setzte er fort. Zahllose Menschen suchten seine mystischen Erzählabende auf.[35] Mit der Meldorfer BDM-Gruppe knüpfte er wieder an das „Darstellende Spiel“ an.[159]
In seinem kleinen Haus am Jungfernstieg dominierte sein Arbeitszimmer, das er als „Werkstatt“ bezeichnete. Während seiner Kriegsgefangenschaft um 1918 entstandene Schnitzereien, die in der Kajüte der Krake die Wände schmückten, fanden sich nun in seinem Arbeitszimmer wieder. Die Ankerlampe seines Schiffes bot stimmungsvoll gedämpftes Licht, der Festtagswimpel der Krake, der bei besonderen Anlässen einst ganz oben am Mast flatterte, hing nun zwischen den beiden Arbeitszimmerfenstern an der Wand. Die vielen im Frühjahr 1934 auf der ZK 14 entdeckten Schnapskruken wurden in seinem Garten hinter dem Haus zur Eingrenzung des mittleren Beetes verwendet.[160]
Ab 1938 nahm Luserke an den vom Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda veranstalteten Weimarer Dichtertreffen teil, der wichtigsten literarischen Veranstaltung im NS-Staat, die ab 1940 als Europäische Dichtertreffen auch dem Nationalsozialismus nahestehende Schriftstellern aus den besetzten Ländern Europas offen standen. Der u. a. für die Literatur zuständige Reichsminister Joseph Goebbels lud auch gezielt Schriftsteller ein, die wie Luserke dem Regime eher fernstanden.[161]
Bis Kriegsbeginn sollen seine Werke eine Auflage von annähernd 1 Million erreicht haben.[160] Durch seinen Bekanntheitsgrad wurde er 1940 im Rahmen der Truppenbetreuung der Wehrmacht als Erzähler verpflichtet, konnte sich dem jedoch relativ kurzfristig wieder entziehen.[11] Dabei lernte er den späteren Lehrer der Meldorfer Gelehrtenschule, Hugo Herrmann, kennen.[159]
Während des Zweiten Weltkrieges wurde ein Teil seiner gedruckten Erzählungen und Romane als Feldliteratur für die Soldaten durch die Soldatenbücherei des Oberkommandos der Wehrmacht (OKW), Allgemeines Wehrmachtsamt, Abteilung Inland, herausgegeben, so beispielsweise Der Gryperspuk in einer Auflagenhöhe von etwa 50.000–70.000 Exemplaren,[162] Geschichten von See und Strand[163] oder Strandwölfe, die in vier Auflagen (Bertelsmann Gütersloh, Zander Berlin, Hauschild Bremen, Willmy Nürnberg) bis zu 110.000 Exemplare[164] erreichten. Diese ließen sich dank des verwendeten Kleinoktav-Formats bequem der Feldpost beilegen. Auch das Oberkommando der Kriegsmarine (OKM) war Herausgeber von Luserkes Werken, beispielsweise mit einem Auszug aus Reise zur Sage in der Reihe Soldaten erzählen sich Geschichten. Hierzu ist anzumerken, dass insbesondere das OKW auch Werke missliebiger Autoren drucken ließ.[165]
1943/44 verfasste Carl Zuckmayer für das US-amerikanische Office of Strategic Services (OSS), den Vorläufer der Central Intelligence Agency (CIA), ein erst 2002 veröffentlichtes Dossier, das auch eine Charakterisierung Luserkes und der Schule am Meer beinhaltet (siehe Artikel Schule am Meer, Abschnitt Kritik). Diese war möglicherweise durch eine Antipathie gegenüber Luserke beeinflusst, auf die Zuckmayer in seinen Ausführungen jedoch explizit hinweist.[166][167]
Während des Luftkrieges gingen in Verlagshäusern Teile von Luserkes Manuskripten durch Brand verloren, kurz vor Drucklegung des dritten Teils seiner Wikinger-Trilogie auch Korrekturfahnen.[142] 1945 war er als Barde ehrenamtlich in holsteinischen Lagern aktiv, in denen Wehrmachtsangehörige interniert wurden. Dies wurde jedoch im Juli 1945 untersagt, nachdem ihm die britische Militäradministration wegen seiner schriftstellerischen Tätigkeit während des Dritten Reiches eine Nähe zum NS-System vorwarf.[11] In der sowjetischen und der US-amerikanischen Zone wurden Luserkes Werke verboten.
Sein veröffentlichtes Werk geriet deshalb in der Nachkriegszeit vorübergehend aus dem Fokus, auch weil urheberrechtliche Fragen zu klären waren, die sich aus der Liquidation von Verlagen, der Teilung Deutschlands in Besatzungszonen und schließlich der deutschen Teilung in Ost und West ergaben. Beim Voggenreiter-Verlag in Potsdam lagen ihm zustehende Tantiemen in nennenswerter Höhe auf Eis.[11] Für Luserke, der trotz und wegen jahrzehntelanger Arbeit als Lehrer und Schulleiter an privaten Landschulheimen keinen Pensionsanspruch besaß, hatte dies gravierende ökonomische Folgen.[160][158] Erst spät wurde ihm eine staatliche Pension bewilligt.[35]
Durch Vermittlung von Wilhelm Flitner beim Hamburgischen Senator Heinrich Landahl erhielt Luserke einen Lehrauftrag am Sozialpädagogischen Institut (SPI) in Hamburg, eine finanzielle Entlastung, für den über 65-jährigen Luserke gleichzeitig jedoch eine erhebliche Belastung, weil die Zugfahrten zwischen Meldorf und Hamburg in der Nachkriegszeit sechs bis sieben Stunden dauerten und die im Winter oft vereisten Waggons ungeheizt blieben.[11]
Als Lehrbeauftragter für Laienspiel war er von 1947 bis 1952 an der Meldorfer Gelehrtenschule tätig,[168][169] seine erste Lehrtätigkeit an einer staatlichen Schule. Diese Oberschule (heute: Gymnasium), an der seine Schüler von ihm als „Der Käptn“ oder gar „Der Meister“ sprachen,[170] während ihn seine Kollegen als „Der Zauberer“ bezeichneten,[15] kennzeichnete er als sein „Arbeitslabor“.[171] Das von ihm so bezeichnete „Bewegungsspiel“ benannte er 1950 in der dann weiterentwickelten und ausgereiften Ausprägung als „Meldorfer Spielweise“, die er als einen eigenen Stil des Laienspiels charakterisierte, das gemeinsam in einer Bauhütte entwickelt wurde.[170] Seine Shakespeare-Forschung hatte Luserke zu der Überzeugung geführt, dass Shakespeares Werke ebenfalls in einer Bauhütte entstanden waren. Noch mehrere Jahre danach blieb Luserke dem „Darstellenden Spiel“ an der Meldorfer Gelehrtenschule verbunden.[11]
Seine Bewegungsspiele wurden während mehrerer „Musischer Tagungen“ der Landesregierung[172] auszugsweise szenisch vorgeführt und von einem breiten Publikum von Pädagogen aus dem Bundesgebiet diskutiert, in Anwesenheit von hochrangigen Ministerialbeamten des Volksbildungs- und späteren Kultusministeriums,[170][171][173] auch des Ministers für Volksbildung, Wilhelm Siegel.[172]
Luserke begründete mit dem Meldorfer Pädagogen Heinrich Lohse (1907–1998) die „Musikalischen Ferienlehrgänge“ in Schloss Nehmten am Plöner See, an denen jährlich Schüler unterschiedlicher Bildungseinrichtungen teilnahmen, um sich musisch bzw. darstellerisch weiterzubilden,[174][172] darunter Bernd Rohwer und Friedemann Rohwer, zwei Söhne von Jens Rohwer.
An der Jugendgruppenleiterschule in Bündheim bei Bad Harzburg leitete Luserke jährliche Schulungen.[175] In Kooperation mit der Volkshochschule Meldorf fanden in seinem Arbeitszimmer Lesungen und Erzählungen mit jeweils bis zu dreißig Zuhörern statt.[158]
In seinen letzten Lebensjahren arbeitete Luserke an der Vollendung seiner Auffassung vom Spiel der Shakespeare-Komödien und an seiner Lebensphilosophie.[8] Von einem Hörfunkreporter des Norddeutschen Rundfunks aus Anlass seines 75. Geburtstages danach befragt, was für ihn das Bestimmendste in seinem Leben gewesen sei, antwortete er:
„Wenn ich jetzt zurückblicke, so gibt es drei Dinge, die bestimmend gewesen sind: Das eine ist die Nordsee, mal ganz allgemein gesagt, das andere ist die Erziehung, die Bildung, das Pädagogische, und das dritte ist das Abenteuer des Lebens.“
Er starb im Alter von 88 Jahren in Meldorf und wurde im ostfriesischen Hage neben seiner Ehefrau Annemarie († 1926) begraben.[177][16] Im Jahr 2018 wurde die Grabstelle aufgelassen. Der Grabstein von Martin Luserke wurde vom Heimatverein Juist auf die Insel überführt und dort auf dem Dünenfriedhof innerhalb eines kleinen Areals für Ehrengräber positioniert.[178]
Siehe auch: Liste bekannter Personen mit Bezug zur Schule am Meer (Auswahl)
Martin Luserke war offenbar Freimaurer. In diesbezüglichen Veröffentlichungen werden er, sein Wirken und seine Werke mehrfach erwähnt.[184] Es gibt einen 1914 verfassten Essay Luserkes, erschienen im Wochenblatt für Freimaurer Der Herold, in dem er sich als Leiter der Freien Schulgemeinde Wickersdorf mit dem Thema Freimaurerei und Pädagogik beschäftigt.[185] An anderer Stelle wird er 1926 in den Mitteilungen aus dem Verein Deutscher Freimaurer von dem Vorstandsmitglied Prof. Dr. Georg Ehrig aus Leipzig als „Br. Martin Luserke“ bezeichnet, wobei das Kürzel „Br.“ (= Bruder) konkret auf seine Mitgliedschaft verweist.[186][187] Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde Freimaurerei verboten. Widerstand dagegen gab es kaum.[188]
In Luserkes Werk verbindet sich eine mythische Bilderwelt mit einer ausgeprägten Traumsymbolik.[38]
Martin Luserke schrieb insgesamt über einhundert Laienspiele, davon sind ab 1912 rund sechzig in div. Verlagen erschienen
Die Martin-Luserke-Gesellschaft wurde von dem Vorsitzenden der Handelskammer Hamburg und Leiter der Commerzbibliothek, Hubert H. Kelter, gegründet. Er amtierte auch als Präsident der Gesellschaft, die das Werk Luserkes bewahren wollte.[35][223][224] Die Martin-Luserke-Gesellschaft fungierte nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges auch als Auftraggeber, um Bücher Luserkes als Anthologien neu herauszugeben. Als Herausgeber agierte dabei Herbert Giffei.[225]
Der Pädagoge und Autor Reinhard Stähling lässt in seinem 2002 erschienenen Roman Unter westfälischen Eichen bekannte deutsche Schriftsteller, Psychologen und Pädagogen, darunter auch Martin Luserke, im Jahr 1930 zusammentreffen, um das veraltete deutsche Erziehungswesen zu modernisieren. Die Handlung ist zwar fiktiv, die meisten handelnden Personen und die Dokumente sind jedoch reale Historie, so auch die Zitate. Dem Autor geht es um die Frage, ob sich durch ein solches Treffen und dessen Resultate bzw. nachfolgendes gemeinsames Wirken der Teilnehmer der Aufstieg der Nationalsozialisten hätte begrenzen oder gar verhindern lassen.[226]
Von den Künstlern Alf Depser (1899–1990), Dieter Evers (1913–2009), Poppe Folkerts (1875–1949), Siegfried Frings (* 1946), Kurt Loderstedt (1915–1987), Christian Mühlner (1916–2008), Helmut Richter (1909–1994), Karl Stratil (1894–1963), Willy Thomsen (1898–1969), Carl Zuckmayer (1896–1997) und Eduard Zuckmayer (1890–1972) sind Arbeiten bekannt, die sich inhaltlich auf Luserke und seine Werke beziehen.
chronologisch gelistet
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