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Nationalpolitische Erziehungsanstalt

Kaderschule der Nationalsozialisten Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Nationalpolitische Erziehungsanstalt
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Die Nationalpolitischen Erziehungsanstalten (amtlich NPEA, auch Napola – Nationalpolitische Lehranstalt) waren Internatsoberschulen, die nach der nationalsozialistischen Machtübernahme 1933 als „Gemeinschaftserziehungsstätten“ gegründet wurden. Ein ähnliches Konzept verfolgten die etwas später (1937) gegründeten, doch organisatorisch getrennten Adolf-Hitler-Schulen (AHS). Bei den NPEA war der Besuch ab Vollendung des 10. Lebensjahrs möglich, bei den AHS ab dem vollendeten 12. Lebensjahr. Der Schulbesuch führte jeweils zur Hochschulreife und endete gewöhnlich mit Vollendung des 18. Lebensjahrs. Gemeinsames Ziel dieser Eliteschulen war die Heranbildung des nationalsozialistischen Führernachwuchses.

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Schüler vor dem Eingang der Nationalpolitischen Erziehungsanstalt Wien-Theresianum, 1940

Von den zivil organisierten NPEA und AHS zu unterscheiden waren die militärisch organisierten SS-Junkerschulen. Letztere dienten als Schulungsstätten von SS und Polizei der Ausbildung künftiger SS- und Polizeiführer; entsprechend war deren Schülerschaft erheblich älter (nicht selten 20 und älter) als jene von NPEA und AHS.

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Aufgabe der NPEA

Hauptaufgabe der NPEA war die „Erziehung zu Nationalsozialisten, tüchtig an Leib und Seele für den Dienst an Volk und Staat“. Die Schüler sollten die kommende Führungsschicht Deutschlands bilden. Eine besondere Rolle spielten dabei die Leibesübungen, die zum Hauptfach avancierten.[1]

Bis zum Kriegsbeginn dienten die Napolas als stark politisch akzentuierte Eliteschulen im Rahmen des allgemeinbildenden höheren Schulwesens; während des Krieges entwickelten sie sich zunehmend zu Nachwuchsschulen für SS und Wehrmacht. Organisatorisch waren sie von der allgemeinen Schulverwaltung getrennt.

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Geschichte

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Schüler beim Physikunterricht in einer Napola

Die Schulen standen in der Tradition vormilitärischer Ausbildung. Als Vorbild dienten ihnen auch britische Privatschulen wie Eton und Harrow, mit denen zwischen 1934 und 1936 die NPEA einen regen Schüler- und Lehreraustausch pflegten.[2] Hatte es in Preußen und im Königreich Bayern bis 1918 Kadettenanstalten gegeben, so wurden diese nach dem Ersten Weltkrieg aufgrund von Auflagen der Siegermächte als Staatliche Bildungsanstalten (Stabilas) weitergeführt. Nach 1933 wurden daraus Napolas, die für die Kinder von Offizieren der Wehrmacht attraktiv waren, weil sie ein geringeres Schulgeld als an anderen Oberschulen zu zahlen hatten.[3] Auch die Lehrer wurden übernommen.[4] Die Schüler trugen Uniform. Besonderer Wert wurde auf Sport gelegt: Frühsport vor dem Frühstück, Leichtathletik, Handball, Schwimmen, aber auch Boxen, Rudern, Geländesport im Wald mit Einführungen ins Karten- und Kompasslesen und militärische Tarnung.[5] Klassen wurden als Zug geführt; Oberstufenschüler erhielten einen Ehrendolch mit dem eingravierten Motto Schlieffens bzw. Moltkes: „Mehr sein als scheinen“.[6]

1933 wurden die ersten drei Nationalpolitischen Erziehungsanstalten in Plön, Köslin und Potsdam als staatliche Einrichtungen gegründet und dem Reichserziehungsminister Bernhard Rust unmittelbar unterstellt.

Organisatorisch gehörten sie seit 1936 zum Inspektor der Nationalpolitischen Erziehungsanstalten, SS-Obergruppenführer August Heißmeyer, ab 1939/1940 Dienststelle Heißmeyer genannt, und waren damit unter dem unmittelbaren Einfluss der SS. Vizeinspekteur war von 1940 bis Kriegsende der Leiter der NPEA Potsdam, Otto Calliebe. Heißmeyer drängte die Lehrerschaft zum aktiven Eintritt in die SS und plante etwa, dass die NPEA-Schüler und die Lehrerschaft SS-ähnliche Uniformen und Dienstgradbezeichnungen zu tragen hätten. So hätte etwa ein NPEA-Hauptscharführer dem SS-Hauptscharführer entsprochen.

1941 gab es im Deutschen Reich 30 NPEA mit insgesamt 6.000 Schülern. Zwei NPEA für Mädchen lagen auf besetztem Gebiet. Zum Kriegsende gab es 43 NPEA; davon waren drei speziell für Mädchen. Bekannt sind die 1938/39 gegründeten Schulen in Hubertendorf und Türnitz in Österreich und die 1941 gegründete in Colmar-Berg in Luxemburg.

Die britische Historikerin Helen Roche konstatiert in ihrem 2015 vorgelegten Aufsatz, dass die jüngste Generation, die in den NAPOLAs das Kriegsende erlebte, sich durch ein besonderes Sendungsbewusstsein und ausgeprägte Fitness auszeichnete. Als Beleg führt sie an, dass aus ihren Reihen drei Professoren für Sportwissenschaft hervorgegangen seien. Die meisten Zeitzeugen berichteten, dass sich die Anstaltsleiter mit erheblicher Fürsorge 1945 um ihre Schützlinge gekümmert und sie häufig auch vor der Verwendung an der Front bewahrt hätten.[7] Der Erziehungswissenschaftler Alexander-Martin Sardina kommt in seiner 2002 vorgelegten Staatsexamensarbeit hingegen zu gegenteiligen Feststellungen.[8]

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Gliederung und Organisation

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Logo der NAPOBI Anhalt in Ballenstedt

Die Gliederung und die Organisation wird am Beispiel der Anstalt Oranienstein aufgezeigt.

Die bei Diez gelegene Anstalt wurde 1934 gegründet und übernahm äußerlich weitgehend die Tradition der 1919 aufgelösten „Königlich-Preußischen Kadettenanstalt“. Das wurde besonders deutlich durch die innerhalb der Anstalt zu tragende Kleidung aus olivgrünem Wollstoff mit blauen Schulterklappen.

Ausschlaggebend für die Aufnahme in eine Napola waren zuvorderst die „rassische“, an zweiter Stelle charakterliche, körperliche und erst an letzter Stelle die intellektuelle Eignung. Das Hauptaugenmerk lag – ähnlich den Ausleseverfahren der SS – auf „arischer Abstammung“, „Erbgesundheit“ und voller körperlicher Leistungsfähigkeit. Bei den in Frage kommenden Kindern wurde während der Aufnahmeprüfungen vor allem auf Eigenschaften wie Mut, Durchhaltevermögen, Tapferkeit, Fähigkeit zur Einordnung, aber auch zur Übernahme von Führungsaufgaben geachtet.[9]

Die offizielle Bezeichnung der Schüler war Jungmann (Plural Jungmannen). Während der Ferien bestand Dienstpflicht bei den Organisationen der Hitler-Jugend am heimatlichen Wohnort. Deshalb entsprach die generelle Ausgehuniform der Bekleidung dieser Jugendorganisation: 10–14 Jahre alt: Uniform des Deutschen Jungvolks, 14–18 Jahre alt: Uniform der Hitler-Jugend. Die Dienstgrade waren die gleichen. Ein Jungmann, Alter 12 Jahre, war daheim in der Regel „Jungenschaftsführer“ und trug eine rot-weiße Kordel.

Die Anstalt war in acht Züge entsprechend der Klasseneinteilung der Oberrealschule gegliedert. Interne Dienstgrade waren Jungmann-Gruppenführer und -Zugführer.

Die NPEA unterstand (formal) der SA, deshalb war der Anstaltsleiter immer ein SA-Mann. Während des Krieges unterschied sich der Lehrkörper von dem in Friedenszeiten. Nach 1942 gab es nahezu keine Lehrer mehr, die der SA angehörten. Da neben der regulären schulischen die vormilitärische Ausbildung ein Schwerpunkt der NPEA war, erteilten vor allem kriegsversehrte Offiziere der Wehrmacht, die im zivilen Leben Oberschullehrer waren, den schulischen Unterricht. Ihnen oblag aber auch die außerschulische Erziehung und Ausbildung.

Je länger der Krieg dauerte, desto früher wurden die älteren Schüler zum Dienst bei der Wehrmacht und der Waffen-SS eingezogen. Ein großer Teil trat allerdings ohnehin freiwillig als Offizieranwärter ein.

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Standorte

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Weitere Informationen Nr., Ort ...

Quellen:[16]

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Persönlichkeiten

Prominente Schüler

Prominente Lehrer

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Ausstellungen

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Ausstellungsbanner am Stadtmuseum Ballenstedt zur Sonderausstellung (Foto vom November 2016)

Eine Schule. Zwei Geschichten. Von der NAPOBI zur SED-Parteischule. Großer Ziegenberg Ballenstedt

Seit Mitte 2015 gibt es in Ballenstedt eine Sonderausstellung zur wechselvollen Geschichte des Schulungszentrums Großer Ziegenberg erst als „Staatliche Nationalpolitische Bildungsanstalt Ballenstedt“ und dann als „Bezirksparteischule ‚Wilhelm Liebknecht‘ der Bezirksleitung Halle der SED, Ballenstedt“. Die Ausstellung im Stadtmuseum „Wilhelm von Kügelgen“ umfasst zwei Räume im Obergeschoss des Museums und trägt den Titel „Eine Schule. Zwei Geschichten. Von der NAPOBI zur SED-Parteischule. Großer Ziegenberg Ballenstedt.“

Napola Potsdam: Erziehung im Nationalsozialismus

Die Napola Potsdam war eine von 43 nationalsozialistischen Elite-Schulen, die junge Menschen zu Führungskräften im Sinne des Regimes formten. Der Lehrplan kombinierte militärische Ausbildung mit ideologischer Indoktrination, während strenge Auswahlkriterien sicherstellten, dass nur „geeignete“ Schüler aufgenommen wurden.

Die Napola Potsdam griff die Tradition der preußischen Kadettenanstalten auf, indem sie eine streng militärische Erziehung mit Disziplin, Gehorsam und vormilitärischer Ausbildung verband. Sie übernahm zudem Gebäude früherer Kadettenanstalten, wie die Kadettenanstalt Potsdam und das Große Militärwaisenhaus.

Die Ausstellung „Napola Potsdam. Erziehung im Nationalsozialismus“ bietet einen tiefen Einblick in die Strukturen und Methoden dieser Schulen anhand von historischen Dokumenten, Fotografien und Zeitzeugenberichten. Sie findet vom 8. Mai bis 8. Oktober 2025 in der Brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung in Potsdam statt.[22][23]

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Siehe auch

Literatur

  • Marianne Doerfel: Der Griff des NS-Regimes nach den Elite-Schulen. Stätten klassischer Bildungstradition zwischen Anpassung und Widerstand. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte (VfZ), Jahrgang 37, Heft 3, München 1989, S. 405. ISSN 0042-5702 ISSN 2196-7172 (PDF)
  • Bernhard von Gélieu: 1890–1990 CULM-KÖSLIN. Kadettenhaus/ Stabila/ NPEA. Butzbach 1990.
  • Klaus Johann: Grenze und Halt: Der Einzelne im „Haus der Regeln“. Zur deutschsprachigen Internatsliteratur (= Beiträge zur neueren Literaturgeschichte. Band 201), Universitätsverlag Winter, Heidelberg 2003, S. 510–560, Kapitel Internatsliteratur und Nazismus, zu literarischen und autobiographischen Bearbeitungen des Themas, ISBN 3-8253-1599-1 (Dissertation Universität Münster 2002, X).
  • Johannes Leeb (Hrsg.): „Wir waren Hitlers Eliteschüler“, ehemalige Zöglinge der NS-Ausleseschulen brechen ihr Schweigen. 6. Auflage. um einen Beitrag über Leopold Chalupa erweitert. Heyne, München 2004, (Erstausgabe: Rasch und Röhring, Hamburg 1998), ISBN 3-453-16504-7.
  • Klaus Montanus: Die Putbusser. Kadetten unter dem Hakenkreuz. Ein Napola-Schüler erzählt. R. G. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1995, ISBN 3-89501-220-3.
  • Albert Moritz (Hrsg.): „Fackelträger der Nation“. Elitebildung in den NS-Ordensburgen. Dokumentation der Internationalen Vogelsang-Tage 2009. Böhlau, Köln/Weimar/Wien 2010, ISBN 978-3-412-20554-6.
  • Matthias Paustian: Die Nationalpolitische Erziehungsanstalt Plön 1933–1945. In: Informationen zur Schleswig-Holsteinischen Zeitgeschichte. Heft 26, November 1994, S. 3–100. (online)
  • Helen Roche: The Third Reich’s Elite Schools – a History of the Napolas. Oxford University Press, 2021.
  • Alexander-Martin Sardina: Widersprüchlichkeiten der NS-Erziehungskonzeptionen und die Nationalpolitischen Erziehungsanstalten. (NAPOLA). Staatsexamensarbeit. Universität Hamburg, 2002 (umfangreiche Primärquellen zur Rassenkunde im Anhang).,[24] als Verlagsveröffentlichung ohne Anhang: Die Nationalpolitischen Erziehungsanstalten (NAPOLAs) als Beleg für widersprüchliche NS-Erziehungskonzeptionen im Dritten Reich. Diskurs und Zeitzeugenbefragung. Gekürzte Taschenbuchausgabe, Grin, München 2010, ISBN 978-3-640-54533-9.
  • Laura Sass: Die Nationalpolitische Erziehungsanstalt (NPEA) Emsland. Eine nationalsozialistische „Ausleseschule“ „im Zentrum des katholischen Glaubens“? in: Studiengesellschaft für Emsländische Regionalgeschichte (Hrsg.): Emsländische Geschichte 30, Meppen 2023, S. 171–229. ISSN 0947-8582
  • Harald Schäfer: Napola: die letzten vier Jahre der Nationalpolitischen Erziehungsanstalt Oranienstein bei Diez an der Lahn 1941–1945. Fischer, Frankfurt am Main 1997, ISBN 3-89501-460-5.
  • Wolfgang Schilling (Hrsg.): NAPOLA. Verführte Elite im Harz (Ballenstedt / Ilfeld). Blankenburg (Harz) 2018, ISBN 978-3-935971-94-2.
  • Christian Schneider, Cordelia Stillke, Bernd Leineweber: Das Erbe der Napola. Versuch einer Generationengeschichte. Hamburger Edition HIS Verlagsgesellschaft, Hamburg 1996, ISBN 3-930908-25-5.
  • Harald Scholz: NS-Ausleseschulen. Internatsschulen als Herrschaftsmittel des Führerstaates. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1973, ISBN 3-525-36156-4.
  • Michel Tournier: Le Roi des aulnes. 1970, ISBN 2-07-070432-7.
  • Horst Ueberhorst (Hrsg.): Elite für die Diktatur: Die nationalpolitschen Erziehungsanstalten. 1933–1945. Ein Dokumentarbericht. Droste, Düsseldorf 1969, ISBN 3-7610-7232-5.
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Film

Dokumentation
  • Euro-Video: In Reih’ und Glied. Die nationalpolitische Erziehungsanstalt im Dritten Reich. 1994.
  • Herrenkinder. Regie: Christian Schneider, Eduard Erne. Mitwirkende Theo Sommer, Hellmuth Karasek u. a. Dokumentation, ZDF, 2008 (52 min.).
  • Von der Napola zur SED-Parteischule. Über den Neubau von 1936 in Ballenstedt. MDR, Erstsendung: 29. Januar 2013, 20.45 Uhr (30 Minuten).[25]
Spielfilm
Commons: Nationalpolitische Erziehungsanstalt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Napola – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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