deutscher Architekt und Stadtplaner in Göttingen Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Jochen Brandi (* 1. Mai 1933 in Göttingen;[1] † 24. November 2005 in Agadir, Marokko)[2] war ein deutscher Architekt und Stadtplaner in Göttingen.
Jochen Brandi ist der Sohn des Architekten Diez Brandi[3] und von Antje Brandi, geb. Homfeldt[4][5] sowie der Enkel des Historikers Karl Brandi.
Nach dem Abitur absolvierte Jochen Brandi eine Maurerlehre und unternahm ein Studienreise in die USA und nach Mexiko.[5] Dann studierte er Architektur an der TU München sowie an der TU Braunschweig bei Friedrich Wilhelm Krämer[6] und legte 1957[7] sein Diplom bei Egon Eiermann an der Universität Karlsruhe ab.[8][9] Danach arbeitete Brandi ab 1959 zunächst als „Sozius“[6] im Architekturbüro seines Vaters Diez Brandi in Göttingen. In einem von ihm selbst später beschriebenen „aufbrechenden Generationskonflikt“[6] endete die Zusammenarbeit vier Jahre später und Jochen Brandi richtete 1963 sein erstes eigenen Büro ein, zunächst in einer ausgedienten Garage.[6] Das Büro etablierte sich, zog in den Ritterplan 5 in die Göttinger Altstadt, wurde größer und firmierte bald als „Brandi + Partner“. Partner waren später u. a. Armin Sgodda und Matthias Rüger (1991–1994[10]).
„Von ganzem Herzen Göttinger“[8] war Jochen Brandi mit Schwerpunkt in Göttingen und Südniedersachsen tätig. Er verantwortete die Planung von stadtbildprägenden Neubauten wie dem Parkfriedhof Junkerberg in Göttingen-Weende und dem EAM-Verwaltungshochhaus an der Kasseler Landstraße in Göttingen-Grone.
Nachdem der Architekt noch um 1970 die gestalterisch stark kontrastrierende Filiale der Deutschen Bank mit bronzeeloxierten Metallfassaden in die Göttinger Altstadt neben das Alte Rathaus entworfen und ausgeführt hatte,[11] faszinierten Brandi später die entwerferischen Auseinandersetzungen mit historischen Bauten immer mehr. Er nahm dies auch zum Anlass für eine Veröffentlichung zur eigenen denkmalpflegerischen Positionsbestimmung mit dem Titel „Phantasie in der Nutzung“.[12] Brandi selbst führte sein Verständnis von Geschichtlichkeit auf den Einfluss seines Großvaters, des Historikers Karl Brandi, zurück.[6] Schon in den 1980er Jahren war Brandi die Rettung der denkmalgeschützten Lokhalle, einer riesigen Industriehalle hinter dem Göttinger Hauptbahnhof, mit zu verdanken.[13][14] Die Stadt ehrte seine engagierte Initiative 2010 posthum mit der Benennung des rückwärtigen Bahnhofs-Vorplatzes nach seinem Namen.[15][16][17] Jochen Brandi stellte seinen Umgang mit historischer Bausubstanz erstmals in großem Umfang beim Umbau des Deutschen Theaters Göttingen (1981–1984) unter Beweis.[18] Insbesondere das neben den Neurenaissance-Altbau gesetzte Glasfoyer als neuer Haupteingang wurde stadtbildprägend und ist vielfach publiziert worden.[19] Brandi scheute bei diesen und anderen Altbau-Projekten vor starken Eingriffen in Substanz und Erscheinungsbild von Baudenkmälern durchaus nicht zurück. Eines seiner letzten Projekte solcher entwerferischen Interventionen in Altbauten und Altstädte war der 2002–2004 realisierte Glasanbau am mittelalterlichen Westerturm, einem Wahrzeichen von Duderstadt.[20]
Schon früh war Jochen Brandi auch außerhalb von Göttingen tätig, wo er wichtige Bauten und Entwurfs-Impulse hinterließ. So bezeichnete Sebastian Redecke in einem Brandi-Nachruf ein Berliner Projekt sogar als dessen „wohl wichtigsten Bau“: Er meinte ein 1976 fertiggestelltes Terrassenhaus mit 15 Wohnungen am Schleswiger Ufer im Berliner Hansaviertel, das den architektonischen Gedanken seines Lehrers Eiermann folge.[8] Das zusammen mit Wilfried Bete entwickelte Stahlskelett-Gebäude mit dem System „baukasten“ war der erste große Erfolg des Büros Brandi + Partner und ging aus dem 1967 gewonnenen 1. Preis im internationalen Wettbewerb der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) hervor. Es wurde von der Stahlindustrie unterstützt, von ihr 1976 in einer dreisprachigen Broschüre mit einer Auflage von 20.000 Stück veröffentlicht und errang 1977 den Europäischen Stahlbaupreis.[21] Brandi unterhielt seit 1973[7] ein Zweigbüro in Berlin, hatte für dieses ambitionierte Projekt eigens eine „Brandi Entwicklungsgesellschaft Berlin“[22] gegründet und wohnte und arbeitete sogar zeitweise in seiner „Versuchsstation“, wie die Publikationsbilder zeigen.
Außerdem war Brandi vor allem in seinen späten Jahren als Planer weltweit unterwegs. Dabei reizten ihn auch Projekte mit einer städtebaulichen oder politischen Dimension. Er gewann 1997 den 3. Preis beim internationalen Wettbewerb für das Gorée-Mahnmal in Dakar (Senegal), das an den Sklavenhandel erinnert.[23] 1999 gewann er den 1. Preis beim „Pier 40“- Wettbewerb in New York (USA). Ebenfalls ein Wettbewerbsgewinn war die seit 2001 entwickelte Planung für die städtebauliche Neugestaltung der Bucht von Izmir (Türkei). 2004 erhielt er den 1. Preis für das Zentrum von Moskau-Balashikha (Russland).[8]
Zeitgenössische Stimmen vermitteln, dass ein Teil des beruflichen Erfolgs von Jochen Brandi auch auf seiner kommunikativen und charismatischen Persönlichkeit beruhte[24][25]: „Und wenn der Charmeur wortgewandt eines seiner Werke erläuterte, war man schnell in den Bann gezogen“ (Monika Zimmermann).[26]
Das im Folgenden aufgelistete, architektonische Werk von Jochen Brandi ist bisher nicht monographisch erforscht und daher eine vorläufige Übersicht im weiteren Aufbau.
(chronologisch)
Seamless Wikipedia browsing. On steroids.