Srbiks Vorfahren stammten aus Böhmen. Sein Großvater Franz Srbik (1807–1897) war Hofrat im kaiserlichen Obersthofmeisteramt und wurde 1868 in den erblichen Ritterstand erhoben. Der Vater, der ebenfalls Franz hieß (1841–1910), war Jurist im Finanzministerium und Vorstand der Lottogefällsdirektion. Mütterlicherseits war er ein Enkel des Historikers Heinrich Wilhelm Grauert. Heinrich Ritter von Srbik wurde somit familiär sowohl von der österreichischen Beamten- als auch von der deutschen Gelehrtentradition geprägt.
Srbiks Arbeit über Klemens Wenzel Lothar von Metternich gilt noch immer als ein Standardwerk. Er prägte den Begriff „Metternichsches System“. Srbik sah Metternich als einen Konservativen aus vorrevolutionärer Zeit, der auf die Verteidigung des monarchisch-ständischen gegenüber dem revolutionär-egalitären Prinzip abzielte. Auch wenn er die „reine Monarchie“ propagierte und das konstitutionelle System ablehnte, war er nach Srbik doch auch Feind einer monarchischen Willkürherrschaft. Diese war für Metternich vielmehr an das Recht gebunden.[8] Vom 16. Oktober 1929 bis zum 30. September 1930 bekleidete der parteilose Srbik das Amt des österreichischen Unterrichtsministers im Kabinett von Johann Schober.
Er war Mitglied der antisemitischen Professorengruppe „Bärenhöhle“, deren geheimes Wirken es jüdischen und linken Wissenschaftlern schwer machte, an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien, die damals sämtliche Geistes- und Naturwissenschaften umfasste, habilitiert oder berufen zu werden.[9]
Srbik stand für eine „gesamtdeutsche Geschichtsauffassung“. Zum deutschen Reichsgedanken existiert ein Schriftverkehr zwischen ihm und Arthur Seyß-Inquart. In einer Rede vom 27. April 1938 begrüßte er den „Anschluss Österreichs“ als die „Verwirklichung des tausendjährigen Traums der Deutschen“. Im von ihm mit herausgegebenen Jahrbuch des Vereines für Geschichte der Stadt Wien des Jahrgangs 1939 feierte er die Vorjahresrede Adolf Hitlers im Wiener Rathaus anlässlich der Bekanntgabe der Ergebnisse der „Volksabstimmung“ zur Annexion Österreichs als „geschichtlichen, für immer denkwürdigen 9. April des Epochenjahres 1938“ und widmete die künftige Vereinstätigkeit dem „großdeutschen Reich“ und seinen politischen Zielen.[10]
Zu Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft in Österreich von 1938 bis 1945 trat Srbik am 1. Mai 1938 in die NSDAP ein (Mitgliedsnummer 6.104.788).[11] Die Partei ehrte ihn durch die Zuteilung einer nicht hohen Mitgliedsnummer[12] als „Altparteigenossen“ und die Aufnahme in die Fraktion der NSDAP im Großdeutschen Reichstag.[13] Dem klassischen Bild eines kämpferischen Nationalsozialisten entsprach er jedoch nicht. Das Gauschulungsamt Wien notierte: „Keine aktive Mitarbeit in der Ortsgruppe“ und: „Er lehnt eine Bewertung rassischer Triebkräfte in der Geschichte ab.“[14] Im Zuge der Gleichschaltung der Studentenverbindungen 1938 wurde auch Srbiks Burschenschaft Gothia in eine Kameradschaft des NSDStB überführt. Er erklärte einige Zeit später seinen Austritt. Das Amt Rosenberg schätzte ihn am 11. September 1942 folgendermaßen ein: „Als Forscher und Charakter nicht zu beanstanden. Seine Geschichtsauffassung beruht jedoch zu sehr auf dem universellen Reichsgedanken“.[15]
Im Jahr 1945 geriet Srbik nach dem Zweiten Weltkrieg wegen seiner Tätigkeit in der NS-Zeit an seinem Wohnort Ehrwald kurzzeitig in französische Haft[18] und verlor seinen Lehrstuhl. Im Jahr 1951 war Srbik als Kandidat des Verbandes der Unabhängigen für die Wahl zum Bundespräsidenten Österreichs im Gespräch. Srbik starb jedoch noch vor einer eventuellen Nominierung.[19]
Verheiratet war Srbik ab 1912 mit Johanna (geb. Nissl), einer Tochter des Kirchenrechtlers Anton Nissl. Das Paar hatte drei Kinder. Der Offizier und GlaziologeRobert von Srbik war sein Zwillingsbruder.
Burggraf Friedrich III. von Nürnberg. Dissertation, Universität Wien, Wien 1901.
Der staatliche Exporthandel Österreichs von Leopold I. bis Maria Theresia. Habilitationsschrift, Universität Wien, Wien und Leipzig 1907 (online).
Wallensteins Ende. Ursachen, Verlauf und Folgen der Katastrophe. Seidel & Sohn, Wien 1920 (online).
Metternich. Der Staatsmann und der Mensch, 2 Bde. München 1925, Bd. 3: Metternich. Der Staatsmann und der Mensch. Quellenveröffentlichungen und Literatur. Eine Auswahlübersicht von 1925–1952. Bruckmann, München o. J. [1954].
Das österreichische Kaisertum und das Ende des Heiligen Römischen Reiches 1804–1806. Deutsche Verlagsgesellschaft für Politik und Geschichte, Berlin 1927.
Quellen zur deutschen Politik Österreichs 1859–1866, 5 Bde., Stalling, Oldenburg 1934–1938.
Deutsche Einheit. Idee und Wirklichkeit vom Heiligen Reich bis Königgrätz, 4 Bde., Bruckmann, München 1935–1942.
Österreich in der deutschen Geschichte. Bruckmann, München 1936.
Die margarita philosophica des Gregor Reisch († 1525). Ein Beitrag zur Geschichte der Naturwissenschaft in Deutschland. In: Denkschrift der Akademie der Wissenschaften in Wien, mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse. Band 104, 1941, S. 83–205 (online).
Aus Österreichs Vergangenheit. Von Prinz Eugen zu Franz Joseph. Müller, Salzburg 1949.
Geist und Geschichte vom deutschen Humanismus bis zur Gegenwart. F. Bruckmann und Otto Müller, München und Salzburg 1950.
Nachrufe
Jacques Droz: Heinrich von Srbik †. In: Revue Historique 207, 1952, S. 171 f.
Silvio Furlani: La scomparsa di un grande storico: Heinrich von Srbik. In: Nuova Rivista Storica 35, 1951, S. 166–172.
Hugo Hantsch: Heinrich v. Srbik †. In: Wissenschaft und Weltbild 34, 1951, S. 131 f.
Franz Schnabel: Heinrich Ritter von Srbik. 10.11.1878 – 16.2.1951. In: Bayerische Akademie der Wissenschaften. Jahrbuch 1951. München 1952, S. 163–170 (Online).
Michael Derndarsky: Österreich und die „Deutsche Einheit“. Studien zu Heinrich von Srbik und seiner gesamtdeutschen Geschichtsauffassung. Ungedruckte Habilitationsschrift, Klagenfurt 1989.
Fritz Fellner, Doris A. Corradini: Österreichische Geschichtswissenschaft im 20. Jahrhundert. Ein biografisch-bibliographisches Lexikon (= Veröffentlichungen der Kommission für Neuere Geschichte Österreichs, Bd. 99), Wien 2006, ISBN 3-205-77476-0, S. 385 f.
Fritz Fellner: Heinrich Ritter von Srbik (1878–1951). In: Hartmut Lehmann, James J. Sheehan (Hrsg.): Paths of Continuity. Central European Historiography from the 1930s to the 1950s. Washington D.C. 1994, S. 171–186.
Gesamtdeutsche Vergangenheit. Festgabe für Heinrich Ritter von Srbik zum 60. Geburtstag am 10. November 1938. München 1938.
Jürgen Kämmerer (Hrsg.): Heinrich Ritter von Srbik. Die wissenschaftliche Korrespondenz des Historikers 1912–1945. Boppard am Rhein 1988, ISBN 3-7646-1872-8.
Josef Pasteiner: Die gesamtdeutsche Geschichtsauffassung Heinrich Ritter von Srbiks und ihr Beitrag zur Geschichtstheorie. Dissertation, Universität Wien, Wien 1980.
Martina Pesditschek: Heinrich (Ritter von) Srbik (1878–1951). „Meine Liebe gehört bis zu meinem Tod meiner Familie, dem deutschen Volk, meiner österreichischen Heimat und meinen Schülern.“ In: Karel Hruza (Hrsg.): Österreichische Historiker. Lebensläufe und Karrieren 1900–1945. Band 2. Böhlau Verlag, Wien-Köln-Weimar 2012, ISBN 978-3-205-78764-8, S. 263–328.
Franz Graf-Stuhlhofer: Opportunisten, Sympathisanten und Beamte. Unterstützung des NS-Systems in der Wiener Akademie der Wissenschaften, dargestellt am Wirken Nadlers, Srbiks und Meisters (= Wiener Klinische Wochenschrift 110 (1998) Heft 4–5; Themenheft Zum 60.Jahrestag der Vertreibung der jüdischen Kollegen aus der Wiener medizinischen Fakultät), S. 152–157.
Karen Schönwälder: Heinrich von Srbik. „Gesamtdeutscher“ Historiker und „Vertrauensmann“ des nationalsozialistischen Deutschland. In: Doris Kaufmann (Hrsg.): Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus. Bestandsaufnahmen und Perspektiven der Forschung. Göttingen 2000, S. 528–544.
Peter Wrabetz: Männer aus unseren Reihen: Heinrich Ritter von Srbik (Gothia Wien 1899–1903). In: Burschenschaftliche Blätter, 74. Jg. (1959), H. 2, S. 29–30.
Jan Zimmermann: Die Kulturpreise der Stiftung F.V.S. 1935–1945. Darstellung und Dokumentation. Hamburg 2000 (zu Srbik als Träger des „Wolfgang Amadeus Mozart-Preises“ von 1935, bestimmt für das „bairische Stammestum des Alpenraumes“ sowie als Kuratoriumsmitglied des „Prinz Eugen von Savoyen-Preises“).
Die Verbürgerlichung des Namens erfolgte aufgrund des „Gesetzes über die Aufhebung des Adels, der weltlichen Ritter- und Damenorden und gewisser Titel und Würden“ der Republik Österreich (Adelsaufhebungsgesetz) vom 3. April 1919 mit Wirkung ab dem 10. April 1919. Srbik benutzte seinen vorherigen Namen nunmehr als Künstlernamen, so dass er weiterhin als „Heinrich Ritter von Srbik“ veröffentlichte.
Martina Pesditschek: Heinrich (Ritter von) Srbik (1878–1951). „Meine Liebe gehört bis zu meinem Tod meiner Familie, dem deutschen Volk, meiner österreichischen Heimat und meinen Schülern“. In: Karel Hruza (Hrsg.): Österreichische Historiker. Lebensläufe und Karrieren 1900–1945. Böhlau, Band 2, Wien 2012, ISBN 978-3-205-78764-8, S.263–328, hier: S. 267–268.
Kurt Ehrenberg: Othenio Abel’s Lebensweg, unter Benützung autobiographischer Aufzeichnungen. Wien 1975, S. 85 f., ausgewertet bei Klaus Taschwer: Geheimsache Bärenhöhle. Wie ein antisemitisches Professorenkartell der Universität Wien nach 1918 jüdische und linke Forscherinnen und Forscher vertrieb. In: Regina Fritz, Grzegorz Rossoliński-Liebe, Jana Starek (Hrsg.): Alma mater antisemitica. Akademisches Milieu, Juden und Antisemitismus an den Universitäten Europas zwischen 1918 und 1939. Band 3, Wien 2016, S. 221–242, hier: S. 230 (online).
Günther Fellner: Die österreichische Geschichtswissenschaft vom „Anschluss“ zum Wiederaufbau. In: Friedrich Stadler (Hrsg.): Kontinuität und Bruch. 1938–1945 – 1955. Beiträge zur österreichischen Kultur- und Wissenschaftsgeschichte. Wien u. a. 1988, S. 135–155.
Franz Graf-Stuhlhofer: Opportunisten, Sympathisanten und Beamte. Unterstützung des NS-Systems in der Wiener Akademie der Wissenschaften. In: Wiener klinische Wochenschrift (1998) 110/4–5, S.152–157, hier: S.154 und 157.
Zur Praxis der Mitgliedsnummernvergabe: Gerhard Botz: Nationalsozialismus in Wien. Machtübernahme und Herrschaftssicherung 1938/39. 3. Aufl. Buchloe 1988, S. 210.
Franz Graf-Stuhlhofer: Opportunisten, Sympathisanten und Beamte. Unterstützung des NS-Systems in der Wiener Akademie der Wissenschaften. In: Wiener klinische Wochenschrift 110/4–5, 1998, S. 152–157, hier: S. 154 und 157.
Franz Graf-Stuhlhofer: Die Akademie der Wissenschaften in Wien im Dritten Reich. In: Christoph J. Scriba (Hrsg.): Die Elite der Nation im Dritten Reich. Das Verhältnis von Akademien und ihrem wissenschaftlichen Umfeld zum Nationalsozialismus. Halle a.d. Saale 1995, S. 133–159.
Holger Krahnke: Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 1751–2001 (= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse. Folge 3, Bd. 246 = Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Mathematisch-Physikalische Klasse. Folge 3, Bd. 50). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-82516-1, S. 230.