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Musikinstrument Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Gitarre (von spanisch guitarra, dieses über arabische Vermittlung von altgriechisch κιθάρα, kithara) ist ein Musikinstrument aus der Familie der Lauteninstrumente, nach der Tonerzeugung ein Saiteninstrument, spieltechnisch ein gezupftes bzw. geschlagenes Zupfinstrument. Es gibt akustische und elektrische Gitarren (E-Gitarren) sowie Hybridformen.
Gitarre | |
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englisch: guitar, italienisch: chitarra, griechisch: κιθάρα, (kithara), französisch: guitare, altfranzösisch guiterre, portugiesisch: violão (auch viola), spanisch: guitarra | |
Verschiedenen Arten von Gitarren | |
Klassifikation | Chordophon Zupfinstrument |
Tonumfang | 6-saitige Gitarre in Standardstimmung: |
Klangbeispiel | Tonleiter auf einer Konzertgitarre |
Verwandte Instrumente |
Hawaiigitarre, Ukulele, Resonatorgitarre (Dobro), Cister, Laute, Theorbe, Banjo, Mandoline |
Musiker | |
Liste von Gitarristen Kategorie:Gitarrist |
Eine Gitarre ist in drei Teile untergliedert:
Nach der Korpusform gehört die Gitarre zu den Kastenhalslauten. Bei akustischen Instrumenten (im Gegensatz zu elektrischen) besteht der Korpus meistens aus einem leichten, taillierten, hölzernen Resonanzkörper, der wiederum aus Boden, Zargen und Decke besteht, wobei in die Kante zwischen Zarge und Decke oft eine Randeinlage eingefügt ist.
Die Decke, deren Material den wichtigsten Faktor für die Klangqualität einer akustischen Gitarre darstellt, hat dabei ein meistens kreisrundes Schallloch, das bis ins 18. Jahrhundert mit einer Rosette verziert wurde. Wie bei den Geigen gehen – im Gegensatz etwa zur Viola da gamba und zum Kontrabass – die Schultern des Korpus nicht in einer Rundung, sondern annähernd in einem rechten Winkel in den Hals über. Es gibt jedoch, vor allem im Bereich der E-Gitarren, noch zahlreiche andere Bauformen wie zum Beispiel Halbresonanz-Gitarren und Solidbody-Gitarren (ohne Hohlkörper).
Auf dem Korpus befindet sich der Steg (englisch bridge). An diesem, bei akustischen Gitarren auf die Decke geleimten Querriegel oder – zumeist bei elektrischen Gitarren – unterhalb davon an einem Saitenhalter, ist das eine Ende der Saiten befestigt. Auch für den Steg gibt es zahlreiche unterschiedliche Bauformen mit unterschiedlichen Einstellmöglichkeiten für Saitenlage, exakte Mensur einzelner Saiten oder auch mit Sonderfunktionen (zum Beispiel Tremolo-Hebel – eigentlich Vibrato).
Eine Gitarre hat einen Hals, über dem zwischen Sattel (am Kopf) und Steg (auf dem Korpus) Saiten aufgespannt sind. Die Saitenstärke variiert je nach Stimmung und Mensur. Da die Gitarre, ein sogenanntes Querriegelinstrument, aus dem Korpus und einem davon deutlich abgesetzten Hals besteht, rechnet man sie (im Gegensatz zu den einfachen Chordophonen wie den Zithern) zu den zusammengesetzten Chordophonen.
Bei heutigen Gitarren besteht der Hals meist nicht aus einem Stück, sondern aus mehreren quer verleimten Hölzern und einem aufgesetzten Griffbrett, über dem die Saiten laufen. Diese Konstruktion bietet Vorteile für die Formstabilität des Halses (bei Austrocknung) und zudem durch die Wahl unterschiedlicher Hölzer für Hals und Griffbrett die Möglichkeit der gezielten Einflussnahme auf Klang und Bespielbarkeit der Gitarre.
Bei klassischen Gitarren mit Darm- oder Kunststoffsaiten hat ein einfacher massiver Holzhals ausreichend Stabilität, um dem Zug der Saiten ohne störende Verformung standzuhalten. Viele Instrumente mit Stahlsaiten, vor allem Western-, beziehungsweise Steelguitars und E-Gitarren, sowie ganz besonders E-Bässe, haben jedoch noch einen in den Hals eingelassenen einstellbaren Halsspannstab (auch truss rod). Dieser liegt etwa in der Mitte des Halses in einem gebogenen Kanal und bewirkt eine Vorspannung des Halses entgegen der Saitenzugspannung.
Typische Gitarren haben auf dem Griffbrett Bünde (englisch frets). Diese helfen, die Saite beim Greifen punktgenau zu verkürzen, um einen bestimmten Ton beim Anschlagen zu erzeugen. Jedes Bundstäbchen entspricht dabei im Allgemeinen einem („temperierten“) Halbtonschritt. Oftmals sind am Hals Markierungen an einigen Bundpositionen angebracht, vor allem am 5., 7. und 9. Bund.[1]
Ursprünglich bestanden die Bünde bis ins 18. Jahrhundert aus Darm (um den Hals geschnürte Darmsaiten), später wurden sie auch aus Elfenbein oder Silber gefertigt. Moderne Gitarrenbünde werden meist aus Neusilber (als Bunddraht) gefertigt.[2] Bünde aus festen Materialien sind (im Gegensatz zu Darmbünden) unverrückbar in das Griffbrett eingehämmert. Diese Bauweise erlaubt es eigentlich nicht, Zwischentöne zu erzeugen. Mit geeigneten Spieltechniken wie zum Beispiel Ziehen (Bending), Bottleneck (beziehungsweise Slide) ist aber auch das möglich.
Der Hals variiert je nach Art der Gitarre. Klassische Gitarren haben eher einen breiten und flachgewölbten Hals, Stahlsaitengitarren eher schmale und fast halbrunde Hälse sowie gewölbte Griffbretter.
Am Anfang des Griffbrettes befindet sich der Sattel. Am verbreitetsten sind Sättel aus Kunststoff und aus Knochen. Sie werden entweder in eine in das Griffbrett gefräste Nut eingelassen oder an das Ende des Griffbretts geleimt. Kunststoffsättel werden industriell hergestellt und sind daher preiswerter. Bei Knochensätteln wird zwischen zwei verschiedenen Materialien unterschieden: zwischen ausgekochten und nahezu weißen, gebleichten Knochensätteln und sogenannten Fettsätteln, die aus nichtausgekochtem, ungebleichtem Rinderknochen bestehen.
Letztere sorgen aufgrund des im Knochen verbliebenen Fettanteils für eine Schmierung in den Sattelkerben, was ein Festklemmen der Saiten erschwert. Fettsättel haben aufgrund ihrer Naturbelassenheit eine leicht gelbliche Färbung. Aufgrund guter Verarbeitbarkeit und Schmiereigenschaften werden auch verschiedene Kunststoff-Graphit-Mischungen für die Herstellung von Gitarrensätteln verwendet.
Das Griffbrett endet auf der Decke, meist schließt es mit oder kurz vor dem Schallloch ab. Manche Instrumente haben „schwebende“ Griffbretter, die entweder nicht oder nur teilweise auf der Decke aufliegen. Meist werden solche Instrumente mit einem Griffbrettkeil gefertigt, der einen besseren Spielwinkel für den Spieler ermöglicht.
Am Ende des Halses befindet sich meist der Kopf bzw. die Kopfplatte, an der das andere Ende der Saiten an den drehbaren Stimmwirbeln befestigt ist. Mittels der seit dem 19. Jahrhundert verwendeten Stimmmechanik (übersetzte Wirbel) werden die Saiten gespannt und durch Regulierung der Spannung gestimmt. Der notwendige Druck der Saiten auf den Sattel entsteht dabei durch die Abwinkelung der Kopfplatte gegenüber dem Hals oder durch geeignete Hilfsmaßnahmen wie zum Beispiel Saitenniederhalter oder „gestaggerte“ Mechaniken (zum Ende der Kopfplatte niedriger werdende Wirbel).
Zu den häufigsten Bauformen von Kopfplatten gehören die Fensterkopfplatte (die bei Konzertgitarren Standard ist) und die massive Kopfplatte, die meist auf Stahlsaiten-Instrumenten oder historischen Instrumenten sowie hin und wieder bei Flamencogitarren Verwendung findet.[3]
Viele E-Gitarren haben Klemmsättel, bei denen die Saiten am Sattel arretiert werden, um in Verbindung mit Vibratosystemen eine bessere Stimmstabilität zu erzielen. Es gibt auch gänzlich kopflose Gitarren (headless-Design, populär gemacht in den frühen 1980er Jahren durch Ned Steinberger[4]). In beiden Fällen werden die Wirbel durch Stimmmechaniken am Steg ergänzt oder ersetzt. Das heißt, die eigentliche Stimmfunktion wandert an das andere Saitenende auf dem Korpus.
Die sechs verschieden dicken Saiten der heute meistverbreiteten Gitarre sind meistens (beginnend bei der dicksten Saite) auf E – A – d – g – h – e′ gestimmt (Standardstimmung), in der Regel wird dabei vom Kammerton a1 = 440 Hz ausgegangen. Die offenen Saiten liegen also auf E2 = 82,4 Hz bis E4 = 329,6 Hz. Am 19. Bund (klassische Gitarre) liegt der höchste Grundton bei B5 (deutsch h) mit 987,8 Hz, bei der E-Gitarre am 22. Bund typischerweise auf D6 mit 1174,7 Hz.
Als Standardstimmung der sechssaitigen Gitarre hat sich im Gegensatz zur historisch älteren und symmetrischen Quart-Terz-Stimmung der Vihuela mit reinen Quarten und einer großen Terz in der Mitte (4-4-3-4-4) die asymmetrische Intervallfolge 4-4-4-3-4 durchgesetzt. Diese Stimmung von der tiefsten („dicksten“) zur höchsten („dünnsten“) Gitarrensaite ergibt für die sogenannte 1/1-Gitarre (Primgitarre) mit einer Mensur von durchschnittlich 65 cm die Töne E – A – d – g – h – e′.
Diese Stimmung und der Bezug mit sechs (einchörigen) Saiten[5] ist erst seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gebräuchlich. Gelegentlich werden auch eine oder mehrere Saiten der Gitarre auf andere Töne gestimmt. Eine solche veränderte Stimmung nennt man Skordatur (= „Umstimmung“). Die häufigste Skordatur in der klassischen Gitarrenmusik ist D – A – d – g – h – e′ (Dropped-D-Stimmung). Seltener anzutreffen ist: D – G – d – g – h – e′.
Um bei Renaissancemusik auf der modernen Gitarre die originalen Fingersätze verwenden zu können, wird die Skordatur E – A – d – fis – h – e′ verwendet, die der symmetrischen 4-4-3-4-4-Anordnung der Vihuela und der ersten sechs Chören der Renaissancelaute entspricht.
In Folk- und Fingerstyle-Richtungen werden auch Skordaturen verwendet, bei denen die leeren Saiten einen einfachen Akkord ergeben. Solche Skordaturen werden offene Stimmungen (open tunings) genannt. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist das Stück Das Loch in der Banane von Klaus Weiland. Durch das Mitschwingen der leeren Saiten erhält die Gitarre einen volleren Klang. Gebräuchliche offene Stimmungen sind:
Die Stimmung D – A – d – g – h – e′ wird als Dropped-D-Stimmung manchmal auch zu den offenen Stimmungen gezählt, obwohl die leeren Saiten keinen einfachen Akkord ergeben.
In irischer Musik wird gerne die so genannte modale Stimmung D – A – d – g – a – d′ verwendet, und man spielt Harmonien, deren Klanggeschlecht (Dur/Moll) nicht bestimmt ist, da die Terz fehlt.
Gitarren gibt es in unterschiedlicher Größe und Mensur. So gibt es neben der Primgitarre (aufgrund der E-Moll-Grundstimmung früher auch E-Gitarre und in Bezug auf den „Normalton“ C auch C-Gitarre genannt) mit einer freischwebenden Saitenlänge (Mensur) von 60 bis 65 cm unter anderem Kindergitarren und auch speziell für kleinere Menschen angefertigte Instrumente, die unter anderem von Künstlern wie Prince gespielt wurden, sowie Gitarren unterschiedlicher Stimmlagen innerhalb der Gitarrenfamilie[6] wie die (im 19. bereits bekannte)[7] Terzgitarre (genannt auch G-Gitarre oder Es-Gitarre),[8] die Quartgitarre („Halbe Gitarre“, auch A-Gitarre genannt, mit einer Mensur von etwa 50 und der Stimmung A-d-g-c′-e′-a′, neukonstruiert von dem Dresdner Gitarrenlehrer A. Schneider und von Anton Diabelli im Trio op. 62 verlangt), die Quintgitarre (etwa – konstruiert vor 1920 von Anton Schneider – mit einer Mensur von 44 cm; auch als H-Gitarre),[9] die Quintbassgitarre und die Kontrabass-Gitarre (sowie die Sext- und Septbassgitarre).[10]
Beim Bau der Gitarre werden für den Korpus und den Hals traditionell Hölzer verwendet. Jedoch kommen auch hier vereinzelt andere Materialien, wie zum Beispiel Metall, Verbundwerkstoffe oder Carbon, zum Einsatz. Kleinteile wie die Stegeinlage bestehen je nach Preisklasse ebenfalls aus verschiedenen Materialien, z. B. Kunststoff, Horn oder Knochen. Die Mechanik kann je nach Fabrikat (teilweise) aus Holz, Kunststoff oder veredelten Metallteilen bestehen.
Beim Gitarrenbau werden in der Regel spezielle Klanghölzer verwendet – je nach Art und Eigenschaften in unterschiedlichen Kombinationen. Bei einfachen Instrumenten bestehen Decke und Boden aus Sperrholz (Laminat). Diese Bauweise ist kostengünstig und darüber hinaus weniger anfällig für Risse, allerdings ist die Klangqualität in der Regel geringer als bei Gitarren aus Massivhölzern. Die nächste Stufe hat eine Decke aus massivem Holz, und Spitzeninstrumente sind meist komplett aus massiven Hölzern gefertigt.
Eine Kindergitarre ist eine normale akustische Gitarre, die für unterschiedliche Körpergrößen verkleinert gefertigt wird. Kindergrößen sind, ungefähr bezogen auf Gitarren mit einer Mensur von 65 cm, ⅛, ¼, ½, ¾ und ⅞.[11] Der Hals mit dem Griffbrett ist schmaler und dünner, damit ihn eine Kinderhand umfassen und die Saiten ohne Mühe greifen kann. Die Saiten sind in Standard-Stimmung. Eine tiefe Saitenlage und geringe Spannung der Saiten ist von Vorteil für kleine Finger. Stahlsaiten schneiden stark ein und sind daher für Kinderhände eher ungeeignet.[12] Chitarrina (auch Bezeichnung für eine kleine Laute)[13] wird im Italienischen eine nicht mit Kindergitarren zu verwechselnde Spielzeuggitarre genannt.
Allgemein haben Flamenco-Gitarren dünnere Decken, Böden und Zargen, sind insgesamt leichter und oft flacher gebaut. Böden und Zargen werden meist aus sehr leichtem Holz hergestellt. Eine Mittelstellung zwischen der traditionellen Flamencogitarre mit Böden und Zargen aus Zypresse (flamenca blanca oder guitarra blanca) und der klassischen Gitarre nimmt wegen der verwendeten Hölzer die flamenca negra oder guitarra negra ein, deren Böden und Zargen aus Palisander sind.[14][15] Ursprünglich aus Kostengründen, heute aber eher aus Traditions- und Gewichtsgründen verzichtet mancher Flamenco-Gitarrenbauer auf eine Mechanik mit Gewinde und verwendet stattdessen hölzerne Wirbel, wie sie bei Geigen üblich sind[15] und auch bei Wirbelbrettern der Gitarren aus der Zeit der Wiener Klassik zu finden sind.
Die Flamenco-Gitarre klingt in den oberen Lagen stärker, spricht schnell an und klingt schnell aus. Dies unterstützt den harten und brillanten Charakter des Flamencospiels, der sich gegen die anderen perkussiven Elemente dieser Musik und die Tänzer durchsetzen können muss. Die Saitenlage ist traditionell eher niedrig, wodurch durchaus erwünschte perkussive Nebengeräusche entstehen. Da Flamenco-Gitarristen (guitarristas) jedoch heute oft einen konzertanten Stil pflegen, wird mitunter eine höhere Saitenlage verlangt. Don Antonio de Torres (1817–1892) gilt als erster Erbauer spezieller Flamenco-Gitarren (um 1867).
Speziell Flamenco-Gitarren sind oft mit einem Golpeador bestückt, einer dünnen, heute meist transparenten, früher oft weißen oder schwarzen aufgeklebten Kunststoffschicht. Sie umgibt das Schallloch von drei Seiten bis hin zum Steg und soll die Gitarrendecke vor Beschädigungen schützen; insbesondere bei Verwendung der perkussiven Technik Golpe. Ein Golpeador kann auch nachträglich an einer Gitarre angebracht werden.
Es reicht meist nicht, bei einer normalen Gitarre die Saiten „verkehrt“ aufzuziehen. Ein nachträglicher Umbau ist oft unbefriedigend. Einige wenige Hersteller bauen spiegelbildlich gestaltete Modelle, bei denen ggf. selbst die Schlagbretter und Cutaways (die das Spielen in den höchsten Lagen erleichtern sollen) stimmen.
Gute Gitarren werden heute nicht symmetrisch gebaut. Die Stegeinlage ist schräg angeordnet, um den Ton auf den hohen Bünden oktavrein zu halten. So haben die tiefen Saiten – bedingt durch ihre größere Amplitude und die höhere Stegeinlage – eine größere Schwingungslänge als die hohen, dünneren Saiten. Würde man auf einer Gitarre die Saitenlage lediglich umdrehen, würde durch den schrägen Steg die Oktavunreinheit verstärkt. Die Einkerbungen im Sattel werden entsprechend der Saitendicke unterschiedlich ausgeführt. Die Deckenverleistung im Inneren ist gewöhnlich den statischen und akustischen Anforderungen entsprechend asymmetrisch konstruiert.
Heutzutage bieten die meisten großen Hersteller von elektrischen Gitarren und Stahlsaitengitarren auch spezielle Linkshänder-Gitarren an. Aufgrund der geringeren Nachfrage und des gesteigerten Produktionsaufwandes sind sie allerdings 10 bis 30 Prozent teurer als Rechtshänder-Gitarren des gleichen Modells. Es werden zudem nur einige wenige Modelle aus der Modellpalette auch als Linkshand-Version angeboten. Die Tatsache, dass es überhaupt Linkshänder-Gitarren gibt, stellt eine Eigenheit dieser Instrumentengattung dar. Selten findet man Streicher, die ihren Bogen mit der linken Hand halten und entsprechende Instrumente spielen.
Einige Linkshänder (z. B. Mark Knopfler, Gary Moore oder Noel Gallagher) spielen jedoch ganz normale Rechtshänder-Gitarren wie Rechtshänder (die Anschlaghand ist die rechte, die Greifhand die linke). Schließlich gibt es einige wenige Linkshänder (etwa Doyle Bramhall II), die eine normal rechtshändig bespannte Gitarre linkshändig umgekehrt halten und spielen oder eine Rechtshändergitarre die linkshändig bespannt ist, z. B. Jimi Hendrix.
Die zwölfsaitige Gitarre mit Stahlsaiten (englisch twelve-string guitar) wird wie ihr sechssaitiges Pendant gestimmt; zu den Saiten E, A, d und g kommt hier jedoch jeweils eine höhere Saite im Oktavabstand; die h-Saite und die e′-Saite werden durch gleichgestimmte Saiten verdoppelt (Ee Aa Dd gg′ hh e′e′). Die Saitenpaare werden auch Saitenchöre genannt, durch die sich im Vergleich zur sechssaitigen Gitarre ein anderes, durch die Oktavsaiten „aufgehelltes“ Klangbild und ein durch Schwebungseffekte aufgrund kleiner Stimmungsabweichungen bedingter Chorus-Effekt ergibt.
Bereits um 1770 baute der Harfenmacher Nadermann eine zwölfsaitige Gitarre, die er Bissex nannte. Erfunden hatte sie der Gesang- und Gitarrenlehrer Vanhecke (oder van Hecke oder Van Eck; * um 1780 in Paris), der auch eine Méthode de jouer le Bissex dafür verfasste.[16]
Bekannte Interpreten, die hauptsächlich zwölfsaitige Gitarren verwenden, sind z. B. Leo Kottke, Melissa Etheridge, Roger McGuinn und John Denver.
Weit seltener als sechssaitige sind Gitarren mit sieben, acht, neun oder zehn Saiten. Auch elf- und dreizehnsaitige, sogenannte Altgitarren, haben eine gewisse Verbreitung, vor allem in Schweden (altgitarr).[17] Die recht häufige zwölfsaitige Gitarre hat zum herkömmlichen EADGHE-Saitensatz sechs Saitenpaare. Die vier tiefen Saiten (E, A, d und g) werden um höher gestimmte Oktavsaiten und die zwei hohen Saiten (h und e′) um gleich gestimmte Saiten ergänzt. Die so entstehenden, jeweils eng nebeneinander liegenden Saitenpaare werden zusammen gegriffen bzw. angeschlagen. So wird ein volleres Klangbild als bei der sechssaitigen Gitarre erzielt, durch minimale Verstimmungen der Doppelsaiten gegeneinander und der daraus resultierenden Phasenschwingungen ergibt sich ein sphärisch klingender Chorus-Effekt.
Auch historische Zupfinstrumente (z. B. Pandora oder Orpheréon) hatten zuweilen mehr als sechs Saiten, in der Regel doppelchörig besaitet. Seit dem 19. Jahrhundert werden gezielt einchörige Instrumente mit mehr als sechs Saiten verwendet. Bekannte Beispiele sind der siebensaitige Heptachorde und der zehnsaitige Décachorde des französischen Gitarrenbauers René François Lacôte, für die die zeitgenössischen Gitarristen Ferdinando Carulli und Napoléon Coste eigene Lehrwerke verfassten.
In Russland wurde die siebensaitige Gitarre in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch die Gitarristen Ignatz Held und Andreas Sichra (1773–1850) populär gemacht[18] und im 20. Jahrhundert durch Musiker wie Vladimir Maškewič (1888–1971), Wasil Juriew (1881–1962) und Michail Iwanow (1889–1953) repräsentiert.[19]
Bekannte Interpreten auf Gitarren mit erweitertem Tonumfang sind:
Eine Sonderform ist mit einem zweiten Hals ausgestattet; damit können verschiedene Stimmungen bespielt werden oder ein Hals kann eine zwölfsaitige Bespannung bieten. Instrumente mit einem dritten Hals sind selten.
Bekannte Musiker, die eine Doppelhalsgitarre spielten, sind Jimmy Page, Don Felder und Stephen Stills; alle drei nutzten eine Gibson EDS-1275.
Auch die Kontragitarre (Schrammelgitarre) hat zwei Hälse, wobei jedoch nur einer mit einem Griffbrett ausgestattet ist, während auf dem zweiten freischwingende Basssaiten als Bordun angebracht sind.
Auch Gitarlele, Guitalele oder Guitarlele genannt; siehe Gitalele.
Im Jahr 1846 schuf L. G. Warncke aus Nancy eine Gitarre mit Schnarr-Register.[20]
siehe Kategorie:Gitarrenart
Der Name Gitarre (im 18. und 19. Jahrhundert in der bevorzugten Schreibung Guitarre) wurde aus dem Spanischen entlehnt, wobei spanisch guitarra über maghrebinisch-arabisch قيثارة, DMG qīṯāra auf das altgriechische Wort κιθάρα (kithara) zurückgeht.[21] Die kithara war jedoch keine Halslaute, sondern gehörte wie die lyra zu den Leiern der griechischen Antike. Bei kithara handelt es sich nach der Ansicht von Michael Kasha wiederum um die Hellenisierung eines altpersischen Namens für eine viersaitige Halslaute (persisch چهار تار tschahār-tār, DMG čahār-tār, ‚vier Saiten‘).[22]
Lauteninstrumente waren bereits vor 5000 Jahren in Gebrauch. Erste Instrumente dieser Art sind im Orient nachweisbar. Ein der europäischen Laute ähnliches Instrument ist bereits auf einem Relief aus dem Tempel des Hammurapi von Babylon (1792–1750 v. Chr.) zu finden. Ägyptische Zeichnungen zeigen Frauen, die Lauteninstrumente aus der Zeit der Pharaonen spielen.[23]
Ab dem Jahr 711 herrschten in Spanien die Mauren, welche aus ihrer Heimat ein bereits voll ausgereiftes Instrument mitbrachten, die Oud (arabisch al-oud „das Holz“), eine arabische Laute, die heute ohne Bünde gespielt wird.
Mit der Ausbreitung mehrstimmiger Kompositionstechniken zunächst in der christlichen Kirchenmusik änderten sich auch die Anforderungen an die Lauteninstrumente. Die Mehrstimmigkeit forderte eine Weiterentwicklung der Bauform.[24] Der Resonanzkörper wurde nun vorwiegend aus Brettchen zusammengeleimt und die Seitenteile nach außen gebogen, um dem Druck, der durch den angesetzten Hals ausgeübt wurde, standhalten zu können. Manche Instrumente hatten keinen ausgeprägt bauchigen Körper, sondern einen zunehmend flachen, wie wir es von den heutigen Gitarren her kennen.[25] Aus der Oud entwickelte sich die Renaissancelaute in ähnlicher Bauweise mit Bünden: Saiten aus Darm wurden im richtigen Abstand um den Hals „gebunden“. Erste Vorgänger der Gitarre gelangten wie die arabische Laute im 8. Jahrhundert nach Spanien und von dort ins übrige Europa.[26]
Erste Gitarren sind seit dem 13. Jahrhundert nachweisbar. In den Cantigas de Santa Maria finden sich Abbildungen der Guitarra latina (auch quitarra latina und Guitare latine; „latinische Gitarre“) und der von den ehemaligen Eroberern stammenden Guitarra morisca (französisch auch Guitare moresque; „maurische Gitarre“). Um 1330 stellte der Dichter und „Erzpriester von Hita“ Juan Ruiz beide Instrumente gegenüber. Um 1349 wurden beide Gitarren (als Guiterre latine und Guiterre moresche) am Hof des Herzogs der Normandie gespielt. Autoren, welche die maurische Gitarre erwähnten waren der Komponist Guillaume de Machaut (als [en-]morache) und um 1300 der Musiktheoretiker Johannes de Grocheo (als Guitarra saracenica).[27][28]
Die Renaissancegitarre[29] besaß – gemäß einem 1555 erschienenen Buch[30] von dem spanischen Musiktheoretiker Juan Bermudo[31] – meist vier Chöre (guitarra de quarto órdenes), seltener fünf (guitarra de cinco órdenes) oder gar sechs.[32] Die im 16. Jahrhundert, vor allem in Frankreich benutzte Gitarre hatte anfänglich meist vier[33] Saiten bzw. Chöre. Diese vierchörige spanische Gitarre hatte drei Doppelsaiten und eine einfache Saite und somit einen begrenzteren Umfang sowie in der Tabulatur-Literatur ein weniger anspruchsvolles Repertoire als die Laute und die auch „spanische Laute“ genannte (sechschörige) Vihuela,[34] von der Bermudo schrieb, dass man, wolle man sie in eine (damals noch vierchörige) Gitarre verwandeln, ihr den ersten und sechsten Chor wegnehmen müsse. Der am aragonesischen Hof in Neapel wirkende franko-flämische Komponist und Musiktheoretiker Johannes Tinctoris vermutet in seiner Schrift De inventione et usu musicae aus dem Jahr 1484 den Ursprung der viersaitigen Renaissancegitarre in Katalonien.[35] Die von ihm beschriebenen Instrumente gleichen jedoch noch eher einer Laute beziehungsweise der Guitarra morisca.[35]
Die Spanier entwickelten aus der Laute die Vihuela,[36] welche die gleiche Besaitung, aber einen flachen Körper hat.[37] Die spanische Vihuela der Renaissance ist die Vorform der heutigen Gitarre. Sie hat einen schmalen, achtförmig geschweiften Korpus, einen flachen Boden, einen gitarretypischen Hals mit Bünden und eine Wirbelplatte. In Spanien bestanden im 16. Jahrhundert die Vihuela und die kleinere und für ein anderes Repertoire genutzte, möglicherweise im 14. Jahrhundert aus der guitarra latina hervorgegangene, vierchörige Gitarre (guitarra de quarto órdenes) nebeneinander.[38][39]
Die Musik des 16. und 17. Jahrhunderts ist zum großen Teil in Form von Tabulaturen[40] überliefert. Kompositionen (etwa intavolierte Lieder, Fantasien bzw. Ricercare und Villancicos) für die vierchörige Gitarre finden sich in Spanien 1546 bei Alonso Mudarra und 1554 bei Miguel de Fuenllana und zwischen 1551 und 1570 in französischen und italienischen Tabulaturausgaben von Robert Ballard und Adrian Le Roy, Melchior (de) Barberis (1549) und Pierre Phalèse.[41] Weitere Kompositionsformen für die Gitarre der Renaissance waren die auch im Barockzeitalter gespielten Allemanden, Chaconnes, Folias, Romanescas und Tombeaus.
Bevor sich in Italien die fünfchörige chitarra spagnuola etablierte, hatte die italienische Gitarre vor der Mitte des 16. Jahrhunderts noch vier Chöre zu sieben Saiten. Eine einfache Besaitung wurde nach französischem Vorbild Ende des 18. Jahrhunderts üblich.[42]
Als in der Barockzeit die Gitarrenmusik unter Verwendung verschiedener rhythmischer Anschlagsarten (batteries)[43] akkordbetonter wurde, gelangen nur bei der Guitarra die nötigen baulichen Anpassungen; die Vihuela starb aus. Auch diese Entwicklung vollzog sich auf spanischem Boden, mitgeprägt durch Gaspar Sanz (1640–1710) und seine Gitarrenschule (Instrucción de música sobre la guitarra española), und so wurde die Gitarre mit der Zeit als Spanische Gitarre (spanisch guitarra española, italienisch chitarra [alla] spagnola oder chitarra spagnuola)[44] bezeichnet – nun (laut Sanz und Doisi de Velasco[45] durch Vicente Espinel in Madrid um die fünfte, höchste Saite ergänzt[46][47]) fünfchörig (in Frankreich vierchörig) und im Gegensatz zur (auch fünfchörigen) Vihuela mit nur einer Saite im ersten Chor.[48]
Die ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts (die Vihuela ablösend auch in Spanien) bevorzugte fünfchörige (gelegentlich auch sechschörige) Barockgitarre, die unter anderem mit der Quart-Terz-Stimmung A-d-g-h-e' mit zwei Oktav- und zwei Einklangchören gestimmt wurde,[49][50] gelangte im 17. Jahrhundert über Italien durch Francesco Corbetta nach Frankreich, wo sie am Hof von Ludwig XIV. ein beliebtes Musikinstrument wurde.[51] Der deutsche Instrumentenbauer Joachim Tielke fertigte in Hamburg um 1684[52] solche Gitarren an, die (wie aus einer Beschreibung der Quinterna, einer fünfchörigen Gitarre, bei Michael Praetorius (1571–1621) in Syntagma musicum und aus einer Tabulatur von 1653 hervorgeht[53]) auch im deutschsprachigen Raum bereits bekannt waren. Ein ähnliches Instrument wie die Quinterna bei Praetorius zeigt auch die „Quinternspielerin“ in einer Holzschnittfolge der neun Musen von Tobias Stimmer.[54] In Italien unterschied man im 17. Jahrhundert die chitarra von einer kleineren chitarriglia.[55]
Mit dem Fortschreiten des Barock tendierte die Spielweise wieder von den batteries und dem (barocken) rasgueado (italienisch battuto[56] oder battente (Vgl. den Begriff der Schlaggitarrre als „Chitarra battente“ oder „Guitare en bâteau“, chitarra battente[57] oder Gitarra battente), englisch „strumming“[58]), dem Schlagen von Akkorden, zum kontrapunktischen und Melodiespiel, dem punteado, bis ein endgültiger Bruch schließlich in die Frühklassik mündete. Während dieser Zeit änderte sich die Besaitung der Gitarre ständig, da nun die Melodie, als tragendes Element, in den Vordergrund trat und viel experimentiert wurde.
Eine auch bei der Flamencogitarre angewendete Technik war die Verwendung von (erstmals von Gaspar Sanz als Klangeffekt so genannten) campanelas („kleine Glocken“) als Klangeffekt, bei dem Leersaiten mit Griffkombinationen auf tieferen Saiten, aber in höheren Grifflagen kombiniert werden.[59][60]
Kurz vor 1800 fand eine Art Ringtausch zwischen Mandora und Gitarre statt. Die Gitarre, die als Barockgitarre meist nicht linear, sondern rückläufig (reentrant tuning) gestimmt worden war (zum Beispiel e' – h – g – d' – a[61][62]) und somit (ähnlich wie bei der Ukulele) zum Melodiespiel auf den Basssaiten (mit Daumen) Gelegenheit gab, übernahm die sechste Saite und die Stimmung der Mandora (e' – h – g – d – A – G, später auch e' – h – g – d – A – E). Die Mandora dagegen übernahm von der Gitarre die inzwischen eingeführte Besaitung mit einzelnen Saiten statt Chören. Ein später Erbe dieser Entwicklung auf Seiten der Mandora war die sogenannte Gitarrenlaute, die durch die fehlende Doppelchörigkeit aber nicht die Möglichkeit des selektiven Spielens[63] der in Oktaven gestimmten Doppelsaiten einer Barockgitarre hat.
Im 17. und 18. Jahrhundert fand die Gitarre wie die Laute auch Verwendung als Generalbassinstrument.[64][65] So gelehrt etwa 1674[66] von Gaspar Sanz, 1680 von Nicola Matteis und 1714 Santiago de Murcia.[67]
Weitere Komponisten, welche die Gitarre im Barockzeitalter populär machten, waren unter anderem Giovanni Paolo Foscarini (1630), Girolamo Montesardo (Nuova inventione d’intavolatura […], Florenz 1606) und Robert de Visée[68] sowie um 1674 Giovanni Battista Granata (um 1622 – 1687), ein Schüler von Francesco Corbetta, um 1694 Francisco Guerau[69] (Lehrer von Santiago de Murcia), der flämische Komponist François Le Cocq,[70] um 1677 Lucas Ruiz de Ribayaz (1630–1672), ein Nachahmer von Gaspar Sanz, um 1646 der Komponist und Herausgeber Carlo Calvi (um 1610 – nach 1646), um 1655 der in Bologna geborene Angelo Michele Bartolotti (um 1615 – 1681)[71] und um 1692 Ludovico Roncalli. Zu den französischen Komponisten für die Gitarre der Barockzeit gehört auch François Campion (1705 und 1731). Auch der Böhme Johann Anton Losy von Losinthal war (um 1700) ein Vertreter der Gitarrenmusik dieser Zeit.[72][73]
In Spanien veröffentlichte der Musikprofessor Fernando (de) Ferandiere (etwa 1740–1816) noch 1799 ein Lehrwerk für eine sechschörige Barockgitarre, für die er auch zahlreiche Werke komponiert hatte.[74] Auch Gaspar Sanz verfasste Lehrwerke für die Barockgitarre.[75]
Auf diese Weise wandelte sich Ende des 18. Jahrhunderts die (vier- bis) fünfchörige Barockgitarre bzw. Spanische Gitarre, wie sie etwa von Antonio Stradivari in Cremona (zum Beispiel 1688) gebaut wurde, zur sechssaitigen (und einchörigen) Gitarre des 19. Jahrhunderts, mit einer robusteren und im Vergleich zu den Verzierungen der Barockgitarre funktionaleren Bauweise und, ablesbar auch in der Gitarrenliteratur ab etwa 1750, Möglichkeiten zu einer differenzierten Tonbildung und gleichzeitig einem die tiefen Töne stärker als zuvor hervorhebenden sowie auch durch eine lineare Stimmung Akkordumkehrungen (vgl. auch Voicings) beim Strumming erst richtig hörbar machenden[76] und sonoreren, der Musik der Romantik und des Impressionismus entsprechenden Klang.[77] Für den Klang bedeutsam war auch der Einbau von Resonanzleisten, welche die Schwingungen auf den gesamten Körper übertrugen, wodurch die Töne lauter wurden und sogar den Einsatz der Gitarre in kleineren Orchestern[78][79] ermöglichte. Zu den ersten Lehrwerke für die klassische Gitarre (mit sechs Saiten) gehörten die von Federico Moretti und das 1825 von Dionisio Aguado veröffentlichte.
Ihre klassische Epoche durchlebte die Gitarre hauptsächlich in Wien und Paris. In Wien prägte Johann Georg Stauffer das Wiener Gitarrenmodell. Später als in diesen beiden Städten bildete sich in London ein weiteres Zentrum der Gitarre europäischen Ranges aus. Zu den international wirkenden Komponisten der Gitarre zählte auch der Geigenvirtuose Niccolò Paganini.
Die Hauptkomponisten für die sechssaitige Gitarre in ihrer Blütezeit waren neben anderen in Paris Fernando Sor, Ferdinando Carulli, Dionisio Aguado, Pierre-Jean Porro und Napoléon Coste sowie in Wien Mauro Giuliani, Johann Kaspar Mertz und Johann Dubez. In London waren zahlreiche Gitarristen, auch aus Deutschland stammend, wohnhaft. Die bekanntesten unter ihnen waren Leonhard Schulz, Wilhelm Neuland, Luigi Sagrini (1809–1874), Felix Horetzky, Ferdinand Pelzer (und dessen Tochter Catharina Josepha Pratten). Zu den bedeutendsten Gitarrenvirtuosen nach Giulianis Lebenszeit zählte Giulio Regondi; er lebte ebenfalls die längste Zeit seines Lebens in London. Schon in der Romantik führten jedoch einige Entwicklungen wieder nach Spanien. Der Gitarrist Francisco Tárrega beschritt dort mit seinen bis heute üblichen Griff- und Anschlagtechniken neue Wege. Zur gleichen Zeit vervollkommnete der Gitarrenbauer Antonio de Torres die Gitarre in Form und Abmessungen, Anordnung der (fächerförmigen) Decken-Verleistung und mechanischen Details.[80]
Die Bezeichnung Klassische Gitarre wurde, abgesehen von russischen Veröffentlichungen zur Gitarre zwischen 1904 und 1915, erst nach 1946 durch die Zeitschrift Guitar Review eingeführt.[81] Die Torres-Gitarre aus dem 19. Jahrhundert ist bis heute die Grundlage einer jeden klassischen Konzertgitarre geblieben. Weiterentwicklungen, die heute Standard beim Bau moderner klassischer Konzertgitarren sind, entstanden auch noch in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts u. a. in der Zusammenarbeit zwischen den Gitarrenvirtuosen Miguel Llobet (1878–1938) und Andrés Segovia (1893–1987) mit den Gitarrenbauern Manuel Ramírez (1864–1916) und Hermann Hauser I (1882–1952). Bedeutende Gitarrenbauer des 20. Jahrhunderts sind auch die Spanier Santos Hernandez (1870–1942), Domingo Esteso (1884–1937), Ignacio Fleta (1897–1977), Marcelo Barbero (1904–1956) und José Ramirez III (1922–1995),[82] die deutschen Gitarrenbauer Hermann Hauser II (1911–1987) und Richard Jacob „Weißgerber“ (1877–1960) sowie die Franzosen Robert Bouchet (1898–1986) und Daniel Friederich (1932–2020). Im 20. Jahrhundert gab es – auch bedingt durch Elektronik – viele Neuerungen wie beispielsweise die Bottoni-Greci-Gitarre[83] von 1987.
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen Spieltechniken, die mit der Greifhand oder der Anschlagshand ausgeführt werden. Einige Techniken werden in der Praxis auch mit beiden Händen angewendet, z. B. Tapping. Siehe auch: Technik der klassischen Gitarre.
Die die Tongebung (den Anschlag)[85] bewirkende Anschlagshand, bei Rechtshändern ist es die rechte, ist die „führende“ Hand. Sie gibt oftmals Rhythmus und Geschwindigkeit vor und produziert die Töne durch Anschlagen der Saiten.
Die Finger der Anschlagshand werden (nach spanischem Vorbild) mit p (pulgar, Daumen), i (index, Zeigefinger), m (medio, Mittelfinger), a (anular, Ringfinger) und M (meñique, auch q, ch, l, k und e, bei Dionisio Aguado c,[86] kleiner Finger) bezeichnet.
Generell lassen sich für die Anschlagshand bzw. Zupfhand folgende Spieltechniken unterscheiden:
Diese Techniken lassen sich in verschiedene Techniken aufteilen:
Beim Zupfen werden einzelne Saiten mit den Fingern (Fingerkuppen und/oder Fingernägeln) oder einem Plektrum angeschlagen. Auf diese Weise können nicht nur einstimmige Tonfolgen, sondern auch mehrstimmige Sätze gespielt werden. Um höhere Geschwindigkeiten zu erreichen und das Spiel flüssiger klingen zu lassen, wird dabei meistens eine Form des Wechselschlags eingesetzt: Zwei oder mehr Finger schlagen die Saiten abwechselnd an. Eine besondere Form des Wechselschlags ist das Tremolo, bei dem drei oder mehr Finger in schneller Folge hintereinander dieselbe Saite anschlagen. Diese Technik ist häufig in spanischer (insbesondere beim Flamenco) und lateinamerikanischer Gitarrenmusik sowie in härteren Formen von Heavy Metal zu hören. Man unterscheidet darüber hinaus die Anschlagsarten tirando (spanisch für „ziehend“) und apoyando (spanisch für „aufstützend“), die die Klangeigenschaften des produzierten Tones verändern. Beim tirando wird nur die Saite berührt, die gerade angeschlagen wird, beim apoyando kommt der Finger nach dem Anschlag auf der nächstunteren Saite zu liegen. Eine weitere Form der Klangerzeugung ist der einhändige Flageolett-Anschlag, bei dem nach Zupfen der Saite diese sofort wieder mit einem anderen Finger (normalerweise p) abgedämpft wird. Diese kann man auch bei gezogener Saite spielen, so dass ein pfeifender Ton entsteht – die genaue Funktionsweise des Flageoletts und das Ziehen der Saite wird weiter unten ausführlicher erklärt.
Vibrato: der greifende Finger wird in einer mehr oder weniger schnellen „Zitterbewegung“ entlang der Halsachse leicht hin und her bewegt. Dadurch ändert sich die Tonhöhe nach oben hin in einer leichten Schwingung. Man unterscheidet dabei das klassische Vibrato (die Vibratobewegung wird parallel zur Saite ausgeführt, es entsteht ein eher dezenter Effekt) und das meistens von E-Gitarristen benutzte Vibrato durch Ziehen (Bending) der Saiten in vertikaler Richtung entlang des Bundstäbchens nach oben und unten. Mit der Anschlagshand erfolgt hingegen das mittels eines Vibratohebels und einer whammy bar erzeugte „Vibrato“, wobei die Saiten periodisch gedehnt und entspannt werden (vom kurzen Herunterdrücken des Hebels, „V dip“, bis vollkommen Entspannen der Saiten, „Bar Dive“ bzw. „Dive Bomb“[98]).
Dämpfen: Durch Setzen der Greiffinger auf die Bünde (französisch Étouffez) kann eine dumpfe, perkussive Klangwirkung bzw. eine so genannte Dead-Note (in Noten und Tabulatur dargestellt durch ein „x“) erzielt werden. (Ein Beispiel dafür ist in Nirvanas Smells Like Teen Spirit von der Rhythmusgitarre zu hören oder beim Intro von AC/DCs Back in Black). Daneben werden, insbesondere bei verzerrtem und lautem E-Gitarrenspiel, auch nichtgezupfte Saiten gedämpft, um deren Mitschwingen und damit Nebengeräusche und eine unerwünschtes akustische Rückkopplung (Feedback) zu verhindern. Beim Rake werden die ersten paar Saiten werden vor dem eigentlichen Ton abgedämpft, aber trotzdem mit angeschlagen. Dadurch entsteht ein perkussiver Effekt.[99]
Flageolett: eine Technik, um Obertöne einer Saite oder eines gegriffenen Tones zu erzeugen. Durch leichtes Berühren der Saite an bestimmten Punkten erklingt ein höherer Ton anstatt des eigentlich angeschlagenen Tones. Bei dieser Technik berührt ein Finger nur leicht bestimmte Punkte der Saite und verlässt ganz kurz nach dem Anschlag wieder die Saite. Diese Technik ist nur an bestimmten Punkten der Saite für das Flageolett sinnvoll einsetzbar:
Flageoletts sind auch an anderen Stellen möglich, sind jedoch je nach Bauart der Gitarre mehr oder weniger leicht darstellbar. Sie bilden dann nicht mehr so klare einzelne Töne, sondern es erklingen Mehrklänge.
Man unterscheidet natürliche und künstliche Flageoletttöne (Auf den leeren Saiten liegen die natürlichen, auf den griffverkürzten die künstlichen[101]):
„Aufschlagbindung“ (engl. Hammer-On): ein Finger der Greifhand schlägt kräftig auf die Saite. Die Tonerzeugung erfolgt also „klopfend“ durch die Greifhand.
„Abzugsbindung“ (engl.: Pull-Off): Ein Finger, der vorher einen Ton gegriffen hat, lässt die Saite schnell los bzw. zupft sie an. Dadurch erklingt der Ton, der an einem tieferen Bund auf dieser Saite gegriffen ist, oder aber der Ton der leeren Saite (= Zupfen mit der linken Hand).
Ziehen (auch „bending“): Man greift eine Saite und zieht oder schiebt diese mit dem greifenden Finger entlang der Bundachse, wodurch der momentan erklingende Ton sich stufenlos dem angepeilten Zielton annähert, bis dieser schließlich erklingt.
Glissando (auch englisch Slide „Gleiten“'): der Finger gleitet von einem Bund zu einem anderen, wobei die Saite heruntergedrückt bleibt. Im Notenbild wird der Gebrauch des Gleit- oder Schleiffingers durch sogenannten Führungsstriche (gerade Bindungsstriche) kenntlich gemacht.[102] Die Technik wird häufig im Blues mit einem Röhrchen, dem Bottleneck gespielt. Dieser steckt auf einem Finger der Greifhand.
Die Gitarre wird bei der klassischen Haltung auf dem Oberschenkel auf Schlaghandseite abgestützt. Die untere Einbuchtung im Korpus kommt auf dem Oberschenkel der Greifhandseite zu liegen. Der Hals zeigt dann zur Greifhandseite hin. Es ist möglich, mit einer Fußbank das Bein der Greifhandseite um einige Zentimeter zu erhöhen, damit eine bessere Sitzhaltung erreicht werden kann. Dabei zeigt der Hals etwa im Winkel von 45° nach oben. Alternativ kann der Fuß der Greifhandseite auf dem Boden bleiben, wenn zwischen dem Auflagepunkt des Gitarrenkorpus und dem Bein der Greifhandseite eine Gitarrenstütze oder ein Kissen angebracht wird, womit ebenfalls die Position des Halses erhöht und eine optimale Haltung erreicht werden kann. Ergonomische Nachteile der Fußbankhaltung wie zum Beispiel der damit einhergehende Beckenschiefstand, die Verdrehung oder Neigung des Oberkörpers in Richtung der Greifhand und die Einengung des Zwerchfells durch das hochgestellte Bein sind mit Gitarrenstütze oder einem speziell geformten Kissen vermeidbar.[103]
Der Ellenbogen der Greifhandseite sollte entspannt und um etwa 90 Grad abgewinkelt sein. Der Unterarm der Anschlagshand sollte in der Nähe des Ellenbogens auf dem Zargenrand liegen. Die Greifhand sollte so positioniert werden, dass noch etwas Platz zwischen dem Hals und dem Handgelenk ist. Der Daumen sollte auf der Rückseite des Griffbretts etwa in der Mitte aufgesetzt werden.(Ein Überstehen des Daumens über den Griffbrettrand wird bei der schulmäßigen Haltung vermieden, allerdings erlaubt ein solcher „Fuhrmannsgriff“ beim Spiel der E-Gitarre unter Umständen ein gutes Vibrato und sicheres Saitendämpfen[104]). Beim Greifen der Saiten ist zu vermeiden, dass die Fingergelenke der Greifhand durchgedrückt, also entgegen ihrer natürlichen Abknickrichtung gedehnt werden; diese für den Anfänger möglicherweise anstrengende Handhaltung kann durch etwas Übung leicht aufrechterhalten werden, sie ist für ein präzises Spiel und viele Techniken der Greifhand unverzichtbar. Beim Greifen eines „Barrégriffes“, also beim Greifen mehrerer Saiten mit nur einem Finger, sollte der durchgestreckte Finger nahe am Bundstäbchen angesetzt werden.
Alternativ zur klassischen Haltung finden sich unter anderem das Hochstellen mittels Fußbänkchen des Oberschenkels der Schlaghandseite stattdessen der Greifhandseite („Manolo-Sanlúcar-Haltung“), oder das Spiel bei beidseits nicht erhöhten Oberschenkeln („Gitano-Haltung“), das Überschlagen des Unterschenkels der Schlaghandseite (statt – wie bei der häufigsten bei Flamencogitarristen anzutreffenden Haltung – des Oberschenkels) über den Oberschenkel der Greifhandseite („Paco-de-Lucía-Haltung“), das Stellen der beiden Gitarrenkörperrundungen (statt der Zargenbuchtung auf einen Oberschenkel) auf beide Oberschenkel, von denen einer mittels Fußbänkchen erhöht wird („Sabicas-Haltung“) und (als traditionelle Haltung beim Flamenco) das Stellen des unteren Gitarrenkörpers statt der Zargenausbuchtung auf den Oberschenkel. Die traditionelle Haltung des Flamencogitarristen ist jedoch die mit zwischen Oberschenkel und Oberarm eingeklemmter Gitarre bei waagerecht gehaltenen Oberschenkeln.[105]
Stücke für Gitarre werden sowohl in Tabulatur, oft in speziellen Gitarrentabulaturen, als auch (seit etwa 1750[106]) auch in Noten schriftlich festgehalten.[107] Ein die Stimmführung erleichternder spezieller Notensatz für Gitarre (wie er sich später auch bei Mauro Giuliani findet) wurde erstmals zwischen 1779 und 1802 von dem französischen Gitarristen Jean-Baptiste Phillis (* um 1751; † 1823) verwendet.[108] Die Noten für Gitarre werden im oktavierten Violinschlüssel notiert, erklingen also eine Oktave tiefer. Die Tabulaturschreibweise, welche die Saiten der Gitarre nachbildet, geht auf die Lautenmusik der Renaissance zurück. Während klassische Gitarrenstücke bevorzugt in Noten angeboten werden, ist eine moderne Gitarrentabulatur für Musik aus den Bereichen Rock, Pop und Folk populär. Dem Gitarrenspieler werden oft beide Varianten (wie im Bild dargestellt) angeboten.
Wie in der übrigen Musikliteratur wurden für neuartige Klangeffekte der Neuen Musik im 20. Jahrhundert (z. B. in Kompositionen von Xavier Benguerel, Alberto Ginastera, Roman Haubenstock-Ramati, Leo Brouwer, Hans Werner Henze und Hans-Martin Linde) auch für die Gitarre neue Formen der Notation entwickelt.[109]
Im Gegensatz zur akustischen Gitarre werden bei einer elektrischen Gitarre (Elektro-Gitarre, E-Gitarre) die Saitenschwingungen über elektrische ferromagnetische Tonabnehmer (Pick-up) oder über Piezokristalle abgenommen und elektronisch verstärkt, üblicherweise mit Gitarrenverstärkern. Der Korpus ist zumeist massiv. Außerdem gibt es elektroakustische Gitarren. Dabei handelt es sich um akustische Gitarren mit eingebautem Tonabnehmer. Dadurch kann der Ton wie bei der elektrischen Gitarre über einen Verstärker ausgegeben werden.
Als Urform der Jazzgitarre (auch Plektrumgitarre oder Schlaggitarre genannt) wird das 1923 hergestellte Modell L-5 der Gibson Mandolin-Guitar Manufacturing Company in Kalamazoo/USA angesehen.[110] Für damalige Verhältnisse wartete die Gitarre mit Besonderheiten auf, die den Standard für alle danach gefertigten Instrumente dieses Genres bestimmen sollten. Dies war ein nach Vorbild des Geigenbaus hergestellter Korpus mit gewölbtem Boden und gewölbter Decke (Archtop). Anstelle der sonst runden oder manchmal ovalen Schalllöcher waren zwei F-Löcher in die Decke eingearbeitet. Die Stahlsaiten waren in einem trapezförmigen Saitenhalter aus Metall am unteren Korpusende verankert, welche über einen zweiteiligen und damit höhenverstellbaren Steg führten. Der Hals – bis dahin in Höhe des 12. Bundes mit dem Korpus verbunden – gab bei der L-5 volle 14 Bünde frei. Um dem Saitenzug des nun längeren Halses entgegenzuwirken, zog Gibson in einer Nut längs des Halses einen Stahlstab ein, der an seinem Austritt, unter dem Sattel auf der Kopfplatte, über eine Gewindemutter noch zusätzlich verstellbar war. Die Firma hatte lange Zeit ein Patent auf diese Konstruktion.
In der musikalischen Entwicklung verdrängte die Jazzgitarre das bis dahin verbreitete Banjo. Es wurde zwar im traditionellen Jazz weiterhin eingesetzt, musste aber mit Anbruch der Swing-Ära das Feld der „edler“ klingenden Gitarre überlassen, die von da an in keiner Big Band und keinem Tanzorchester fehlen durfte. Problematisch für den Gitarristen jener Tage war jedoch die Situation, sein Instrument gegen die vorherrschenden Lautstärken in mittleren und großen Orchestern hörbar in Szene zu setzen. Der Instrumentenbau reagierte, indem die Resonanzkörper der Jazzgitarren zunehmend vergrößert wurden. Von den damals 16" (untere Korpusbreite) der ersten L-5 betrugen die Maße gegen Ende der 1930er Jahre 18" bei Gibsons Super 400 und bei einigen Modellen von Epiphone und Stromberg sogar 19". Wirkliche Abhilfe schafften hier die ebenfalls in den 1930er Jahren begonnenen Versuche, die Schwingungen der Stahlsaiten durch elektromagnetische Tonabnehmer zu erfassen und diese von Verstärkern aus der frühen Radiotechnik übertragen zu lassen. Diese ersten Tonabnehmer wurden entweder freischwebend mittels entsprechender Halterungen zwischen Decke und Saiten platziert oder direkt auf die Decke montiert. Damit war es Jazzgitarristen möglich, neben den Aufgaben in der Rhythmus-Sektion nun auch als Solist aufzutreten. Die erste industriell in Serie gefertigte Jazzgitarre mit fest montiertem Tonabnehmer war die 1936 eingeführte Gibson ES-150. Der US-Jazzgitarrist Charlie Christian wurde mit diesem Modell zum Pionier des „bläserartigen“ Spiels (Läufe, Melodielinien und Soli) auf der elektrisch verstärkten Gitarre. Er ist besonders in Aufnahmen von 1939 bis 1941 mit Benny Goodmans Combo-Besetzungen zu hören.
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs ergaben sich weitere Veränderungen im Bau der Jazzgitarre. Zum Spiel in den oberen Lagen, also aufwärts des 14. Bundes, musste die angrenzende Korpusflanke stets überwunden werden. Als Neuerung wurden Instrumente mit einem „Cutaway“ ausgestattet, einer Ausformung an der beschriebenen Stelle in den Korpus, womit die linke Schulter der Gitarre niedriger liegt als auf der rechten Seite. Der so gewonnene Raum gestattet der Greifhand auch oberhalb des 14. Bundes noch bequemes Spiel. Die dem Geigenbau entlehnten Wölbungen des Bodens und der Decke mussten aus entsprechend massiven Holzplanken herausgearbeitet werden, was hohe Handwerkskunst verlangte und deshalb auch sehr zeitaufwendig war. So ging man dazu über, Böden, Decken und Zargen aus Sperrholz zu fertigen, die dann in speziellen Pressmaschinen geformt wurden. Die sonst dazu verwendeten Hölzer (meistens Ahorn und Fichte) bildeten nur noch die äußere Furnierschicht, so dass der optische Eindruck nach dem Finish keinen Unterschied zur anderen Bauweise erkennen lässt. So konnten Gitarren schneller und kostengünstiger hergestellt werden. Für Spitzenmodelle kam diese Produktionsweise nicht zum Tragen, wenngleich massiv hergestellte Decken auch mit Zargen und Böden aus Sperrholz kombiniert wurden. Die Sperrholzgitarren klingen in der rein akustischen Anwendung mit den aus Massivhölzern hergestellten Instrumenten nicht gleichwertig. Doch dieser Vergleich trat zunehmend in den Hintergrund, da die Jazzgitarren immer häufiger nur noch elektrisch verstärkt gespielt wurden. Dazu hatten die namhaften Hersteller eigene Tonabnehmer (Pickups) im Programm, wie Gibson seinen „P 90“ oder die „New Yorker“ Pickups bei Epiphone. Andere ließen sich von Firmen wie DeArmond (z. B. Gretsch) beliefern, um die Elektrik ihrer Gitarren mit diesen Produkten auszustatten.
Allerdings beginnt 1950 die Dekade, in der Gibson mit der Les Paul und der ES 335 Furore machte und die radikal neukonzipierten Gitarren von Leo Fender aus Kalifornien den Markt gewaltig belebten. Diese Instrumente revolutionierten den Gitarrenbau und setzten Maßstäbe in einer Nachhaltigkeit, die bis in die heutige Zeit reichen. Die damit einsetzende Jagd nach Sustain, Effekten und Overdrive war nie das Terrain der Jazzgitarre. Dass sie trotz dieser Entwicklung von den führenden Herstellern weiterhin gefertigt wurde, hatte nicht nur traditionelle Gründe. Kein anderer Gitarrentyp bringt in der akustischen Spielweise perkussivere Anschläge und überträgt sauberer filigrane Rhythmusarbeit. Elektrisch verstärkt, mit guten Pickups, liefert sie aufgrund ihrer Resonanzstruktur klare, runde Töne mit Substanz. Mit diesen Vorzügen konnte die Jazzgitarre seit ihrer Entstehung immer neue Generationen von Musikern für sich begeistern.
Die Halbresonanzgitarre (auch Semiakustik-Gitarre bzw. Halbakustikgitarre genannt) ist eine Variante der elektrisch verstärkten Vollresonanz-Gitarre und unterscheidet sich von dieser durch die regelmäßig geringere Korpustiefe. Gelegentlich sind auch die übrigen Korpusmaße kleiner ausgelegt als bei der Vollresonanz-Gitarre.
Die reine Halbakustik-Bauweise wird als Hollow Body bezeichnet. Daneben ist die Verarbeitung eines massiven Mittelbalkens (Center-Block / Sustain-Block) anzutreffen, welcher in der Verlängerung des Halses bis an das untere Korpusende reicht und diesen in zwei Kammern teilt. Diese Instrumente werden häufig unter der Bezeichnung Semi-Solids geführt, da das Klangverhalten der massiv gebauten E-Gitarre (Solid-Body) näher kommt als der rein akustischen Version. Die Bezeichnung Semi-Solids wird auch für massiv gebaute E-Gitarren verwendet, die im Korpusinneren mit größeren Resonanzkammern ausgestattet sind.
Die typische Halbresonanzgitarre ist eine F-Loch-Gitarre mit Single-Cutaway (siehe Bild) oder Double-Cutaway. Ebenso sind auch Modelle ohne F-Löcher erhältlich, um den unerwünschten Rückkopplungseffekt im Verstärkerbetrieb zu minimieren. Die elektrische Regelausstattung umfasst zwei Tonabnehmer, die samt Volumen- und Klangregelung auf der Decke angebracht sind.
Eine Baritongitarre ist größer und eine Quinte tiefer gestimmt als eine Gitarre in Standardstimmung.
Der E-Bass entstand aus dem Bemühen, den Kontrabass durch ein elektrisch verstärkbares Instrument mit gleicher Stimmung und gleichem Tonumfang, aber der Größe einer Gitarre zu ersetzen. Er hat in der Regel vier Saiten (es gibt aber auch Modelle mit fünf und mehr Saiten), die durchgehend in Quarten gestimmt werden. Deshalb sind die E-, A-, D- und G-Saite eine Oktave tiefer gestimmt als die korrespondierenden Saiten einer Gitarre. Wie die Gitarre ist der E-Bass ein oktavierendes Instrument, sein Ton erklingt also eine Oktave tiefer als notiert.
Silent Guitar und Traveller Guitar sind die Markennamen von korpuslosen Gitarren, die sich wie eine Konzert- oder eine Folk- oder Westerngitarre spielen. Durch den fehlenden Resonanzkörper sind sie wesentlich leiser, aber auch leichter als andere Gitarren. Der Ton kann darüber hinaus auch elektrisch abgenommen und verstärkt werden.
Eine andere Art von Traveller Guitar, oder Reisegitarre (früher auch Touristengitarre bzw. Übungsgitarre genannt[111]), ist die 1975 in Deutschland von Roger Field erfundene Foldaxe (1977 für kurze Zeit von Hoyer hergestellt, dann von Field weiterentwickelt), eine zusammenfaltbare E-Gitarre, die für Chet Atkins konzipiert war (in Atkins’ Buch Me and My Guitars).
Weitere, allerdings auf elektrische Verstärkung angewiesene Reisegitarren sind beispielsweise Modelle der chinesischen Firma Traveler Guitar; etwa Ultra Light mit einer Mensur von 62,9 cm, einer Gesamtlänge von 72 cm und Piezo-Pickup der Firma Shadow[112] oder Speedster.
siehe Liste von Gitarristen
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