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Gesetz zur Finanzierung der Bundeswehr und zur Errichtung eines „Sondervermögens Bundeswehr“ und zur Änderung der Bundeshaushaltsordnung Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Das Sondervermögen Bundeswehr (SVermBw;[1] vereinzelt werden auch die Begriffe Sonderbudget,[2] Sonderfonds[3] oder 100-Milliarden-Programm[4] verwendet) ist in Deutschland ein Finanzierungsinstrument des Bundes ausschließlich für die Bundeswehr mit eigener Kreditermächtigung in Höhe von einmalig bis zu 100 Milliarden Euro (Art. 87a Abs. 1a GG). Mit Hilfe des Sondervermögens sollen im mehrjährigen Durchschnitt von maximal fünf Jahren 2 % des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigungsausgaben nach NATO-Kriterien bereitgestellt werden (§ 1 Abs. 1, Abs. 2 BwFinSVermG). Es hat den Zweck, die Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit zu stärken und soll ab dem Jahr 2022 der Finanzierung bedeutsamer Ausrüstungsvorhaben der Bundeswehr, insbesondere komplexer überjähriger Maßnahmen, dienen (§ 2 BwFinSVermG).
Im Juni 2022 änderten Bundestag und Bundesrat den Art. 87a des Grundgesetzes und schufen mit dem Gesetz zur Finanzierung der Bundeswehr und zur Errichtung eines Sondervermögen Bundeswehr und zur Änderung der Bundeshaushaltsordnung[5] einen schuldenfinanzierten Schattenhaushalt[6], der von der Kreditobergrenze der Schuldenbremse ausgenommen ist[7], zur Behebung eines u. a. von der Bundeswehr selbst konstatierten Investitionsstaus.[8] Das Statistische Bundesamt spricht in seiner volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung von Extrahaushalten.[9] Nach Einschätzung von Bundeskanzler Olaf Scholz markiert dieses Gesetz, „die weitreichendste Wende in der deutschen Sicherheitspolitik seit Gründung der Bundeswehr im Jahr 1955“.[10]
Am 24. Februar 2022 begannen russische Streitkräfte auf Befehl von Staatspräsident Putin einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg auf die Ukraine. Am Sonntag, 27. Februar 2022 fand eine „historische“[11] (Hanno Kube) Sondersitzung des Deutschen Bundestages statt. Bundeskanzler Olaf Scholz gab dabei eine Regierungserklärung zur aktuellen Lage ab, in der er eine – wie die Deutsche Gesellschaft für auswärtige Politik feststellte – „radikale Neuausrichtung der deutschen Sicherheits- und Außenpolitik“[12] ankündigte.
Nach der Aussprache stimmten die Abgeordneten über folgende Entschließungsanträge ab:
In Bezug auf das geplante Sondervermögen wurde die Bundesregierung in dem gemeinsamen Antrag von SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP aufgefordert, „die Modernisierung der Bundeswehr mit dem Ziel voll ausgestatteter und voll einsatzbereiter Streitkräfte weiter voranzutreiben, bestehende Fähigkeitslücken umgehend zu schließen und die notwendigen finanziellen Ressourcen dafür zeitnah und langfristig bereitzustellen“. Eine weitere Forderung richtete sich darauf „die NATO-Fähigkeitsziele in enger Abstimmung mit unseren Partnern zu erfüllen und entsprechend zeitnah in die Bundeswehr zu investieren und ebenso die Bereiche der Diplomatie, der Humanitären Hilfe, der Entwicklungszusammenarbeit zu stärken“.[17]
Dagegen hieß es in dem Antrag der Fraktion Die Linke, von Waffenlieferungen und der Entsendung weiterer Truppen der Bundeswehr sei abzusehen, „da sie ein weiterer Schritt in einer Aufrüstungsspirale Europas sind“.[18]
In den Anträgen der AfD wurde keine Aussage zum Sondervermögen getroffen. Im ersten Antrag wurde die Bundesregierung u. a. aufgefordert, „Deutschlands Veto einer NATO-Mitgliedschaft der Ukraine von 2008“[19] zu erneuern. Im zweiten Antrag wurde die „Reaktivierung der allgemeinen Wehrpflicht“[20] gefordert.
Beschlossen wurde der gemeinsame Entschließungsantrag der Fraktionen von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP. Die Fraktionen Die Linke und AfD votierten dagegen; es gab zwei Enthaltungen (ein fraktionsloser Abgeordneter, ein Abgeordneter der AfD). Keine Mehrheiten fanden die Anträge von AfD und Die Linke.[21]
Die Abgeordneten Amira Mohamed Ali, Jan Korte, Susanne Hennig-Wellsow und Janine Wissler (alle Die Linke) gaben eine schriftliche Erklärung nach § 31 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages zu Protokoll, in der sie den Überfall Russlands auf die Ukraine verurteilten, die Einrichtung eines Sondervermögens aber ablehnten. Sie schrieben, „einer grundgesetzlich festgelegten Aufrüstung Deutschlands“[22] müsse eine klare Absage erteilt werden.
Der Spiegel äußerte in seinem Online-Dienst vom 1. März 2022 die Vermutung, dass ein Sondervermögen „schon länger diskutiert“[23] worden sei. Er verweist dabei auf ein „vertrauliches, sechsseitiges Argumentationspapier“, in dem auch konkrete Beschaffungsprojekte benannt worden seien.
Ein von der Open Knowledge Foundation unter Bezugnahme auf das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) am 29. März 2022 beantragter Zugang zu diesem Papier wurde vom Bundesministerium der Verteidigung am 23. Juni 2022 abgelehnt. Begründet wurde dies mit dem Hinweis darauf, dass das Argumentationspapier „zum materiellen Geheimschutz (Verschlusssachenanweisung – VSA) als Verschlusssache mit dem Geheimhaltungsgrad „VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH“ (VS-NfD) eingestuft“[24] worden sei.
Das Bundeskabinett verabschiedete in seiner 13. Sitzung am 16. März 2022 zwei Gesetzentwürfe:
Anlässlich der Generaldebatte zum Haushaltsgesetz 2022 am 23. März 2022 im Bundestag nannte Bundeskanzler Scholz vier Ziele, die mit dem Sondervermögen erreicht werden sollen:
Der Bundesrechnungshof kritisierte in einem Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestages vom 14. April 2022 die Einrichtung eines Sondervermögens. Nach seiner Auffassung handele es sich bei den hieraus geplanten Ausgaben um eine Kernaufgabe der Bundeswehr, die auch „in den Kernhaushalt, nicht in ein Sondervermögen“[27] gehören würde. Trotz des Sondervermögens müsse das Bundesverteidigungsministerium unverändert Prioritäten bei den Ausgaben setzen. Hierbei sollten „Vorhaben und Maßnahmen, die der Einsatzbereitschaft unmittelbar dienen, […] Priorität haben“.[28] Der Bericht weist auch darauf hin, dass die aus dem Sondervermögen anfallenden Tilgungs- und Zinsausgaben nicht im Bundeshaushalt berücksichtigt seien.[29]
Gemäß Artikel 76 Absatz 2 Grundgesetz wurden die Vorlagen zunächst vom Bundesrat in seiner Sitzung am 8. April 2022 beraten.[30]
In seiner Stellungnahme zum Errichtungsgesetz stellte der Bundesrat fest, „dass für die erfolgreiche Modernisierung der Bundeswehr eine Beschleunigung des Beschaffungswesens von größter Bedeutung“[31] sei. Mittelfristig müsse das Beschaffungswesen grundlegend reformiert werden.
Zur geplanten Grundgesetzänderung gab der Bundesrat keine Stellungnahme ab.[32]
Die beiden Regierungsentwürfe wurden im Bundestag in erster Lesung am 27. April 2022 beraten.[33]
Für eine Änderung des Grundgesetzes ist eine Zweidrittel-Mehrheit sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat erforderlich.[40]
Bei einer öffentlichen Expertenanhörung des Haushaltsausschusses am 9. Mai 2022 wurden die Gesetzentwürfe sehr unterschiedlich bewertet.[41]
In einem weiteren Bericht des Bundesrechnungshofes an den Haushaltsausschuss vom 12. Mai 2022 wurde noch einmal ausdrücklich betont, dass die Finanzierung der Bundeswehr eine Kernaufgabe darstelle und deshalb in den Kernhaushalt gehöre. „Das Signal einer gesicherten Finanzierungsgrundlage ließe sich auch mit deutlich erhöhten Ausgabe- und Ver- pflichtungsermächtigungen im Einzelplan 14, erhöhten Ansätzen im Finanzplan sowie Erklärungen der Bundesregierung und Beschlüssen des Deutschen Bundestages setzen. Für das originäre Ziel einer schnell einsatzbereiten Bundeswehr hätte es des Sondervermögens nicht bedurft“, heißt es in dem Bericht wörtlich.[43] Der Bundesrechnungshof sieht außerdem „das Risiko, dass dieses Instrument auf weitere Politikbereiche übertragen und ausgeweitet wird“.[44]
Der Haushaltsausschuss machte in seiner Sitzung vom 1. Juni 2022 den Weg für die Gesetzesvorhaben mit Änderungen frei. „Die vom Ausschuss angenommenen Änderungen gehen auf eine Absprache zwischen der Koalition und der Union zurück. Die Fraktionen brachten die Änderungsanträge gemeinsam ein.“[45]
Der Bundestag beschloss auf dieser Basis die Grundgesetzänderung und das Sondervermögen in 2. und 3. Lesung in seiner Sitzung am 3. Juni 2022.
Fraktion | Mitglieder | Ja | Nein | Enthaltungen | Nicht abgegebene Stimmen |
---|---|---|---|---|---|
SPD | 205 | 191 | 8 | 0 | 6 |
CDU/CSU | 197 | 175 | 1 | 0 | 21 |
Bündnis 90/Die Grünen | 118 | 106 | 5 | 0 | 7 |
FDP | 92 | 88 | 0 | 0 | 4 |
AfD | 80 | 6 | 48 | 19 | 7 |
Die Linke | 39 | 0 | 34 | 0 | 5 |
fraktionslos | 4 | 2 | 0 | 1 | 1 |
Fraktion | Mitglieder | Ja | Nein | Enthaltungen | Nicht abgegebene Stimmen |
---|---|---|---|---|---|
SPD | 205 | 187 | 9 | 1 | 8 |
CDU/CSU | 197 | 173 | 1 | 0 | 23 |
Bündnis 90/Die Grünen | 118 | 106 | 4 | 0 | 8 |
FDP | 92 | 88 | 0 | 0 | 4 |
AfD | 80 | 33 | 35 | 6 | 6 |
Die Linke | 39 | 0 | 31 | 0 | 8 |
fraktionslos | 4 | 3 | 0 | 0 | 1 |
Die Länderkammer beriet in ihrer Sitzung vom 10. Juni 2022 die vom Bundestag zuvor beschlossenen Gesetze.
Entsprechend den gesetzlichen Vorgaben sind alle Einnahmen und Ausgaben des Sondervermögens in einem Wirtschaftsplan zu veranschlagen. Dieser Plan muss in den Einnahmen und Ausgaben ausgeglichen sein. Ab dem Wirtschaftsjahr 2023 ist der Wirtschaftsplan dem Haushaltsgesetz als Anlage beizufügen.[62]
Der Wirtschaftsplan 2022 wurde erstmalig zur Beratung des Haushaltsausschusses über das Errichtungsgesetz zum Sondervermögen am 1. Juni 2022 vorgelegt,[37] vom Bundestag am 3. Juni 2022[53] und vom Bundesrat am 10. Juni 2022[60] verabschiedet. Gemeinsam mit dem Errichtungsgesetz wurde er am 6. Juli 2022 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.[62]
Er enthält in den Ausgaben folgende Einzelpositionen (in Klammern: Verpflichtungsermächtigungen im Wirtschaftsplan 2022 für künftige Jahre):[62]
Nach Angaben des Bundesministeriums der Finanzen sei 2022 aus dem Sondervermögen noch kein Geld abgeflossen. Allerdings habe das Verteidigungsministerium Verträge für neue Rüstungsgüter im Umfang von mehr als 10 Milliarden Euro abgeschlossen.[63][64]
Der Regierungsentwurf für den Wirtschaftsplan 2023 wurde als Anlage 1 zum Haushaltsgesetz 2023 am 6. September 2022 in erster Lesung im Bundestag beraten.[65]
In seinem Bericht an den Haushaltsausschuss übte der Bundesrechnungshof ungewöhnlich scharfe Kritik an dem Entwurf. Die „hastigen Planungen“[66] seien – so Der Spiegel – „vom Rechnungshof zerpflückt“[66] worden. Der bemängelte vor allem:[67]
Das Verteidigungsministerium hatte daraufhin den Entwurf überarbeitet. Trotzdem stieß der Entwurf auch weiterhin auf Kritik des Bundesrechnungshofes. Die grundsätzlichen Bedenken seien dadurch nicht ausgeräumt worden.[68]
Der Haushaltsausschuss nahm in seiner Sitzung vom 10./11. November 2022 (sogenannte „Bereinigungssitzung“) eine Vielzahl struktureller und inhaltlicher Änderungen an dem Entwurf vor.[69] So wurden u. a. die Ausgaben um 86,5 Millionen Euro auf 8,41 Milliarden Euro gekürzt.[70]
Der Bundestag verabschiedete am 25. November 2022 auf der Basis der Beschlussempfehlungen des Haushaltsausschusses in dritter Lesung in namentlicher Abstimmung das Haushaltsgesetz 2023 und damit auch den Wirtschaftsplan 2023 (abgegebene Stimmen: 662, davon Ja: 379, Nein: 283, keine Enthaltungen).[71]
Er enthält in den Ausgaben folgende Einzelpositionen (in der Fassung der Beschlussempfehlungen des Haushaltsausschusses):[72]
Das Bundesfinanzministerium bezeichnet damit die von der Bundesregierung beschlossene fünfjährige Finanzplanung. In ihm sollen „die vorgesehenen Ausgaben- und Investitionsschwerpunkte erläutert“ werden.[74]
Der „Finanzplan des Bundes 2022 bis 2026“ enthält in Bezug auf das Sondervermögen Bundeswehr neben allgemeinen Aussagen lediglich folgende Angabe: „Für das Jahr 2023 sieht der Wirtschaftsplan des Sondervermögens Ausgaben in Höhe von rd. 8,5 Mrd. € vor.“[75]
Auf eine schriftliche Frage des CDU-Abgeordneten Ingo Gädechens nach einem detaillierteren Finanzplan verwies der Parlamentarische Staatssekretär des Verteidigungsministerium, Thomas Hitschler, darauf, dass die exakten Zahlen „über den gegenwärtigen Entwurf der als GEHEIM eingestuften Erläuterungsblätter zum Entwurf des Wirtschaftsplans 2023 des SVermBw ersichtlich“[76] seien.
Der Bundestag hat den „Finanzplan 2022–2026“ der Bundesregierung in seiner Sitzung vom 25. November 2022 zur Kenntnis genommen.[77]
Das Errichtungsgetz sieht ausdrücklich vor, dass „Verträge über Beschaffungsmaßnahmen und Entwicklungsvorhaben sowie Betreiberverträge, die ein Finanzvolumen von 25 Millionen Euro überschreiten, […] dem Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages zur Billigung vorzulegen“ sind.[78]
Alle Beratungen hierzu fanden in nichtöffentlichen Sitzungen statt.[79]
Die erste Mittelfreigabe in diesem Rahmen erfolgt durch den Haushaltsausschuss am 14. Dezember 2022. In der Sitzung wurden insgesamt vier dieser sogenannten 25-Millionen-Euro-Vorlagen mit explizitem Bezug auf eine Finanzierung aus dem Sondervermögen gebillgt:[80]
Drei weitere ebenfalls gebilligte Vorlagen werden aus dem Kernaushalt des Verteidigungsministeriums (Einzelplan 14) finanziert (Beschaffung System Sturmgewehr Bundeswehr – Anteil Basiswaffe; Beschaffungsvorhaben: Überschneefahrzeug Neue Generation/Collaborative All-Terrain Vehicle (CATV) in Kooperation mit dem Königreich Schweden und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland; Optionsausübung konsolidierte Nachrüstung Schützenpanzer PUMA).[80]
Den Gesamtumfang der damit bewilligten Beschaffungen bezifferte das Verteidigungsministerium auf 13 Milliarden Euro.[81]
Weitere Mittel in Höhe von 40 Millionen Euro gab der Haushaltsausschuss in seiner am 25. Januar 2023 frei.[82] Genehmigt wurde die Beschaffung von acht mobilen sanitätsdienstlichen Einrichtungen (Gesamtsysteme Luftlanderettungszentrum,[83] leicht (LLRZ, le) inklusive medizinische Geräteausstattung zu Regenerationszwecken[84]). Sie sollen 2024 der Bundeswehr vollständig zur Verfügung stehen. Je nach Bedarf können im Rahmen einer Option zu einem späteren Zeitpunkt bis zu acht weitere Sanitätseinrichtungen in Auftrag gegeben werden.
In der Sitzung am 8. Februar 2023[85] wurden insgesamt 52,8 Millionen Euro für den weiteren Regelflugbetrieb der Bundeswehrsatelliten COMSATBw1 und 2 freigegeben. „Der Vertrag mit der Airbus Defence and Space aus dem Jahr 2006, der aktuell nur noch bis zum 31. Dezember 2023 läuft, sieht eine Verlängerungsoption bis zum 31. Dezember 2028 vor.“[86]
Zustimmung erhielt die Beschaffung von 3.000 Handfunkgeräten und 500 Funkgeräte für Fahrzeuge im Umfang von 33,2 Millionen Euro (inklusive Zubehör und Lizenzen) in der Sitzung vom 1. März 2023. Das Verteidigungsministerium teilte hierzu mit, dies sei der erste verbindliche Auftrag auf der Basis eines Rahmenvertrags über den Kauf von insgesamt 15.227 Digitalfunkgeräten, dem der Haushaltsausschuss bereits am 30. November 2022 zugestimmt habe. Die Lieferung der Funkgeräte aus der Bestellung solle bis Ende 2024 abgeschlossen sein. Die Funkgeräte seien Teil des Rüstungsprogramms „Digitalisierung Landbasierte Operationen (D-LBO)“.[87]
Mit dem Errichtungsgesetz wurde auch die Einsetzung eines Gremiums „Sondervermögen“ als zusätzliches Kontrollgremium innerhalb des Haushaltsausschusses beschlossen.
Das Gremium wird für die Dauer einer Wahlperiode bestimmt und besteht aus Mitgliedern des Haushaltsausschusses. Das Verteidigungsministerium ist verpflichtet, dieses Gremium über alle Fragen des Sondervermögens zu unterrichten.[88]
Auf Antrag[89] der Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und CDU/CSU wurde das Kontrollgremium durch den Bundestag in seiner Sitzung vom 22. September 2022 formell eingesetzt. Der Antrag wurde gegen die Stimmen der Linken ohne Enthaltungen angenommen. Gleichzeitig wurde festgelegt, dass das Gremium aus 13 Mitgliedern besteht.[90]
In der gleichen Sitzung wurden die ersten Gremiumsmitglieder gewählt:[91]
Der Wahlvorschlag der Fraktion der Linken (Gesine Lötzsch) erhielt erst im dritten Anlauf in der Bundestagssitzung vom 10. November 2022 die erforderliche Stimmenmehrheit,[92] nachdem ein Vorstoß in der Sitzung vom 13. Oktober 2022 ebenfalls scheiterte.[93]
Der Wahlvorschlag der AfD (Michael Espendiller) erhielt weder im ersten[91] noch im zweiten Durchlauf[93] die notwendige Stimmenmehrheit. Der Sitz ist bis heute unbesetzt.[94]
In seiner konstituierenden Sitzung am 8. November 2022 wurden Wiebke Esdar (SPD) zur Vorsitzenden[95] und Sebastian Schäfer (Bündnis 90/Die Grünen) zum stellvertretenden Vorsitzenden[94] gewählt.
Zur Schaffung von „Transparenz, Klarheit und Planungssicherheit im Rüstungsbereich“ wurde 2014 ein sogenanntes „Rüstungsboard“ beim Bundesministerium für Verteidigung eingerichtet. Das Gremium tagt halbjährlich; ihm gehören der jeweilige Verteidigungsminister, alle Staatssekretäre sowie betroffene Abteilungsleiter mit Schnittstellen zum Bereich Rüstung an. Im Anschluss an die Sitzungen des Rüstungsboards informiert das Ministerium den Verteidigungs- und den Haushaltsausschuss des Bundestages in einem „Berichte des Bundesministeriums der Verteidigung zu Rüstungsangelegenheiten“ über die Lage in relevanten Projekten des Rüstungswesens.[96]
Der letzte (16.) Bericht erschien mit Redaktionsschluss 31. Oktober 2022.[97] Er umfasst einen „offenen“ Teil 1 und einen „VS-Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuften Teil 2. Der geheime zweite Teil soll „dem besonderen Informationsbedürfnis des Parlaments“ Rechnung tragen und „die Schutzwürdigkeit spezifischer Informationen des Verteidigungssektors“ berücksichtigen.[98]
Die Aussagen in Teil 1 des Berichts in Bezug auf das Sondervermögen Bundeswehr beziehen sich vor allem auf Fragen der Planung und Kontrolle:
Bemängelt wurde in der Berichterstattung der Medien zu dem Bericht u. a.: „Statt die Bundeswehr schnell kampffähig zu machen, ist bei vielen der im Rüstungsbericht zu findenden und seit Jahren geplanten Großprojekte der Vermerk, dass sie aus dem Sondervermögen finanziert werden sollen.“[104] Derartige Umschichtungen vom Kernhaushalt des Verteidigungsministeriums (Einzelplan 14) in das Sondervermögen wurden dem Bericht zufolge bei folgenden Projekten vorgenommen:
Allgemein wird darauf hingweisen, dass viele der Prestigeanschaffungen deutlich teurer würden und sich in der Auslieferung verzögerten.[106]
Im Bericht selbst wird angegeben, dass die zeitliche Verzögerung im Mittel bei 27 Monaten gegenüber der ersten parlamentarischen Befassung und sechs Monaten gegenüber den aktuellen Verträgen liege.[107] Auf die folgenden Neuanschaffungen wartet demnach die Bundeswehr besonders lange:[108]
Darüber hinaus rechnet das Bundesverteidigungsministerium mit Mehrausgaben in Höhe von rund 12 Milliarden Euro. Als Gründe werden vor allem sogenannte „Preiseskalationen“ (7,7 Milliarden Euro) und Änderungswünsche an der Standardausstattung („Leistungsverbesserungen und Leistungsänderungen“; 2,6 Milliarden Euro) angegeben.[109] An anderer Stelle heißt es: „Die aktuellen Rahmenbedingungen, wie begrenzte Produktionskapazitäten, instabile Lieferketten, international hohe Nachfrage bei begrenztem Angebot, die hohe Inflation und die spürbaren Wechselkursveränderungen, wirken sich nachteilig auf die Beschaffung von Rüstungsgütern aus.“[110]
Der Rüstungsbericht enthält detaillierte Ausführungen zu folgenden Waffensystemen:[111]
Nach Angaben des Bundesministeriums der Finanzen vom 13. Januar 2023 sind im Jahr 2022 keine Mittel aus dem Sondervermögen Bundeswehr ausgegeben worden. Allerdings seien „zehn Verträge (davon ein Wirkungsvertrag ab dem 1. Januar 2023) mit einem Gesamtvolumen von rund 10.061 Mio.Euro geschlossen“ worden.[112]
In der Regierungspressekonferenz vom 22. Februar 2023 erklärte der Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums, Arne Collatz, das bisher insgesamt 30 Milliarden Euro vertraglich gebunden seien. Auf die Frage, wie viel davon schon ausgegeben wurde, verwies der Sprecher auf Regularien und Gesetze, an die man gebunden sei. Man dürfe erst zahlen, wenn die Leistung auch erbracht wurde. Es müsse dabei im Blick behalten werden, das es hierbei um neue und nicht um eingeführte Rüstungsprojekte gehe, „wo es definitiv auch etwas schneller gehen könnte“. Diese Mittel seien geplant für folgende Projekte: vollzogene Vollausstattung der Bekleidung, die Bewaffnung von Drohnen, Beschaffung des Kampfflugzeuges F-35A und die Beschaffung des schweren Transporthubschraubers. Außerdem seien noch Vertragsabschlüsse mit einem Auftragsvolumen von 10 Milliarden Euro zusätzlich aus dem Verteidigungsetat im Bundeshaushalt (Einzelplan 14) zu benennen.[113]
Diskussionen um das Sondervermögen gab es sowohl im parlamentarischen als auch im außerparlamentarischen Raum.
Zum Diskurs im parlamentarischen Raum siehe Abschnitt „Mittelbewilligung“.
Bereits während des Gesetzgebungsverfahrens zum Sondervermögen wurden Forderungen nach Aufstockung der Mittel, mindestens aber Verstetigung der Ausgaben auf dem neuen Niveau laut.
Kritik an den Forderungen nach Mittelerhöung wurde von verschiedenen Seiten geäußert:
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