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deutschsprachiger Lyriker und Erzähler Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Paul Barsch (* 16. März 1860 in Niederhermsdorf im Landkreis Neisse, Provinz Schlesien; † 3. August 1931 in Schieferstein am Zobten; Ps. Fritz Hartwig) war ein deutscher Lyriker und Erzähler.
Paul Barsch war der Sohn einer armen Handwerkerfamilie. Seine Eltern waren der Tischler August Barsch und Anna Barsch, die in der Gegend von Mogwitz und Waltdorf Hütemagd gewesen war. Die Mutter und die (gleichnamige) Schwester Anna hat Barsch noch 1901 finanziell unterstützt. Sein jüngerer Bruder Carl Barsch starb 1891 in Potsdam, wo er als Gärtner im Schlosspark von Sanssouci angestellt war.
Ein älterer Bruder und drei jüngere Geschwister starben an der Schwindsucht, die der Siebenjährige überlebte, der allerdings für mehrere Jahre wegen skrofulöser Geschwüre erblindete. In dieser Zeit vermittelte ihm seine Mutter, die nach Barschs Erinnerungen als Kind dem liedersammelnden Dichter Hoffmann von Fallersleben begegnet war, die Poesie und das Volksliedgut seiner Heimat. Vom Tragen der sogenannten „Glaskrächze“, einer Vorrichtung zum Transport von Glasscheiben und Holzrahmen,[1] trug der Zehnjährige eine lebenslange Verkrüppelung davon. Infolge dieser Erkrankungen besuchte der Junge die Dorfschule nur unregelmäßig und insgesamt zwei Jahre lang.
Dennoch gehörte Barsch zu den wenigen Einwohnern des Orts, die das Lesen und Schreiben erlernt hatten, und wurde früh mit den Gedichten von Friedrich Schiller vertraut.
Nach dem Tod seines Vaters (1875) ging Barsch selbst bei einem Tischler in die Lehre und zwei Jahre später als Geselle auf Wanderschaft, zuerst nach Goldberg, wo es ihm gelang, einen Zeitungsredakteur für seine nachts unter der Werkbank geschriebene Lyrik zu interessieren und erstmals ein Gedicht zu veröffentlichen.
Nachdem er sich in Niederschlesien, an der Mosel und am Rhein, in Belgien, Luxemburg und Lothringen bei wechselnden Arbeitgebern als Geselle verdingt hatte, durchwanderte er auch Österreich, das Elsass und die Schweiz. In Stuttgart besuchte er Karl Gerok. Für das Gedicht Agnes erhielt er bei einem Wettbewerb des Vereins Breslauer Dichterschule einen Sonderpreis von 60 Reichsmark und wurde vom Vorsitzenden Theobald Nöthig zu einer Lesung nach Breslau eingeladen, wo er im September 1881 der Dichterschule beitrat.
Mehrere Jahre arbeitete Barsch in der Werkzeugmaschinenfabrik von Richard Standfuß in Breslau, bis er durch einen Arbeitsunfall, bei dem er sich die Finger der rechten Hand zerschnitt, zum Invaliden wurde. Unterstützungsangebote prominenter Autoren wie Richard Schmidt-Cabanis lehnte er ab und ging wieder auf Wanderschaft. Der schlesische Mundartdichter Max Heinzel und August Kruhl, ein einsiedlerisch lebender Vegetarier und Lebensreformer, nahmen ihn in Reichenbach auf; in Hirschberg betätigte sich Barsch wieder als Tischler. Kruhl entdeckte Barschs journalistische Begabung und vermittelte seine Gerichtsreportagen an Breslauer Blätter.
Der Redakteur Maximilian Schlesinger verschaffte Barsch 1884 eine Stelle als Redakteur der Literaturbeilage zur Breslauer Gerichts-Zeitung, die er 17 Jahre innehatte, seit 1897 als Chefredakteur. Überdies betreute er von 1889 bis 1893 die Monatsblätter der Breslauer Dichterschule und veröffentlichte hier unter anderen Erstlings- und Frühwerke von Rainer Maria Rilke, Stefan Zweig und Karl Kraus. Später wurden die jungen, damals unbekannten Autoren Armin T. Wegner und Max Herrmann-Neisse von Barsch gefördert. Die Ära der Redaktion von Paul Barsch gilt als „Glanzperiode des Vereinsorgans“.[2] 1901 wurde das Blatt in Der Osten umbenannt, und Barsch übernahm ab 1. Januar 1904 erneut die Redaktion.
Weitere Freunde Barschs im Umkreis der Breslauer Dichterschule waren Hermann Stehr, Carl Hauptmann, Philo vom Walde, Wilhelm Arent, Arthur Silbergleit, Paul Mühsam und Walter Meckauer. Mit Ludwig Jacobowski, der ihn in seine Anthologie Neue Lieder der besten neueren Dichter für's Volk (1900) aufnahm, führte er einen regen Briefwechsel, ebenso mit Carl Busse, Karl Bleibtreu und anderen Vertretern des Naturalismus. Später holte Alfred Oehlke den Dichter als Mitarbeiter an die Breslauer Zeitung. Eine gemeinsame Reise mit dem katholischen Volksschriftsteller Paul Keller führte Barsch 1903 von Genua aus in den Nahen Osten, nach Algier und Tunis und wieder zurück nach Italien sowie zu einer Audienz bei Papst Pius X. im Vatikan.
Seine Lyrik gab der Autor zuerst 1884 in Buchform heraus und bearbeitete die Texte in neuen Auflagen immer wieder. Für den Literaturhistoriker Arno Lubos ist Barsch „bis zum heutigen Tag einer der geschätztesten schlesischen Schriftsteller“.[3]
1905 veröffentlichte Barsch sein Hauptwerk, den Roman Von Einem, der auszog, der seine Schicksale in der Erzählung des schlesischen Wandergesellen Julius Kattner schilderte. Gerhart Hauptmann hatte das Manuskript dem S. Fischer Verlag empfohlen; es erschien dann in zwei Bänden bei Eduard Trewendt, später bei L. Heege, einem schlesischen Verlag in Schweidnitz, und wurde unter anderen von Detlev von Liliencron in der Neuen Freien Presse hymnisch rezensiert. Die bei aller Selbstironie naturalistische Darstellung des Elends der Landstraße und der Obdachlosenasyle trug dem Autor den Ruf eines „schlesischen Gorki“ ein. Das Buch ist außerdem eine wichtige Quelle für die Sondersprache der deklassierten Unterschicht, das Rotwelsch. Bis 1933 erschienen zahlreiche Auflagen und eine gekürzte Volksausgabe in einem Band sowie Übersetzungen in andere Sprachen.[4]
1886 heiratete Barsch die Mecklenburgerin Hedwig Wigger (1852–1918), die als Erzieherin bei einem regierenden Minister in Portugal und in Wien gearbeitet hatte, aus dem Portugiesischen übersetzte und für verschiedene Journale über Neuerscheinungen der portugiesischen Literatur berichtete. Ihre gemeinsame Tochter Julia (1886–1923) trat mit Rezitationen auf und war Mitarbeiterin am Feuilleton der Breslauer Zeitung. Später heiratete sie den Görlitzer Gymnasiallehrer Paul Gatter; die Enkel des Ehepaars sind der 1997 verstorbene Fernsehjournalist Peter Gatter, der Historiker Thomas Gatter, der Publizist Nikolaus Gatter und der Politiker Stephan Gatter.
Seit 1. April 1901 lebte Barsch als freier Schriftsteller. Im Jahr 1900 übersiedelte er mit seiner Familie nach Grüneiche, einem ländlichen Vorort; seit 1905 lebte er wieder in Breslau. In Schieferstein richtete er sich ein Sommerhaus ein, wo sich auch der Mundartdichter Ernst Schenke niederließ und wohin Carl Busse, Armin T. Wegner und viele andere Autoren zu Angel-Ausflügen kamen. Im Zweiten Weltkrieg fand der von den Nationalsozialisten verfolgte und in Berlin ausgebombte ehemalige Reichstagspräsident Paul Löbe Zuflucht in diesem Haus und wurde hier nach dem Attentat vom 20. Juli 1944 verhaftet.
Zum fünfzigsten Geburtstag wurde der Dichter am 16. März 1910 mit einer Matinee im Breslauer Stadttheater geehrt; Maximilian Schmergalski porträtierte ihn mit einer Holzplastik. Zum 60. Geburtstag schrieb ihm die Stadt Breslau einen Ehrensold aus. Paul Schulz schuf um 1930 eine Bronzeskulptur von Paul Barsch, die in der Universität aufgestellt wurde. Anlässlich des sechzigsten Geburtstags 1920 beschloss der Stadtrat, dem Dichter eine jährliche Ehrengabe von 3000 Reichsmark zu bewilligen.[5] Der seit kurz vor Ende des Ersten Weltkriegs verwitwete Autor heiratete im Dezember 1920 die Lyrikerin Marie Muthreich (1884–1961), die auch seine Biographie verfasste.
Barsch war Mitglied im Bund der Freimaurer, dort bekleidete er das Amt des Meister vom Stuhl der Loge Settegast zur deutschen Treue in Breslau.
Am 3. August 1931 verstarb Paul Barsch in seinem Haus in Schieferstein (heute: Przemiłów) am Zobten.
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