Loading AI tools
Komposition von Johann Sebastian Bach Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Passacaglia c-Moll (BWV 582) ist eine Orgelkomposition von Johann Sebastian Bach. Sie besteht aus zwei Sätzen, der eigentlichen Passacaglia und einer Fuge. Wahrscheinlich ein recht frühes Werk, ist es eine seiner wichtigsten und bekanntesten Kompositionen und hatte einen entscheidenden Einfluss auf Passacaglien des 19. und 20. Jahrhunderts.[1]
Das autographe Manuskript gilt heute als verloren; das Werk ist wie viele Kompositionen Bachs und seiner Zeitgenossen nur durch Abschriften erhalten. Wahrscheinlich war es ursprünglich in Orgeltabulatur notiert.[2] Das genaue Entstehungsdatum ist unsicher, aber die Quellen weisen auf den Zeitraum zwischen 1706 und 1713. Möglicherweise wurde es in Arnstadt kurz nach Bachs Rückkehr aus Lübeck geschrieben,[3] wo er vermutlich entsprechende Werke Dietrich Buxtehudes kennengelernt hatte.
Die erste Hälfte des Ostinatothemas (also des wiederholten Bassthemas, auf dem das Werk basiert), das auch als Fugenthema dient, stammt sehr wahrscheinlich von einem kurzen Werk des französischen Komponisten André Raison, Christe: Trio en passacaille aus Messe du deuxieme ton im Premier livre d'orgue.[4] Möglicherweise stammt die zweite Hälfte des Ostinatos ebenfalls von Raison, denn sie ähnelt sehr der Basslinie von Christe: Trio en chaconne aus Messe du sixieme ton im selben Buch:
Neben Raisons Einfluss bezieht sich das Werk deutlich auf die norddeutsche Orgeltradition und auf deren Ostinatowerke – besonders auf zwei Chaconnen (BuxWV 159–160) und eine Passacaglia (BuxWV 161) Buxtehudes – und ist in einigen Variationen und der Gesamtstruktur deutlich von Pachelbels Chaconnen beeinflusst. Bach gelingt es hier in überzeugender Weise, norddeutsche und französische Traditionen zu verschmelzen.
Passacaglien stehen typischerweise im 3/4-Takt – Bachs Werk macht hier keine Ausnahme. Das Thema besteht aus fünfzehn Tönen, von denen insgesamt zehn Töne – insbesondere die ersten und letzten Töne – die vier elementaren pythagoreischen Töne sind. Das Ostinato ist mit acht Takten recht lang, doch kam auch dies durchaus vor (das Thema einer Orgelpassacaglia Johann Kriegers hat gleiche Länge). Der Anfang mit dem Ostinato allein als unbegleitetes Pedalsolo ist etwas ungewöhnlicher, obwohl auch diese Idee an anderer Stelle auftritt und auch bei Buxtehude stehen könnte.[5]
Es folgen 20 Variationen. Die erste beginnt mit einem typischen c-Moll-Affekt, nach Philipp Spitta einem „schmerzvollen Sehnen“, ähnlich dem Anfang von Buxtehudes Chaconne c-Moll (BuxWV 159). Es ist häufig versucht worden, eine übergreifende Symmetriestruktur in diesem Werk nachzuweisen, doch ist hier keine Übereinstimmung erreicht worden.[6] Wichtige Analysen wurden besonders von Christoph Wolff und Siegfried Vogelsänger unternommen. Auch symbolische Elemente in der Struktur wurden postuliert; so hat Michael Radulescu vertreten, der Satz habe die „Form eines Kreuzes“.[7]
Deutlich steigert sich die Passacaglia bis zu ihrem Höhepunkt in Variation 12; dann verdeutlicht das Pausieren des Pedals drei ruhige Variationen als Intermezzo, bevor die nächsten fünf Variationen zum Ende führen.
Die Interpretin und Musikwissenschaftlerin Marie-Claire Alain schlug vor, die 21 Themendurchgänge als sieben Dreiergruppen aus ähnlichen Variationen aufzufassen; jede dieser Gruppen würde dann mit dem Zitat eines Chorals beginnen, die ähnlich wie im Orgelbüchlein aus der gleichen Zeit behandelt werden:[8]
Alain weist auch auf die optische Ähnlichkeit der Zahlen hin: 21 Themendurchgänge der Passacaglia und die 12 Themeneinsätze der Fuge.
Die Passacaglia geht nahtlos in eine anschließende Fuge über. Nur die erste Hälfte des Themas wird als Fugenthema verwendet; eine in Achteln pulsierende Umformung des zweiten Teils tritt als Kontrasubjekt auf. Gleich zu Beginn sind beide Hälften gleichzeitig zu hören, dann folgt ein zweites Gegenthema in Sechzehnteln, das ebenfalls durchgängig in der Komposition verwendet wird. Die Themen werden auf drei verschiedenen Tempoebenen kombiniert; wenn sie in Kombination erscheinen, geschieht dies in keiner der möglichen Stimmenkombination mehr als einmal; daher kann die Fuge als Permutationsfuge angesehen werden, möglicherweise durch Johann Adam Reinckens Werke inspiriert.[9]
Im weiteren Verlauf der Fuge moduliert Bach nach Es- und B-Dur, und die Zeit zwischen den Themeneinsätzen steigt von einem bis drei Takten auf sieben bis dreizehn. Das Ganze findet seinen Höhepunkt in einem für die in der damaligen Zeit gebräuchliche mitteltönige Stimmung sehr ungewöhnlichen Neapolitanischen Sextakkord (Des-Dur), der in die achttaktige Coda führt.[10]
Seamless Wikipedia browsing. On steroids.
Every time you click a link to Wikipedia, Wiktionary or Wikiquote in your browser's search results, it will show the modern Wikiwand interface.
Wikiwand extension is a five stars, simple, with minimum permission required to keep your browsing private, safe and transparent.