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Dialekt des Märkischen Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Das Mittelmärkische oder Mittelbrandenburgische ist ein Dialekt des Märkischen, der zum ostniederdeutschen Zweig des Niederdeutschen gehört und in Teilen von Brandenburg und Sachsen-Anhalt gesprochen wird.
Wichtige Teilgebiete des Mittelmärkischen enthalten:
Historisch enthielt das Mittelmärkische weitere Teilgebiete:
Nach Osten wird das Dialektgebiet heute durch das Polnische begrenzt, vor dem Zweiten Weltkrieg durch die Dialekte der östlichen Neumark begrenzt, für die auch die Bezeichnung „ostmärkisch“ vorgeschlagen wurde, die aber eher den Mundarten der hinterpommerschen Kreise Dramburg und Schievelbein nahesteht,[4] die zum Ostpommerschen gerechnet werden können.
Nach Süden wird das Mittelmärkische durch ostmitteldeutsche Dialekte begrenzt, nach Westen durch das Elbostfälische und nach Norden durch das nah verwandte Nordmärkisch. Die ursprünglich mittelmärkische Umgangssprache von Berlin hat seit dem 15. Jh. zunehmend mitteldeutsche Züge angenommen, so dass das Berlinische heute klar vom Mittelmärkischen unterschieden und als Varietät des Ostmitteldeutschen angesehen wird. Ursprünglich eine mitteldeutsche Sprachinsel innerhalb des Mittelmärkischen, hat das Berlinische den Dialekt im Alltag weitgehend verdrängt.
Innerhalb des Mittelmärkischen trennt die Linie Görzke-Brandenburg-Potsdam ein südöstliches Gebiet, in dem mnd. ê und ô diphthongiert sind (Schnai, Schnei, Schnäi „Schnee“, Strau „Stroh“) von einem nördlichen und westlichen, in dem sie (wie im Nordmärkischen) erhalten geblieben sind (Schnee, Stroh).[5]
Das Mittelmärkische ist ein sterbender Dialekt und im Alltag durch das Berlinische ersetzt. Bereits in den 1950er Jahren, im Zuge der Datenerhebung für das Berlinisch-Brandenburgische Wörterbuch war es teilweise schwer, kompetente Sprecher zu gewinnen (vgl. Berlinisch-Brandenburgisches Wörterbuch).
Sofern das Mittelmärkische im Kontext des Niederdeutschen beschrieben wird, wird dafür vereinzelt auch die Bezeichnung „Südmärkisch“ oder „Südbrandenburgisch“ verwendet, das dann dem Nordmärkischen gegenübergestellt wird (so bei Schröder, 2004, S. 50).[6] Da dies jedoch gleichzeitig die Bezeichnung der (jetzt) mitteldeutschen (aber historisch niederdeutschen) Dialekte Südbrandenburgs ist, führt das zu Ambiguitäten. Analog gilt das für die Bezeichnung des mittelmärkischen Diphthongierungsgebietes als „südmärkisch“ (so bei Stellmacher 1980, S. 465f.).[7]
Das Märkische weist eine teilweise starke niederländisch-niederfränkische Prägung auf, die im Mittelmärkischen z. T. deutlicher als im Nordmärkischen ausgeprägt ist.[8]
Zu den allgemeinen Merkmalen der märkischen Dialekte siehe deren Wikipedia-Seite. Spezifische Merkmale des Mittelmärkischen, die es von verwandten und benachbarten Mundarten abgrenzen, enthalten:
Im Raum Berlin haben sich die ursprünglich mittelmärkischen Dialekte seit dem 15. Jahrhundert derart mit ostmitteldeutschen Dialekten gemischt, dass dort nur noch relativ wenige der historischen Verbindungen mit dem Ostniederdeutschen sichtbar sind. Dies spiegelt einerseits den ökonomischen und kulturellen Einfluss des wettinisch-meißnischen Raumes, u. a. im Zuge der Reformation, v. a. aber die Einführung der hochdeutschen Kanzleisprache nach Regierungsübernahme der Hohenzollern (1415) sowie die darauf folgende Festlegung auf Berlin als Residenzort wider.[12]
Im Verlauf des 19. Jahrhunderts wurden die märkischen Dialekte zunehmend durch die berlinische Umgangssprache bedrängt und sind im allgemeinen Sprachgebrauch weitgehend dadurch ersetzt worden. Dies spiegelt sozioökonomische Umstrukturierungen im Zuge der Aufhebung der Leibeigenschaft und der Industrialisierung wider,[13] die sich im 20. Jh. fortgesetzt haben und sich nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem Zuzug von Neubauern und der Kollektivierung der Landwirtschaft nochmals intensivierten.
Bereits für das frühe 20. Jh. belegt Siewert (1907, S. 24, für Besten/Teltow) eine zunehmende Durchdringung mit hochdeutschen Ausdrücken: "[S]ie sind auch im Verkehr der Einwohner unter sich -- besonders bei der jüngeren Generation -- recht oft zu hören und sind wohl auf den Einfluss des Berliner Dialektes zurückzuführen", z. B. kofen "kaufen", verkofen, ick weß "weiss", zwe "zwei", zwete "zweite", ooch "auch", damals noch selten auch druf "drauf", lofen "laufen", jloben "glauben", drocken "trocken", zwelwe "12", et heßt "heißt".[14] Dieser Trend hat sich seither intensiviert.
Für die späte DDR-Zeit belegen Bock und Langner (1989), dass „[t]rotzdem … die märkischen Dialekte bis ins 20. Jahrhundert hinein für viele Menschen ein wichtiges Mittel der Kommunikation [bleiben]“.[13] Aufgrund neuerlicher ökonomischer Umbrüche seit den 90er Jahren und der damit verbundenen Landflucht gilt das heute nur noch sehr einschränkt, so dass der Dialekt im Alltag durch Varietäten des Berlinischen, wie z. B. das sog. „Kanaldeutsch“[15] ersetzt wurde, insbesondere auch in seiner identitätsstiftenden Funktion.[16][17]
Die Phonologie ist für die Neumark beschrieben bei Teuchert (1907),[18] für den Niederbarnim bei Seelman (1908),[19] für den Teltow bei Siewert (1907)[14] und Teuchert (1964),[20] und für den Oberbarnim bei Teuchert (1964).[20] Die Phonologie der mittelniederdeutschen Schriftsprache Berlins, die teilweise regionale (d. h. mittelmärkische) Dialektmerkmale zeigt, wurde von Lasch (1910) beschrieben.[21]
(bzw. deren Ausbleiben)
Die Lexik ist für die Neumark beschrieben bei Teuchert (1907),[18] für Teltow und Oberbarnim bei Teuchert (1964).[20] Typisch ist v. a. nach Teuchert (1944) der hohe Anteil niederländischen oder niederfränkischen Vokabulars.[8]
Die Morphologie ist für die Neumark beschrieben bei Teuchert (1907), für Teltow bei Siewert (1907).[14][18] Die Morphologie der mittelniederdeutschen Schriftsprache Berlins, die einige Merkmale der mittelmärkischen Dialekte vorwegnimmt, ist bei Lasch (1910) beschrieben.[21]
Besondere Merkmale enthalten:
Konjugationstabellen (Neumark, Teuchert 1907, §290–329):[3]
1.sg | 2.sg | 3.sg | pl | |
---|---|---|---|---|
schwache Konjugation: krabben „kratzen“ | ||||
ind.prs. | krabbe | krappst | krappt | krabben |
ind.prt. (=konj,prt.) | krappte | krapptest | krappte | krappten |
ipv. | krabbe | krappt | ||
part. | jekrappt | |||
starke Konjugation: nehmen „nehmen“ | ||||
ind.prs. | nehme | nimmst | nimmt | nehmen |
ind.(konj.)prt. | nam, neem (neeme) | neemst, naamst | nam, neem (neeme) | neemen |
ipv. | nimm | nehmt | ||
part. | jenohmen | |||
starke Konjugation: bliewen „bleiben“ | ||||
ind.prs. | bliewe | bliffst | blifft | bliewen |
ind.(konj.)prt. | bleef (bleewe) | bleefst | bleef (bleewe) | bleewen |
ipv. | blief | blifft | ||
part. | jebleewen | |||
starke Konjugation: jiete „gießen“ | ||||
ind.prs. | jiete | jittst | jitt | jieten |
ind.(konj.)prt. | joot (jeete) | jootst | joot (jeete) | jooten |
ipv. | jiet | jiet't | ||
part. | jegoten (jejoten) | |||
starke Konjugation: bingen „binden“ | ||||
ind.prs. | binge | bingst | bingt | bingen |
ind.(konj.)prt. | bunk (binge) | bungst | bunk (binge) | bungen |
ipv. | bing, binge | bingt | ||
part. | jebungen | |||
starke Konjugation: äten „essen“ | ||||
ind.prs. | äte | ittst | itt | äten |
ind.(konj.)prt. | at, eet (eete) | eetst, atst | at, eet (eete) | eeten |
ipv. | itt | ät't | ||
part. | jeäten | |||
starke Konjugation: fohren „fahren“ | ||||
ind.prs. | fohre | fohrst | fohrt | fohren |
ind.prt. | fuhr, fohr (fiere, feere) | fuhrst | fuhr, fohr (fiere, feere) | fuhren |
ipv. | fohre | fohrt | ||
part. | jefohren |
Konjugation der Präterito-Präsentia (Siewert 1907, S. 25f., für Besten/Teltow):
1.sg | 2.sg | 3.sg | pl | |
---|---|---|---|---|
weten "wissen" | ||||
ind.prs. | weet | weetst, wettst | weet, wett | weten |
ind.prt. | wiste | wistest | wiste | wisten |
part. | jewist | |||
hebben "haben" | ||||
ind.prs. | hebbe | hest | hett | hebben |
ind.prt. | hadde | haddest | hadde | hadden |
part. | jehat |
Für die mittelniederdeutsche Schriftsprache Berlins gibt Lasch (1910, 334-344) folgende Paradigmen an:[21]
1.sg | 2.sg | 3.sg | pl | |
---|---|---|---|---|
schwache Konjugation: maken "machen" | ||||
ind.prs. | make | makest | maket | maken |
konj.prs, | make | makest | make | maken |
ind.prt. (=konj,prt.) | makede | makedest | makede | makeden |
ipv. | make | maket | ||
part.prs. | makende (makene, maken) | |||
part.prt. | gemaket | |||
inf. | maken (substantivisch auch makent) | |||
starke Konjugation: nêmen „nehmen“ | ||||
ind.prs. | nême | *nêmest | nêmet, nempt | nêmen |
konj.prs. | nême | *nêmest | nême | nêmen |
ind.prt. | nam | nêmest | nam | nêmen |
konj.prt. | nême | nême | nêmen | |
ipv. | nem | nêmet | ||
part.prs. | nêmende (nêmenem nêmen) | |||
part.prt. | genômen (substantivisch auch nêment) | |||
hebben "haben" | ||||
ind.prs. | hebbe | hest | het | hebben |
konj.prs. | hebbe | hest | hebbe | hebben |
ind.prt. (=konj.prt.) | hadde | haddest | hadde | hadden |
part.prs. | hebbende | |||
part.prt. | gehat |
Im Gegensatz zum modernen Mittelmärkischen verwendet die Berlinische mittelniederdeutsche Schriftsprache systematisch die Vorsilbe ge-.
Teuchert (1907, §366–368, für die Neumark):[3]
blau „blau“ | m.sg. | n.sg. | f.sg. | pl. |
---|---|---|---|---|
starke Deklination | ||||
nom | blauer | blauet | blaue | blaue |
dat. | blauen (blauem) | blauen (blauem) | blaue, blauer | blaue |
acc. | blauen | blauet | blaue | blaue |
schwache Deklination | ||||
nom | blaue | blaue | blaue | blauen |
dat. | blauen | blauen | blaue | blauen |
acc. | blauen | blaue | blaue | blauen |
Für den mittelniederdeutschen Vorläufer des Mittelmärkischen in Berlin bestimmt Lasch (1910, S. 326f) folgendes Paradigma:[21]
old "alt" | m.sg. | n.sg. | f.sg. | pl. |
---|---|---|---|---|
starke Deklination | ||||
nom | olt (older) | olt | olt | olde, olt |
gen | oldes | oldes | older | older |
dat. | oldem, oldeme, olden | oldem, oldeme, olden | older | olden |
acc. | olden | olt | olde | olde |
schwache Deklination | ||||
nom | olde | olde | olde | olden |
gen | olden | olden | olden | olden |
dat. | olden | olden | olden | olden |
acc. | olden | olde | olde | olden |
Wie der Vergleich zeigt, sind die Paradigmen nahezu identisch, allerdings ist f.sg.dat an f.sg.akk angeglichen, dat.pl. an akk.pl. Die entspricht der allgemeinen Tendenz des modernen Niederdeutschen, Akkusativ und Dativ in einem einzigen Objektfall zusammenzuführen. Dieser Zusammenfall hat im Mittelmärkischen allerdings nicht oder nur in Ansätzen stattgefunden.
Teuchert (1907, §37f., für die Neumark):[3]
1. | 2. | 3.m. | 3.f. | 3.n. | refl. | |
---|---|---|---|---|---|---|
nom.sg. | ik, icke ('k) | du (de, -te) | hä, ha (ar) | sie (se) | et ('t) | |
dat.sg. | mi (me) | di (de) | em, am ('n) | ähr | em, am ('n) | sich |
akk.sg. | mi (me) | di (de) | em, am ('n) | sie (se) | et ('t) | sich |
nom.pl. | wi (we) | ji (je) | sie (se) | |||
dat.pl. | uns | ju (je) | ähr | sich | ||
akk.pl. | uns | ju (je) | sie (se) | sich |
Für den mittelniederdeutschen Vorläufer des Mittelmärkischen in Berlin bestimmt Lasch (1910, S. 314f.) folgendes Paradigma:[21]
1. | 2. | 3.m. | 3.f. | 3.n. | refl. | |
---|---|---|---|---|---|---|
nom.sg. | ik | du | he | sy | it (et, -t) | |
gen.sg. | is (es), siner | *ore, *orer | is (es) | siner | ||
dat.sg. | my | dy | em, en | or | em, en | sik (sich) |
akk.sg. | my | dy | em, en | sy | it (et, -t) | sik (sich) |
nom.pl. | wy | gy | sy | |||
gen.pl. | unser | ore, orer | ||||
dat.pl. | uns | jw (älter juwe) | en, em | sik (sich) | ||
akk.pl. | uns | jw (älter juwe) | sy | sik (sich) |
Dieses mittelniederdeutsche Paradigma entspricht im Wesentlichen dem späteren Mittelmärkischen. Schriftsprachliches or, ore, orer steht für ör, öre, örer (Lasch 1910, S. 315). Der einzige Unterschied liegt in der 3. Person Dativ Plural, wo durch Analogie zwischen Plural und Femininum im modernen Mittelmärkischen die Form des 3.f.sg übernommen wurde.
Teuchert (1907, §374, für die Neumark):[3]
1. | 2. | 3.m | 3.f | 3.n | |
---|---|---|---|---|---|
sg. | mien | dien | sien | ähre (ähr) | sien |
pl. | unse | juue | ähre (ähr) |
Für den mittelniederdeutschen Vorläufer des Mittelmärkischen in Berlin bestimmt Lasch (1910, S. 315) folgendes Paradigma:[21]
1. | 2. | 3.m | 3.f | 3.n | |
---|---|---|---|---|---|
nom.sg. | min | din | sin | or (ore) | sin |
nom.pl. | vnse | juwe | or |
Bis auf Schreibung entspricht es dem modernen Mittelmärkischen.
Teuchert (1907, §375, für die Neumark):[3]
m. | f. | n. | pl. | |
---|---|---|---|---|
nom. | dar, der | dië, die (de) | det | dië, die (de) |
dat. | den, dan | dar, der | det | dar, der |
akk. | den, dan | dië, die (de) | det | dië, die (de) |
Eine einheimische Entsprechung für „diese“ (mnd. dese, desse) ist im Mittelmärkischen laut Teuchert (1907) nicht vorhanden bzw. kommt laut Lasch (1910, S. 318) im modernen Mittelmärkischen "kaum" vor.[21] Für Prenden gibt Seelmann (1908) disser (mit stimmhaftem ss) an.[19]
Für den mittelniederdeutschen Vorläufer des Mittelmärkischen in Berlin bestimmt Lasch (1910, S. 316ff) folgende Paradigmen:[21]
m. | f. | n. | pl. | |
---|---|---|---|---|
einfaches Demonstrativpronomen (= Artikel) | ||||
nom. | dy (die, de) | dy (die, de) | dat (det, -it, -t) | dy (die,de) |
gen. | des | der | des | der |
dat. | deme, dem, den | der | deme, dem, den | den |
(inst.) | (destu, deste) | |||
akk. | den | dy (die, de) | dat (det, -it, -t) | dy (die, de) |
erweitertes Demonstrativpronomen | ||||
nom. | desse (disse, dusse) | desse | dit | desse |
gen. | desses | desser | desses | desser |
dat. | dessem, desseme, dessen | desser | dessem, desseme, dessen | dessen |
akk. | dessen | desse | dit | desser |
Wie die Tabellen zeigen, entsprechen die mittelmärkischen Demonstrativpronomen ihren mittelniederdeutschen Vorläufern weitgehend: Die Form des modernen nom.sg.m. ist eine Übernahme aus dem Mitteldeutschen, dat.sg.n. ist dem akk.sg.n. angeglichen, dat.pl. dem dat.sg.f.
Teuchert bezeugt mit jenner, jennt, jenne „jener“ ein distales Demonstrativpronomen für die Neumark.[3] Dem entspricht mittelniederdeutsch dy gene, dy genne, dy yenne, akk.sg. den gennen, gen.pl. der gennen, dat.pl. den gennen in Berlin (fast ausnahmslos mit Artikel; Lasch 1910, S. 318).[21]
Die Syntax des Mittelmärkischen ist weitgehend unerforscht. Im Allgemeinen ist davon auszugehen, dass übereinstimmende Merkmale zwischen ostmitteldeutschen (v. a. dem Berlinischen) und ostniederdeutschen Dialekten auch für das Mittelmärkische bzw. das Märkische insgesamt anzusetzen sind, -da insbesondere ostmitteldeutsche Züge in Lexik und Morphologie durch das Märkische an den Norden vermittelt wurden.
Nach Siewert (1907, S. 26, für Besten/Teltow) stets mit "haben" gebildet: hett jeblewen "ist geblieben", hebben jefiert "gefahren", hett jejehn "gegangen", hett jekoam "gekommen", hett jerennt "gerannt", hett umjefallen "umgefallen", hett jesturwen "gestorben", hett ubjestehn "aufgestanden", hadde jewassen "gewachsen", doa hebben se Feint jeworn "sind sie Feinde geworden".[14]
Mit dem IDS-Korpus Deutsche Mundarten: DDR[26] existiert ein teilweise transkribiertes Audiokorpus, das auch die märkischen Dialekte beinhaltet und den Sprachstand der 1960er Jahre dokumentiert. Auf dieser Grundlage beobachtete Weber (2014)[27] Besonderheiten in der Bildung des Verbalkomplexes, wobei neben der Standardvariante auch Umstellungen zulässig sind:
Bedauerlicherweise trennt die Studie (und das Korpus) nicht zwischen Mittelmärkisch, Nordmärkisch und modernen Regiolekten, doch scheint das Phänomen allgemeine Gültigkeit im Märkischen zu haben. Die zitierten Belege sind mehrheitlich nordmärkisch oder mitteldeutsch, folgende Belege belegen die abweichende Wortstellung aber auch für das Mittelmärkische:
Sprachwissenschaftlich wurde das Mittelmärkische vor allem in phonologischer und lexikalischer Hinsicht untersucht, überregional v. a. im Zuge von Kontroversen darüber, in welchem Maße das Niederländische bzw. Niederfränkische einen Einfluss auf das Märkische ausgeübt hat und welche Rückschlüsse darüber auf die Kolonisationsgeschichte zu ziehen sind. Eine extreme Position nimmt hierbei Teuchert (1944) ein,[8] in dessen Nachfolge das Märkische als „Kolonialniederländisch“ angesehen wurde, was heute i. d. R. abgelehnt bzw. stark relativiert wird.[28] Einflüsse im Bereich der Lexik sind jedoch unumstritten.[29] Einzelworte niederländischer Herkunft sind Bäsing(e) ‚Blaubeeren‘ (nl. bes ‚Beere‘), Dase ‚Stechfliege‘, Erpel ‚Enterich‘, Miere ‚Ameise‘ (nl. mier), Moll ‚Maulwurf‘, Päde ‚Quecke‘, Pieresel ’Regenwurm (nl. pier), Stulle ‚Brotschnitte‘.[30] Hinzu treten Eigennamen wie Fläming, Moosfenn (bei Potsdam, zu Fenn ‚kleiner Sumpf‘) usw.[30]
Eine Kurzgrammatik des (historischen) mittelmärkischen Dialektes der Neumark liegt mit Teuchert (1907) vor.[3] Die meisten anderen Grammatiken konzentrieren sich auf Lexik und Phonologie.
Zwei lokale mittelmärkische Mundarten, aus Buko und Görsdorf, wurden 1937 im Lautdenkmal reichsdeutscher Mundarten dokumentiert.[31] Die digitalisierten Audioaufnahmen der damals 46- bzw. 50-jährigen Sprecherinnen werden u. a. im Archiv des Forschungszentrums Deutscher Sprachatlas vorgehalten.
Der Wortschatz des Mittelmärkischen wird primär in folgenden Wörterbüchern erfasst:
Man beachte allerdings, dass jedes dieser Wörterbücher jeweils auch andere Dialekte abdeckt, da ihr Abdeckungsgebiet geographisch-politisch, nicht linguistisch definiert ist.
Ein mittelmärkisches Ortswörterbuch liegt u. a. für die Gemeinde Lunow vor (Parisius 2000).[32] Ein Verein, der sich dem Dialekterhalt widmet, existierte beispielsweise in Lütte.[33] Ebenso existiert ein überregionaler Verein zur Förderung der Brandenburgischen Dialekte.[34]
Als niederdeutscher Dialekt fällt Mittelmärkisch unter die von Deutschland ratifizierte Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen und hat in den Bundesländern Brandenburg und Sachsen-Anhalt offiziellen Status.[35] Seit 6. Juli 2022 ist dies auch Bestandteil der brandenburgischen Verfassung.[36] Inwieweit sich daraus gesetzlicher Handlungsbedarf ergibt, ist zu prüfen, eine Kleine Anfrage der Landtagsabgeordneten Kathrin Dannenberg (Linke) im Oktober 2022 bestätigte jedoch, dass ein eigenes Niederdeutsch-Gesetz nicht geplant ist, weshalb kurzfristig keine konkreten Maßnahmen zu erwarten sind.[37]
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