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niederdeutscher Dialekt Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Nordmärkisch ist der niederdeutsche Dialekt der Altmark, Prignitz, Ruppin und Uckermark,[1] und bildet gemeinsam mit dem Mittelmärkischen die noch heute gesprochenen Dialekte des Märkischen. Im Süden wird es durch das Mittelmärkische begrenzt, im Südwesten durch das Elbostfälische, im Westen durch westniederdeutsche Mundarten und im Norden durch das Mecklenburg-Vorpommersche.[2] Die Mundart der Prignitz wird z. T. als Übergangsdialekt zum Mecklenburg-Vorpommerschen betrachtet.[1] Vereinzelt wird auch das Mittelpommersch, das sich östlich an das Vorpommersche und nordöstlich an das Nordmärkische anschließt, noch zum Nordmärkischen gerechnet.[3]
Nordmärkisch ist ein ostniederdeutscher Dialekt, der (wie alle märkischen Dialekte) eine starke niederländisch-niederfränkische Prägung aufweist,[4] was die brandenburgische Kolonisation im 12.–13. Jahrhundert widerspiegelt.[5] Die Mark Brandenburg wurde im Zuge der deutschen Ostsiedlung von der Altmark aus besiedelt, die dortigen Dialekte zählen teilweise zum Nordmärkischen, teilweise zum Ostfälischen.[1] Neben niederfränkischen Einflüssen, wie in noch stärkerem Maß vor allem das Mittelmärkische prägen, weist das Nordmärkische daher auch Einflüsse des Elbostfälischen und Westfälischen auf.
Spezifische Merkmale beinhalten:
Die häufige Verwendung der Vorsilbe je- (ge-) im Partizip Präteritum (jehackt, jejohn, jejangen, jehört, jejietzt, jewussen, mitjenommen, dorchjejangen usw.), die nach Bock & Langner (1989)[13] nordmärkisch (wenn auch nicht ohne Ausnahmen) sei, ist laut Dräger (1995)[14] jedoch keineswegs typisch zumindest für das uckermärkische, sondern „städtisch beeinflusst und hat viel vom Jargon der Oderschiffer an sich, wie er in Stettin am Bollwerk von Marktfrauen und Hafenarbeitern (Bollwerksastern) zu hören war“. Dräger war im Mittelpommerschen sozialisiert, wo diese Vorsilbe systematisch fehlt, doch zeigt Bock & Langner’s Beobachtung möglicherweise weniger alte Merkmale als vielmehr ein Vordringen mitteldeutscher oder mittelmärkischer Elemente im Zuge der Industrialisierung vor und während des Zweiten Weltkriegs und ihre weitere, durch die Hochsprache gestützte Verbreitung danach.
Die Abgrenzung zwischen Mittelpommersch und Nordmärkisch und die Einordnung des Uckermärkischen werden unterschiedlich beurteilt und die Grenze zwischen ihnen unterschiedlich verortet. Mittelpommersch und Nordmärkisch stehen einander sehr nahe und insbesondere fällt die Nordgrenze Brandenburgs nicht mit sprachlichen Unterschieden zusammen.[15] Um überhaupt sprachliche Trennungskriterien zu finden, rechnet z. B. Schönfeld (1981, S. 154 f.)[16] das östliche Uckermärkische vollständig zum Mittelpommerschen, so dass seine Südgrenze nördlich von Eberswalde verortet wird und es damit direkt nördlich an das Mittelmärkische anschließt. Die Sprecher der Uckermark empfinden dagegen ihren Dialekt („uckermärkisch“) als weitgehend einheitlich. Eine alternative Sichtweise ist daher, das Mittelpommersche als Varietät des Nordmärkischen anzusehen.
Sofern Nordmärkisch und Mittelpommersch unterschieden werden sollen, ist ein mögliches Unterscheidungskriterium z. B. das Ausbleiben der Palatalisierung in mpomm. dat „das“, anner „andere“, Ganter „Ganter“ im gegenüber nmk. det, änner, Genter,[17] allerdings fällt die Sprachgrenze nicht mit der Landesgrenze zusammen. Nach diesem und ähnlichen Kriterien sind die Sprachbeispiele von Max Lindow und Erna Taege-Röhnisch unten jeweils als mittelpommersch bzw. nordmärkisch zu unterscheiden -- was von den Sprechern selbst aber abgelehnt wird, die ihren Dialekt als einheitlich wahrnehmen.[18]
Die Phonologie des Nordmärkischen wird bei Teuchert (1907) für Warthe/Uckermark beschrieben, allerdings nur für den Vokalismus.[19] Die Darstellung bei Mackel (1905) ist umfassender, behandelt allerdings die Prignitz insgesamt, wodurch nicht immer bestimmbar ist, welche seiner Angaben sich auf das Nordmärkische beziehen.[20]
Nach Teuchert (1907, S. 28–42) für Warthe/Uckermark:[19]
Phonem | Schreibung | Beispiel | Kommentar |
---|---|---|---|
Langvokale | |||
/i:/ | ie (i) | Klie „Kleie“, Pietsch „Peitsche“, Diestel „Deichsel“, Wieh „Weihe (Vogel)“, Måhmpielen „Mohnstrietzel“, Liem „Leim“, Diek „Deich“, Kriech „Krieg“, Wief „Weib“, Lief „Leib“, gries „grau“, nie „neu“, frie „frei“, sien „sein“, mien „mein“, bi „bei“, ji „ihr“, wi „wir“, mi „mir, mich“, fief „5“, rieben „reiben“, kriejen „kriegen“, schnien (schnieën) „schneien“, blieben „bleiben“, rieden „reiten“, kien „keinen“ | mnd. î |
Schier „Schere“, wier „war, wäre“ | mnd. ê³ vor r | ||
mihr „mehr“, Ihr „Ehre“, Bier „Eber“, ier „eher“, ierst „erst“, kieren „kehren“, lieren „lehren, lernen“ | mnd. ê² vor r | ||
Kindelbier „Kindtaufe“, Diert „Tier“, Viert „1/4 Scheffel“, Nier „Niere“, Stier „Stier“, vier „vier“ | mnd. ê¹ vor r | ||
/e:/ | ee (e) | Scheeper „Schäfer“, Kees „Käse“, leech „niedrig“, neejer „näher“, keem „kam“, nehm „nahm“, seet „saß“, leech „lag“ | mnd. ê³ |
Kleewer „Klee“, Teegen „Zeh“, Kleet „Kleid“, Been „Bein“, Deel „Teil“; Heed „Heide“ | mnd. ê² | ||
Deenst „Dienst“, deenen „dienen“, leef „lieb“, Kneekähling „Kniekehle“, scheeten „schießen“; Speejel „spiegel“, Teejellie „Ziegelei“, Keen „Kien“, meeden „mieten“, Breef „Brief“, Preester „Priester“; sehn „sehen“, jesehn „gesehen“ | mnd. ê¹ | ||
/ɛ:/ | e; ää (ä) | Gräwer „Gräber“, Kätel/Ketel „Kessel“, Mäken „Mädchen“, Bäk „Bach“, bäter „besser“, Schepel „Scheffel“, tähm „zähmen“ | mnd. tonlanges e¹ |
Schep „Schiffe“, Wesel „Wiesel“, Del „Diele“ | mnd. tonlanges e² | ||
Wäder „Wetter“, Rägen „Regen“, ’t rägent „es regnet“, Tek „Zecke“ | mnd. tonlanges ë | ||
/ɑ:/ | a | Arm „Arm“, Schwarm „Schwarm“, Darm „Darm“ | mnd. a vor rm |
/o:/ | oo (o) | Plooch „Pflug“, Foot „Fuß“, Bloom „Blume“, Hoosten „Husten“, Roost „Rost“, Groos „Rasen“, hoojåpen „gähnen“, Brooder „Bruder“, Krooch „Krug, Gasthaus“, Hoot „Hut“, Spool „Spule“, Book „Buch“, Schoh „Schuh“, Koh „Kuh“, Stohl „Stuhl“, Bloot „Blut“, nooch „genug“, good „gut“, schwool „schwül“, roopen „rufen“, doon „tun“ | mnd. ô¹ |
Broot „Brot“, Boom „Baum“, Knoop „Knopf“, Roost „Roste“, Dood, doot „Tod, tot“, Rook „Rauch“, Ooch „Auge“, Lohn „Lohn“, Bohn „Bohne“, Loof „Laub“, unoot „ungern“, doof „taub“, hooch „hoch“, loopen „laufen“, stooten „stoßen“ | mnd. ô² | ||
Spook „Spuk“, Spoon „Span“, so „so“, Kroon „Krone“, wo „wie“ | mnd. ô³ | ||
/ɔ:/ | å (o, älter auch oa; ggf. åå) | Dåch „Tage“, Wågen „Wagen“, Håwer „Hafer“; Åål „Aal“ | mnd. tonlanges a |
Åbent (Åhmt) „Abend“, Schåp „Schaf“, Råhm „Ruß“, Måhn „Mohn“, Ståhl „Stuhl“, schlåhn „schlagen“, blåch „blau“ | mnd. â | ||
Åben „Ofen“, Fåhlen „Fohlen“, båben „oben“ | mnd. tonlanges o¹ | ||
Vågel „Vogel“, bråkfellich „hinfällig“, kåm „kommen“ | mnd. tonlanges o² | ||
/u:/ | uu (u) | Schlus „Schleuse“, Gruus „kleines Zeug, Späne“, Struutz „Strauß“, Uhl „Eule“, Kruug „Krug (Flasche)“, Lus „Laus“, Buul „Beule“, Stuten pl. „Gebäck aus Weizenmehl“, Wruuk „Wruke, Kohlrübe“, Su „Sau“, pl. Sugen, Buuk „Bauch“, Kumernot „mit Mühe“, Klut „Erdkloß“, Knust „Stück Brot; Ast; Auswuchs“, Luk „Luke“, Mul „Maul“ | mnd. û |
Fuhr „Fuhre“, Schnur „Schnur“ | mnd. ô¹ vor r | ||
Uhr „Ohr“, Ruhr „Rohr“ | mnd. ô² vor r | ||
schmuren „schmoren“, schwuren „geschworen“, buren (älter boren) „geboren“; Durn „Dorn“, Kurn (älter Korn) „Korn“; Durwech „Tor des Hofes“, Chur „Chor, Corps“, Buhr „Bohrer“; antwurn „antworten“, Wurt „Wort“, furts „sofort“, Purt „Pforte“ | mnd. o¹ vor r+(e)n, r im Auslaut oder r+d,t | ||
/œ:/ | œ (ö, oe) | Krœt „Kröte“, Schlœter „Schlösser“, hinner’t Hœf „Land hinter dem Garten“, Trœch „Tröge“, œwer „über“ | mnd. tonlanges ö¹, Umlaut von /ɔ:/ |
Bœhn „Boden“, Kœk „Küche“, Œsel „Docht“, glœsen „glühen“ | mnd. tonlanges ö², Umlaut von /ɔ:/ | ||
sœben „sieben“, Nœt „Nisse“ | durch Rundung aus /ɛ:/ | ||
/ø:/ | öö (ö) | Dööker „Tücher“, Schööler „Schüler“, Stöhl „Stühle“, Höhner „Hühner“, tööben „warten“, sööken „suchen“ | Umlaut von mnd. ô¹ |
Knööp „Knöpfe“, Drööm „Träume“, Pöötken „Pfötchen“, Bööm „Bäume“, Tööl „Hündin“, Öökelnåm „Spitzname“, drööch „trocken“, in’t Hööch „in die Höhe“, glööben „glauben“, dööpen „eintauchen“, böögen „beugen“, klööben „spalten“ | Umlaut von mnd. ô² | ||
Spööner „Späne“, spööken „spuken“, Spöök „Gespenster“ | Umlaut von mnd. ô³ | ||
/y:/ | üü (ü) | Krüz „Kreuz“, Riefküül „Reibekeule“, Füst „Fäuste“, Üder „Euter“, Müs „Mäuse“, Düwerick „Täuberich“, Hüser „Häuser“, rüüm’ „räumen“; Rüd’ „Räude“, Düwel „Teufel“, dütsch „deutsch“, Lüüd „Leute“, nütlich „niedlich“, hüüt „heute“, düster „düster“, berüen „bereuen“ | mnd. Umlaut von û |
schnüren „schnüren“, rühren „rühren“, führ „fuhr“, führen inf. „fahren“ | Umlaut von mnd. ô¹ vor r | ||
Ührken „Öhrlein“, Jehür „Gehör“, Rühr „Röhre“, hüren „hören“, stüren „stören“, frür „fror“, varlür „verlor“ | Umlaut von mnd. ô² vor r | ||
Würd „Worte“, Würtken „Wörtchen“, Pürtken „Pförtchen“ (aber Körf „Körbe“, Dörp „Dorf“) | Umlaut von mnd. o¹ vor r (vgl. /u:/) | ||
Kurzvokale | |||
/ɪ/ | i | Titt „Zitze“, Schirr „Geschirr“, kiddelich „kitzlich“ | mnd. i |
Hinn „Henne“, Hingst „Hengst“ | mnd. e+n | ||
Stimm „Stimme“, Schimp „Schimpf“; jistern „gestern“, jisternåhmt „gestern Abend“ | mnd. ë (vor Nasal, nach j) | ||
/ɛ/ | e; ä | Jächter „Jäger“, tellen „zählen“ | mnd. e |
Wech „Weg“, dreckolt „unfreundlich kalt“ | mnd. ë | ||
wenken „winken“, schwemm „schwimmen“, Melk „Milch“, Mess „Mist“, messen „düngen, misten“ | mnd. i | ||
/a/ | a | Dach „Tag“ | mnd. a |
/ɔ/ | o | Pott „Topf“, Voss „Fuchs“, Stoff „Staub“, kolt „kalt“ | mnd. o |
Tjong „Junge“ (als Anruf), Brost „Brust“, Wost „Wurst“ | mnd. u | ||
/ʊ/ | u | Druppen „Tropfen“, Dussel „dummer Mensch“, Wulf „Wolf“ | mnd. u |
/œ/ | ö | Stöcker „Stöcke“, Köster „Küster“, öller „älter“, Öllern „Eltern“, Möll „Mühle“ | mnd. ö, Umlaut von /ɔ/ |
söss „sechs“ | durch Rundung aus /ɛ/ | ||
/ʏ/ | ü | Bütt „kleiner Eimer“, Pütten „Pfütze“, Küll „Kälte“, Hüschken „Häuschen“ | mnd. ü, Umlaut von /ʊ/ |
/ə/ | e | berüen „bereuen“ | Kurzvokal in unbetonten Vorsilben |
/ ɘ/?, /ɐ/? | er | verdorben „verdorben“, Kälwer „Kälber“, Lämmer „Lämmer“ (Mackel 1905 schreibt „aͤ“ (a^e)) | für -er, -en |
ä | Kälwer „Kälber“, Lämmer „Lämmer“ (Mackel 1905 schreibt „aͤ“ (a^e)) | aus e+Labial? | |
Diphthonge | |||
/aɪ̯/ | ei (ai) | Weiten „Weizen“, Heid „Heide“, Speik, pl. Speiken „Speiche“, rein „rein“, klein „klein“, spreiden „spreiten“, lei(d)en „leiten“, feihlen „fehlen“ (frz. faillir); Eik „Eiche“; jeist „gehst“, jeiht „geht“, steihst „stehst“, schleit „schlägt“, deist „tust“, deit „tut“; Seiß „Sense“; teigen „10“; Meier „Maier“ | mnd. ê² + Umlaut |
Ei, pl. Eier „Eier“, Mai m. „Mai“, f. „Birkenzweig“ | mnd. ei | ||
/aʊ̯/ | au | rauhen „ruhen“, Aust „Ernte“, glau „schmuck, sauber“ | mnd. ou |
/ɔʏ̯/ | eu (äu) | Heu „Heu“, Fläuh „Floh“, pl. Fläuhen; fläuhen „Flöhe suchen“, Schleuer „Schleier“, streuen „streuen“, Streusel „Streu“, freuen „freuen“, Käuh „Kühe“ (< mnd. köge) | mnd. oi (eu) |
Nach Mackel (1905, §22-181) gelten für die Prignitz folgende Konsonanten:[20]
Phonem | Schreibung | Beispiel | Kommentar |
---|---|---|---|
/ŋ/ | n(k), ng | junk „jung“, lank „lang“, singen „singen“, Engel „Engel“, Pennink „Pfennig“, ungewiss /-ŋg-/ „ungewiss“, unklook /-ŋk-/ „unklug“, spinkuleern „spekulieren“; vgl. rungneern „ruinieren“, Potämank „Abtritt“ (< frz. appartement), Finger „Finger“, jünger „jünger“, sing „singe“, lang „lange“, lank „lang“, Rink „Ring“, junk „jung“, breng’ „bringen“, fang’ „fangen“, Rong’ (neben Roch) „Roggen“, Brüng’ pl. „Brücken“, Rüng’ „Rücken“, seng’ „sagen“, leng’ „legen“, ling’ „liegen“ | Allophon von /n/ vor g,k bzw. von /ņ/ (en) nach g,k |
/n/ | n | Napp „Napf“, Nääs „Nase“, Knast „Knorren (an Bäumen)“, Snuut „Schnauze“, stööten „stoßen“, Katten „Katzen“, swatten „schwarzen“; Sunn „Sonne“ | as. n |
/m/ | m | mähen „mähen“, måken „machen“, Mess „Mist“, Håmmer „Hammer“, Wörmer „Würmer“, Damp „Dampf“, tamm „zahm“, Worm „Wurm“; swemm’ „schwimmen“, Lamm „Lamm“, Lämmer „Lämmer“ | as. m |
m | umbekannt „unbekannt“ | as. n+b,p | |
/k/ | k (qu) | kann „kann“, Kråwt „Krebs“, klööker „klüger“, Kooken „Kuchen“, Book „Buch“, Volk „Volk“, ik „ich“, sick „sich“; Kwääk „Unkraut“; licken „lecken“, Acker „Acker“ | as. k |
/g/ | g | gistern „gestern“, geern „gern“, gån „gehen“, Glass „Glas“, groot „groß“, Krööger „Gastwirt“, Vågel „Vogel“ | mnd. g |
/t/ | t | Tiet „Zeit“, twee „zwei“, trecken „ziehen“, feertich „vierzig“, låten „lassen“, ut „aus“, Holt „Holz“; Katt „Katze“, sitten „sitzen“ | as. t |
/d/ | d | Deel „Teil“, drinken „trinken“, dwing’ „zwingen“, dweer „quer“, verdwas „verdreht“, Dweel „Tischtuch“, dwatsch „verdreht“
vgl. auch Nådel „Nadel“, Rådel „Kornrade“, Kådel „Kotstück“; Eddelmann „Edelmann“, bruddeln „unordentlich machen“, tuddeln „zerstreut sein“, tudlich „zerstreut“ |
mnd. d- < as d,þ,ð; v.a. im Anlaut |
/p/ | p | Pott „Topf“, Piep „Pfeife“, Scheeper „Schäfer“, helpen „helfen“, grippt „greift“, slöppt „schläft“, up „auf“; Napp „Napf“, Appel „Apfel“, kloppen „klopfen“ | as. p |
/b/ | b | bieten „beißen“, Buuk „Bauch“, blåch „blau“ | mnd. b, nur im Anlaut |
/x/ (/ç/, /χ/) | ch | Dach „Tag“, Wech „Weg“, Deech „Teig“, Troch „Trog“, Talch „Talg“, Bärch „Berg“, Honich „Honig“, lärrich „leer“; Roch (neben Rong’) „Roggen“, Brüch „Brücke“ (Ostprignitz Brück), Müch „Mücke“ (Ostprignitz Mück), Poch „Frosch“, flüch „flügge“, Ech „Egge“, trüch „zurück“, ik sech, lech, lich „sage, lege, liege“ | as. g, im Auslaut auch Allophon von /ɣ/ |
ch | doch „doch“, noch „noch“, hooch „hoch“, dörch „durch“; Dochder „Tochter“, Licht „Licht“, recht „recht“, dacht „dachte“ | as. h, Auslaut und Inlaut | |
/ɣ/ | g (gh) | Oog’ „Auge“, Dåg’ „Tage“, Wääg’ „Wege“, suug’ „sauge“, dröögst „trocknest“, dröögt „trocknet“ (zu drööng „trocknen“) | as. g, postvokalisches Allophon von /g/ nach dunklen Vokalen |
/j/ | j | jå „ja“, Johr „Jahr“, jensiet „jenseits“ | as. j- |
j | Nordprignitz: jääng „gegen“, Jäängt „Gegend“, bejääng „begegnen“, Jürn „Jürgen“; Brüüjäm „Bräutigam“; hoojåpen „gähnen“; Jurk „Gurke“; ji „ihr“ | as.mnd. g | |
/s/ | s (ß) | Seis „Sense“, Noors „anus“, Boors „Barsch“, verdwas „verrückt“, Huus „Haus“, Metz „Messer“; Küssen „Kissen; Sitzkissen“, Lichtmiss „Mariä Lichtmess“, Swester „Schwester“, Wost „Wurst“, Diesel „Diestel“ | as. s |
/z/ | s | Seis „Sense“, singen „singen“, sääm’ „sieben“, Sunn „Sonne“, Hüüser „Häuser“, Wääselk „Wiesel“, lääsen „lesen“, wamsen „prügeln“
stimmhafte Aussprache auch möglich für Bussen „Busen“, Bessen „Bessen“, Hassel „Hasel“, Dussel „Dummkopf“; scheinbar obligatorisch für pusseln „herumhantieren“, nusseln „hintendran“ vgl. Hås’ „Hase“, Glääs’ „Gläser“, Häls’ „Hälse“, uns’ „unser“ |
Allophon von /s/ |
/ʃ/ | sch | Schåp „Schaf“, döschen „dreschen“, Fleesch „Fleisch“, Minsch „Mensch“, schriem’ „schreiben“; Maschåtennätt „Muskatnuss“; Wääschen „Tante“ (< weseke) | aus sk |
sch (s) | Laut Mahler (1905, §168) im Vordringen, aber „auf dem Lande“ noch als /s/: Steen „Stein“, Språk „Sprache“, slåpen „schlafen“, Smet „Schmied“, sniern „schneiden“, Swien „Schwein“ | s vor Konsonant im Anlaut | |
sch | Äksch „Axt“, Göpsch „innere Höhlung der beiden zusammengefügten Hände“, Häditsch „Eidechse“, flitschen neben flitzen „sich schnell bewegen“, Körbsch „Kürbis“, forsch „Kraft, kräftig“ (< frz. force) | sporadisch aus s | |
sch | Kommischoon „Kommission“, Profeschoon „Beruf“; Schandarm, Schandarf „Gendarm“, schaneern „genieren“, Schüü „Sauße“ (frz. jus); kuschen „sich niederlegen, ruhig sein“ (frz. coucher) | in Fremdwörtern | |
/ʒ/ | meist sch (besser ž, zh) | Pagåsch „Bagage“, Råsch „Rage“, Kråsch „Kraft“ (frz. courage) | nur in Fremdworten |
/f/ | f (v) | fief „fünf“, Flass „Flachs“, Frünt „Freund“, stief „steif“, Hoff „Hof“, Wulf „Wolf“; Twiefel „Zweifel“, Twiefeln „zweifeln“ | as. f |
f | Krief (Kriew’) „Krippe“, Riff (Riww’) „Rippe“, heff „habe“ | Allophon zu w im Auslaut | |
f | Fant „Pfand“, Flicht „Pflicht“, Fifferlink „Pfifferling“, Trumf „Trumpf“, kämfen „kämpfen“ | hochdeutsch pf- | |
/v/ (/w/) | w | Wisch „Wiese“, weeten „wissen“, Wåter „Wasser“, Weiten „Weizen“; wring’ „wringen“, sik wrang’ „miteinander ringen, sich balgen“, ümwricken, wrack „untauglich“, wraklich „wackelig“, wrackeln „wackeln“, Wråden „dichter Wasserdampf“, wriwweln „hin- und herdrehen“, wrooschen „schwer arbeiten“, Wriet m. „Baumstubben“, wrœgeln, wrœglich zu mnd. wrögen „rügen, schelten“, kweesch „Druckschwiele“, twee „zwei“, dwing „zwingen“, swat „schwarz“ | as. w |
Wiel „Weile“, wat „was“, wo „wie“ | as. hw | ||
/v/ | w | lääwich „lebendig“, Kiewitt „Kiebitz“, bäävern „beben“, Håwer „Hafer“, äwer „über“, Wiewer „Weiber“, Äwel „Übel“, Sülwer „Silber“, Kälwer „Kälber“ | as. -b- |
w | Kriew’ (Krief) „Krippe“, Riww’ (Riff) „Rippe“, duwwelt „doppelt“, Schruwwer „Handscheuerbesen“, grawweln „mit den Fingern hin- und hergreifen“, sawweln „geifern“, kawweln „sich zanken“, wriwweln „einen Faden aufdrehen“, driwweln „in einem Fort zum Aufbruch treiben“ | mnd. -bb- < as. -bj- | |
/l/ | l | loopm’ „laufen“, Solt „Salz“, Balken „Balken“, sall „soll“, Åål „Aal“, fallen „fallen“, Will „Wille“, Stall „Stall“ | as. l |
/r/ | r | recht „recht“, Rink „Ring“, root „rot“, breng’ „bringen“, trecken „ziehen“, Marie „Marie“, Sirup „Sirup“, kooreern „kurieren“, Leerer „Lehrer“, Heerink „Häring“; wirrich „verworren“, purren „stochern“, gnurren „knurren“, slurren „schlurfen“, snurren „schnurren, betteln“, Schnurrer „Bettler“ | Zungenspitzen-r, unter hochdeutschem Einfluss auch uvular |
r | Bärk „Birke“, gnaarn’ „knarren“, quaarn’/quarich „quarren, quengeln (von Kindern)“, Bork „Rinde“, Borch „kastrierter Eber“, Storm „Sturm“, Dörp „Dorf“; arm „arm“; scharp „scharf“, Farw’ „Farbe“, Arwt „Erbse“, Wark „Werk“, Bark „Birke“, Hark „Harke“ | postvokalisches Allophon von /r/ vor Lippen- und Gaumenlauten | |
/ɐ/? (Mackel: a^e) | r (ä) | Buur „Bauer“, Buurn „Bauern“, ståmmern „stammeln“, Koorn „Korn“, Poort „Pforte“; Foort „Fahrt“, Boors „Barsch“, Peert „Pferd“, Eer „Erde“, Tweern „Zwirn“, Woort „Wort“, Keerl/Keerdl „Kerl“; goor „gar“, Beer „Beere“, ehr „ihr“, Door „Tor“, Fohr „Furche“, vör (vöör) „vor“, Hoor „Haar“, Ehr „Ehre“, schier „schier“, Schnoor „Schnur“, Ohr „Ohr“; Dochder „Tochter“, Kälwer „Kälber“, grötter „größer“ | postvokalische Allophon(e) von /r/ |
/r/ ~ /d/ ~ /j/ | r | lüür „Leute“, lüürn’ „läuten“, Schnierer „Schneider“, Bläärer „Blätter“, doorich „tod“, Fräär „Friede“, Wier „Weide“, Bröör „Broote“, roor „rote“, schnieren „schneiden“, Fårn’ „Faden“, Brårn’ „Braten“ | intervokalisches mnd. d (Westprignitz) |
d | intervokalisches mnd. d (Ostprignitz) | ||
j | intervokalisches mnd. d (Südprignitz) | ||
r | Werr „Wette“, Berr „Bett“, Mirr „Mitte“, birren „bitten“, rerren „retten“, perren „treten“, torren „streuen von Körnern und Nadeln“, schürren „schütten, schütteln“, Schürrkoppen „mit dem Kopf schütteln“, har „hatte“, klarren „schlecht schreiben“ (vgl. Kladde)
Born „Boden“, Lärrer „Leder“, lärrich „leer“ |
mnd. -dd- | |
/ts/ | z, tz (ts) | Tsü „Sieh!“ (als interjektion, neben regulärem sei), tsufdrütt „selbdritt“, Tzafi „Sophie“ | verschärfend aus s |
/tʃ/ | tsch | Patschoon „Portion“, Natschoon „Nation“; Krischan „Christian“, Akschoon „Auktion“, Kommischoon „Kommission“, Proffeschoon „Profession“, | aus -tio-, -sio- in Fremdwörtern |
/h/ | h | Huus „Haus“, Hunt „Hund“; hier „hier“, heer „her“ | as. h im Anlaut vor Vokal |
Mackel (1905, §183-304) beschreibt die Hauptgesetze für die Geschichte der Prignitzer Mundart detailliert, in §305-310 ihre relative Chronologie.[20]
Die nordmärkische Morphologie ist in größerem Umfang nur bei Mackel (1905) dokumentiert, dort allerdings für die Prignitz insgesamt, nicht für das Prignitzer Nordmärkische im Besonderen, weshalb die Zuordnung seiner Aussagen zum Nordmärkischen oder anderen Dialekten nicht immer gesichert ist. Sein Referenzdialekt scheint tatsächlich ein diphthongierender Dialekt innerhalb der Prignitz zu sein, aus dem die Masse seiner Belege stammen, wenngleich er (entgegen dem Mecklenburgischen) märkisches dät „das“ und Ohr „Ohr“ verwendet, nordmärkische Apokopie (entgegen dem Mittelmärkischen) und nordmärkischen Verlust von ge- (entgegen dem Elbostfälischen). Abgesehen von der Diphthongierung von ê und ô ist jedoch in jedem Fall, sofern er nichts anderes schreibt, davon auszugehen, dass die nordmärkischen (monophthongischen) Formen analog sind. Im Folgenden sind sie in der von ihm ursprünglichen Form, d. h. diphthongierten Form, gegeben.
In der Prignitz werden nur zwei Kasus unterschieden, Nominativ und Akkusativ, die für Nomina allerdings oft gleich lauten, aber sich wie folgt unterscheiden:
Durch Abfall auf auslautendem -e sind Dativ und Akkusativ formal zusammengefallen, wodurch ein einziger Objektfall entstanden ist. Die maßgeblichen Formen entsprechen meist dem mnd. Akkusativ, allerdings bei den Personalpronomen hat meist der Dativ den Akkusativ verdrängt (Mackel 1905, §317, 347). Lediglich beim femininen Personalpronomen sind sowohl die Dativform ehr und die Akkusativform sei bewahrt (Mackel 1905, §347).
Alle Präpositionen regieren demnach den Akkusativ.
Erstarrte Reste von Genitiv und Dativ liegen nur in formelhaften Wendungen vor (Mackel 1905, §318, 338, für die Prignitz):
Hinsichtlich der Endungen gilt für die Prignitz (Mackel 1905, §316-318):
m.sg. | n.sg. | f.sg | pl. | |
---|---|---|---|---|
nom. | -Ø | -Ø | -Ø | -Ø |
gen. | (-s) | (-s) | ||
dat. | -Ø mit Überlänge | -Ø mit Überlänge | -Ø | -en |
akk. | -en | -Ø | -Ø | -Ø |
Pluralbildung (Prignitz; Mackel 1905, §319):
Nach bestimmtem Artikel steht die bestimmte (starke) Flexion, nach unbestimmtem oder ohne Artikel die unbestimmte (schwache).
Nach Mackel (1905, §340f.) gilt für die Prignitz:
m.sg. | n.sg. | f.sg. | pl. | |
---|---|---|---|---|
bestimmte Flexion, oll „alt“ | ||||
nom. | oll | oll (olt) | oll | oll |
akk. | ollen | oll (olt) | oll | oll |
unbestimmte Flexion | ||||
nom. | oll | oll | oll (olle) | ollen |
akk. | ollen | oll | oll | ollen |
Anm:
Für die Prignitz gilt nach Mackel (1905, §348, 349). Originale Lautschrift in […].
1 | 2 | 3.m | 3.n | 3.f | refl | |
---|---|---|---|---|---|---|
nom.sg. | ik | du [dū] | hei | dät ('t [t]) | sei [zei], 's | |
dat.sg. | mi [mī] | di [dī] | äm | dät ('t [t]) | ehr [ēä] | sik [zik] |
akk.sg. | mi [mī] | di [dī] | äm | dät ('t [t]) | sei [zei] ('s [ṣ]; betont auch ehr [ēä]) | sik [zik] |
poss.sg. | mien [mīn] | dien [dīn] | sien [zīn] | sien [zīn] | ehr [ēä] | |
nom.pl. | wi [wī] | ji [jī] | sei [zei], 's | |||
dat.pl. | uns | jou | sei [zei], 's | sik [zik] | ||
akk.pl. | uns | jou | sei [zei] (dat. auch ehr [ēä]) | sik [zik] | ||
poss.pl. | uns' [un̄ṣ] | jou | ehr [ēä] |
Anm.:
Für die Prignitz gilt nach Mackel (1905, §350, 351, 354). Originale Lautschrift in [...].
m.sg. | n.sg. | f.sg. | pl. | |
---|---|---|---|---|
unbestimmter Artikel | ||||
nom | 'n [n] | 'n [n] | 'n [n] | |
dat | 'n [n] | 'n [n] | 'n [n] | |
akk | 'n [n] | 'n [n] | 'n [n] | |
bestimmter Artikel | ||||
nom | dei | dät | dei | dei |
dat | dänn' [dän̥] | dät | dei | dei |
akk | dänn' [dän̥] | dät | dei | dei |
düss „dieser“ | ||||
nom | düss [düs] | düt | düss(e) [düs(ə)] | düss [düs] |
dat | düssen [düṣn̥] | düt | düss(e) [düs(ə)] | düss [düs] |
akk | düssen [düṣn̥] | düt | düss(e) [düs(ə)] | düss [düs] |
sönn’ „solch“ (< so eenen akk.) | ||||
nom | sönn’ | sönn’ | sönn’ | sönn’ |
dat | sönn’ | sönn’ | sönn’ | sönn’ |
akk | sönn’ | sönn’ | sönn’ | sönn’ |
Anm.:
Für die Prignitz gilt nach Mackel (1905, §352):
m.sg. | n.sg. | f.sg. | pl. | |
---|---|---|---|---|
nom | wecker | wecker (adjektivisch), wat (substantivisch) | wecker | wecker |
dat | weckern | wecker | wecker | wecker |
akk | weckern | wecker | wecker | wecker |
Anm.:
Die folgende Darstellung gilt nach Mackel (1905, §356-405) für die Prignitz.
starke
Flexion |
bieten | geiten | drinken | helpen | sterm’ | nääm’ | ääten | fang’ | schwache
Flexion |
kåken | gråm’ | |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
„beißen“ | „gießen“ | „trinken“ | „helfen“ | „sterben“ | „nehmen“ | „essen“ | „fangen“ | „kochen“ | „graben“ | |||
Indikativ Präsens | ||||||||||||
1.sg | -Ø | biet | geit | drink | help | sterw’ | nääm | äät | fang | -Ø | kåk | gråw’ |
2.sg | -st | bittst | güttst | drinkst | helpst | sterwst | nimmst | ittst | fangst | -st | kåkst | gröfst |
3.sg | -t | bitt | gütt | drinkt | helpt | sterwt | nimmt | itt | fangt | -t | kåkt | gröft |
pl | -en | bieten | geiten | drinken | helpen | sterm’ | nääm’ | ääten | fang’ | -en | kåken | gråm’ |
Indikativ Präteritum | ||||||||||||
1.sg | -Ø | beit | gäut | drünk | hülp | stürw’ | neim
(namm) |
eit
(att) |
füng | -D | kåkt | gräuw’ |
2.sg | -st | beitst | gäutst | drünkst | hülpst | stürwst | neimst
(nammst) |
eitst
(attst) |
füngst | -Dst | kåkst | gräuwst |
3.sg | -Ø | beit | gäut | drünk | hülp | stürw’ | neim
(namm) |
eit
(att) |
füng | -D | kåkt | gräuw’ |
pl | -en | beiten | gäuten | drünken | hülpen | stürm’ | neim’ | eiten | füng’ | -Den | kåkten | gräum’ |
Imperativ | ||||||||||||
2.sg | -Ø | biet | geit | drink | help | sterw’ | nimm | itt | fang | -Ø | kåk | gråf
(gråw’) |
2.pl | -t | biet’t | geit’t | drinkt | helpt | sterwt | nimmt | itt’t | fangt | -t | kåkt | gråft
(gråwt) |
Infinitiv | ||||||||||||
verbal | -en | bieten | geiten | drinken | helpen | sterm’ | nääm’ | ääten | fang’ | -en | kåken | gråm’ |
nominale Nebenform | -ent | Äätent | (-ent) | |||||||||
Partizip Präteritum | ||||||||||||
-en | bääten | gåten | drunken | hulpen | storm’ | nåm’ | ääten | fung’ | -t | kåkt | gråwt (gråm’) |
Anm:
Modalverben | mütten | könn’ | willen | Hilfsverben
(irreg.) |
sin(t) | hemm’ | |
---|---|---|---|---|---|---|---|
„müssen“ | „können“ | „wollen“ | “sein” | “haben” | |||
Indikativ Präsens | |||||||
1.sg | -Ø | mütt | kann | will | (-Ø) | bün | heff |
2.sg | -st | müttst | kannst | wist | (-t) | büst | hest |
3.sg | -Ø | mütt | kann | will | (-Ø / -t) | is | hett |
pl | -en | mütten | könn’ | willen | (-nt / -en) | sünt | hemm’ |
Indikativ Präteritum | |||||||
1.sg | -D | müßt | künn | woll | (-Ø / -D) | weer | haar |
2.sg | -Dst | müßt | künnst | wost | (-st / -Dst) | weerst | haarst |
3.sg | -D | müßt | künn | woll | (-Ø / -D) | weer | haart |
pl | -Den | müßten | künn’ | wollen | (-en / -Den) | weern | haren |
Imperativ | |||||||
2.sg | (-Ø) | (-Ø) | wääs | ||||
2.pl | (-t) | (-t) | wääst | ||||
Infinitiv | |||||||
-en (-ent) | mütten | könn’ | willen | (-en) | sin | hemm’ | |
Partizip Präteritum | |||||||
-t | müßt | künnt | wollt | (-t) | west | hatt |
Mit dem IDS-Korpus Deutsche Mundarten: DDR[24] existiert ein teilweise transkribiertes Audiokorpus, das auch die märkischen Dialekte beinhaltet.
Der Genitiv ist bis auf Reste in formelhaften Wendungen verloren gegangen und wird durch den Akkusativ umschrieben (der hier einen älteren Dativ vertritt). Für die Prignitz gibt Mackel (1905, §317) folgende Beispiele:
Nach Mackel (1905, §316) trägt das Prädikatsnomen von Kopulasätzen stets den Akkusativ (Objektfall):
Dies gilt für Sätze mit „sein“, aber auch für „bleiben“, „werden“, „scheinen“ usw.
Auf Grundlage des IDS-Korpus Deutsche Mundarten: DDR beobachtete Weber (2014)[25] Besonderheiten in der Bildung des Verbalkomplexes, wobei neben der Standardvariante auch Umstellungen zulässig sind:
Bedauerlicherweise trennt die Studie (und das Korpus) nicht zwischen Mittelmärkisch, Nordmärkisch und modernen Regiolekten, die Masse von Weber (2014) zitierten Belege sind aber, sofern sie überhaupt niederdeutsch sind und ihre sprachlichen Merkmale eine Zuordnung gestatten, nordmärkisch oder mittelpommersch.
Schmidt (1909) gibt einen eindeutig nordmärkischen Beleg aus Blankenburg, Uckermark:
Das Nordmärkische besitzt eine eigene Dialektliteratur. Beispielhafte Autoren sind:
Mit Mackel (1905)[20] liegt eine Grammatik für die Prignitz vor, die auch das dortige Nordmärkische abdeckt (allerdings nicht ausschließlich dieses, nmk. ist genau sein „monophthongisches Gebiet“). Beschreibungen des nmk. Vokalismus sind Teuchert (1907) für die Uckermark[19] und Pfaff (1898) für das Mittelpommersche.[21] Weitere nmk. Ortsgrammatiken nennt die Auswahlbibliographie von Teepe et al. (1983, S. 130–134) nicht.[29] Im Vergleich zum Mittelmärkischen ist das Nordmärkische damit weitgehend undokumentiert.
In der Uckermark und in der Prignitz galt der Dialekt gegen Ende der DDR-Zeit als relativ gut bewahrt (Bock & Langner 1989, S. 238),[1] und wird auch heute noch gesprochen, jedoch fast ausschließlich von Personen, die vor 1975 geboren wurden.[30] In der Uckermark wurde gemäß einer Erhebung Mitte der 1990er Jahre „von 5–15 % der Bevölkerung regelmäßig oder gelegentlich platt gesprochen ... [, jedoch u]nter Jugendlichen ist die Beherrschung des Plattdeutschen eine seltene, kaum auffindbare Ausnahme.“[30]
Der Wortschatz des Nordmärkischen ist beschrieben im Brandenburg-Berlinischen Wörterbuch, teilweise auch im Mittelelbischen Wörterbuch. Ein regionales Wörterbuch, das das Nordmärkische betrifft ist Danneil (1859) für die Altmark, insbes. Salzwedel.[31] Das Nordmärkische wird u. a. durch verschiedene Vereine gepflegt,[32] die teilweise auch aktiv Dialektliteratur publizieren. Unter anderem wurde 2019 eine Plattfibel für Drittklässler auf Basis des uckermärkischen und Prignitzer Platt erarbeitet,[33] die 2020 veröffentlicht wurde.[34]
Wat is’t för’n Land! / Böm an de Kant,
Eeken in d’Heid, / Veh up de Weid.
Schön is un stolt un stark / Uns’ leew oll Uckermark. (...)
Grön steiht de Soot! / ’t giff wedder Brot!
Hinner den Gor’n / Ruscht ball dat Korn.
Nehmt Plog un Seiß un Hark, / Arbeit’t in d’Uckermark. (...)
Max Lindow, Uckermarkerlied.[35]
As du hest weg müßt, / dät letzte Mol dunn / noh de Frunt,
ich hebb dacht, dät ritt mi / midden verneen.
Wi hebben uns noch met de Ogen hollen, / un dänn
stünn ick dor up dän Bahnhoff / alleen.
Dät schwatte Schwerk hett sich / öwer de Menschheit schmäten
as en will Diert, / schlöög allens to Moos un Jruus,
hett dän Bahnhoff in Klump schlohn, / de Schienen upräten,
dor keem kene Bahn miehr / noh Huus.
Ick hebb luert und luert, / miene Hoor sind verjriest, / dor is nüscht mierh koom.
Äwer öfter nachtens unwohrens / steihst du un kickst mi an / as dunn up dän Bahnhoff.
Dänn fohr ick up ut’n Schloop / un flister in’n Dustern / dien’n Noom.
Erna Taege-Röhnisch, Kriegswitfru[36] (Formatierung aus Platzgründen leicht verändert. Anm.: Erna Taege-Röhnisch war eine prominente Autorin der Region. Im Gegensatz zu anderen Varietäten des Nordmärkischen war ihr Regiolekt stärker Hochdeutsch geprägt, was auf den Einfluss einer Enklave von Hessen und Pfälzern zurückgeht, die im 18. Jh. in ihr Heimatdorf eingewandert waren.[37])
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