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organische Verbindung, Naturstoff, essentielle proteinogene Aminosäure Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Methionin (abgekürzt M oder Met) ist eine schwefelhaltige α-Aminosäure und in der natürlich vorkommenden L-Form eine essentielle proteinogene Aminosäure.
Strukturformel | ||||||||||||||||||||||
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Strukturformel ohne Angaben zur Stereoisomerie | ||||||||||||||||||||||
Allgemeines | ||||||||||||||||||||||
Name | Methionin | |||||||||||||||||||||
Andere Namen |
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Summenformel | C5H11NO2S | |||||||||||||||||||||
Kurzbeschreibung |
farblose Kristalle[3] | |||||||||||||||||||||
Externe Identifikatoren/Datenbanken | ||||||||||||||||||||||
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Arzneistoffangaben | ||||||||||||||||||||||
ATC-Code | ||||||||||||||||||||||
Eigenschaften | ||||||||||||||||||||||
Molare Masse | 149,21 g·mol−1 | |||||||||||||||||||||
Aggregatzustand |
fest | |||||||||||||||||||||
Dichte |
1,34 g·cm−3[3] | |||||||||||||||||||||
Schmelzpunkt | ||||||||||||||||||||||
pKS-Wert | ||||||||||||||||||||||
Löslichkeit |
mäßig in Wasser: 48 g·l−1 (20 °C)[6] | |||||||||||||||||||||
Sicherheitshinweise | ||||||||||||||||||||||
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Toxikologische Daten | ||||||||||||||||||||||
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa). |
Methionin ist chiral, da es ein Stereozentrum enthält. Es gibt somit zwei Enantiomere, die (S)-Form [(−)-L-Methionin] und die (R)-Form [(+)-D-Methionin]. Wenn Methionin ohne Deskriptor erwähnt wird, ist immer L-Methionin gemeint. Dem D-Methionin kommt momentan (Stand: 2022) praktisch keinerlei Bedeutung zu. Allerdings gibt es Hinweise, dass D-Methionin Gehörschäden infolge Lärmeinwirkung verhindern kann.[8]
Isomere von Methionin | ||
Name | L-Methionin | D-Methionin |
Andere Namen | (S)-Methionin (−)-Methionin |
(R)-Methionin (+)-Methionin |
Strukturformel | ||
CAS-Nummer | 63-68-3 | 348-67-4 |
59-51-8 (DL) | ||
EG-Nummer | 200-562-9 | 206-483-6 |
200-432-1 (DL) | ||
ECHA-Infocard | 100.000.512 | 100.005.894 |
100.000.393 (DL) | ||
PubChem | 6137 | 84815 |
876 (DL) | ||
FL-Nummer | 17.027 | - |
17.014 (DL) | ||
Wikidata | Q22124685 | Q27093862 |
Q180341 (DL) | ||
Der amerikanische Bakteriologe und Immunologe John Howard Mueller stellte 1922 fest, dass der Zusatz einer Mischung der bis dahin bekannten Aminosäuren zu Kolonien von Streptokokken (Streptococcus hemolyticus) nicht für deren Wachstum ausreichte.[9] Dies gelang hingegen unter Zusatz von Casein. Daher nahm Mueller an, dass Casein noch mindestens eine weitere Aminosäure enthalten müsse. Bei der sich anschließenden Untersuchung von Casein konnte Mueller dann erstmals Methionin isolieren.[10] Mueller gab auch die korrekte Summenformel an.[11] Die Aufklärung der Strukturformel und die Synthese gelangen 1926 George Barger und seinem Assistenten Frederick Philip Coine,[12] 1931 veröffentlichte Barger in Zusammenarbeit mit Weichselbaum eine verbesserte Synthese.[13] Der Name Methionin, als Abkürzung für „γ-Methylthiol-α-amino-butyric acid“, stammt von Satoru Odake (1925).[14]
Ein Syntheseverfahren im industriellen Maßstab für racemisches Methionin aus Acrolein, Methylmercaptan und Blausäure wurde ab 1946 von Werner Schwarze, Hans Wagner und Hermann Schulz bei der Degussa AG in den nach Konstanz ausgelagerten Forschungslaboratorien entwickelt. Mit der Synthese der Aminosäure wollte man einen Beitrag zum nach dem Zweiten Weltkrieg besonders bei Kriegsheimkehrern vorhandenen Eiweißmangel leisten (Hungerödeme). Die Ausgangsstoffe Blausäure und Acrolein wurden bei der Degussa produziert, und der Aufbau einer Versuchsanlage mit einer Produktion von 30 Tonnen pro Jahr dauerte nur ein Jahr. Das zur Degussa gehörige Chemiewerk Homburg brachte bald darauf das Methionin-haltige Medikament Thiomedon auf den Markt,[15] und ab 1953 folgte die Anwendung als Futterzusatzmittel in der Landwirtschaft (Legehennen).
Methionin kommt in den Proteinen aller Lebewesen vor. Da der menschliche Organismus diese Aminosäure nicht selbst herstellen kann, ist er auf die Zufuhr mit der Nahrung angewiesen. Die folgenden Beispiele für den Gehalt an Methionin beziehen sich jeweils auf 100 g des Lebensmittels, zusätzlich ist der prozentuale Anteil am Gesamtprotein angegeben:[16]
Lebensmittel | Protein | Methionin | Anteil |
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Rindfleisch, roh | 21,26 g | 554 mg | 2,6 % |
Hähnchenbrustfilet, roh | 21,23 g | 552 mg | 2,6 % |
Lachs, roh | 20,42 g | 626 mg | 3,1 % |
Hühnerei | 12,57 g | 380 mg | 3,0 % |
Kuhmilch, 3,7 % Fett | 3,28 g | 82 mg | 2,5 % |
Sesamkörner | 17,73 g | 586 mg | 3,3 % |
Paranüsse | 14,32 g | 1008 mg | 7,0 % |
Walnüsse | 15,23 g | 236 mg | 1,5 % |
Weizen-Vollkornmehl | 13,70 g | 212 mg | 1,5 % |
Mais-Vollkornmehl | 6,93 g | 145 mg | 2,1 % |
Gerste | 8–12 g | 180 mg | 3–4 % |
Reis, ungeschält | 7,94 g | 179 mg | 2,3 % |
Buchweizen-Mehl | 12,62 g | 164 mg | 1,3 % |
Sojabohnen, getrocknet | 36,49 g | 547 mg | 1,5 % |
Erbsen, getrocknet | 24,55 g | 251 mg | 1,0 % |
Alle diese Nahrungsmittel enthalten praktisch ausschließlich chemisch gebundenes L-Methionin als Proteinbestandteil, jedoch kein freies L-Methionin. Im Zuge der Verdauung wird es durch Verdauungsenzyme freigesetzt.
Neben Cystein ist Methionin die einzige schwefelhaltige proteinogene Aminosäure. Durch die Thioethergruppe ist es weniger reaktiv als Cystein, dessen Schwefelatom Teil einer Thiolgruppe (Mercaptogruppe) ist. Methionin liegt überwiegend als inneres Salz bzw. Zwitterion vor, dessen Bildung dadurch zu erklären ist, dass das Proton der Carboxygruppe an das freie Elektronenpaar des Stickstoffatoms der Aminogruppe wandert:
Im elektrischen Feld wandert Methionin am isoelektrischen Punkt, der bei pH 5,74 liegt, nicht, da es dann als Ganzes ungeladen ist. Bei diesem pH-Wert hat Methionin auch seine geringste Löslichkeit in Wasser.
Methionin ist im Stoffwechsel ein Lieferant von Methylgruppen (–CH3) z. B. für die Biosynthese von Cholin, Kreatin, Adrenalin, Carnitin, Nukleinsäuren, Histidin, Taurin und Glutathion (Transmethylierung). Die stoffwechselaktive Form von Methionin ist S-Adenosylmethionin.
Im Organismus dient Methionin unter anderem zur Herstellung der nichtessentiellen, ebenfalls schwefelhaltigen proteinogenen Aminosäure Cystein. Bei Abwesenheit von Cystein in der Nahrung liegt der mittlere Methionin-Bedarf von gesunden Erwachsenen bei täglich ungefähr 13 bis 16 mg pro Kilogramm Körpermasse. Die Tagesmenge, die für nahezu jeden gesunden Erwachsenen ausreicht (RDA), wird mit 21 mg pro Kilogramm Körpermasse abgeschätzt. Manchmal wird dieser Betrag auch als der Gesamtbedarf an schwefelhaltigen Aminosäuren bezeichnet. (Korrekterweise muss dann aber als Maßeinheit nicht Gramm, sondern Mol gewählt werden, da sich die Molare Masse von Methionin und Cystein merklich unterscheiden.) In welchem Umfang Cystein Methionin ersetzen kann, ist beim Menschen noch nicht ausreichend geklärt und scheint versuchsabhängig zu sein. Die Angaben für den mittleren Bedarf an Methionin, wenn die Nahrung einen Überschuss an Cystein enthält, schwanken für gesunde Erwachsene zwischen 5 und 13 mg pro Kilogramm Körpermasse.[17][18]
In Bakterien, Pflanzen und Hefen entsteht aus Cystein über Cystathionin (via Cystathionin-β-Lyase) das Homocystein, aus dem Methionin erzeugt wird. Methionin kann vom Menschen und vielen Tieren nicht synthetisiert werden, sondern muss mit der Nahrung aufgenommen werden.
Im Rahmen der Translation wird die Proteinbiosynthese mit Methionin gestartet. Die Initiator-tRNA ist bei Archaeen und Eukaryoten eine mit Methionin beladene tRNAiMet, bei Bakterien eine tRNAifMet, die N-Formylmethionin (fMet) überträgt. Gewöhnlich binden diese tRNAs über ihr Anticodon an das Startcodon AUG
. Die erste Aminosäure am N-Terminus der entstehenden Polypeptidkette ist in allen lebenden Zellen damit das (formylierte) Methionin. Doch wird bei dem entstandenen Protein später das erste Methionin häufig abgetrennt oder modifiziert, z. B. durch Acetylierung der Aminogruppe.
Nicht für die Proteinbiosynthese benötigtes Methionin kann durch Verknüpfung mit ATP zu S-Adenosylmethionin (SAM) umgesetzt werden, einem wichtigen Methylgruppen-Donor in den meisten Organismen. Nach Abgabe der Methylgruppe entsteht S-Adenosylhomocystein (SAH), das zu Homocystein umgewandelt wird. Hieraus kann Methionin wieder zurückgewonnen werden.
SAM und damit auch Methionin ist weiterhin Ausgangsmaterial für die Synthese der Polyamine, aus dem dabei entstehenden Nebenprodukt Methylthioadenosin kann Methionin zurückgewonnen werden – der sogenannte Methionin-Salvage-Stoffwechselweg.[19]
Methionin wird nur dann unwiderruflich abgebaut, wenn ein Überschuss besteht. In diesem Fall können zwei mögliche Stoffwechselwege aktiviert werden:
Dieses Sicherheitsventil bei Schwefelüberschuss kann natürlich nur bis zu einer gewissen Grenze ohne Nebenwirkungen funktionieren. Ältere Studien zeigten Azidose bei frisch entwöhnten Ratten (600 mg Methionin/Tag); hepatisches Koma bei Hunden, bei denen gleichzeitig erhöhte Ammoniumwerte vorlagen; und sogar Tod bei Schafen, die große Mengen des Racemats in ihren Pansen erhielten (24 g/Tag).[20][21][22]
Aufgrund der Vermutung, ein erhöhter Spiegel von SAM könnte eine erhöhte Rate der DNA-Methylierung verursachen, untersuchten Amaral und andere, ob Ratten bei erhöhter Methioninzufuhr (2 % in der Diät über sechs Wochen) eine weniger stabile DNA oder eine Methylierung des p53-Gens aufwiesen, fanden jedoch keinen dieser Effekte. Auf der anderen Seite füllte die Diät einen erniedrigten Level an Glutathion in den Nieren wieder auf, der zuvor künstlich verursacht worden war. Dies zeigt, dass überschüssiges Methionin zunächst dem Cysteinpool zugutekommt, bevor Sulfat ausgeschieden wird.[23]
Der Abbau von Methionin ist bei den folgenden Stoffwechselkrankheiten gestört:
Die industrielle Synthese von racemischem Methionin (Gemisch aus je 50 % L-Methionin und D-Methionin) geht von petrochemischen Rohstoffen aus, insbesondere Propen, Schwefel, Methan und Ammoniak. Nach gängigen Verfahren werden so die Zwischenprodukte Methylmercaptan 1, Acrolein 2 und Blausäure dargestellt. Die Michael-Addition von Methylmercaptan 1 an die Kohlenstoff-Kohlenstoff-Doppelbindung des Acroleins 2 liefert dann das Zwischenprodukt 3-Methylmercaptopropionaldehyd 3.[24] Anschließend wird dieser Aldehyd 3 mit Ammoniak, Kohlendioxid und Blausäure (oder Hirschhornsalz und Natriumcyanid) in ein Hydantoin-Derivat 4 umgewandelt, dessen basische Hydrolyse zu einem Alkalisalz des Methionins führt. Durch Neutralisation mit einer Säure (Kohlendioxid oder Schwefelsäure) erhält man racemisches Methionin 5:[25][26]
Zur Racematspaltung wird racemisches Methionin am Stickstoffatom acetyliert. Das racemische N-Acetyl-methionin [1:1-Gemisch aus (S)-6 und (R)-6] wird mit dem enantioselektiven Enzym L-Acylase behandelt, dabei wird das natürliche L-Methionin [(S)-5] unter Abspaltung von Essigsäure/Acetat gebildet, während die D-Form des N-Acetyl-methionins [(R)-6] unverändert bleibt:[25]
Anschließend wird L-Methionin abgetrennt. Das D-N-Acetyl-methionin [(R)-6] wird mit Essigsäureanhydrid racemisiert und recycliert.
Bei der Verstoffwechselung von überschüssigem Methionin wird der in der Substanz enthaltene Schwefel zu Schwefelsäure oxidiert und über die Nieren ausgeschieden, wodurch der Harn angesäuert wird. Der Mechanismus der Harnansäuerung kann bei einigen Erkrankungen die Heilung unterstützen. Therapeutisch wird L-Methionin verwendet zur:
In der Diagnostik wird es in Form von 11C-S-Methyl-L-Methionin als Radiopharmakon zur Darstellung von Hirntumoren bei der Positronen-Emissions-Tomographie benutzt.
DL-Methionin (also das Racemat) wird zur Supplementierung (Ergänzung) von Futtermitteln eingesetzt. Dabei wird der Nährwert von Futtermitteln für Hühner durch geringe Zusätze von DL-Methionin gesteigert. Dies ist dann von besonderem wirtschaftlichen Nutzen, wenn die natürlichen Futtermittel-Bestandteile einen mangelhaften Gehalt an schwefelhaltigen Aminosäuren (Cystein/Cystin und Methionin) besitzen. Die mit weitem Abstand größten Mengen des synthetisch gewonnenen Methionins (> 400.000 t pro Jahr) werden für diesen Zweck eingesetzt.[28] Größter Hersteller ist Evonik (früher Degussa) mit einer Kapazität von 580.000 t pro Jahr.
Durch Erhitzen von Methionin mit wässriger Iodwasserstoffsäure wird die Methylgruppe des Methionins abgespalten. Beim Eindampfen entsteht unter Wasserabspaltung als Cyclisierungsprodukt das Hydroiodid von Homocystein-Thiolacton.[29]
Acimethin (D), Acimol (D), sowie verschiedene Generika
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