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Zweikampf um den Weltmeistertitel im Schach Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Schachweltmeisterschaft 1972 war der als Match des Jahrhunderts geltende Zweikampf zwischen dem amtierenden, 35 Jahre alten Weltmeister Boris Spasski und seinem 29 Jahre alten Herausforderer Bobby Fischer um den Weltmeistertitel im Schach, der auch über die Schachwelt hinaus Aufsehen erregte.
Boris Spasski | Bobby Fischer | |||
Nation |
|
| ||
Status | Titelverteidiger Weltmeister seit 1969 |
Herausforderer | ||
Alter | 35 Jahre | 29 Jahre | ||
Elo-Zahl (Juni 1972) |
2660 | 2785 | ||
Punkte | 8½ | 12½ | ||
21 gespielte Partien | ||||
Siege | 3 | 7 | ||
Remisen | 11 | |||
◄ 1969 | 1975 ► |
Vom Dienstag, dem 11. Juli 1972, bis zum Freitag, dem 1. September 1972, fanden die 21 Partien des auf 24 Partien angesetzten Wettkampfes in der Mehrzweckhalle Laugardalshöllin in der isländischen Hauptstadt Reykjavík statt. Dem amtierenden Weltmeister sollten zwölf Punkte zur Titelverteidigung genügen, während der Herausforderer 12,5 Punkte zur Übernahme des Weltmeistertitels benötigte. Spasskis Sekundanten waren Efim Geller, Nikolai Krogius und Iivo Nei, Fischer wurde von William Lombardy sekundiert, dessen Dienste er jedoch kaum in Anspruch nahm. Fischer besiegte Spasski und wurde somit der 11. Schachweltmeister.
Viertelfinale | Halbfinale | Finale | |||||||||||
Bobby Fischer | 6 | ||||||||||||
Mark Taimanow | 0 | ||||||||||||
Bobby Fischer | 6 | ||||||||||||
Bent Larsen | 0 | ||||||||||||
Bent Larsen | 5,5 | ||||||||||||
Wolfgang Uhlmann | 3,5 | ||||||||||||
Bobby Fischer | 6,5 | ||||||||||||
Tigran Petrosjan | 2,5 | ||||||||||||
Tigran Petrosjan | 4 | ||||||||||||
Robert Hübner | 3 1 | ||||||||||||
Tigran Petrosjan | 5,5 | ||||||||||||
Viktor Kortschnoi | 4,5 | ||||||||||||
Viktor Kortschnoi | 5,5 | ||||||||||||
Efim Geller | 2,5 |
1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | Punkte | |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Mark Taimanow | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
Bobby Fischer | 1 | 1 | 1 | 1 | 1 | 1 | 6 |
1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | Punkte | |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Viktor Kortschnoi | 1 | ½ | ½ | 0 | 1 | ½ | 1 | 1 | 5½ |
Efim Geller | 0 | ½ | ½ | 1 | 0 | ½ | 0 | 0 | 2½ |
1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | Punkte | |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Bent Larsen | 1 | 0 | ½ | 1 | ½ | 1 | ½ | 0 | 1 | 5½ |
Wolfgang Uhlmann | 0 | 1 | ½ | 0 | ½ | 0 | ½ | 1 | 0 | 3½ |
1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | Punkte | |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Robert Hübner | ½ | ½ | ½ | ½ | ½ | ½ | 0 | 3 |
Tigran Petrosjan | ½ | ½ | ½ | ½ | ½ | ½ | 1 | 4 |
1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | Punkte | |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Bobby Fischer | 1 | 1 | 1 | 1 | 1 | 1 | 6 |
Bent Larsen | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 | Punkte | |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Tigran Petrosjan | ½ | ½ | ½ | ½ | ½ | ½ | ½ | ½ | 1 | ½ | 5½ |
Viktor Kortschnoi | ½ | ½ | ½ | ½ | ½ | ½ | ½ | ½ | 0 | ½ | 4½ |
1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | Punkte | |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Bobby Fischer | 1 | 0 | ½ | ½ | ½ | 1 | 1 | 1 | 1 | 6½ |
Tigran Petrosjan | 0 | 1 | ½ | ½ | ½ | 0 | 0 | 0 | 0 | 2½ |
Der Wettkampf fand während des Kalten Krieges statt, in dem sich die Vereinigten Staaten in der NATO und die Sowjetunion im Warschauer Pakt gegenüberstanden. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte stets nur die Sowjetunion den Schachweltmeister gestellt. Bobby Fischer sah sich als Einzelkämpfer gegen eine erdrückende sowjetische Übermacht, die es seiner Meinung nach zu besiegen galt.
Die US-amerikanische Schachmeisterschaft von 1970 galt gleichzeitig als Zonenturnier und ermöglichte den drei Erstplatzierten (William Addison, Samuel Reshevsky und Pál Benkö) die Teilnahme am Interzonenturnier Palma de Mallorca 1970. Bobby Fischer, der die amerikanische Schachmeisterschaft schon seit einigen Jahren boykottierte, war daher nicht zum Interzonenturnier qualifiziert. Lediglich der Verzicht Pál Benkös, der dafür vom US-Schachverband 2000 US-Dollar erhielt, ermöglichte Fischer die Teilnahme, der dann das Turnier im November und Dezember 1970 in Palma de Mallorca vor 23 anderen Teilnehmern, darunter Efim Geller, Wassili Smyslow, Vlastimil Hort und Robert Hübner, mit 3,5 Punkten Vorsprung tatsächlich gewann. Dabei gelang es ihm, die letzten sieben Runden in Folge zu gewinnen.
Anschließend erkämpfte sich Fischer im Verlauf des Jahres 1971 mit einer beispiellosen Siegesserie in den Kandidatenturnieren das Recht zur Herausforderung des Weltmeisters: 6:0 gegen Mark Taimanow (16. Mai bis 1. Juni), 6:0 gegen Bent Larsen (6. Juli bis 20. Juli), der ihm im vorangegangenen Interzonenturnier die einzige Niederlage zugefügt hatte[1] und im Finale 6,5:2,5 gegen Tigran Petrosjan (30. September bis 26. Oktober). Unter Anrechnung der sieben Abschlusssiege von Palma de Mallorca und dem Sieg in der ersten Partie gegen Petrosjan gelangen ihm also 20 Siege in Folge in Turnierpartien – eine seither nie mehr erreichte Serie. Nach dem Sieg gegen Petrosjan spielte Bobby Fischer bis zum Beginn der Weltmeisterschaft 1972 keine offizielle Partie mehr.
Spasski hingegen war seine Generalprobe beim Aljechin-Gedächtnisturnier Ende 1971 in Moskau gründlich missglückt: Er belegte lediglich den 7. Platz mit 9,5 Punkten aus 17 Partien und verlor dabei gegen Tigran Petrosjan und Viktor Kortschnoi. Das Turnier gewann der spätere Weltmeister Anatoli Karpow. Spasski war von der Kommunistischen Partei in dem von den Massenmedien zum Wettkampf der Systeme hochstilisierten Match dazu auserkoren, die grundsätzliche Überlegenheit der sowjetischen Gesellschaft im Allgemeinen und die der Sowjetischen Schachschule im Besonderen unter Beweis zu stellen. Zur Unterstützung Spasskis mussten alle führenden sowjetischen Großmeister Dossiers erstellen, in denen sie Stärken und Schwächen Fischers analysieren und Vorschläge zur Eröffnungswahl unterbreiten sollten.[2] Die auf Spasski lastende Verantwortung überforderte möglicherweise den sensiblen Sportler, dem man unterstellte, dass er sich seiner Pflicht gegenüber dem sowjetischen Volk nicht genügend bewusst sei und der bei vielen im sowjetischen System als unzuverlässig galt.
Fischer wiederum konnte nicht auf die uneingeschränkte Unterstützung seiner Landsleute setzen: Er galt insbesondere in den amerikanischen Medien als arrogant, unberechenbar und paranoid. Die US-amerikanische Regierung fürchtete einen Imageverlust durch das irrationale, oftmals vulgäre und in der Regel wenig diplomatische Auftreten des genialen Exzentrikers.
Vor dem Wettkampf hatten beide erst fünfmal gegeneinander gespielt, dreimal war Spasski jeweils mit Weiß erfolgreich, zweimal trennten sich die Kontrahenten remis.[3][4] Das erste Mal trafen die beiden anlässlich eines Turnieres in Mar del Plata am 30. März 1960 in Argentinien aufeinander – Spasski gewann.[5] Fischer würdigte Spasskis Sieg durch die Aufnahme in sein 1969 erschienenes Buch Meine 60 denkwürdigen Partien. Die zweite Partie gewann Spasski im Piatigorsky-Cup 1966 in Santa Monica.[6] Die letzte Begegnung von Spasski und Fischer vor dem Wettkampf fand am 19. September 1970 bei der Schacholympiade in Siegen statt, und wieder hatte Spasski in einer bemerkenswerten Partie die Oberhand behalten.[7]
Nach einem zermürbenden Gezerre um Preisgelder (Fischer gelang es schließlich, das ausgelobte offizielle Preisgeld im Vergleich zum vorangegangenen Weltmeisterschaftskampf von 1969 auf letztendlich 150.000 US-Dollar mehr als zu verhundertfachen), Spielbedingungen und Spielorte, bei dem Fischer mehrmals mit seiner Absage gedroht hatte, konnte der ursprünglich auf den 4. Juli, den amerikanischen Unabhängigkeitstag, terminierte Wettkampf am 11. Juli 1972 endlich beginnen. Sogar Nixons Sicherheitsberater Henry Kissinger hatte sich telefonisch eingeschaltet, um Fischer zum Spielantritt zu bewegen: „Amerika wünscht sich, dass Sie da hinfahren und die Russen schlagen!“ Ohrenzeugen des Telefonats berichteten, Fischer sei beeindruckt gewesen und habe anschließend in dem Streit eingelenkt.
Der am 1. Juli 1972 mit einem negativen Kommentar auf der Titelseite der New York Times bedachte Fischer erschien trotzdem nicht zur offiziellen Eröffnungsfeier, die am selben Tag im Isländischen Nationaltheater in Reykjavík stattfand. Der Platz neben Spasski blieb während der ganzen Veranstaltung leer, der Herausforderer weilte zu diesem Zeitpunkt noch immer in New York und traf erst am 3. Juli in der isländischen Hauptstadt ein.
Es war vereinbart, dass der Sieger des Wettkampfes 78.125 US-Dollar erhalten sollte, der Verlierer 46.875 US-Dollar. Beide Spieler sollten außerdem zu jeweils 30 Prozent an den zu erwartenden Erlösen aus den Film- und Fernsehrechten beteiligt werden, insgesamt ging es also um ca. 150.000 US-Dollar. Im Verlauf der Verhandlungen und angesichts immer weiterer Drohungen Fischers, nicht anzutreten, sprang kurzfristig noch der britische Bankier James Slater ein und erhöhte am 3. Juli 1972 das Preisgeld nochmals um 50.000 Pfund Sterling (ca. 125.000 US-Dollar) auf damit insgesamt rund 275.000 US-Dollar. Dies war die bis dato mit weitem Abstand höchste Kampfbörse im Schach überhaupt, den bisherigen „Rekord“ hatte die Schachweltmeisterschaft 1921 mit 20.000 US-Dollar gehalten.
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In der ersten Partie des Wettkampfes machte Fischer, der erst sechs Minuten nach dem offiziellen Beginn der Partie und Spasskis Eröffnungszug 1. d2–d4 im Spielsaal erschienen war, einen folgenschweren Fehler: mit seinem 29. Zug in vollkommen ausgeglichener Stellung (sechs jeweils gleichmäßig verteilte Bauern bei gleichfarbigen Läufern), ...Lxh2. Nach dem Schlagen des „vergifteten“ Bauern war der Läufer nach 30. g2–g3 vom Spiel abgeschnitten und ging wenig später verloren. Anschließende Analysen haben ergeben, dass Schwarz bei genauestem Spiel die Partie ausgeglichen hätte halten können, um ein positionelles Remis zu erreichen.[8] Anatoli Karpow meinte, dass Spasski überzeugt gewesen sei, mit Weiß jederzeit gegen Fischer zumindest ein Remis halten zu können, während Fischer (der natürlich den drohenden Verlust des Läufers gesehen hatte) keinesfalls auf Remis spielen und Spasski das Gegenteil beweisen wollte – auch um den Preis einer eventuellen Niederlage.
Zur zweiten Partie trat Fischer erst gar nicht an – er protestierte damit gegen drei im Zuschauersaal aufgestellte Fernsehkameras, durch die er sich in seiner Konzentration gestört sah. Damit gab er die Partie kampflos verloren. Dieser Sieg erwies sich in der Folge für den sensiblen Weltmeister jedoch als nutzlos; statt den Zusatzpunkt einfach einzustreichen, ließ sich Spasski – der Fischers Können sehr hoch einschätzte – durch dessen extremes Verhalten verunsichern. Von Fischer wiederum hieß es, er hätte schreckliche Angst davor, zu verlieren und wäre deshalb nicht angetreten: Die Angst vor dem Verlieren würde bei ihm die Spielfreude überwiegen.
Es wäre allerdings falsch, Fischer zu unterstellen, sein Auftreten bewusst darauf ausgerichtet zu haben, Spasski mit psychologischen Tricks aus dem Gleichgewicht zu bringen. Er verhielt sich genauso, wie er sich sein ganzes bisheriges Leben verhalten hatte. Unbestreitbar jedoch wirkte Fischers Verhalten auf viele seiner Gegner einschüchternd.
In der dritten Partie des Wettkampfes gelang Fischer sein erster Sieg über Spasski überhaupt. Dabei hatte er erneut kurz vor der Abreise gestanden, weil er die Fernsehkameras nicht akzeptieren wollte. Die Partie wurde letztlich nicht auf der Bühne, sondern in einem Nebenraum ohne Zuschauer ausgetragen. Nach Yasser Seirawans Ansicht hätte man Spasski keinen Vorwurf machen können, wenn er diesen Kompromiss abgelehnt hätte. Der Weltmeister wollte jedoch nicht kampflos gewinnen und entschied sich dafür zu spielen.[9] Fischer gewann die Partie mit den schwarzen Steinen in 41 Zügen.
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Nachdem Spasski seinen Vorteil in der 4. Partie nicht nutzen konnte, leitete ein Doppelschlag in der 5. und 6. Partie die Wende im Weltmeisterschaftskampf ein und brachte Fischer in Führung, die dieser im weiteren Verlauf nicht mehr abgab. Ein schwerer Fehler Spasskis im 27. Zug der 5. Partie beendete diese sofort, und in der anschließenden 6. Partie zeigte der konsequent auf Sieg spielende Fischer seine ganze Stärke.
Nach dem Ende der 6. Partie stand sogar Spasski auf und applaudierte Fischer. Diese war eine der besten Partien Fischers.
Nachdem Fischer nach der 8. auch die 10. Partie nach präzise geführtem Endspiel[10] gewonnen und Spasski damit in den vergangenen acht Partien lediglich 1,5 Punkte geholt hatte, gelang es dem Titelverteidiger in der 11. Partie, seinen Herausforderer (wieder mit Weiß) in 31 Zügen in der bis heute aktuellen Bauernraubvariante überzeugend zu schlagen und den Abstand auf 2 Punkte zu verkürzen.[11]
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Nach diesem Sieg schöpfte der schon verloren geglaubte Spasski noch einmal Hoffnung. Die 13. Partie[12] gilt als die dramatischste des Wettkampfes, Spasski gelang es jedoch während des 74 Züge langen Ringens nicht, den aggressiv verteidigenden Fischer entscheidend zu attackieren. Nachdem dieser im 44. Zug seinen Läufer geopfert hatte, konnte Spasski letztendlich die schwarze Bauernübermacht nicht mehr stoppen. In den folgenden Partien versuchte Spasski erfolglos, seinen Herausforderer ernsthaft in Bedrängnis zu bringen, der Gewinn der 11. Wettkampfpartie sollte sein letzter Sieg als amtierender Weltmeister bleiben.
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Im stets schon lange vor Spielbeginn um 17 Uhr mit schachbegeisterten Zuschauern gefüllten Saal hatte sich im Laufe des Duells zwischen den beiden Spielern das folgende beispielhafte Ritual entwickelt: Kurz vor 17 Uhr erscheint Boris Spasski, begrüßt mit einer Verbeugung das Publikum, schüttelt dem deutschen Schiedsrichter Lothar Schmid die Hand und setzt sich in seinen schwarzen Ledersessel. Lothar Schmid tritt dann an den Bühnenrand, bittet das Publikum nochmals um absolute Ruhe und setzt Punkt 17 Uhr die Schachuhr von Boris Spasski in Gang. Dieser überlegt etwa 15 Sekunden, spielt dann den ersten Zug, e2–e4, lehnt sich nochmals zurück und verlässt nach etwa einer Minute über eine Seitentür gemächlich den Spielsaal. Fünf Minuten bleibt das Brett verwaist, dann eilt Fischer, begleitet vom freundlichen Begrüßungsapplaus des Publikums, mit langen Schritten an den Spieltisch, mustert kurz die Stellung, im Stehen der Zug c7–c5, dann bequemes Zurückwippen im Sessel. Nun ist es an Fischer, auf seinen Kontrahenten zu warten. Nach zwei, drei Minuten erscheint Spasski wieder in der Seitentür, obligatorisches Händeschütteln mit Fischer, die Partie kann beginnen.
Bis zur 6. Partie musste der Weltmeister mit einem einfachen Polsterstuhl mit nicht verstellbarer Rückenlehne und hölzernen Armlehnen vorliebnehmen, während der Herausforderer einen Luxusdrehsessel aus Leder benutzte. Ab der 7. Partie verfügte Spasski über das genau gleiche Modell, importiert aus den USA vom selben Hersteller.
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Nach dem umkämpften Remis in der 15. Partie, in deren Verlauf Boris Spasski den aus der Eröffnung erlangten Vorteil nicht behaupten konnte, flaute die Begegnung merklich ab. Bobby Fischer begnügte sich von nun an mit halben Punkten und Spasski gelang es trotz kampfbetonten Spiels nicht mehr, das Blatt zu wenden.
Nach der 20. Partie benötigte der Herausforderer noch einen Punkt bis zum endgültigen Sieg. Die 21. und letzte Partie des Wettkampfes wurde am 31. August 1972 nach Spasskis 41. Zug (Le6–d7) als Hängepartie abgebrochen. Am folgenden Tag erschien Spasski jedoch nicht mehr zur Wiederaufnahme des Kampfes, sondern teilte dem deutschen Schiedsrichter Lothar Schmid telefonisch die Aufgabe der Partie mit.
Die 2500 Zuschauer im Spielsaal wurden um ein spannendes Finale gebracht. Spasskis Stellung war zwar schlecht, aber nicht hoffnungslos; er hatte zumindest noch die Aussicht, bei genauem Spiel ein Remis zu erreichen. (Laut dem Schachprogramm Stockfish (Version 11) ist die weiße Stellung allerdings völlig verloren.) Sobald Fischer am Spielort zur Fortsetzung der Partie eintraf, gab Lothar Schmid die telefonische Aufgabe Spasskis bekannt.
Zu der Abschlussfeier am Sonntag, dem 3. September, in der Laugardal-Halle in Reykjavík, kam Fischer fast eine Stunde zu spät. Er setzte sich neben Spasski und öffnete den Umschlag mit dem Siegerscheck. Auf eine Abschlussrede verzichtete er.
Im Haus der Kultur im Stadtzentrum der isländischen Hauptstadt Reykjavík sind der Originalschachtisch, die verwendeten Figuren und die verwendete Schachuhr ausgestellt.
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Spasski beantragte am Sonntag, dem 30. Juli, erfolgreich eine der drei erlaubten Vertagungen.
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Spasski nahm seine zweite Auszeit.
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Fischer–Spasski ½:½
1. e4 c5 2. Sf3 Sc6 3. d4 cxd4 4. Sxd4 Sf6 5. Sc3 d6 6. Lg5 e6 7. Dd2 a6 8. 0–0–0 Ld7 9. f4 Le7 10. Le2 0–0 11. Lf3 h6 12. Lh4 Sxe4 13. Lxe7 Sxd2 14. Lxd8 Sxf3 15. Sxf3 Tfxd8 16. Txd6 Kf8 17. Thd1 Ke7 18. Sa4 Le8 19. Txd8 Txd8 20. Sc5 Tb8 21. Td3 a5 22. Tb3 b5 23. a3 a4 24. Tc3 Td8 25. Sd3 f6 26. Tc5 Tb8 27. Tc3 g5 28. g3 Kd6 29. Sc5 g4 30. Se4+ Ke7 31. Se1 Td8 32. Sd3 Td4 33. Sef2 h5 34. Tc5 Td5 35. Tc3 Sd4 36. Tc7+ Td7 37. Txd7+ Lxd7 38. Se1 e5 39. fxe5 fxe5 40. Kd2 Lf5 41. Sd1 Kd6 42. Se3 Le6 43. Kd3 Lf7 44. Kc3 Kc6 45. Kd3 Kc5 46. Ke4 Kd6 47. Kd3 Lg6+ 48. Kc3 Kc5 49. Sd3+ Kd6 50. Se1 Kc6 51. Kd2 Kc5 52. Sd3+ Kd6 53. Se1 Se6 54. Kc3 Sd4 ½:½
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Die Partien 3, 4, 6, 7, 10, 13, 15, 18 und 19 zeigten die beiden Akteure auf der Höhe ihres Könnens und wurden den hohen Erwartungen der Schachfans in der ganzen Welt gerecht. Aber die meisten Menschen waren mehr an der exzentrischen Persönlichkeit Fischers interessiert.
Fischer hatte es tatsächlich geschafft, die jahrzehntelange Sowjetherrschaft im Schach zu brechen und die mit Abstand höchste Siegprämie zu erringen, die bis dahin bei einer Schachveranstaltung ausbezahlt wurde. Es war ihm außerdem gelungen, das Schach aus seinem Nischendasein zu katapultieren und dem Spiel der Könige neue Anhänger zuzuführen, auch wenn die vielen unschönen Begleitumstände dem Ansehen des Schachs nicht unbedingt zuträglich waren.
Der amerikanische Präsident Richard Nixon lud Fischer zu einem Besuch ins Weiße Haus ein. Der Besuch fand allerdings nie statt.
Spasski meinte anschließend, dass er bis zuletzt geglaubt hätte, er könne seinen Titel erfolgreich verteidigen, doch Fischer sei ihm stets „wie ein Fisch aus den Händen geglitten“.
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Boris Spasski | 1 | + | 0 | ½ | 0 | 0 | ½ | 0 | ½ | 0 | 1 | ½ | 0 | ½ | ½ | ½ | ½ | ½ | ½ | ½ | 0 | 8½ |
Robert J. Fischer | 0 | – | 1 | ½ | 1 | 1 | ½ | 1 | ½ | 1 | 0 | ½ | 1 | ½ | ½ | ½ | ½ | ½ | ½ | ½ | 1 | 12½ |
Eröffnung | E56 | - | A77 | B88 | E41 | D59 | B97 | A39 | D41 | C95 | B97 | D66 | B04 | D37 | B99 | C69 | B09 | B69 | B05 | B68 | B46 | |
Datum | 11.7. | 13.7. | 16.7. | 18.7. | 20.7. | 23.7. | 25.7. | 27.7. | 1.8. | 3.8. | 6.8. | 8.8. | 10.8. | 15.8. | 17.8. | 20.8. | 22.8. | 24.8. | 27.8. | 29.8. | 31.8. |
Im Jahre 1992, genau 20 Jahre später, traten die beiden Kontrahenten während des Jugoslawienkriegs in Jugoslawien unter großem Medieninteresse nochmals gegeneinander an. Bobby Fischer, der seit dem Ende des Weltmeisterschaftskampfes am 31. August 1972 keine ernsthafte Turnierpartie mehr gespielt hatte, bezwang Boris Spasski, der nach dem Finale von 1972 nur noch einmal, bei seinem Sieg bei der 41. UdSSR-Meisterschaft 1973, seine alte Spielstärke erreichte, mit 17,5 zu 12,5 (+10 =15 −5). Das Preisgeld diesmal: 5 Millionen US-Dollar, davon zwei Drittel für den Sieger.
Fischer wurde anschließend von US-Behörden mit Haftbefehl gesucht, da er nach deren Ansicht gegen die aufgrund des Jugoslawien-Embargos der Vereinten Nationen verhängte Executive Order 12810[14] von George H. W. Bush verstoßen habe. Dies führte zu einer mehrjährigen Flucht Fischers. Nach einer Inhaftierung in Japan erhielt Fischer 2005 politisches Asyl und Staatsbürgerschaft in Island, wo er am 17. Januar 2008 in Reykjavík an einem Nierenleiden verstarb.
Im Jahr 2015 erschien der dramatisierte Spielfilm Bauernopfer – Spiel der Könige, der sich mit der Weltmeisterschaft und ihrer Vorgeschichte aus Fischers Sicht befasst.
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