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Zweikampf um den Weltmeistertitel im Schach Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Schachweltmeisterschaft 2013 fand vom 7. November bis 22. November 2013 als Zweikampf um den Titel des Schachweltmeisters zwischen dem Titelverteidiger Viswanathan Anand und Magnus Carlsen als Herausforderer in Chennai (ehemals Madras) in Indien statt. Nach zehn von zwölf angesetzten Partien lag Carlsen mit 6,5:3,5 uneinholbar in Führung und wurde neuer Weltmeister.
Viswanathan Anand | Magnus Carlsen | |||
Nation |
|
| ||
Status | Titelverteidiger, Weltmeister seit 2007 |
Herausforderer, Sieger des Kandidatenturniers | ||
Alter | 43 Jahre | 22 Jahre | ||
Elo-Zahl (November 2013[1]) |
2775 | 2870 | ||
Punkte | 3½ | 6½ | ||
10 gespielte Partien | ||||
Siege | 0 | 3 | ||
Remisen | 7 | |||
◄ 2012 | 2014 ► |
Im Kandidatenturnier, das vom 14. März bis zum 1. April 2013 in London stattfand, spielten acht Spieler doppelrundig jeder gegen jeden. Die acht Startplätze wurden vom Verlierer der Schachweltmeisterschaft 2012 (Boris Gelfand), den drei bestplatzierten Spielern des Schachweltpokals 2011 (Pjotr Swidler, Alexander Grischtschuk und Wassyl Iwantschuk), den drei Spielern mit der besten Elo-Wertung aus dem Durchschnitt der Wertungen Juli 2011 und Januar 2012 (Magnus Carlsen, Lewon Aronjan und Wladimir Kramnik) sowie einem vom Veranstalter nominierten Spieler (Teymur Rəcəbov) eingenommen.[2] Sieger wurde Magnus Carlsen aufgrund der höheren Zahl an Siegen vor dem punktgleichen Wladimir Kramnik.
Das Endergebnis des Kandidatenturniers in der Übersicht:[3]
Rang | Teilnehmer | Wertung März 2013[4] | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | Punkte | Feinwertungen | |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Direkter Vergleich | Siege | ||||||||||||
1 | Magnus Carlsen | 2872 | * * | ½ ½ | 1 0 | ½ ½ | 1 1 | 1 ½ | ½ 0 | ½ 1 | 8,5 | 1 | 5 |
2 | Wladimir Kramnik | 2810 | ½ ½ | * * | ½ 1 | ½ 1 | ½ ½ | ½ 1 | ½ 0 | 1 ½ | 8,5 | 1 | 4 |
3 | Pjotr Swidler | 2747 | 0 1 | ½ 0 | * * | ½ 1 | ½ ½ | ½ ½ | ½ 1 | 1 ½ | 8,0 | 1½ | |
4 | Lewon Aronjan | 2809 | ½ ½ | ½ 0 | ½ 0 | * * | 1 0 | ½ ½ | 1 1 | 1 1 | 8,0 | ½ | |
5 | Boris Gelfand | 2740 | 0 0 | ½ ½ | ½ ½ | 0 1 | * * | ½ ½ | ½ ½ | ½ 1 | 6,5 | 1 | 2 |
6 | Alexander Grischtschuk | 2764 | 0 ½ | ½ 0 | ½ ½ | ½ ½ | ½ ½ | * * | ½ 1 | ½ ½ | 6,5 | 1 | 1 |
7 | Wassyl Iwantschuk | 2757 | ½ 1 | ½ 1 | ½ 0 | 0 0 | ½ ½ | ½ 0 | * * | 0 1 | 6,0 | ||
8 | Teymur Rəcəbov | 2793 | ½ 0 | ½ 0 | 0 ½ | 0 0 | ½ 0 | ½ ½ | 1 0 | * * | 4,0 |
Auf dem FIDE Presidential Board Meeting am 5. Mai 2013 in Baku wurde der Weltmeisterschaftskampf nach Chennai vergeben.[5] Der Norges Sjakkforbund hatte zuvor gegen eine Ausrichtung in Chennai protestiert.[6] Die Fédération Française des Échecs hatte angeboten, den Wettkampf in Paris zu organisieren und einen Preisfonds in Höhe von 2,65 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. Das Angebot von Chennai belief sich auf 2,55 Millionen US-Dollar.[7] Davon erhielt Carlsen zunächst 100.000 Dollar, weil er im Heimatland seines Gegners antrat. Der Rest wurde im Verhältnis 60:40 zwischen Sieger und Verlierer aufgeteilt. Falls der Wettkampf durch Tie-Break entschieden worden wäre, hätte der Gewinner nur 55 Prozent erhalten.[8]
Der Wettkampf wurde über maximal zwölf Partien mit klassischer Bedenkzeit (120 Minuten für die ersten 40 Züge, 60 Minuten für die nächsten 20 Züge, 15 Minuten für den Rest der Partie zuzüglich 30 Sekunden Zeitgutschrift ab Zug 61) ausgetragen. Schachweltmeister wurde der Spieler, der als Erster 6,5 Punkte erreichte. Wäre es nach den zwölf regulären Partien zum Gleichstand gekommen, so wären die Farben neu ausgelost und vier Tie-Break-Partien (Schnellschach mit 25 Minuten Bedenkzeit pro Partie plus zehn Sekunden pro Zug) gespielt worden. Bei Gleichstand wären zwei Blitzpartien (fünf Minuten Bedenkzeit pro Partie plus drei Sekunden pro Zug) gespielt worden. Hätte dies zu keiner Entscheidung geführt, wären erneut zwei Blitzpartien gespielt worden. Dies wäre so lange wiederholt worden, bis ein Sieger festgestanden oder zehn Blitzpartien gespielt worden wären. Hätte es auch danach gleichgestanden, so wäre eine letzte Sudden-Death-Partie gespielt worden. Durch Los wäre ein Spieler ermittelt worden, der nun hätte wählen dürfen, ob er die letzte Partie mit Weiß oder Schwarz hätte spielen wollen. Der Weißspieler hätte fünf Minuten Bedenkzeit, der Schwarzspieler vier Minuten erhalten. Ab Zug 61 hätten die Spieler pro Zug eine Zeitgutschrift von drei Sekunden bekommen. Wäre es in dieser letzten Partie zum Remis gekommen, so wäre der Spieler mit den schwarzen Steinen zum Gewinner erklärt worden.[9] Hauptschiedsrichter des Wettkampfes war Ashot Vardapetyan aus Armenien.
Carlsen setzte eine Vertragsklausel durch, die einem Spieler das Recht einräumte, im Krankheitsfall eine zweitägige Auszeit zu nehmen.[10]
Anand bereitete sich zwei Monate lang in Bad Soden am Taunus auf den Wettkampf vor.[11] Nachdem Peter Heine Nielsen und Rustam Kasimjanov sein Team zuvor verlassen hatten, arbeitete er mit Surya Shekhar Ganguly, Radosław Wojtaszek und Chanda Sandipan als Sekundanten. Bei der Auftaktpressekonferenz am 7. November 2013 bestätigte Anand, dass auch K. Sasikiran und Péter Lékó zu seinen Sekundanten gehören.[12]
Carlsen hielt seine Vorbereitungen weitgehend geheim. Als Sekundant wurde lediglich Jon Ludvig Hammer offiziell bestätigt.[13]
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Carlsen galt als Weltranglistenerster mit einem Vorsprung von 95 Elo-Punkten gegenüber dem auf Platz 8 liegenden Anand als Favorit. Vor dem Weltmeisterschaftskampf trafen die beiden Spieler in 29 Partien mit klassischer Bedenkzeit aufeinander. Anand führte in diesem Vergleich mit 6:3 bei 20 Remis. Im letzten Aufeinandertreffen vor dem Match gewann Carlsen beim Tal Memorial im Juni 2013 mit Weiß in 29 Zügen.[15]
Die Eröffnungsfeier fand am 7. November 2013 im Nehru Indoor Stadium in Chennai statt. Die Eröffnungsrede hielt die Ministerpräsidentin von Tamil Nadu, J. Jayalalithaa.
Der Spielbeginn war für jeweils 9:30 Uhr UTC angesetzt, das entspricht 15:00 Uhr Ortszeit und 10:30 Uhr MEZ (u. a. D, A und CH). Für den Fall eines 6:6-Unentschiedens nach zwölf Partien war für den 28. November der Tie-Break (siehe im Abschnitt Austragungsmodus) angesetzt. Die Auslosung im Rahmen der Eröffnungszeremonie ergab, dass Carlsen in der ersten Partie Weiß hatte.
Nach der ersten Partie wurden während der ersten Hälfte des Zweikampfs bei jeder neuen Partie jeweils die Farben abgewechselt, anschließend behielt Anand in der siebten Partie als Auftakt der zweiten angesetzten Hälfte die weißen Steine, wonach erneut die Farben in jeder Partie abgewechselt wurden. Diese Praxis hatte sich bereits in früheren Weltmeisterschaften bewährt, um den möglichen Vorteil der ersten Weißpartie zu neutralisieren.
Partie | Datum (2013) | Partieergebnis | Eröffnung | ECO-Code | Züge | Zwischenstand | Link | Video | ||
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Anand | Carlsen | Anand | Carlsen | |||||||
1 | Sa, 9. November | ½ | ½ | Grünfeld-Indisch | D78 | 16 | ½ | ½ | chessgames.com | Video 01 |
2 | So, 10. November | ½ | ½ | Caro-Kann | B19 | 25 | 1 | 1 | chessgames.com | Video 02 |
3 | Di, 12. November | ½ | ½ | Réti-Eröffnung | A07 | 51 | 1½ | 1½ | chessgames.com | Video 03 |
4 | Mi, 13. November | ½ | ½ | Spanische Partie | C67 | 64 | 2 | 2 | chessgames.com | Video 04 |
5 | Fr, 15. November | 0 | 1 | Damengambit | D31 | 58 | 2 | 3 | chessgames.com | Video 05 |
6 | Sa, 16. November | 0 | 1 | Spanische Partie | C65 | 67 | 2 | 4 | chessgames.com | Video 06 |
7 | Mo, 18. November | ½ | ½ | Spanische Partie | C65 | 32 | 2½ | 4½ | chessgames.com | Video 07 |
8 | Di, 19. November | ½ | ½ | Spanische Partie | C67 | 33 | 3 | 5 | chessgames.com | Video 08 |
9 | Do, 21. November | 0 | 1 | Nimzowitsch-Indisch | E25 | 28 | 3 | 6 | chessgames.com | Video 09 |
10 | Fr, 22. November | ½ | ½ | Sizilianisch | B51 | 65 | 3½ | 6½ | chessgames.com | Video 10 (1/2) |
11 | So, 24. November | Die Austragung dieser Partien war nicht mehr erforderlich, da Carlsen nach der 10. Partie schon mehr als die Hälfte der möglichen Punkte erreicht hatte. | ||||||||
12 | Di, 26. November |
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8 | 8 | ||||||||
7 | 7 | ||||||||
6 | 6 | ||||||||
5 | 5 | ||||||||
4 | 4 | ||||||||
3 | 3 | ||||||||
2 | 2 | ||||||||
1 | 1 | ||||||||
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Die erste Partie endete nach nur 16 Zügen und wenig spektakulärem Verlauf mit einem Remis durch Stellungswiederholung.
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7 | 7 | ||||||||
6 | 6 | ||||||||
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In der zweiten Partie überraschte Carlsen als Schwarzer mit der Caro-Kann-Verteidigung. Anand fühlte sich auf die entstehende komplizierte Stellung schlechter vorbereitet und akzeptierte im 18. Zug einen Damentausch. Nach 25 Zügen kam es zu einem Remis durch Stellungswiederholung.
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In der dritten Partie begann Carlsen zunächst wie in der ersten, zog dann aber als Variante im dritten Zug den Bauern auf c4. Im Mittelspiel schien Anand die Oberhand zu gewinnen, Carlsen musste seine Dame zeitweise auf dem Eckfeld h1 platzieren und geriet in Zeitnot. Durch das Bauernopfer 28. e3 konnte Carlsen jedoch seine Figuren wieder aktivieren, woraufhin Anand in eine ausgeglichene Stellung einlenkte, Figuren abtauschte und nach dem 41. Zug ein Remis anbot. Carlsen spielte jedoch weiter und die Spieler tauschten weiter ab, bis nach 51 Zügen ein positionelles Remis erreicht war.
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In der vierten Partie wurde die Berliner Verteidigung der Spanischen Eröffnung gespielt. Nach dem Damentausch im achten Zug bekam das Spiel schnell den Charakter eines Endspiels. Aufsehen erregte der achtzehnte Zug, in dem Carlsen mit seinem Läufer einen Randbauern nehmen konnte: In ähnlicher Situation hatte Bobby Fischer in der ersten Partie der WM 1972 einen Läufer verloren. In diesem Fall konnte Carlsen jedoch den Bauern gewinnen und seinen Läufer befreien, wenn auch auf Kosten schwächerer Figurenstellung. Anand konnte die Partie daraufhin ausgeglichen halten, im Turmendspiel einige Drohungen parieren und Carlsens Mehrbauern neutralisieren, sodass es wieder zu einem Remis kam.
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Carlsens Eröffnung mündete in die halbslawische Variante des Damengambits, was auf einen offenen Schlagabtausch hinauslief. Dieser führte in ein Turmendspiel, in dem Anand einen Bauern weniger besaß und nach dem Fehler 45. … Tc1+ statt 45. … Ta1 bald einen weiteren verlor. In hoffnungsloser Situation gab er nach 58 Zügen auf.
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In der sechsten Partie wurde – wie bereits in der vierten – die Berliner Verteidigung der Spanischen Eröffnung gespielt. Im Turmendspiel opferte Carlsen bei zunächst einem Mehrbauern nach und nach zwei Bauern, um mit Hilfe seines aktiveren Königs und Turms einen Freibauern zu schaffen. Anand gab auf, als dessen Umwandlung in eine Dame nicht mehr zu verhindern war.
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In der siebten Partie, in der es zum bislang dritten Mal im Match zur Berliner Verteidigung der Spanischen Eröffnung kam, durfte Anand aufgrund des Reglements ein zweites Mal in Folge die weißen Steine führen. Doch nach den vorangegangenen beiden Niederlagen ließ Anand die Partie trotz einer neuen Variante Carlsens in der Eröffnung rasch verflachen und nahm das Remis in Kauf, statt anzugreifen.
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Die achte Partie endete nach etwas über einer Stunde durch den Abtausch der Leicht- und Schwerfiguren in einem ausgeglichenen Bauernendspiel. Nach der Partie mussten sich die beiden Spieler einer verdachtsunabhängigen Dopingkontrolle unterziehen, wie sie auch bei vorherigen Schachweltmeisterschaften vorgenommen wurde.
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Anand wandte in der neunten Partie eine scharfe Eröffnung an, durch die er Angriff erhielt. Durch einen schweren Fehler stellte er jedoch die Partie ein: Nach 28. Sf1 statt 28. Lf1 konnte Carlsens gerade durch Bauernumwandlung entstandene zweite Dame den Angriff problemlos abwehren.
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Carlsen reichte nun für einen Gesamtsieg ein Remis. Somit spielte Anand entsprechend offensiv, um durch einen Sieg den Ausgang des Matches weiter offen halten zu können. Nachdem Carlsen die Rossolimo-Variante der Sizilianischen Verteidigung gewählt hatte, ergab sich schließlich ein von beiden Spielern riskant geführtes Springerendspiel. In dessen Verlauf opferte Carlsen einen Springer. Beide Spieler konnten im 56. Zug einen Bauern in eine Dame umwandeln. Nach einem Damentausch mündete die Partie in ein Endspiel mit zwei Bauern auf weißer und einem Springer auf schwarzer Seite. Als der letzte weiße Bauer geschlagen wurde, war das Remis perfekt. Der Herausforderer Carlsen war dadurch neuer Schachweltmeister.
Großmeister Anish Giri führt den Sieg Carlsens auf mehrere Faktoren zurück. Anand habe während des Wettkampfs seine Furcht vor Carlsen nicht ablegen können. Dies zeigte sich besonders in den Pressekonferenzen nach den Partien, in denen Anand seine Stellungen unterschätzt habe. Des Weiteren sei die Eröffnungsvorbereitung von Anand weitgehend ins Leere gelaufen, weil Carlsen stets Nebenvarianten wählte.[16]
Robert K. von Weizsäcker, ehemaliger Präsident des Deutschen Schachbundes, bezeichnete die Weltmeisterschaft als enttäuschend, da Carlsen kein überlegenes Schachverständnis demonstriert, sondern lediglich die Fehler seines Gegners abgewartet und ausgenutzt habe.[17] Bundestrainer Uwe Bönsch meinte dagegen, dass die Partien zwar nicht spektakulär, aber trotzdem auf sehr hohem Niveau gewesen seien.[18] Großmeister Nigel Short schrieb, dass Anand zwar durch eigene Fehler verloren habe, diese aber durch den konstanten Druck Carlsens herbeigeführt wurden.[19] Zum neuen Weltmeister stellte Der Standard aus Österreich unter der Überschrift Präzises Produkt systematischer Entfaltung fest: Carlsen verfüge über ein außergewöhnliches Gedächtnis und eine für sein Alter untypische mentale Stärke. Statt anzugreifen (und mitunter zu verlieren), warte er auf winzige Unebenheiten im Spiel des Gegners und erhöhe wie Bobby Fischer dann den Druck unbarmherzig. Hervorstechendes Merkmal sei seine ungeheure Präzision. In vielem ähnele sein Stil daher dem des kubanischen Weltmeisters José Raúl Capablanca.[20]
In einem Zeitungsartikel Ende November 2013 schrieb Michael Ehn: „Die Heftigkeit der Niederlage war freilich keine Überraschung. Der deutliche Gewinn von Carlsen entsprach fast exakt dem nach der Ratingzahl von Arpad Elo zu erwartenden Ergebnis. … Schach auf diesem höchsten Niveau ist offenkundig etwas für junge Gehirne. … Unter den 50 (weltbesten) Großmeistern mit über 2700 Elopunkten“ seien einzig Iwantschuk und Gelfand älter als Anand. „Natürlich hat auch der Weltmeister über diese Chancenverteilung gewusst, dass seine Matcherfahrung und Intuition in kritischen Momenten kaum gegen die Präzision des Jüngeren bestehen können. Es hätte schon einer Notinkarnation Vishnus, des erhabenen Erhalters, bedurft, um den Norweger in die Schranken zu weisen. Umso mehr muss man daher der Leistung und dem Mut des 43-Jährigen höchsten Respekt zollen. Nach den Niederschlägen in Partie fünf und sechs stellte er sich Runde für Runde einem um 20 Jahre jüngeren Mike Tyson, ausgestattet mit enormer Schlagkraft, Beweglichkeit und kontrollierter Aggression. In Partie neun mit Weiß ein letzter heroischer Versuch eines Lucky Punch, Anand ging selbst zu Boden. Der neue Weltmeister … , wie wird er den Stil der Gegenwart prägen? Vielleicht gar nicht. Er spielt einfach sehr, sehr stark Schach. Das weiß er, und das ist alles. Und, das ist seine Botschaft, es war in der Schachgeschichte nie anders.“[21]
Großmeister Boris Gelfand meint, dass Carlsen verdient gewonnen habe. Insbesondere sein Endspielverständnis sei außergewöhnlich. Nach Meinung Gelfands spielt Carlsen in dieser Partiephase stärker als ein Computer. In den Eröffnungen habe Carlsen wie für ihn üblich nichts Besonderes gezeigt. Dies könne sich in künftigen Wettkämpfen als ernsthafte Schwäche erweisen. In der 3. Partie habe Carlsen nach der Eröffnungsphase nicht gut gestanden, aber intuitiv die richtige Verteidigung gefunden, um die Partie noch zu retten. Anand sei es mit Ausnahme der 9. Partie, als er bereits deutlich zurücklag und nicht mehr voller Selbstvertrauen war, nicht gelungen, komplizierte taktische Stellungen zu erreichen.[22]
Die Weltmeisterschaft war nach Lasker gegen Capablanca 1921 (vorzeitige Aufgabe Laskers beim Stand von +0 =10 −4) und Kasparow gegen Kramnik 2000 (+0 =13 −2 aus Sicht Kasparows) die dritte in der Geschichte der Schachweltmeisterschaften, bei der der amtierende Weltmeister gegen seinen Herausforderer keine einzige Partie gewinnen konnte.
Carlsen wurde durch seinen Sieg der 16. klassische Schachweltmeister. Er ist der erste Norweger, der diesen Titel errang.
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