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Versdrama in drei Akten von Gerhart Hauptmann Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Iphigenie in Delphi ist ein Versdrama in drei Akten des deutschen Nobelpreisträgers für Literatur Gerhart Hauptmann, das am 15. November 1941, dem 79. Geburtstag des Autors, im Schauspielhaus Berlin unter der Regie von Jürgen Fehling mit Hermine Körner in der Titelrolle uraufgeführt wurde. Maria Koppenhöfer gab die Elektra, Bernhard Minetti den Orest, Gustav Knuth den Pylades, Friedrich Kayssler den Pyrkon, Franz Nicklisch den Proros und Ullrich Haupt den Aiakos. Die Bühnenmusik schuf Mark Lothar und das Bühnenbild Rochus Gliese.
Dieser letzte Teil der Atriden-Tetralogie entstand als erster – der Dichter schrieb ihn vom 14. Juli 1940 bis zum 18. September 1940.[1]
Im Gegensatz zu seinen großen Vorgängern Aischylos, Euripides und Goethe habe Gerhart Hauptmann den bekannten Stoff in einem Punkt „als ein vollgültiges Denkmal unserer Zeit“ gestaltet: „… ein befreiendes Aufschauen zu den Göttern“ will dem Menschen „nicht glücken …“.[2]
Sprengel schreibt, es gehe in dem Stück um „die Heimholung der taurischen Artemis ins griechische Mutterland und die Aussöhnung Iphigenies, die in Tauris blutige Opferdienste leistete, mit ihren gleichfalls blutbefleckten Geschwistern“[3].
Es scheint, als habe Gerhart Hauptmann das Geschehen in heidnischer Zeit unter ein christliches Motto gestellt: die inständige Bitte der „fürchterlich verderbten Menschenwelt“ an Gott: „Vergib uns unsere Schuld!“.[A 1]
Die Handlung läuft über zwei Tage. Ort der Handlung ist der Apollon-Tempel zu Delphi. Die drei Geschwister Iphigenie, Elektra und Orest können nicht zusammenkommen. Während Elektra und Orest im Tempel Sühne suchen, „um rein zu werden“, springt Iphigenie aus freiem Willen von den Phädriadenfelsen[A 2] in den Tod.
Pyrkon, Proros und Aiakos, Tempelpriester des Pythontöters Apoll, beobachten beunruhigt herandrängendes, in Lumpen gehülltes „sühnesuchendes“ Volk. Ein Schiff argolischer Bauart hat unten im Hafen Krisa festgemacht. Die Jünglinge Aiakos und Proros sprechen die Vorgeschichte gelassen aus. Der „Rächer seines Vaters“, also der „herrliche Orest“, hatte auf Befehl des Gottes Apoll seine Mutter Klytämnestra – die Mörderin Agamemnons – mit dem Opferbeil erschlagen. Zu seiner Sühne – wiederum im Auftrag des Herrn des Lichts Apoll – musste der Muttermörder ins Land Tauris des Barbarenkönigs Thoas[4] – am Pontos[5] gelegen – ziehen. Dort sollte er das Bild[A 3] der Artemis aus dem Tempel der Todesgöttin Hekate rauben.
Orest hat den heiklen Auftrag erfüllt; hat sich erfolgreich zwischen zwei hadernde Geschwistergötter – gemeint sind Apoll und Artemis – gedrängt. Unter den ärmlich gekleideten Pilgern schreitet Elektra mit der Mordwaffe, dem Opferbeil, in der Hand und legt das Beil auf Apolls Altar. Von dem Marsch über das steinige Gebirge sind ihre Füße „zwei Klumpen Blut und Eiter“ geworden. Elektra will Ablass für ihren Bruder Orest; ansonsten wäre das Geschlecht Atreus dahin.
Orest marschiert ebenfalls auf den Sühnetempel des Helfergottes Apoll[A 4] zu. Elektra kann den Bruder nicht erkennen, auch, weil er sich als Steuermann Theron ausgibt. Den Geschwistern erscheint „der durchsichtige Schatten Klytämnestras“. Das Antlitz der Mutter ist blutüberströmt. Denn Orest „schlug ihr mit der Axt ins Angesicht“[6]. „Steuermann“ Orest legt sein Ruder neben das Mordwerkzeug auf Apolls Altar. Elektra reißt das Beil tobend vom Altar und sucht das Weite, denn sie wähnt, der Bruder Orest ist während des Bilderraubes in Tauris der blutgierigen Hekate ebenso zum Opfer gefallen wie die Schwester Iphigenie. Oberpriester Pyrkon, der Elektra erkannt und im Heiligtum willkommen geheißen hat, ordnet Heilbehandlung der Wahnsinnigen an.
Bereits im ersten Akt wurde dem Zuschauer das Nahen Iphigeniens versprochen:
Zwar verliert Gerhart Hauptmann erst im dritten Akt ein Wort über die Entführung, doch Iphigenie kommt bald ins Spiel. Zuvor tritt noch Pylades auf. Er will in das Pflegehaus zu seiner Elektra.
Nach dem nächsten Sprung im Handlungsablauf treten nicht Elektra und Pylades, sondern Elektra und Orest – letzterer immer noch als Steuermann Theron – auf. Die Geschwister können sich partout nicht erkennen.
Endlich erscheint Iphigenie als hoheitsvolle Oberpriesterin. Obwohl Elektra und Pylades bei diesem ersten Auftritt zugegen sind, spricht Iphigenie zunächst nur mit Orest. Erst im letzten Akt wird Iphigenie mit ihrer Schwester reden. Iphigenie legt dem Bruder sonderbare Umstände ihres Todes auf dem Altar der Hekate offen:
Das ist deutlich. Der Zuschauer denkt sich Iphigenie als Halbgöttin. Immerhin ist sie laut eigener Aussage nach ihrer Wiedergeburt Seherin geworden.
Am Morgen des folgenden Tages tritt Iphigenie vor der jahrmarktartigen Menschenansammlung jener Schuldbeladenen auf, „die Ablaß suchen“. Orest schläft sich derweil im Gästehaus aus. Elektra, von ihrem Paroxysmus durch Heilschlaf geläutert, schreitet an der Seite ihres Pylades plaudernd daher. Dennoch denkt sie schaudernd an die fluchwürdige Aufwallung ihres Gemüts zurück, als sie beilschwingend auf die Oberpriesterin – sprich, auf ihre ältere Schwester Iphigenie – losging. Nichtsdestotrotz – Pylades geht ab und die Schwestern sprechen sich unter vier Augen aus. Zuerst gesteht Elektra ihren Wahn ein. Sie habe Iphigenie mit dem Beil erschlagen wollen – in der Annahme, die Oberpriesterin habe den geliebten Bruder Orest hingeschlachtet. Iphigenie verzeiht. Elektra kritisiert die ermordete Mutter. Im Ehestreit mit Agamemnon habe sie nie nachgegeben. Iphigenie räumt ein, zu Tauris habe sie alle Griechen gehasst, sich aber von Orest in das verhasste Heimatland entführen lassen.
Bald umarmt Iphigenie ihre „süße kleine Schwester“. Elektra gesteht ihrerseits die feste Heiratsabsicht mit Pylades. Für Iphigenie, meint sie, werde sich bestimmt in Bälde ein passender Mann finden.
Das geht nicht. Iphigenie hat, als sie von den Priesterinnen der Hekate nach ihrem zweiten Tode in den Sarg gelegt worden war, auf Verlangen der Hekate einen Göttereid geschworen, in dem sie dieser Welt entsagte. Also wird ihre Wohnung das Reich der Persephone sein. Iphigenie verabschiedet sich für immer von Elektra.
Fast kommt dem Schluss des Dramas die Eigenschaft glorreich zu: Orest wird von Apoll als Herrscher über Arkadien und Sparta installiert, wenn nur nicht Iphigeniens ganz oben genanntes Ende – zerschmettert in der Phädriadenschlucht – gewesen wäre.
Wenig sicher Überliefertes zum antiken Stoff[A 5] und teilweise das sich Ausschweigen Gerhart Hauptmanns geben Raum für Auslegungen.
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