Ilja Richter
deutscher Schauspieler, Synchronsprecher, Sänger und Fernsehmoderator Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Ilja Richter (* 24. November 1952 in Ost-Berlin) ist ein deutscher Schauspieler, Synchronsprecher, Sänger, Autor, Bühnenregisseur sowie Hörspiel- und Hörbuchsprecher, der insbesondere als Moderator der ZDF-Show disco bekannt wurde.
Ilja Richter wurde als drittes Kind von Eva und Georg Richter in Berlin-Karlshorst geboren. Sie benannten den Sohn nach dem russischen Schriftsteller und Journalisten Ilja Ehrenburg. Der Vater war damals Kommunist und verbrachte in der Zeit des Nationalsozialismus neuneinhalb Jahre in Zuchthaus und KZ.[1] Die jüdische Mutter überlebte mit gefälschter „arischer Identität“ die NS-Zeit.[2] Nachdem die Familie in der DDR politisch in Schwierigkeiten geraten war, zog sie 1953 nach West-Berlin, wo die Eltern eine Gaststätte pachteten. Im Jahr 1955 wurde Iljas Schwester Janina geboren, und 1959 siedelte die Familie nach Köln über. Auch dort betrieben die Richters eine Gaststätte, zogen aber 1960 zurück nach West-Berlin, wo sie in der Lietzenburger Straße eine Pension eröffneten. Die Mutter, eine ehemalige Schauspielerin, brachte Ilja zum Vorsprechen zum SFB.
Ilja Richter war von 1975 bis 1978 mit der Sängerin Marianne Rosenberg liiert.[3] Von 1995 bis 1997 war er mit der Filmeditorin Stephanie von Falkenhausen verheiratet. Sein Sohn Kolja[4] (* 2001) entstammt der Beziehung mit einer französischen Maskenbildnerin. Mit seiner heutigen Partnerin, der Schauspielerin Barbara Ferun,[5] lebt Ilja Richter in Berlin-Pankow. 20 Jahre lang hatte er auch ein Haus in Mecklenburg-Vorpommern.[6]
Der Fernsehfilm Gott und die Welt. Grenzgänge mit Ilja Richter [7] dokumentiert die komplizierte Auseinandersetzung Ilja Richters mit dem Judentum.[8] Richter gehört keiner Religionsgemeinschaft an, bekennt sich aber zu spirituellen Neigungen.[9]
In dem Film Spot aus – Licht an für Georg Richter! [10] begibt sich Ilja Richter auf Spurensuche nach seinem Vater Georg Richter, dem Widerstandskämpfer und KZ-Überlebenden.
Der Hörfunksender RIAS engagierte Richter, als er acht Jahre alt war: Seine erste Sprecherrolle war das Mäuschen Kukuruz in dem Hörspiel Schwarz auf weiß von Ephraim Kishon, in dessen Fernsehverfilmung er 1963 an der Seite von Edith Hancke spielte. Damit war ein Kinderdarsteller entdeckt, der in der Folgezeit an über 60 Hörspielen des RIAS mitwirkte und für Kinderrollen an Berliner Theatern engagiert wurde.
Seine erste Bühnenrolle erhielt Richter 1961 in Belvedere am Renaissance-Theater an der Seite von Viktor de Kowa. Er besuchte eine Privatschule. Im Jahr 1963 übernahm er eine kleine Rolle in dem Musical Annie Get Your Gun am Theater des Westens; die Hauptrolle spielte Heidi Brühl. 1966 trat er mit Vico Torriani ebenfalls im Theater des Westens in dem Singspiel Im weißen Rößl auf. Seine Begabung fand viel Beachtung, als er 1966 in dem Zwei-Personen-Stück Freunde und Feinde als Partner von Martin Held spielte.
Richter wirkte 1967 in der ZDF-Fernsehserie Till, der Junge von nebenan mit.[11] Als 16-Jähriger übernahm er ab Februar 1969 (anfangs zusammen mit Suzanne Doucet) die Moderation der Musiksendung 4-3-2-1 Hot & Sweet im ZDF und war damit Deutschlands jüngster TV-Moderator und Show-Autor. Die populäre Sendung war eine Antwort des ZDF auf den Beat-Club der ARD. Ein Unterschied zum Stil des Beat-Clubs war, dass Ilja Richter – in deutlichem Kontrast zu der Art, wie Jugendliche sich damals kleideten – öfter im Anzug und mit Krawatte auftrat. Gedreht wurde in Berlin. Ab 1970 moderierte er die Musiksendung, aus der am 13. Februar 1971 Disco wurde, allein. Einige seiner Sprüche, etwa „Licht aus! Whoom! Spot an! Jaaa …!“, wurden zu geflügelten Worten. Disco erreichte hohe Einschaltquoten und wegen ihres Erfolgs kam die Sendung bald ins Abendprogramm.
Ungewöhnlich an Disco war, dass Interpreten unterschiedlicher Musikrichtungen (Schlager, Pop, Rock) in einer Sendung auftraten. Zwischen den Musikdarbietungen wurden vorher aufgezeichnete Sketche gezeigt, in denen Ilja Richter als deutlicher Enthusiast der Operette, häufig überbetonend und mit affektierter Körpersprache Kalauer darbot, die einige Kritiker als simpel und vorhersehbar bewerteten.[12][13][14][15] Andere Stimmen[12] ordneten Stil und Form von Richters Auftritt aus Sicht der damaligen Zeit ein. So sei seine schauspielerische Leistung in einem völlig anderen Kontext als dem heutigen zu verstehen. Edo Reents von der Frankfurter Allgemeinen schrieb:
„Man war eigentlich nur an den Gesangsbeiträgen interessiert und nahm die ‚Handlung‘ als lästiges Übel meistens nur so hin. Diese Handlung bestand bei der „Disco“ aus selbstgeschriebenen, gespielten, gesprochenen und auch gesungenen Beiträgen des Moderators Ilja Richter – überwiegend Klamottiges, das dem Geist von Opas Fernsehen näher zu stehen schien als, sagen wir, ‚Klimbim‘. Aber das schien eben nur so. Heute, vierzig Jahre nach der von einem zunächst Achtzehnjährigen moderierten Sendung […] muss man sagen, dass allein schon Richters schauspielerische Einlagen, auf die man damals in Unkenntnis der damit verbundenen Talentanforderungen herabblickte, das Wiedersehen lohnen.“[16]
Insgesamt wurde Disco elf Jahre lang gesendet. Am 22. November 1982 wurde die Sendereihe im gegenseitigen Einvernehmen eingestellt. Noch 1997 wurde Disco in der 100. Folge von Kalkofes Mattscheibe im Fernsehsender Premiere parodiert.
Im Jahr 1978 produzierte Richter mit der Schauspielerin Ursela Monn das Album Riekes Jesänge mit Berliner Chansons. 1981 moderierte er die 60-minütige Fernsehshow Die Musikpalette.
Danach arbeitete er vorwiegend als Schauspieler und Regisseur. Den Einstieg dazu fand er in der Berliner Komödie Treppauf–Treppab und ging mit diesem Stück im Herbst 1983 auch auf Tournee; eine Fernsehaufzeichnung wurde 1984 gesendet. Sein bekanntester Auftritt war das Ein-Personen-Stück Der Ansager einer Stripteasenummer gibt nicht auf von Bodo Kirchhoff in der Regie von Detlef Altenbeck. Eine Zeitlang war Richter Mitglied des Ensembles des Bremer Schauspielhauses. Als Sprecher des Holzwurm der Oper wirkte er an der von Stefan Siegert geschriebenen Opernführer-für-Kinder-Serie der Deutschen Grammophon Gesellschaft mit.
Von 1985 bis 1987 war er Kolumnist der Tageszeitungen taz und Hamburger Morgenpost.
Richter betätigt sich auch als Synchronsprecher, vor allem für Trickfilme. Zu den bekanntesten Figuren, denen er seine Stimme lieh, zählen das Erdmännchen Timon aus dem Disney-Film Der König der Löwen, Graf Duckula aus der gleichnamigen Zeichentrickserie und Mike Glotzkowski aus den Pixar-Filmen Die Monster AG und Die Monster Uni.
Neben seiner Autobiografie Spot aus! Licht an! veröffentlichte Richter das Buch Der deutsche Jude, in dem er sich gemeinsam mit seiner Mutter ironisch mit der deutsch-jüdischen Geschichte auseinandersetzt. Sein auch als Hörbuch veröffentlichtes Buch Bruno – von Bären und Menschen (September 2007) ist eine Parabel über den 2006 erschossenen „Problembären“ Bruno. Am 8. Mai 2013 veröffentlichte er Du kannst nicht immer 60 sein. Mit einem Lächeln älter werden.
Im Jahr 2011 ging Richter anlässlich des 40-jährigen Jubiläums der ersten Sendung von Disco auf eine sogenannte „disco Tour“.[17][18] Außerdem produzierte er mit seinem Sohn Kolja die Kinderplatte Die kleine Schnecke. 2012 nahm Richter mit „Die letzte disco tour“ Abschied von seinen Disco-Fans und widmet sich seither wieder dem Schauspiel.
Im September 2022 erschien Richters autobiografisches Buch Nehmen Sie’s persönlich. Porträts von Menschen, die mich prägten mit Fotos von Joseph Gallus Rittenberg.[19]
Filme
Fernsehserien
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