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religiöse Literatur, die keine kanonische Bedeutung hat Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Apokryphen (auch apokryphe oder außerkanonische Schriften; altgriechisch ἀπόκρυφος apokryphos, deutsch ‚verborgen, dunkel‘; Plural ἀπόκρυφα apokrypha) sind religiöse Schriften jüdischer bzw. christlicher Herkunft aus der Zeit zwischen etwa 200 vor bis ca. 400 nach Christus, die nicht in einen biblischen Kanon aufgenommen wurden oder über deren Zugehörigkeit Uneinigkeit besteht, sei es aus inhaltlichen oder religionspolitischen Gründen oder weil sie erst nach Abschluss des Kanons entstanden sind oder zur Zeit seiner Entstehung nicht allgemein bekannt waren. Manchmal werden auch noch spätere christliche Schriften, deren Entstehungszeit bis ins 8. oder 9. Jahrhundert reicht, zu den neutestamentlichen Apokryphen gerechnet.[1]
Nach Benennung, Verfassertradition und Inhalt erheben apokryphe Schriften einen quasibiblischen Anspruch, sei es explizit und vom Verfasser gewollt oder auch ungewollt und nur zugeschrieben. Nur in dieser Hinsicht wurden sie von der vorherrschenden Strömung der Theologie als „apokryph“ im Sinne von abseitig und unzuverlässig charakterisiert, der falsche Schein des Kanonischen und Verbindlichen ist hierfür das entscheidende Merkmal.[2] Die theologische und literarische Qualität vieler Apokryphen bleibt allerdings tatsächlich oft deutlich hinter den kanonischen Schriften zurück.[1] Manche Apokryphen sind der Form nach Hagiographien, deren Hauptfiguren Personen aus dem biblischen Umfeld sind.
Der Begriff ist christlicher Herkunft und wird auch weitgehend nur in der christlichen Theologie verwendet. Er wurde im 2. Jahrhundert von christlichen Theologen geprägt. Im jüdischen Bereich spricht man stattdessen von „außenstehenden Büchern“ (gemeint sind in erster Linie Schriften, die nicht im Tanach, wohl aber in der griechischen Septuaginta enthalten sind).
Anfangs bedeutete er nicht nur „außerkanonisch“, sondern zugleich „häretisch“. Er bewertete die Schriften als Irrlehren oder Fälschungen und wurde zunächst vor allem auf Texte der Gnosis und aus deren Umfeld bezogen. Viele Gnostiker machten bestimmte Texte nur Eingeweihten zugänglich und kennzeichneten sie mit dem Wort „apokryph“ mitunter auch selbst als Geheimlehren.[2] Bildungssprachlich wird das Adjektiv „apokryph“ heute auch verwendet, um ganz allgemein auf einen zweifelhaften Ursprung oder Inhalt von Texten oder Aussagen Bezug zu nehmen.[3]
Streng zu unterscheiden ist zwischen Apokryphen des Alten und Neuen Testaments, da die damit jeweils verbundenen Forschungsprobleme und theologischen Fragestellungen unterschiedlich gelagert sind.
Nicht zu den Apokryphen gezählt werden Texte, die zwar einen ähnlichen Offenbarungsanspruch erheben, aber historisch in den ersten Jahrhunderten nicht nachgewiesen sind, z. B.:
Alttestamentliche Apokryphen im engeren Sinn sind die von Martin Luther und nach ihm auch von anderen Reformatoren ausgesonderten Schriften, die nicht in der hebräischen Bibel vorkommen, sondern nur in der griechischen Septuaginta enthalten sind. Alttestamentliche Apokryphen im weiteren Sinn umfassen weitere nichtbiblische Schriften des Judentums.[1]
Gegen Ende des ersten Jahrhunderts nach Christus soll es im Zuge der Kanonisierung der jüdischen Bibel im tannaitischen Judentum zur Ausgrenzung biblischer Schriften gekommen sein, die nur in der Septuaginta, nicht aber im Tanach enthalten sind. In der griechischsprachigen christlichen Kirche wurde die Septuaginta als Kanon des Alten Testaments beibehalten. Die römische Kirche rechnete deren Schriften seit dem 3. Konzil von Karthago (397) definitiv zum Kanon. Erst die Kirchen der Reformation ordneten sie im 16. Jahrhundert den „Apokryphen“ zu.
Der Septuaginta-Kanon ist allerdings nur in christlichen Zusammenhängen bezeugt. Der früher verbreiteten Auffassung, es habe im rabbinischen Judentum im Anschluss an die Synode von Jamnia eine bedeutende Reduktion der biblischen Schriftensammlung gegeben, die zuvor auch die heute als „Apokryphen“ bezeichneten Schriften mitenthalten hätte und als griechische Bibel des alexandrinischen Judentums anerkannt gewesen sei, wird heute widersprochen.[4]
Seit der Reformation unterscheidet sich daher der Umfang des Alten Testaments in den christlichen Konfessionen: Die katholische und die orthodoxe Kirche folgen in ihrem AT-Kanon weiter der Septuaginta, während die Reformatoren ihren Bibelübersetzungen die hebräische Bibel zugrunde legten. Entsprechend werden im Protestantismus alle Schriften, die im Judentum nicht als kanonisch anerkannt sind, zu den Apokryphen gezählt. Sie sind in der Lutherbibel als „nützliche“, aber nicht „heilige“ Schriften in einem Anhangsteil abgedruckt. In einigen Ausgaben der Lutherbibel sind sie gar nicht enthalten. In Bibelübersetzungen aus der reformierten Tradition waren sie anfangs enthalten (Zürcher Bibel von 1531), wurden aber später ausgeschlossen. Ähnliches gilt für die anglikanische Tradition, die die Apokryphen in der King-James-Bibel von 1611 zunächst in einem gesonderten Teil ohne Rangunterschied aufnahm, binnen eines Jahrhunderts aber aus ihren Bibelausgaben verdrängte.[4]
Die in protestantischen Kirchen als apokryph betrachteten Texte wurden im Sprachgebrauch der katholischen Theologie in der Zeit der Kontroverstheologie auch als deuterokanonische Schriften bezeichnet, um sie von den protokanonischen Schriften zu unterscheiden, die von allen christlichen Konfessionen anerkannt werden. In den orthodoxen Kirchen nennt man sie auch Anaginoskomena („Zu Lesendes“). Ein moderner Ausdruck für diese Schriften, der konfessionelle Neutralität anstrebt, lautet „Spätschriften des Alten Testaments“. Alle diese apokryphen Schriften sind (je nach Abgrenzung zumindest überwiegend) jüdischen Ursprungs und im Zeitraum vom 3. Jahrhundert v. Chr. bis zum 1. Jahrhundert n. Chr. entstanden.[4]
Folgende Schriften werden in der Lutherbibel als „Apokryphen“ bezeichnet und unter diesem Namen und in folgender Reihenfolge mit abgedruckt.
Alle anderen Apokryphen werden in der reformatorischen Tradition nicht zu dieser Schriftkategorie gezählt, sondern stattdessen im protestantischen Bereich oft zusammenfassend als „Pseudepigraphien“ bezeichnet, obwohl streng genommen keineswegs alle apokryphen Schriften Pseudepigraphien sind und es auch unbestritten kanonische Bücher in der Bibel gibt, die weithin als Pseudepigraphien erkannt oder betrachtet werden.
Die meisten Apokryphen nach diesem evangelischen Sprachgebrauch sind in katholischen Bibelausgaben, die auf der lateinischen Vulgata beruhen, als kanonische Schriften enthalten; sie wurden in der vorreformatorischen und katholischen Tradition auch niemals als „Apokryphen“ bezeichnet. Nur die Oratio Manassis („Gebet des Manasse“) gilt nach Auffassung beider Konfessionen als apokryph.
Das Trienter Konzil bestätigte das Gros der von den Reformatoren angezweifelten alttestamentlichen Bücher auf seiner 4. Session vom 8. April 1546 trotz gewisser Meinungsverschiedenheiten im Vorfeld als kanonisch. Später bezeichnete man sie zeitweise als deuterokanonisch, stufte sie aber nie herab und entfernte sie auch nicht von ihrer angestammten Stelle in den Bibelausgaben.
Einige in der Septuaginta nicht einheitlich bezeugte Spätschriften gehörten nie zum vorreformatorischen Kanon oder waren schon vor der Reformation umstritten. Aus katholischer Sicht als apokryph im engeren Sinn gelten daher nur folgende Schriften, die in Textzeugen der Septuaginta zwar überliefert, aber nicht in die Vulgata gelangt sind:
Die orthodoxe Tradition folgt der griechischen Bibel der Alten Kirche. Einen autoritativ festgelegten Kanon kennt sie jedoch nicht. Vorreformatorisch gab es Verhandlungen mit der lateinischen Kirche über den Wert oder die Geltung bestimmter Bücher unter anderem auf dem Unionskonzil von Florenz (1442). Verbindlichkeit und Rang einzelner Schriften wurden später unter dem Einfluss der Reformation in unterschiedlichem Ausmaß auch in der Orthodoxie in Zweifel gezogen oder relativiert. So setzte eine griechische Druckbibel von 1526 die Apokryphen in einen gesonderten Teil. 1629 lehnte der Patriarch von Konstantinopel Kyrillos Loukaris die über den Tanach hinausgehenden Bücher ab. Die 1642 abgehaltene Synode von Konstantinopel beurteilte die Apokryphen dagegen als nützlich und beizubehalten. Die Synode von Jerusalem (1672) akzeptierte nur die Bücher Tobit, Judit, Jesus Sirach und das Buch der Weisheit als zuverlässig überliefert. 1950 wurde indes für den panorthodoxen Gebrauch eine Bibelausgabe autorisiert, die alle im evangelischen Bereich als apokryph betrachteten Schriften ohne besondere Kennzeichnung enthält.[4]
Ein Sonderfall ist Psalm 151, der in der westlichen Kirche weder im katholischen noch im protestantischen Bereich als kanonisch anerkannt wird, in der Ostkirche jedoch immer als unbestrittener Teil des Psalmenbuches galt.
Daneben werden auch andere nichtkanonische Schriften des Judentums im christlichen Bereich in Analogie zu den neutestamentlichen Apokryphen als „apokryphe“ jüdische Texte bezeichnet, darunter etwa das Äthiopische und das Slawische Henochbuch oder die verschiedenen Baruch-Apokalypsen (2. Baruch, 3. Baruch und 4. Baruch). Sie stammen zum größten Teil aus dem hellenistischen Judentum Ägyptens, Syriens und Palästinas und aus dem Umfeld der Qumran-Schriften und enthalten Legenden, Erzählungen, Lehrtexte, poetische Texte und Apokalypsen.[1]
→ Liste: Pseudepigraphische Schriften zum Neuen Testament
Der Begriff neutestamentliche Apokryphen ist insofern problematisch, dass die damit bezeichneten Schriften ja gerade nicht Bestandteil des neutestamentlichen Kanons waren oder sind. Stattdessen haben die Theologen Edgar Hennecke und Wilhelm Schneemelcher in ihrer Zusammenstellung[5] genau solche Schriften zusammengefasst, die nach Form oder Inhalt mit den Schriften des Neuen Testaments in Beziehung stehen und für die entweder von Autoren oder Rezipienten kanonische Autorität beansprucht wurde, oder die zumindest für einzelne Leserkreise eine Ergänzung zum Kanon dargestellt haben.[6] Es handelt sich damit um christliche Schriften der ersten Jahrhunderte, die in Inhalt und Form den Schriften des Neuen Testaments ähneln. Häufig wurde deren Anspruch, von Aposteln verfasst worden zu sein oder über das Wirken von Aposteln zu berichten, von der Kirche oder ihren maßgeblichen Theologen bestritten. Daher erhielten sie spätestens seit Irenäus und Tertullian den Ruf des Gefälschten.[7] Die heutigen christlichen Konfessionen sind sich weitgehend darüber einig, dass sie nicht zur Bibel gehören.
Der Begriff „apokryph“ selbst war jedoch nicht immer negativ besetzt. So haben sich einige Schriften selbst so bezeichnet und sind dabei zum Teil erstaunlich breit überliefert. Die Bezeichnung könnte der Versuch gewesen sein, auszudrücken, dass mit dem Text eine Lehre autorisiert werden soll, die bisher nicht bekannt war.[8]
In aller Regel nicht als apokryph bezeichnet werden jene außerkanonischen frühchristlichen Texte, die zu den Schriften der Kirchenväter des 2. Jahrhunderts gerechnet werden, den sogenannten Apostolischen Vätern. Dieser Begriff wurde im 17. Jahrhundert für frühchristliche Autoren geprägt, von denen man die Übereinstimmung mit der Lehre der Apostel voraussetzte, weil sie als altkirchliche Theologen und Bischöfe anerkannt waren. Bei den im Zeitraum von etwa 90 bis 150 n. Chr. entstandenen Schriften der apostolischen Väter handelt es sich um lehrhafte, seelsorgerliche Briefe oder Kommentare zu neutestamentlichen Überlieferungen. Dabei sind die Grenzen zwischen Väterliteratur und Apokryphen teils fließend. So rechnet man frühchristliche Literatur wie die Didache oder den Hirten des Hermas in der Regel zu den Apokryphen, obwohl sie als authentisch und glaubenstreu anerkannt sind.
Zu den Apokryphen zählt man heute auch sogenannte Agrapha: mündlich überlieferte Worte, Dialoge und Episoden von und über Jesus, die in der NT-Überlieferung unbekannt sind und parallel dazu – auch innerhalb von Schriften der Apostolischen Väter – aufgeschrieben wurden.
Origenes († um 254) und der Kirchenhistoriker Eusebius († um 340) teilten die zu ihrer Zeit umlaufenden Schriften in drei Gruppen ein:
Eine eindeutige Abgrenzung zwischen kanonischen und nichtkanonischen Schriften besteht seit dem 39. Festbrief des Athanasius im Jahr 367 n. Chr.
Einen Sonderfall stellt der pseudepigraphische Laodizenerbrief dar, der zwar bereits in der Spätantike beispielsweise von Hieronymus abgelehnt wurde, in der Vulgata aber dennoch jahrhundertelang als kanonischer Paulusbrief überliefert und auch in allen 17 deutschen Übersetzungen des Neuen Testamentes vor der Lutherbibel enthalten war. Erst Luther beurteilte den Brief als apokryph und schied ihn aus seinem Kanon aus. Das Konzil von Trient, das in Beantwortung der reformatorischen Bibelkritik den für die römisch-katholische Kirche verbindlichen Kanon definierte, ließ den umstrittenen Brief nicht mehr zu, sodass er seither generell nicht mehr als kanonisches Buch wahrgenommen wird.[9]
Eine apokryphe jüdische Schrift wird mit Sicherheit im Neuen Testament zitiert, nämlich das Henochbuch in Vers 14 des Judasbriefes. Clemens von Alexandria verfasste um 200 n. Chr. einen Kommentar zur Offenbarung des Petrus, einer frühchristlichen Apokalypse, die nicht als kanonisch anerkannt wurde. Insgesamt gesehen sind aber Bezugnahmen auf Apokryphen bei den Kirchenvätern selten. Allerdings sind Vergleiche mit der Verwendungshäufigkeit der kanonischen Bücher dadurch erschwert, dass viele Stellenregister zu Kirchenväter-Ausgaben die Apokryphen gar nicht berücksichtigen.[10]
Bezüglich der apokryphen Evangelien ist eine Beurteilung ihrer Verwendung bei den Kirchenvätern ebenfalls schwierig, da von manchen apokryphen Evangelien nur Bruchstücke bekannt sind. Daher können abweichende Evangelienzitate bei Kirchenvätern oft nicht klar zugeordnet werden: Es lässt sich nicht zuverlässig feststellen, ob es sich um eine ungenaue Wiedergabe aus dem Gedächtnis, ein Zitat aus einer abweichenden Handschriftentradition eines kanonischen Evangeliums oder tatsächlich um eine Stelle aus einem apokryphen Evangelium handelt.
Viele neutestamentliche Apokryphen sind nicht vollständig im Original erhalten, sondern nur in Fragmenten oder in Übersetzungen. Manche sind auch nur aus Zitaten oder Erwähnungen bei den Kirchenvätern oder anderen frühchristlichen Schriftstellern bekannt. Häufig wurden die Schriften unter dem Namen eines bekannten Apostels oder Jüngers Jesu als Pseudepigraph verbreitet. Seit den Funden von Nag Hammadi, der eine umfangreiche gnostische Bibliothek erschloss, wurden einige bisher nur dem Namen nach oder auch gar nicht bekannte Texte in koptischen Versionen wiederentdeckt, darunter:
Teilweise wird in der Forschung die Auffassung vertreten, dass vor allem im Thomasevangelium unabhängige und ältere Traditionen von Äußerungen des historischen Jesus überliefert sind.[11] Andere Bibelwissenschaftler sehen dagegen gerade in dieser Schrift z. B. eine Abhängigkeit von anderen Evangelien, sowie teils starke redaktionelle Bearbeitungen z. B. unter dem Einfluss des Gnostizismus.
Viele dieser Texte waren zum Zeitpunkt der Kanonbildung nicht genügend bekannt oder nicht als autoritativ anerkannt. Von diesen apokryphen Texten sind Schriften zu unterscheiden, die ebenfalls zu jener Zeit entstanden sind, aber weder Aufnahme in den Kanon des Neuen Testaments gefunden haben, noch in Gemeinden verwendet wurden, die später Teil der Großkirche wurden, sondern als häretisch ausgeschieden wurden. Die Unterscheidung orthodoxer und häretischer Positionen, insbesondere von Großkirche und Gnostizismus, bildete sich aber erst in den ersten Jahrhunderten heraus und wurde unter anderem durch Apologeten wie Justin der Märtyrer und Irenäus von Lyon kriteriologisch fundiert.[12] Daher ist anzunehmen, dass sich viele später als „gnostisch“ und „häretisch“ eingestufte Gemeinden und Gemeindemitglieder anfangs nicht als vom sonstigen Christentum verschieden verstanden haben. Die Unterscheidung „orthodoxer christlicher Apokryphen“ und „gnostischer häretischer Schriften“ ist entsprechend problematisch. Grundsätzlich wird angenommen, dass die Kanonbildung häufig entlang der sich herausbildenden Opposition zu als Häretiken ausgeschiedenen Positionen verlief, so dass Texte, auf welche sich „Häretiker“ hätten berufen können, aus dem Kanon ausgeschieden wurden, um die großkirchliche Identität zu festigen.[13]
Die Zahl dieser Apokryphen liegt in der Größenordnung von 100 (eher mehr). Sie sind informativ im Hinblick auf das damalige volkstümliche Christentum in und außerhalb der Kirche, ohne jedoch die historische Kenntnis über Jesus und seine Apostel erheblich zu erweitern. Eine nachträgliche Aufnahme einzelner Apokryphen ins Neue Testament wird nicht ernsthaft erwogen, und von Laien werden sie weit weniger studiert als die 27 Bücher des NT.[14]
Der Papyrus Egerton 2 besteht aus Fragmenten von drei Seiten eines Kodex. Sie enthalten Teile eines unbekannten Evangeliums aus dem zweiten Jahrhundert, das in Ägypten gefunden und 1935 erstmals veröffentlicht wurde. Besonders das Verhältnis zum Johannesevangelium wird in der Forschung diskutiert. Inzwischen wurde der Papyrus Köln VI 255 als Teil derselben Handschrift erkannt.
Das Geheime Markusevangelium ist eine Variante des Markusevangeliums, die nur in einem angeblichen Brief des Clemens von Alexandria an einen sonst unbekannten Theodoros aus Alexandria mit zwei zitierten Erweiterungen gegenüber dem kanonischen Text bezeugt ist. Dieser Brief beschreibt jenes als ein auch vom Evangelisten Markus verfasstes „geistigeres Evangelium zum Gebrauch für jene, die eben vervollkommnet wurden“. Der Brief wurde nach dessen eigenen Angaben 1958 von Morton Smith im Kloster von Mar Saba entdeckt und 1973 erstmals herausgegeben. Das Original scheint verloren gegangen zu sein. Möglicherweise handelt es sich um eine moderne Fälschung.
1886 wurde ein Fragment des Petrusevangelium in Ägypten entdeckt. Dieses war bis dahin nur aus Notizen bei Eusebius von Caesarea bekannt. Die Handschrift wird in das frühe 9. Jahrhundert datiert, aber der Text war schon im 2. Jahrhundert in Ägypten verbreitet, wie einige Fragmente davon aus Oxyrhynchos belegen.
Das Fragment enthält einen verkürzten Passionsbericht mit Petrus als Ich-Erzähler. Er beginnt mit dem Händewaschen des Pilatus und weist unhistorischerweise Herodes und den Juden die Alleinschuld am Tod Jesu zu. Die Auferstehung Jesu Christi geschieht hier vor vielen Zeugen und mit phantastischen Zügen. Nach der Rückkehr der Jünger nach Galiläa begegnet Jesus den drei erstberufenen Jüngern Petrus, Andreas und Levi am See Genezareth (vgl. Joh 21 EU).
Helmut Köster hielt dies für die älteste Auferstehungsvision, die im Markusevangelium aus theologischen Gründen weggelassen worden sei. Martin Dibelius dagegen nahm an, der Autor habe alle kanonischen Evangelien gekannt, diese aus dem Gedächtnis nacherzählt und mit alttestamentlichen Zitaten ergänzt. Er kannte die Rechtsverhältnisse in Palästina nicht und sein Text enthält stark antijudaistische Züge, so dass Gerd Theißen[15] seinen Wert für die Erklärung des Todes Jesu als gering veranschlagt.
Der Papyrus Oxyrhynchus 840 ist ein kleines, beidseitig beschriebenes Blatt (8,5 zu 7 cm), das wahrscheinlich als Amulett diente. Dieses winzige Bruchstück wurde 1905 in Oxyrhynchus von Grenfell und Hunt entdeckt. Es enthält unter anderem ein Streitgespräch Jesu mit dem pharisäischen Oberpriester Levi über die Vorschriften zur Reinigung vor dem Betreten des Vorhofes des Jerusalemer Tempels durch Jesus und seine Jünger (vgl. Mk 7,1 EU; Mt 15,1 EU). Es betont ähnlich wie synoptische Texte die innere und nicht die äußere Reinheit, die mit der Taufe vollgültig gegeben sei. Manche Forscher, wie Joachim Jeremias, nahmen an, dass es zu einem vormarkinischen Evangelium gehörte. Es wäre dann das älteste bekannte Evangelienfragment.
Der Papyrus Oxyrhynchus 1224 besteht aus den Resten eines Papyrusbuches aus Oxyrhynchos. Das Fragment wurde erstmals von Bernard Pyne Grenfell und Arthur Surridge Hunt herausgegeben.[16] Aufgrund des schlechten Zustands der Blätter war eine Identifikation mit einem apokryphen Evangelium oder einer sonstigen bekannten Schrift bislang nicht möglich. Das Fragment wird ungefähr ins 4. Jahrhundert datiert.
Dieses Papyrusblatt aus dem 6. oder 7. Jahrhundert enthält Fragmente eines unkanonischen Evangeliums, möglicherweise aber auch den Text eines Evangelienauszugs oder einer Predigt. Der Inhalt bezieht sich auf die Verkündigung der Geburt Jesu und die Flucht nach Ägypten mit Bezügen zu Mt 2,13 EU bzw. Lk 1,36 EU.
Das Papyrusfragment aus dem 3. Jahrhundert wurde von Gustav Bickell 1885 in Wien gefunden und 1887 herausgegeben (Mittheilungen aus der Sammlung der Papyrus Erzherzog Rainer I, 1887, S. 54–61). Es ist ein kurzes Fragment mit verkürzter, älterer Abendmahlsszene. Fajjum ist der mutmaßliche Fundort in Ägypten. Klaus Berger vermutet die Entstehung der Schrift um 60–65 n. Chr.[17]
Der Straßburger koptische Papyrus sind einige Fragmente eines apokryphen Evangeliums aus dem 5. oder 6. Jahrhundert, die sich seit 1899 im Besitz der Straßburger Landes- und Universitätsbibliothek befinden. Es besteht eine Beziehung zum Unbekannten Berliner Evangelium, das womöglich eine andere Handschrift desselben Werks ist. Die Fragmente sind jedoch so stark zerstört, dass sie sich kaum auswerten lassen.
Die in dieser Gruppe zusammengefassten Texte gehören nicht alle zur literarischen Gattung der Evangelien, d. h. geordneten Erzählungen des Lebens und Wirkens Jesu, wie sie erstmals im Markusevangelium unter dieser Bezeichnung vorgelegt wurden. Vielmehr sind neben Evangelien im engeren Sinn, Evangelienharmonien und Spruchsammlungen auch esoterische Abhandlungen und andere Texte vertreten, die von den Verfassern oder Überlieferern aufgrund der ihnen beigemessenen Bedeutung, ihrer Botschaft, ihrer angestrebten Verbreitung oder aus anderen Gründen als „Evangelium“ bezeichnet wurden.
Als (apokryphe) Apostelakten werden Schriften bezeichnet, die (teilweise in fiktional, romanhaft-phantastischer Form) die Taten (lat. acta), insbesondere die Missionsreisen eines der Apostel beschreiben; deshalb wird auch von „apokryphen Apostelromanen“ gesprochen.[18] Vorbild solcher Apostelakten ist die Apostelgeschichte des Lukas, deren zweiter Teil von den Missionsreisen des Paulus berichtet. Dementsprechend nennt man zum Beispiel die „Thomasakten“ auch „Apostelgeschichte des Thomas“.
Die manichäische Sammlung der Apostelakten, die jedoch nicht als eigenständiges Werk zu sehen ist, umfasst folgende apokryphen Apostelgeschichten:
Weitere Apostelakten sind:
Es handelt sich um eine Gruppe sehr unterschiedlicher Schriftstücke, von denen einige einfach nachträgliche Kompilationen von Paulus-Zitaten (aus den kanonischen Briefen) sind, um Lücken in der Biografie des Paulus zu füllen. Der Barnabasbrief ist eigentlich kein Brief, sondern eher ein theologisches Traktat, das in die Gruppe der Apostolischen Väter gehört und zeitweise in manchen Kirchen als kanonisch galt.
Diese Schriften wurden zumeist von Kirchenvätern verfasst, sind auch in ihrem Wert anerkannt, aber gelten nicht als Schriften, die allgemeinverbindlichen Charakter für alle Zeiten haben. Trotzdem wurden einige davon zeitweise offiziell im Gottesdienst verlesen.
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