Remove ads
Buch (Kanon der Äthiopisch-Orthodoxen Kirche) Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Das äthiopische Henochbuch (oder Erstes Henochbuch, Abkürzung 1 Hen oder äthHen) gehört zu den so genannten Pseudepigraphen des Alten Testaments. Es umfasst eine umfangreiche Sammlung apokalyptischer Henoch-Traditionen mit unterschiedlichen Entstehungszeiten. Die ältesten Teile des Henoch-Buches dürften aus dem 3. Jh. v. Chr. stammen. Im Henochbuch finden sich apokalyptische Schilderungen wie in der Johannesoffenbarung und im Danielbuch, sie sind jedoch deutlich älter als diese. Die Offenbarung wird meist auf etwa 95 n. Chr. datiert, Daniel auf 167 v. Chr. Das Henochbuch ist somit die älteste bekannte apokalyptische Schrift.
Fragmente des Textes liegen auf Aramäisch, Hebräisch, Griechisch, Syrisch und Koptisch vor. Vollständig ist das Werk nur in der altäthiopischen Fassung überliefert. Dies ist der Tatsache zu verdanken, dass das Buch Teil des biblischen Kanons der äthiopischen Kirche ist. Die äthiopische Übersetzung beruht auf griechischen und aramäischen Henoch-Schriften. In den jüdischen Kanon oder denjenigen anderer christlicher Kirchen wurde das Werk nicht aufgenommen.
Große Teile des Henochbuches wurden 1948 zusammen mit anderen Werken in den Höhlen von Qumran gefunden, und zwar in aramäischer Sprache, was wahrscheinlich die Originalsprache darstellt.[1] Teile des Henochbuchs sind enthalten in den Qumrantexten 4Q201 bis 4Q202, 4Q204 bis 4Q212 und 1Q19.
Nicht in den Qumran-Funden enthalten ist das (Teil-)Buch der Bildreden. Es wurde schon immer vermutet, dass dieser Teil des Henochbuches erst in christlicher Zeit entstanden sei. Die Qumran-Funde nähren diese Vermutung zusätzlich. Man kann daher davon ausgehen, dass die Essener im 1. Jahrhundert v. Chr. das Werk zu einem großen Teil kannten.
In welchem Zusammenhang das sogenannte Gigantenbuch, eine vor den Qumran-Funden nur aus der Überlieferung der Manichäer bekannte Henoch-Apokalypse, zu dem äthiopischen Henochbuch steht, bleibt unklar. Eines der Fragmente des Gigantenbuchs (4Q203) und das Henochbuch waren offenbar Teil der gleichen Sammelschrift.[2]
Henoch, der Nachkomme Adams in siebenter Generation (1 Mos 5,18–23 ELB), wurde gemäß der Bibel bei lebendigem Leib in den Himmel entrückt (1 Mos 5,24 ELB). Dort heißt es:
„Und Henoch wandelte mit Gott, nachdem er Metuschelach gezeugt hatte, 300 Jahre und zeugte Söhne und Töchter. Und alle Tage Henochs betrugen 365 Jahre. Und Henoch wandelte mit Gott; und er war nicht mehr da, denn Gott nahm ihn hinweg.“
Außer Henoch wurde von den Personen des Alten Testaments nur noch der Prophet Elija entrückt (2 Kön 2,11 ELB). Henoch soll auf dem Weg zum Himmel diverse Offenbarungen von Engeln und Gott selbst erhalten haben. Im neutestamentlichen Judasbrief wird das Henochbuch zitiert (Judas 14–15 ELB).
Das Wächterbuch weist Parallelen zu Tobit GNB auf, was auf die Verarbeitung einer gemeinsamen Überlieferung hinweist.[3] Weiter wurden inhaltliche Bezüge des Einleitungsteiles (insbesondere 1 Hen 1) zur Segensrede des Mose in Dtn 33 ELB angenommen.[4]
Das Buch Henoch wird von Siegbert Uhlig wie folgt gegliedert:[5]
Das Buch handelt einerseits von Henoch, der während seines irdischen Daseins in den Himmel entrückt wurde und dem so alle himmlischen und göttlichen Geheimnisse offenbart wurden, andererseits vom Fall der Engel.
In der Einleitung wird Henoch als Prophet dargestellt, der eine Vision vom kommenden Gericht empfängt. Aus diesem Teil des Henochbuches (I,9) wird im Judasbrief zitiert.
Im Buch der Wächter wird zuerst erzählt, wie einige Engel um ihren Anführer Semjasa beschließen, auf der Erde Frauen zu nehmen (vgl. 1 Mos 6,1–4 ELB). Wie auch sonst in der Mythologie kann eine solche Vermischung zwischen der himmlischen und der irdischen Sphäre nicht gut ausgehen. Nachdem die Engel auf Erden sich beliebig Frauen genommen haben, gebären diese Riesen, welche die Erde verheeren. Dies löst den Zorn Gottes aus, so dass er die Engel aus dem Himmel verbannt und am Jüngsten Tag in einen Feuersee werfen will. Über die Erde wird Gott eine Sintflut ergehen lassen, um die Riesen zu bekämpfen. Die Engel bitten Henoch, für sie durch eine Bittschrift bei Gott um Gnade zu flehen. Dieser Wunsch wird von Gott jedoch abgelehnt. Henoch muss danach wiederum als Bote fungieren und dies den gestürzten Engeln mitteilen. Bei der anschließenden Himmelsreise Henochs wird ausführlich der Himmel und seine Umgebung geschildert, wohin Henoch entrückt wurde. Es werden auch Hinweise auf einen Feuersee gezeigt – ein Motiv, das dann in der Johannes-Offenbarung aufgenommen wird.
In den vermutlich später hinzugekommenen Bilderreden wird viel vom Menschensohn gesprochen. Unklar bleibt, ob damit der künftige Messias, den er an der rechten Seite des Thrones Gottes sieht, oder Henoch selbst gemeint ist.
Im sogenannten Astronomischen Buch wird von einer flachen Erde gesprochen, die auf Säulen ruht. Der Mond und die Sonne finden sich an Fäden aufgehängt und kreisen um die Erde. Zwei Riesentiere, der Behemoth und der Leviathan, werden als männliches und weibliches Ungeheuer beschrieben, die in der Wüste und im Meer leben.
Henoch kehrt noch einmal zur Erde zurück und erfährt in einem Traum, was seinem Urenkel Noach widerfahren wird und wie dieser von der Sintflut errettet wird. In der sogenannten Tierapokalypse zeigt Gott dem bestürzten Henoch, was mit der Welt und dem Volk Israel bis zur Verbannung Judas nach Babylon passieren wird, dies alles symbolisch mit Tierbildern, dabei symbolisieren Schafe das Volk Israel. Den Traum erzählt er seinem Sohn Methusalem als Warnung. Schließlich wird er endgültig im Himmel aufgenommen.
Zur Frage, welcher literarischen Gattung das Wächterbuch zuzuordnen ist, gibt es in der Forschung keinen Konsens.[6] Man ist sich aber einig darüber, dass 1 Henoch insgesamt als apokalyptisches Buch zu bezeichnen ist.[7][8]
Im äthiopischen Henochbuch erscheint erstmals im jüdischen Kulturraum eine ausführliche Beschreibung des Himmels sowie des Totenreichs, das nicht mit der Hölle zu verwechseln ist. Vielmehr kommt Henoch bei seiner Himmelsreise an schrecklichen Orten vorbei, wo die gefallenen Engel gefangen gehalten werden (1 Hen 21). Diese Beschreibungen haben vermutlich sowohl im Christentum als auch im Islam die Lehre von Himmel und Hölle beeinflusst und wurden in diesem Fall jeweils entsprechend weiter ausgeschmückt. Der Tanach kennt diese Form der Hölle nicht.[9]
chronologisch absteigend geordnet
Seamless Wikipedia browsing. On steroids.
Every time you click a link to Wikipedia, Wiktionary or Wikiquote in your browser's search results, it will show the modern Wikiwand interface.
Wikiwand extension is a five stars, simple, with minimum permission required to keep your browsing private, safe and transparent.