Werraaue Treffurt
Naturschutzgebiet in Thüringen Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Die Werraaue Treffurt erstreckt sich in einer Sohle des Werratals, unmittelbar an der thüringisch-hessischen Landesgrenze. In ihr befinden sich mit Wasser gefüllte ehemalige Kiesgruben mit ausgedehnten Röhrichten und Großseggenrieden, die zum Lebensraum für Vögel und Amphibien geworden sind. Die Biotope und Arten, die der Auenbereich beherbergt, gelten wegen ihrer Besonderheit als schutzwürdig. Um sie zu erhalten und Störungen von ihnen fernzuhalten, hatte das Thüringer Landesverwaltungsamt, als Obere Naturschutzbehörde, die Fläche im Juni 1996 zum Naturschutzgebiet erklärt. Die Werra wurde mit einer Länge von rund einem Kilometer, in ihrer ganzen Breite, mit in das Schutzgebiet einbezogen. Als eine der „Perlen“ des „Grünen Bandes“ wird die Treffurter Aue als ein wichtiger Trittstein in dem Biotopverbund entlang der Werra angesehen. Der geschützte Auenbereich setzt sich auf hessischer Seite mit dem Naturschutzgebiet „Frankenloch bei Heldra“ fort.[1]
Werraaue Treffurt
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Blick vom Heldrastein auf die Aue zwischen Treffurt (im Bild rechts) und Heldra (links). | ||
Lage | Südwestlich von Treffurt im thüringischen Wartburgkreis | |
Fläche | 68,5 Hektar | |
Kennung | 208 | |
WDPA-ID | 166254 | |
Geographische Lage | 51° 8′ N, 10° 13′ O | |
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Meereshöhe | von 171 m bis 180 m | |
Einrichtungsdatum | 1995 | |
Besonderheiten | Besonderer Schutz als Naturschutzgebiet und Teil eines Flora-Fauna-Habitat-Gebiets sowie des „Grünen Bandes“. |
Die Aue liegt südwestlich von Treffurt im westthüringischen Wartburgkreis. Die Fläche war in der Zeit der Teilung Deutschlands im militärischen Sperrgebiet der DDR und konnte sich weitgehend ungestört zu einem naturnahen Landschaftsteil entwickeln.
Im Westen wird das Naturschutzgebiet von der Landesgrenze zu Hessen begrenzt. Nördlich reicht es bis an zwei Bahndämme, deren Gehölze gegen die nahe Bundesstraße 250 abschirmend wirken. Die Bahndämme sind Relikte der „Vogteier Bimmelbahn“, die zwischen Treffurt und Mühlhausen verkehrte und der „Werratalbahn“ die zwischen Schwebda und Wartha über Treffurt fuhr. Südlich geht die Aue in das Bergland um den Heldrastein über.
Das Auengebiet, das sich hier auf eine Breite von über einem Kilometer weitet, gilt als der Beginn des Unteren Werratals, in der der Fluss nach dem vollzogenen Durchbruch durch die Muschelkalkrandplatten des Thüringer Beckens in die Buntsandsteinbucht eintritt. Es ist ein durch Ausräumung der Buntsandstein- und Zechsteinschichten sowie durch unterirdische Auslaugungen von Zechsteinsalzen entstanderer größerer Beckenbereich.[2]
Nach der landesinternen Naturraumkarte Thüringens der Landesanstalt für Umwelt und Geologie, befindet sich die Aue in der Einheit „Werrabergland-Hörselberge“ der Landschaft „Muschelkalk-Platten und -Bergländer“.[3] Die naturräumliche Gliederung nach Otto Klausing ordnet den Bereich der Teileinheit „Treffurt-Wanfrieder Werratal“ im „Unteren Werraland“ des „Osthessischen Berglands“ zu.[4]
Die Aue gehört zum Naturpark Eichsfeld-Hainich-Werratal.
In der Nacheiszeit haben sich in dem Auenbereich bis zu sechs Meter mächtige Sedimente aus den herangeführten Materialien des Thüringer Waldes und den von der Werra durchflossenen Triaslandschaften abgelagert. Diese Schotter wurden bereits vor langer Zeit aus einigen Flächen ausgekiest, in deren aufgelassenen Gruben im Nordosten des Schutzgebiets drei kleinere Teiche entstanden sind. Südlich schließt sich ein weiterer Teich einer in den 1980er Jahren ausgebeuteten Kiesgrube an. Der Wasserspiegel der Baggerseen korrespondiert über das Grundwasser mit der Werra. In der Regel liegt der Wasserspiegel bis zwei Meter unter dem Niveau der Aueböden.[1]
Am Werraufer und um die drei älteren kleinen Kiesgruben haben sich mehrschichtige Gehölzstreifen, in denen Weiden und Schwarzerlen dominieren, ausgebildet. Die Verlandungszonen in den Flachwasserbereichen der Gewässer gehen in ausgedehnte Schilfröhrichte und Großseggenriede über. Auf feuchten Standorten sind Hochstaudenfluren vorhanden. Die sich teilweise in starker Sukzession befindlichen Abschnitte zwischen den Gewässern bestehen aus mit zahlreichen Gebüschen durchsetzten blütenreichen Ruderalfluren, von dessen großem Angebot an Blüten, Samen und Früchten zahlreiche Insekten profitieren.
Wasservögeln und Röhrichtbewohnern bietet der Bereich angemessene Habitate. Die Kartierungen der Wiesenbrütergebiete Thüringens im Jahr 2000 und für den Thüringer Brutvogelatlas im Jahr 2006 brachten „beachtliche“ Brutnachweise, auch von besonders schutzwürdigen Arten, für das Gebiet.[1] Zu dem vorkommenden Wassergeflügel gehören Gänsesäger, Blessralle, Zwergtaucher, Reiher-, Tafel-, Krick-, Knäk-, Löffel- und Schnatterente, Haubentaucher, Höcker- und Singschwan, Kormoran sowie Grau- und Silberreiher. Auch Eisvogel, Rohrammer, Blaukehlchen sowie Schwarz-, Grün-, Grau- und Buntspecht wurden im Schutzgebiet gesehen. Die seltene Beutelmeise findet in den ehemaligen Entwässerungsgräben ideale Brutbedingungen.[5]
Mehrere Amphibien- und Reptilienarten haben in der Aue ihre charakteristischen Lebensbereich. Im Schutzgebiet wurden Kammmolch, Kreuzkröte, Laubfrosch und Seefrosch sowie Zauneidechse und Ringelnatter nachgewiesen. Besondere Bedeutung für Insekten, wie Schmetterlinge und Heuschrecken, besitzen die Ruderal- und Staudenfluren mit ihrem Blütenangebot, das in der gesamten Vegetationsperiode zur Verfügung steht.[1]
An den stauden- und binsenreichen Ufern der Gewässer sind die Libellen zuhause, unter ihnen Große Pechlibelle, Blaugrüne Mosaikjungfer und Gemeine Winterlibelle. Für Laufkäfer besitzt das Gebiet landesweite Bedeutung wegen der hier vorkommenden Arten kiesiger Flussufer. In der ersten Hälfte der 1990er Jahre wurden von Wissenschaftlern mehr als siebzig Arten nachgewiesen.[1]
In den 1950er Jahren riegelte die DDR-Führung mit dem Ausbau der Grenzanlagen ihr Land mit einem fünf Kilometer breiten Sperrgebiet zur Bundesrepublik Deutschland ab. Im Sperrgebiet, entlang der Grenze, verlief ein fünfhundert Meter breiter Schutzstreifen, in dem auch die Aue mit den Teichen lag. Die Baggerteiche, als die wichtigsten Angelgewässer der Treffurter Angler, waren damit für die Allgemeinheit gesperrt. Erst mit der Wiedervereinigung, durfte nach fast vierzig Jahren wieder dort geangelt werden. Die Einrichtung des Naturschutzgebietes und die Umsetzung der Maßnahmen der Schutzgebietsverordnung, in der ersten Hälfte der 1990er Jahre, verursachte Konflikte zwischen Naturschutz und Sportanglern, die befürchteten, dass ihnen erneut das Angeln dort versagt wird. Nach öffentlich geführten Auseinandersetzungen kam es später zu einem Nebeneinander von Gewässerstreifen mit Angelverbot, die weitgehend ungestört bleiben sollten, und Bereichen, an denen die Fischerei ausgeübt werden darf.[6]
Mit Verordnung vom 1. Juni 1995 des Thüringer Landesverwaltungsamtes in Weimar, als Oberer Naturschutzbehörde, wurde die Werraaue bei Treffurt zum Naturschutzgebiet erklärt.[7] Das Schutzgebiet mit der thüringeninternen Kennung 218 besitzt eine Größe von 68,5 Hektar und hat den WDPA-Code 166254.[8] Das Schutzziel war, diesen Abschnitt der Werraaue mit seinen Kiesgruben, Röhrichten und Riedflächen zu erhalten und als Lebensraum vor allem für Vögel und Amphibien zu sichern.
Die Werra, die die Aue durchfließt, gehört auch zu dem Flora-Fauna-Habitat-Gebiet „Werra bis Treffurt mit Zuflüssen“. Allerdings nur der Fluss als solcher, ohne die angrenzenden Biotope, wie beispielsweise die Uferböschungen. Sie sind nicht miteinbezogen worden. In dem europäisch vernetzten Schutzgebietssystem Natura 2000 hat das 2.260 Hektar große FFH-Gebiet die Nummer 5328-305 und landesintern die Kennung 111. Mit vielen Teilflächen erstreckt es sich von den Quellbereichen bis zur Landesgrenze bei Treffurt.[9][10]
An der westlichen Seite grenzt das hessische Naturschutzgebiet „Frankenloch bei Heldra“ direkt an die Treffurter Aue. Es dient ebenfalls dem Gewässer- und Auenschutz. Beide Flächen bilden eine räumliche und funktionale Einheit, die den in der Flussniederung lebenden Arten ein ausreichend großes Areal zur Verfügung stellen kann. Sie gelten als bedeutsamer Teil in dem „Korridor der Artenvielfalt“ des „Grünen Bandes“ entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze. Das mit der Entscheidung des Thüringer Landtages vom 9. November 2018 zum Nationalen Naturmonument erklärte Naturschutzgroßprojekt soll zur Erhaltung der biologischen Vielfalt in Deutschland beitragen.[11] In der heutigen Kulturlandschaft gelten viele Tier- und Pflanzenarten durch eine „Verinselung“ ihres Lebensraumes als bedroht. Ihre Bestände können sich nicht mehr austauschen, vielfach sterben sie lokal aus, weil sie zu klein geworden sind und eine Besiedelung weiter entfernt liegender Lebensräume nicht gelingt. Die Schaffung von Biotopverbundsystemen wie die des „Grünen Bandes“, als „Trittsteine“ für den notwendigen Austausch, wurde daher als ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur langfristigen Sicherung der Arten angesehen.
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