Erster in der Saison 1971/72 der deutschen Fußball-Bundesliga und somit Deutscher Meister der Männer wurde der FC Bayern München.
Meisterschaft
Die Saison 1971/72 entwickelte sich überraschend zum Zweikampf zwischen dem Vizemeister FC Bayern und Schalke 04, nachdem Titelverteidiger Borussia Mönchengladbach bereits früh in der Saison Punkte verloren hatte und den Anschluss nicht wiederherstellen konnte. Mit Schalke 04, 1970/71 noch Sechster, hatte vor Saisonbeginn niemand gerechnet. Der zu Saisonbeginn verpflichtete Trainer Ivica Horvat holte jedoch aus seiner Mannschaft – eine Mischung aus alt, wie Nationalverteidiger Klaus Fichtel (27 = Alter am letzten Spieltag), dem niederländischen Mittelfeldakteur Heinz van Haaren (32) und dem dribbelstarken Reinhard „Stan“ Libuda sowie den aufstrebenden Talenten wie Verteidiger Rolf Rüssmann (21), den von Kickers Offenbach geholten Zwillingen Erwin und Helmut Kremers (23), dem Mittelstürmer Klaus Fischer (22), der zum zweitbesten Bundesliga-Goalgetter avancieren sollte, und Torwart Norbert Nigbur (24), der eine ausgezeichnete Saison hinter sich bringen sollte – das Beste heraus. Auch eine überraschend hohe 0:7-Niederlage bei Borussia Mönchengladbach am 12. Spieltag brachte die Mannschaft nicht aus dem Konzept. Vor dem letzten Spieltag der Hinrunde lag Schalke mit einem Punkt vor den Bayern, die am 16. Spieltag noch mit einem 11:1 gegen Borussia Dortmund ihren höchsten Bundesligasieg erreichten. Schalke 04 legte am 17. Spieltag durch einen 1:0-Sieg in der Glückauf-Kampfbahn über die Bayern durch ein spätes Tor von van Haaren weiter vor.
Die Bayern, die im März verhinderten, dass Gerd Müller einem Millionenangebot des FC Barcelona folgend in die gerade für Ausländer wiedereröffnete spanische Liga abwanderte, leisteten sich in der Rückrunde nur eine weitere Niederlage, nämlich beim MSV Duisburg, bei dem sie am letzten Spieltag der Vorsaison die Meisterschaft verloren hatten, und zwei weitere Punktverluste. Die Schalker dagegen mussten vor dem letzten Spieltag drei Niederlagen und zwei Unentschieden hinnehmen, womit die Bayern einen Punkt vorne lagen. Die Schlussphase der Bundesliga wurde für die Europameisterschafts-Endrunde zwischen dem 14. Juni und dem 18. Juni 1972 unterbrochen. Der letzte Spieltag stellte ein Novum da, da sich erstmals zwei Mannschaften mit Titelchancen gegenüber standen; eine Art Finale. Dies war auch der erste letzte Spieltag, der an einem Mittwoch stattfand und an dem nicht alle Spiele zeitgleich stattfanden. Alle Spiele fanden um 15:30 statt, nur Bayern gegen Schalke wurde um 20:00 Uhr angepfiffen, um die erste Live-Fernsehübertragung eines Bundesligaspiels, allerdings nur bei partizipierenden Dritten Programmen der ARD, wie bspw. dem des Bayerischen Rundfunks, zu ermöglichen. Das war auch das erste Spiel des FC Bayern im neuen für die Olympischen Spiele 1972 erstellten Münchner Olympiastadion. Rund 80.000 Zuschauer ermöglichten die erste Millioneneinnahme des FC Bayern in einem Spiel und es war auch die bis dahin höchste Einnahme in einem Bundesligaspiel. Nach rund einer halben Stunde legte Bayerns rechter Verteidiger, der Däne Johnny Hansen, das 1:0 vor. Zehn Minuten später erhöhte der linke Verteidiger Paul Breitner auf 2:0. Zehn Minuten nach der Pause verkürzte Klaus Fischer noch einmal auf 1:2, der als Talent geführte Willi Hoffmann erhöhte in der 69. Minute auf 3:1. In der 80. Minute erzielte Uli Hoeneß das hundertste Saisontor der Bayern und in der Schlussminute besorgte Franz Beckenbauer das 5:1.
Die 101 Tore der Bayern sind noch heute gültiger Rekord. Gerd Müller stellte mit 40 Toren eine Rekordmarke auf, die 49 Jahre Bestand hatte, obwohl er drei Elfmeter verschossen hatte. Erst in der Saison 2020/21 hat Robert Lewandowski diese Marke um ein Tor überboten. Der Punkterekord des FC Bayern München (55:13 Punkte, umgerechnet 79 Punkte nach der Drei-Punkte-Regel) hatte 40 Jahre lang Bestand. Erst in der Spielzeit 2011/12 wurde dieser Rekord von Borussia Dortmund (81 Punkte, nach alter Zwei-Punkte-Regelung 56:12) gebrochen, allerdings stellten die Bayern in der Folgesaison 2012/13 den Rekord des BVBs wieder ein und holten insgesamt 91 Punkte und die Meisterschaft. Schalke 04 war mit 52:16 Punkten, umgerechnet 76 Punkte nach der Drei-Punkte-Regel, der beste Vizemeister bis zur Saison 2015/16, als Borussia Dortmund 78 Punkte holte (nach alter Zwei-Punkte-Regelung 54:14). Nach der Zwei-Punkte-Regelung hatte Werder Bremen diesen Rekord 1982/83, damals hinter dem HSV, bereits eingestellt, wenngleich mit schlechterer Tordifferenz. Weiterhin bis heute ungebrochen ist die Heimspielbilanz der Schalker von 16 Siegen und einem Unentschieden bei einem Torverhältnis von 54:8 Toren.
Weitere Entscheidungen und Themen
Schalke gewann am Sonntag nach dem Spiel in München im Niedersachsenstadion von Hannover das Pokalfinale gegen den 1. FC Kaiserslautern mit 5:0, seinerzeit ein Rekordergebnis, das Schalke 04 beim 5:0-Finalsieg über den MSV Duisburg im Jahre 2011 wiederholte. Schalke war damit für den Europapokal der Pokalsieger qualifiziert.
Der 1. FC Kaiserslautern qualifizierte sich als Pokalfinalist für den UEFA-Cup, ebenso wie die Ränge drei bis fünf der Bundesliga, Borussia Mönchengladbach (in dieser Saison nach dem 7:1 im Büchsenwurfspiel gegen Inter Mailand aus dem Meistercup ausgeschieden), der 1. FC Köln und Eintracht Frankfurt. Enttäuschend war der durch teure Einkäufe wie Herbert Laumen vom Meister Borussia Mönchengladbach sowie Werner Weist und Willi Neuberger aus Dortmund verstärkte SV Werder Bremen, der in dieser Saison mit in Bremer Stadtfarben gehaltenen rot-weiß gestreiften Trikots und weißen Hosen auflief und sich den Beinamen Millionenelf erwarb: Am Ende stand der elfte Platz. Interessante Randnotiz: Da das neue Bremer Trikot dem Heimtrikot des HSV im Fernsehen zu ähnlich war, musste Bremen in der zweiten Halbzeit der Partie in Hamburg mit dem Hamburger Auswärtstrikot spielen[1].
Anderweitig stand die Saison im Schatten von Diskussionen über den Bundesligaskandal, der in der vorangegangenen Sommerpause publik geworden war. Arminia Bielefeld wurden in Folge alle Punkte dieser Saison aberkannt, wäre aber ohnehin Letzter geworden. Eine weitere Auswirkung des Skandals waren die deutlich niedrigeren Zuschauerzahlen: Der Zuschauerschnitt sank von 21.405 Zuschauern pro Spiel auf 18.730. Mitabsteiger war Borussia Dortmund, deren Mannschaft als überaltert angesehen wurde und zudem durch den Abgang einiger der besseren Spieler in den letzten Jahren geschwächt war.
Fußballer des Jahres wurde Mönchengladbachs Günter Netzer, der vor allem in der Nationalmannschaft brillierte.
Für ein Kuriosum sorgte der von Mönchengladbach zum VfB Stuttgart gewechselte Nationalspieler Horst Köppel, der mit Toupet über seinem schütteren Haar auflief und dafür Werbegelder kassierte.
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(1) Aufgrund des
Bundesliga-Skandals aus der Vorsaison wurden Arminia Bielefeld alle Punkte aberkannt.
Deutscher Meister und Teilnahme am Europapokal der Landesmeister 1972/73: FC Bayern München
DFB-Pokal-Sieger und Teilnahme am Europapokal der Pokalsieger 1972/73: FC Schalke 04
Teilnahme am UEFA-Pokal 1972/73: Borussia Mönchengladbach, 1. FC Köln, Eintracht Frankfurt, 1. FC Kaiserslautern (Pokalfinalist)
Abstieg in die Regionalliga West 1972/73: DSC Arminia Bielefeld, Borussia Dortmund
Die Kreuztabelle stellt die Ergebnisse aller Spiele der Saison dar. Die Heimmannschaft ist in der linken Spalte aufgelistet und die Gastmannschaft in der obersten Reihe.
Gerd Müller erzielte 40 Saisontore, die erst 49 Jahre später von Robert Lewandowski überboten wurden, der in der Saison 2020/21 41 Tore erzielte.
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