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Sinfonie von Ludwig van Beethoven Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Sinfonie Nr. 6 F-Dur op. 68 von Ludwig van Beethoven mit dem Beinamen „Pastorale“ entstand 1807/1808, gleichzeitig mit der 5. Sinfonie, und ist eines seiner wenigen Werke mit explizit programmatischem Gehalt. Franz Joseph Maximilian von Lobkowitz und Andreas von Rasumowski gewidmet, besteht sie als einzige Sinfonie Beethovens aus fünf Sätzen. Die Uraufführung fand am 22. Dezember 1808 im Theater an der Wien statt. Die Spieldauer beträgt circa 43 Minuten.
Die Pastorale sei eines der am reichhaltigsten dokumentierten Werke Beethovens, überliefert in einem Kaleidoskop von Material sowohl in Gestalt von Skizzen als auch in Form handschriftlicher Quellen des ganzen Werks in seiner endgültigen Gestalt, erläutert Jonathan Del Mar im Vorwort der Bärenreiter Urtext-Ausgabe.[1]
Nach Vorarbeiten ab 1803 – also aus der Zeit während und kurz nach Beethovens Arbeit an der revolutionären 3. Sinfonie – entstand die 6. Sinfonie (op. 68) in den Jahren 1807 und 1808 gleichzeitig mit der 5. Sinfonie (op. 67) angeblich in Nußdorf und Grinzing, damals Vororte von Wien. Zwischen diesen beiden Ortschaften fließt der Schreiberbach: „Hier habe ich die Szene am Bach geschrieben, und die Goldammern da oben, die Wachteln, Nachtigallen und Kuckucke ringsum haben mitkomponiert.“ Dieses von Anton Schindler, Beethovens langjährigem Sekretär überlieferte Zitat ist jedoch zweifelhaft. Die Sinfonie wurde vermutlich in keinem der damaligen Vororte, sondern in Wien selbst begonnen.[2]
Diese augenscheinlich unterschiedlichen Sinfonien Nr. 5 und Nr. 6 werden als Werke angesehen, die sich gegenseitig ergänzen und deshalb auch oft als „Schwesterwerke“ bezeichnet. So schrieb zum Beispiel im Jahre 1995 der US-amerikanische Musikwissenschaftler William Kinderman: „Wie die ‚Waldstein‘- und ‚Appassionata‘-Sonate stellen die Fünfte und die Sechste Sinfonie disparate musikalische Werke dar, die […] einander ergänzen“.[3]
Beethoven war ein großer Naturliebhaber und mochte die Spaziergänge im Freien; zu seinen Lieblingsbüchern gehörte Betrachtungen der Werke Gottes im Reiche der Natur und der Vorsehung auf alle Tage des Jahres vom deutschen Theologen Christoph Christian Sturm.[4] Und so schrieb er beispielsweise im Jahr 1815:
„Mein Dekret: nur im Lande bleiben. Wie leicht ist in jedem Flecken dieses erfüllt! Mein unglückseliges Gehör plagt mich hier nicht. Ist es doch, als ob jeder Baum zu mir spräche auf dem Lande: heilig, heilig! Im Walde Entzücken! Wer kann alles ausdrücken? Schlägt alles fehl, so bleibt das Land selbst im Winter wie Gaden, untere Brühl usw. Leicht bei einem Bauern eine Wohnung gemietet, um die Zeit gewiß wohlfeil. Süße Stille des Waldes! Der Wind, der beim zweiten schönen Tag schon eintritt, kann mich nicht in Wien halten, da er mein Feind ist.“
Als Vorläufer späterer Programmmusik hat Beethoven dieser Sinfonie die Eindrücke eines (Stadt-)Menschen in der Natur und pastoraler (= ländlicher) Umgebung zugrunde gelegt. Die fünf Sätze behandeln dabei verschiedene Situationen, die sich zu einem Gesamtwerk zusammenfügen. „Sinfonia caracteristica oder Erinnerung an das Landleben“ und „Sinfonia pastorella“ (mit dem Hinweis „wer auch nur je eine Idee vom landleben erhalten, kann sich ohne überschriften selbst denken, was der autor [will]“) hieß die 6. Sinfonie in den ersten Skizzen; erst bei der Drucklegung nannte Beethoven sie „Pastoral-Sinfonie oder Erinnerungen an das Landleben“. Da Beethoven der musikalischen Darstellung eines außermusikalischen Inhalts im Sinne der Programmmusik kritisch gegenüberstand und zudem besorgt war, sein Werk könnte vom Publikum und der Kritik missverstanden werden, fügte er dieser Bezeichnung in Klammern den vielzitierten Zusatz „Mehr Ausdruck der Empfindung als Malerei“ hinzu und bestand auch auf wortgetreuer Wiedergabe dieser sorgfältig formulierten Bezeichnung auf dem Titelblatt der gedruckten Partitur, was bei der Erstausgabe im Jahr 1809 allerdings missachtet wurde.[5] „Man überlässt es dem Zuhörer, die Situationen auszufinden“, so der Komponist. „Wer auch je nur eine Idee vom Landleben erhalten, kann sich ohne viele Überschriften selbst denken, was der Autor will.“[6] Dennoch ahmt Beethoven hier mit instrumentalen Mitteln Vogelrufe, die Schritte des Wanderers, das Plätschern eines Baches und ein Gewitter nach, wobei er durchaus von Joseph Haydns späten Oratorien Die Schöpfung und Die Jahreszeiten inspiriert worden war.
Die Thematik des Pastoralen hat als Gegenstand künstlerischen Ausdrucks eine lange, bis in die Antike zurückreichende Tradition und lässt sich sowohl in der Malerei, als auch in der Literatur und Musik nachweisen. In allen Kunstformen subsumiert sich dabei eine idealisierte Darstellung von Naturidylle und Hirtenleben. Die Bezugnahme auf den Lebensraum und die Traditionen der Hirten spielt auch in der musikalischen Pastorale eine zentrale Rolle, was sich besonders in der Hirtenmusik und ihren typischen Instrumenten wie Flöten, Schalmeien und Dudelsack-Instrumente offenbart. Wichtige stilistische Merkmale sind u. a.:
Als charakteristische Tonart für die Pastorale hat sich seit dem 17. Jahrhundert F-Dur etabliert. Dieses Phänomen geht auf Martin Luther zurück, der die lydische Kirchentonart, deren Grundton das f ist, als „freundlich“ beschrieben hatte. Dass zahlreiche Pastoralkompositionen tatsächlich in F-Dur stehen, kann durchaus als Nachwirkung dieser Tradition verstanden werden. Viele der erwähnten stilistischen Merkmale finden sich auch in Beethovens Pastorale (siehe 1. Satz).
Eine Skizze aus dem Skizzenbuch von 1803/4 zeigt ein tanzähnliches Thema, das Beethoven schließlich im Trio-Abschnitt des dritten Satzes verwendete; dabei könnte es sich um einen Volkstanz handeln, den er zufällig hörte und niederschrieb. Eine andere Skizze mit der Überschrift „Murmeln des Baches“ zeigt eine Figuration im 12/8-Takt, die eine im zweiten Satz der Sinfonie erklingende Begleitfigur erahnen lässt. Spätere Entwürfe im selben Skizzenbuch spiegeln Beethovens Einfall für den Beginn des Werks. Erst im Jahr 1808 griff er jedoch diese Ideen erneut auf und fertigte detaillierte Skizzen für die Sinfonie an. Wann die einzelnen Sätze der Pastorale genau entstanden sind, ist heute nicht mehr zu ermitteln, doch wurden sie ungefähr im Zeitraum von Februar bis Juli oder August 1808 aufgezeichnet.[7]
Wie der Beethoven-Biograph Barry Cooper feststellt, habe Beethoven in seinen Skizzen wiederholt vermerkt, dass er mit der Pastorale weder rein bildliche noch programmatische Musik komponieren wollte, sondern Musik, die Empfindungen über das Landleben ausdrückt. Dementsprechend deute seine Musik die Aspekte des Landlebens nur an, stelle sie aber nicht direkt dar; konkrete Überschriften wie z. B. „Murmeln eines Baches“, „Regen“, „Donner“ o. Ä., die der Komponist noch in den Skizzen einigen Motiven zugeordnet hatte, habe er in der endgültigen Fassung weggelassen. Gleichwohl habe Beethoven jedem Satz eine evokative Überschrift gegeben, auf deren Formulierung er einige Zeit verwendet habe. So trage z. B. der dritte Satz in einer Skizze die Überschrift „Scena festliches Zusammenseyn“, in einer anderen seien dem Finale die Worte „Ausdruks [sic] des Danks: Herr wir danken dir“ vorangestellt. In der Erstausgabe (1809) aber seien die von Beethoven gewählten Formulierungen – höchstwahrscheinlich durch den Verleger Breitkopf & Härtel und ohne Wissen des Komponisten – verändert worden.[7] (siehe Tabelle)
Dem US-amerikanischen Musikwissenschaftler Frank A. D'Accone zufolge könnte Beethoven die Anregung für solch eine mit Überschriften versehene Sinfonie von einem 1784 veröffentlichten Werk des deutschen Komponisten Justin Heinrich Knecht (1752–1817) erhalten haben. Das mit Le portrait musical de la nature überschriebene Orchesterwerk umfasse ebenfalls fünf Sätze, inklusive eines Gewitters sowie eines abschließenden Lobgesangs an den Schöpfer. Ob Beethoven dieses Werk, das im Gegensatz zur Pastorale nicht die übliche sinfonische Form aufweist, gekannt habe, sei allerdings ungewiss.[8]
Die 5. und die 6. Sinfonie wurden zusammen mit dem 4. Klavierkonzert, einer Arie, zwei Teilen aus der Messe in C-Dur und obendrein der Chorfantasie in einem Konzert am 22. Dezember 1808 unter der Leitung des Komponisten im Theater an der Wien uraufgeführt. Das Konzert dauerte von 18.30 bis 22.30 Uhr und bestand aus zwei separaten Programmteilen, wobei der erste Teil zunächst mit der 6. Sinfonie und der zweite mit der 5. Sinfonie eröffnet wurde – dies, da Beethoven möglicherweise Bedenken bzgl. der Finalwirkung der Pastorale hatte und dadurch negative Kritiken vermeiden wollte.
„Dass man auch des Guten – und mehr noch – des Starken leicht zu viel haben kann“ war die Erfahrung des Konzertbesuchers Johann Friedrich Reichardt, der es bei diesem Mammutprogramm vier Stunden lang im bitterkalten Theater ausgehalten hatte. Beethoven hatte lange auf die Gelegenheit gewartet, der Öffentlichkeit einen Querschnitt seines Schaffens der vorangegangenen zweieinhalb Jahre zu präsentieren. Das Orchester hatte jedoch unzulänglich geprobt und wurde den musikalischen Anforderungen unter der Leitung des Komponisten nicht gerecht. Beethoven selber saß auch als Solist am Klavier, spielte aber durch seinen fortschreitenden Hörverlust schlecht – es war sein letzter(?) Auftritt als Pianist. Zudem berichteten Zeitzeugen von deutlichen Schnitzern, die möglicherweise auf das angespannte Verhältnis zwischen Orchester und Dirigent zurückzuführen waren.[9] Die Erfahrung dieses „Akademie-Konzerts“ war für ihn so bitter, dass er sogar daran dachte, Wien zu verlassen und erst durch die Garantie einer kontinuierlichen Förderung durch seine fürstlichen Gönner zurückgehalten werden konnte.[10] Dies blieb die einzige Uraufführung mit Beethovens Werken, in der zwei seiner Sinfonien erklangen.[11]
Der Verlag Breitkopf & Härtel Leipzig veröffentlichte das Stimmenmaterial 1809 und die Partitur 1826. Das Autograph befindet sich im Beethoven-Haus in Bonn.
Im Gegensatz zu allen anderen Sinfonien des Komponisten besteht die Sinfonie Nr. 6 aus fünf Sätzen. Dabei gehen die letzten drei ohne Unterbrechung ineinander über und bilden einen zusammenhängenden Satzkomplex, der seinerseits als Gegengewicht zu den ersten beiden Sätzen fungiert. Darüber hinaus notierte Beethoven zu Beginn jedes Satzes einen programmatischen Titel (siehe Satzüberschriften). Im Jahr 1817 präzisierte er – nahezu taub – die Tempobezeichnungen der einzelnen Sätze schließlich noch durch Metronomangaben, welche von der Nachwelt allerdings heftig diskutiert und teilweise sogar angezweifelt wurden. Die Gesamtform der Pastorale stellt sich folgendermaßen dar:
Satz | Originalüberschrift (nach Beethoven) | Verlagsüberschrift (1809) | Tempobezeichnung | Taktart | Tonart | Metronomangabe (1817) |
I. | Angenehme, heitere Empfindungen, welche bei der Ankunft auf dem Lande im Menschen erwachen | Erwachen heiterer Empfindungen bei der Ankunft auf dem Lande | Allegro ma non troppo | 2/4 | F-Dur | Halbe = 66 |
II. | Szene am Bach | Szene am Bach | Andante molto moto | 12/8 | B-Dur | Punktierte Viertel = 50 |
III. | Lustiges Zusammensein der Landleute | Lustiges Zusammensein der Landleute | Allegro (Scherzo)
In tempo d'Allegro (Trio) |
3/4
2/4 |
F-Dur | Punktierte Halbe = 108
Viertel = 132 |
IV. | Donner, Sturm | Gewitter, Sturm | Allegro | 4/4 | f-Moll | Halbe = 80 |
V. | Hirtengesang. Wohltätige, mit Dank an die Gottheit verbundene Gefühle nach dem Sturm | Hirtengesang. Frohe und dankbare Gefühle nach dem Sturm | Allegretto | 6/8 | F-Dur | Punktierte Viertel = 60 |
Rainer Lepuschitz merkt an, dass der Aufbau und die thematische Gestaltung der Pastorale naturhaft entstanden seien und dass die großen melodischen, harmonischen und rhythmischen Gestalten aus kleinsten Motivteilen zu einem wundersamen musikalischen Leben zusammenwachsen würden. Durch den gesamten ersten Satz ziehe sich ein feines Geflecht von Motivteilen, die alle aufeinander bezogen seien und damit zu einem organischen Ganzen würden.[12]
Wie die fast zeitgleich entstandene Sinfonie Nr. 5, ist auch die Pastorale auf das Finale hin konzipiert. Doch nicht in der Überwindung des Dunklen („per aspera ad astra“), nicht im Sieghaften, wie in der Fünften, wird der Schlusssatz zum erfüllenden Ziel des Werkes, sondern im friedlichen, kontemplativen Tonfall. Es ist ein stiller Jubel und inniger Hymnus, in dem der fromme, in schlichter Weise dankende Mensch den Einklang mit der Natur findet.
F-Dur, 2/4-Takt, 512 Takte
Der Kopfsatz, überschrieben mit „Angenehme, heitere Empfindungen, welche bei der Ankunft auf dem Lande im Menschen erwachen“, beinhaltet zahlreiche traditionelle pastorale Merkmale, welche hier zunächst exemplarisch aufgezeigt werden sollen:
Außerdem steht der Satz fast durchgehend in Dur; lediglich in den Takten 257–260 erfolgt ein kurzzeitiger Wechsel nach Moll. Auffällig ist auch die Bedeutung der Subdominante: So kulminiert u. a. bereits das erste Crescendo auf der Subdominante (T. 11); nach dem Erreichen der Dominanttonart C-Dur im Seitensatz öffnet sich die Passage sogleich zur Subdominante hin (T. 96); der Kern der Durchführung (T. 152ff) startet ebenfalls in der Subdominanttonart B-Dur; anstelle des vor der Reprise üblichen Verweilens auf der Dominante, bereitet Beethoven diese im Sinne einer Plagalwendung mit der Subdominante vor (T. 275–278). Die Betonung und der ausschweifende Gebrauch der Subdominante erzeugt eine ungewöhnlich entspannte Atmosphäre, was – abgesehen vom vierten Satz – eigentlich auf das gesamte Werk zutrifft. Wie der Beethoven-Biograph Jan Caeyers bemerkt, verstreiche die Zeit langsam, wirke die Musik abgeklärt, wie von einer tiefen inneren Ruhe erfüllt. Auch gebe kaum eine Themenentwicklung, fehle der Sog in eine bestimmte Richtung.[10]
Ungewöhnlich sind auch die Proportionen der einzelnen Formteile im ansonsten in traditioneller Sonatensatzform gehaltenen Kopfsatz: Exposition (138 Takte), Durchführung (140 Takte) und Reprise (139 Takte) sind quasi gleich lang und werden von einer raumgreifenden Coda (95 Takte), die ihrerseits – wie so oft bei Beethoven – nochmals durchführungsartige Züge (Schlussdurchführung) aufweist, abgeschlossen. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang v. a. die außerordentliche Länge der Durchführung, die – im Gegensatz zur elaborierten 5. Sinfonie – inhaltlich weitgehend auf motivische Verarbeitung verzichtet und stattdessen u. a. mittels oszillierenden Klangflächen und repetitiven rhythmischen Mustern (z. B. T. 151–162 in B-Dur, T. 163–190 in D-Dur, T. 197–208 in G-Dur, T. 209–236 in E-Dur) sowie dynamischen Schwellprozessen (crescendo bzw. diminuendo) gestaltet ist.
Ähnlich wie in der 5. Sinfonie, die trotz ihres vollkommen gegensätzlichen Charakters als Schwesterwerk der Pastorale gilt, wird zu Beginn des Kopfsatzes eine Art Motto vorgestellt, das mit einer Fermate abgegrenzt ist. Über dem Bordun f–c der Bratschen und Violoncelli erklingt in den ersten Violinen eine volkstümlich-heitere Melodie in F-Dur, welche im dritten Takt von den zweiten Geigen im Terzabstand ergänzt wird und in Takt 4 auf der Dominante C-Dur mittels Fermate zum Stillstand kommt. Des Weiteren beschränkt sich Beethoven hier auf die harmonischen Stufen I und V und spart die Subdominante zunächst aus. Im Gegensatz zur Sinfonie Nr. 5 steht die Anfangsphrase (T. 1–4) jedoch im Piano und wird lediglich von den Streichern ausgeführt (siehe Notenbeispiel).
Eine zweite, melodisch-homophone Geste, die allerdings direkt mit dem Motto verwandt ist, erscheint in den Takten 9–12 und führt mittels Crescendo zur Subdominante B-Dur (T. 11) (siehe Notenbeispiel).
Im weiteren Verlauf findet sich fast ausschließlich motivisches Material der Anfangstakte und nach einem sukzessiven Steigerungsprozess im Bereich der Dynamik und Instrumentation kommt der Hauptsatz (T. 1–53) im klangvollen Forte zum Abschluss. Im Rahmen der modulierenden Überleitung (T. 53–66) mit der Gliederung in 14 / 4 + 4 + 2 + 2 + 1 + 1 Takte erklingen nun erstmals Triolen, was als gänzlich neues Element erlebt wird und somit einen deutlichen Kontrast zum bisherigen Duktus bildet. Der nachfolgende Seitensatz (T. 67–115) in der Dominanttonart C-Dur nimmt den ursprünglichen, binären Fluss wieder auf und mündet nach einem kontrastierenden Wechselspiel zwischen den Streichern und Bläsern (T. 93ff) direkt in die Schlussgruppe. Bemerkenswert ist die kunstvolle Imitation des Seitenthemas (T. 67–70) und seiner Basslinie im doppelten Kontrapunkt: Das viertaktige Thema mit gebrochener Akkordmelodik in geschmeidigem Legato erklingt zunächst in den ersten Violinen, danach in den zweiten, den Violoncelli und schließlich in den Kontrabässen, wandert also vom hohen in die tieferen Register, bevor es in der Folge von den Klarinetten, Fagotten und Flöten aufgenommen, rhythmisch verdichtet und im Tonraum gespreizt wird. Gleichzeitig wechselt aber auch die Bassline in verschiedene Stimmen, allerdings in gegensätzlicher Richtung (von tief nach hoch), von den Violoncelli in die ersten Violinen und weiter in die Flöte. Die Schlussgruppe (T. 115–135) verbleibt weitestgehend auf dem C-Dur-Akkord und baut mittels repetitiver Wendungen allmählich Spannung ab, wobei sich der Ambitus (um drei Oktaven), die Instrumentierung (vom Tutti zur Kleinbesetzung) und die Lautstärke (vom Forte zum Pianissimo) innerhalb von 12 bzw. 3 × 4 Takten reduzieren. In den Takten 135–138 folgt dann eine kurze, einstimmige Rückleitung bzw. Überleitung, die entweder zur obligaten Wiederholung der Exposition oder weiter zur Durchführung führt.
Die Durchführung (T. 139–278) enthält quasi ausschließlich motivisches Material des Hauptsatzes, genauer gesagt der Takte 1–4 und 9–12, verarbeitet dieses jedoch nicht bzw. kaum, sondern breitet es in Form von Wiederholungen aus. Im Rahmen einer zweiteiligen Einleitung (T. 139–150) moduliert Beethoven zum harmonischen Ausgangspunkt der Durchführung: von C(7) zurück nach F-Dur und von F7 weiter nach B-Dur. Der Kern der Durchführung beginnt dann in Takt 151 mit einer 12-taktigen, polyrhythmisch-oszillierenden Klangfläche auf dem subdominantischen B-Dur-Akkord und „entrückt“ in der Folge in eine 28-taktige Passage (T. 163–190), welche statisch auf dem D-Dur-Akkord verbleibt. Diese harmonische Rückung erfolgt hier zunächst in steigender Richtung und kommt einem Lichtwechsel bzw. einer Aufhellung gleich. Faktisch handelt es sich dabei um eine Terzverwandtschaft ersten Grades – ein beliebtes Stilmittel der Romantik. Ab Takt 191 sequenziert Beethoven die gesamte Stelle dann von G-Dur ausgehend, rückt diesmal jedoch in fallender Richtung nach E-Dur (T. 209–236). Die nun folgende Quintfallsequenz startet in A-Dur (T. 237), wo im weiteren Verlauf auch die zweite Geste des Hauptthemas (vgl. T. 243–246 mit T. 9–12) erklingt, und führt via D-Dur und g-Moll (statt G-Dur) – der einzigen(!) Moll-Eintrübung im gesamten Satz – weiter in die Dominanttonart C-Dur. Die übliche Vorbereitung der Reprise mittels Verweilen auf der Dominante wird hier allerdings durch den Subdomiantakkord B-Dur unterminiert, was faktisch einer Plagalwendung IV–I (statt V–I) gleichkommt und als Besonderheit gelten muss.
Die Reprise (T. 279–414) ist leicht variiert, entspricht ansonsten aber weitgehend dem ursprünglichen Verlauf der Exposition und steht gesamthaft in der Grundtonart F-Dur. Der Hauptsatz (T. 279–328) und die Überleitung (T. 328–345) sind dabei geringfügig erweitert, der Seitensatz (T. 346–394) und die Schlussgruppe (T. 394–414) werden, abgesehen von der Transposition, hingegen nahezu wörtlich rekapituliert. Die floskelhafte Weiterführung zur Coda (T. 418–512) entspricht ebenfalls der analogen Stelle in der Exposition (vgl. 414–417 mit T. 135–138) und die Coda selbst beginnt ihrerseits sehr ähnlich wie die Durchführung (vgl. T. 418–421 mit T. 147–150), wo Beethoven bekanntlich gleich zu Beginn in die Subdominante (T. 422) ausweicht. In der Folge wird dann auch nochmals Material der Schlussgruppe (vgl. T. 428ff mit T. 115ff) aufgenommen, diesmal aber triolisch variiert, und dieses anschließend in der Grundtonart F-Dur (T. 440ff) sequenziert.
Was nun folgt, ist einzigartig: Nach Angaben des britischen Dirigenten David Marlow begegne man gegen Ende des Satzes sozusagen auch dem Menschen inmitten der Natur, nämlich in Form einer Dorfkapelle, die auf der Klarinette und dem Fagott ein Ständchen spiele (T. 476–492) und dem Hörer im Laufe der Sinfonie noch weiter begegnen werde.[13]
Zum Abschluss erklingt in Takt 492 nochmals das Hauptthema, das zunächst einstimmig und im Pianissimo von den ersten Geigen über dem Orgelpunkt f der Violoncelli und Kontrabässe angestimmt, danach von der Flöte sowie der Klarinette und dem Fagott aufgenommen wird und schließlich im vollen Orchestertutti authentisch kadenziert (V–I), ehe der Satz – entgegen gängiger Konventionen – im zarten Piano verklingt.
B-Dur, 12/8-Takt, 139 Takte
Der zweite Satz (Szene am Bach) steht insgesamt in der Subdominanttonart B-Dur und verwendet ebenfalls parallele Terzen und Sexten, wohlige Seufzermotive (z. B. in T. 2–4 in den ersten Violinen und danach in T. 8–10 in der Klarinette und im Fagott) sowie zwitschernde Klänge (z. B. Triller und Verzierungen in T. 10–12 in den ersten Violinen) in Kombination mit einer sanften plätschernden Begleitung, welche das murmelnde Fließen des Baches durch Sechzehntel-Noten in den Violinen, Bratschen und Violoncelli andeutet. Die autographe Partitur, an der mehrere Korrekturstadien in Beethovens Handschrift erkennbar sind, enthält bei diesem Satz die Zusatzbezeichnung Andante molto moto [quasi allegretto], darüber hinaus sind – abgesehen von den Kontrabässen, die hauptsächlich gezupft (pizzicato) eingesetzt werden – sämtliche Streicherstimmen durchgehend mit Dämpfer (con sordino) zu spielen.
Wie der erste Satz ist auch der zweite dualistisch angelegt und folgt weitgehend der Sonatensatzform; ungewöhnlich ist hingegen eine in sich zweiteilige, kadenzähnliche Passage (T. 129–136) im Rahmen der Coda, in der drei Vogelrufe imitiert werden: Nachtigall (Flöte), Wachtel (Oboe) und Kuckuck (Klarinetten).[14] Diese Zuordnungen wurden von Beethoven selbst explizit in die Partitur eingetragen.[15] (siehe Notenbeispiel) Allerdings zeige sich, laut Marlow, auch hier wieder, dass es dem Komponisten um ein Stimmungsbild und nicht um ein wissenschaftliches Abbild der Natur gehe, denn der Kuckuck, der sonst immer eine kleine Terz rufe, bekomme im aktuellen Kontext eine große.[13] Diese Stilisierung dürfte später u. a. auch Gustav Mahler bei der Komposition seiner ersten Sinfonie beeinflusst bzw. inspiriert haben, wo er für den Ruf des Kuckucks sogar eine reine Quarte verwendet.
F-Dur, 3/4- bzw. 2/4 Takt, 468 Takte
Der dritte Satz (Lustiges Zusammensein der Landleute), ein lebhaftes Scherzo in F-Dur, zeigt in seinem Aufbau eine subtile Modifikation der traditionellen Menuett-mit-Trio-Form. Des Weiteren wird u. a. eine Laien-Dorfkapelle nachgeahmt. Der eigentliche Scherzo-Teil (T. 1–164) ist dualistisch gestaltet, steht im 3/4-Takt und ist von Beethoven mit Allegro und der nachträglich hinzugefügten Metronomangabe Punktierte Halbe = 108 überschrieben. Er wird gesamthaft wiederholt und besteht aus einem ersten Abschnitt (T. 1–86), der nach einer kurzen nicht-modulierenden Überleitung direkt in einen zweiten Abschnitt (T. 91–161) mündet und danach mittels Beschleunigung weiter zum Trio führt. Beim Trio-Teil (T. 165–204) handelt es sich um einen rustikalen Bauerntanz im 2/4-Takt. Er ist mit In tempo d'Allegro sowie Viertel = 132 überschrieben und bildet aufgrund seines gänzlich anderen Charakters einen deutlichen Kontrast zum vorangehenden Scherzo.
Im ersten Abschnitt des Scherzos verbirgt sich eine ausgeschriebene Wiederholung (T. 1–16 und 16–32), der zweite Abschnitt (ab T. 91ff) hingegen erklingt nur einmal. Beethoven eröffnet mit einem tänzerischen Unisono-Thema in den Streichern, zunächst dezent im Pianissimo. Der A-Teil umfasst insgesamt 16 (in 8 + 8) Takte, startet in der Grundtonart F-Dur und moduliert sogleich auf die Dominante der Paralleltonart d-Moll (T. 8). Als überraschende Fortsetzung erklingt nun allerdings eine heitere, volkstümliche Melodie (T. 9–16) in der Mediante D-Dur, welche ihrerseits periodisch gegliedert (8 in 4 + 4 Takte) und auf den Orgelpunkt d gestützt ist. Nach der vom Komponisten ausgeschriebenen Wiederholung folgt ein durchführungsartig gestalteter B-Teil (T. 33–52), der zunächst die Anfangsmelodie (vgl. T. 1–4) in D-Dur aufnimmt, diese aber sogleich in G-Dur sequenziert (T. 37), um die gefällige Melodie danach in C-Dur erklingen zu lassen (T. 41–48) und in der Folge wieder in die Grundtonart zurückzuführen. Die variierte Reprise (T. 53ff) startet erwartungsgemäß in F-Dur, diesmal jedoch im Fortissimo, und führt nahtlos in eine ausgedehnte und formelhaft kadenzierende Coda (T. 59–86) mit teilweise neuem motivischen Material und der Gliederung in 28 / 8 + 8 + 4 + 4 + 2 + 2 Takte.
Nach einer kurzen Überleitung ertönt nun das zweite, einem Volkstanz ähnliche Thema (T. 91–106), das seinerseits periodisch (16 in 8 + 8 Takte) gegliedert ist. Beethoven karikiert hier unverkennbar eine Laien-Dorfkapelle und stellt dadurch eine direkte Verbindung zum Kopfsatz (Coda) her. Die neckische Melodie in der Oboe müsste wohl bereits auf der dritten Zählzeit von Takt 90 (im Sinne eines Auftakts!) beginnen, Beethoven notiert sie allerdings um zwei Viertelschläge verschoben erst auf die zweite Zählzeit von Takt 91, wodurch die reguläre Taktordnung grundlegend gestört wird und der Eindruck entsteht, der Oboenspieler hätte seinen Einsatz verpasst. Begleitend verwendet er ein Fagott, das offensichtlich nur drei Noten (f–c–F) spielen kann und lediglich an den Phrasenschlüssen mit I–V–I kadenziert, was den bizarren Charakter und damit die Ironie der betreffenden Passage noch verstärkt (siehe Notenbeispiel).
Im weiteren Verlauf des zweiten Abschnitts wird das „Dorfkapellen-Thema“ zunächst wiederholt und dabei von der 1. Klarinette motivisch ergänzt, in Takt 123 dann in C-Dur von ihr übernommen und in Takt 133 ans 1. Horn weitergegeben. Diesmal erscheint das Thema zwar wieder in F-Dur, ist allerdings auf 20 Takte erweitert und durch Imitationen der Oboe und Klarinette (T. 141–144) kunstvoll bereichert. In der Folge wird die Melodie dann von den Bratschen und Violoncello und anschließend auch vom Fagott und den Kontrabässen aufgenommen und regelhaft in der Grundtonart abgeschlossen. Eine viertaktige Überleitung (T. 161ff) führt mittels Beschleunigung (sempre più stretto) zum Trio.
Das im Gegensatz zum Scherzo-Teil wesentlich kürzere, dafür rasantere Trio (T. 165–204) im 2/4-Takt, bei dem das ganze Orchester lediglich auf zwei Harmonien stampft, eröffnet mit einem bäuerlichen Tanz-Thema (4 in 2 + 2 Takte) in der Subdominanttonart B-Dur, welches mehrmals wiederholt und ab Takt 377 von der Flöte mit einem markanten Triolen-Motiv ergänzt wird. In Takt 181 erklingt das rustikale Thema dann wieder in F-Dur, zunächst in den Bratschen und Fagotten und ab Takt 189 dann in den tiefen Streichern und in C-Dur, bevor der Trio-Teil kraftvoll in der Dominanttonart zum Abschluss kommt. Scherzo und Trio werden obligat wiederholt.
Die nachfolgende Coda (T. 205–264) greift ein weiteres Mal Elemente des ersten Abschnitts auf, indem sie den Satzbeginn rekapituliert und ihn dabei variiert. Der A-Teil wird hier auf insgesamt 18 Takte erweitert, harmonisch eingerichtet bzw. „korrigiert“, so dass er erstmals in der Grundtonart F-Dur endet oder zumindest enden könnte. Bemerkenswert sind nämlich die Takte 215–222, wo der melodische Verlauf quasi „entgleist“ und es zu einer vorübergehenden Moll-Eintrübung (T. 215/216) kommt. Ob Beethoven dem sensiblen Hörer damit bereits einen Hinweis auf den darauffolgenden vierten Satz geben möchte? Wie dem auch sei… Der B-Teil jedenfalls entfällt und stattdessen folgt direkt die Reprise mit integrierter Coda (vgl. 235ff mit T. 53ff), welche Beethoven zwar unverändert, nun jedoch im furiosen Presto übernimmt und den Satz damit überschwänglich abschließt. Wider Erwarten erklingt in T. 264/(265) dann aber ein Variant-Trugschluss und die fröhliche Musik wird plötzlich von gedämpften Tremoli der tiefen Streicher unterbrochen.
Der dritte, vierte und fünfte Satz der Sinfonie gehen direkt ineinander über (attacca) und bilden dabei einen zusammenhängenden Satzkomplex.
f-Moll, 4/4-Takt, 155 Takte
Der vierte Satz (Donner, Sturm) ist mit insgesamt 155 Takten und knapp vier Minuten Spieldauer der kürzeste der Sinfonie, zugleich aber mit der Schilderung des Gewitters der fulminanteste und an Dramatik kaum zu überbieten. Ferner steht er als einziger in der Varianttonart f-Moll und folgt keinem traditionellen Formschema, sondern hat eine freie Gestalt, welche gewissermaßen durch den programmatischen Gehalt definiert ist. Beethoven verzichtet hier auf konkrete Themen und bestreitet das dramatische Geschehen mit Motivpartikeln, Seufzern, Tonskalen, Dreiklängen, Chromatik, Disharmonien und Klangeffekten wie Tremoli, Paukenwirbel und schrillen Einsätzen der Piccoloflöte. Im Gegensatz zu allen anderen Sätzen der Pastorale schreibt Beethoven im vierten Satz nun tatsächlich deskriptive Musik und ahmt dabei quasi lautmalerisch verschiedene Naturphänomene wie z. B. Regentropfen, Donnergrollen, Blitzschläge oder das Pfeifen des Windes nach.
Wie Barry Cooper erwähnt, zeichne Beethoven im vierten Satz die extrem chaotischen Naturkräfte nach, indem er nahezu jeden musikalischen Parameter vollkommen instabil anlege. Der extensive Gebrauch von verminderten Septakkorden habe eine tonale und harmonische Mehrdeutigkeit zur Folge; in Verbindung mit unvorhersehbaren Wechseln der Dynamik, sei so die Wahrnehmung einer regelmäßigen Phrasenstruktur und klaren Gesamtform unmöglich. Weiter bemerkt er, dass auf dem Höhepunkt des Satzes zwei Instrumente ins Spiel kommen, die zuvor noch nie erklungen seien: die schrille Piccoloflöte (T. 82) und anschließend die Posaunen, welche als Teil einer Fortissimo-Disharmonie auf einer schwachen Zählzeit (T. 106) einsetzen würden. Sobald sich der Sturm dann aber lege, erscheine das „Regen“-Motiv (T. 3) erneut, nun aber verwandelt in eine wunderbare Oboenkantilene, die vermutlich den Regenbogen darstelle (T. 146–153).[7] Der choralartige Schluss dieses Satzes in reinstem C-Dur und mit dolce überschrieben gleicht einer Erlösung und gilt allgemein als Schlüsselstelle innerhalb der Sinfonie.[16] Darauf folgt ohne Unterbrechung die Einleitung zum letzten Satz.
F-Dur, 6/8-Takt, 264 Takte
Der fünfte Satz (Hirtengesang. Wohltätige, mit Dank an die Gottheit verbundene Gefühle nach dem Sturm) steht wieder in der Grundtonart F-Dur, ist als Sonatenrondo gestaltet und greift motivisch u. a. auf das Motto des ersten Satzes zurück.[17] Im Gegensatz zum vorangehenden vierten Satz verzichtet Beethoven hier auf den Einsatz der Piccoloflöte und Pauken, integriert neben den Trompeten aber wiederum die Posaunen. Diese werden ansonsten üblicherweise zu dritt (in Alt-, Tenor- und Basslage) verwendet, in der Pastorale hingegen nur zu zweit eingesetzt. Die autographe Partitur enthält – ähnlich wie beim zweiten Satz – die Zusatzbezeichnung Allegretto [quasi allegro], was wohl als Hinweis auf ein eher rascheres Tempo verstanden werden muss.
Der Hirtengesang beginnt mit einer fünftaktigen Phrase in der Klarinette in C-Dur, die aufgrund ihrer melodischen Faktur einem ranz des vaches (Alphornruf) gleicht. In Takt 5 übernimmt das Horn, ehe die simple Dreiklangs-Melodie sich in der Folge dann aber auf geniale Weise in das achttaktige liedhafte Hauptthema (T. 9–16) dieses freundlichen Satzes verwandelt (siehe Notenbeispiel).
Die ranz-des-vaches-Phrase kehrt im weiteren Verlauf des Satzes einige Male wieder, so z. B. direkt vor der Reprise in den ersten Violinen sowie in der Flöte, Oboe, Klarinette und im Horn (T. 56–63) oder in den Takten 109–116 in den Flöten und Oboen sowie in der Klarinette und im Horn, und erklingt schließlich in den letzten Takten nochmals solistisch im gedämpften(!) Horn, wo sie das Werk harmonisch in der Grundtonart F-Dur abrundet. Bemerkenswerterweise notiert Beethoven im Anschluss an die beiden lauten Schlussakkorde eine Fermate über die nachfolgende Pause(!) – dies vermutlich mit der Intention, die Sinfonie ideell ausklingen und beim Hörer innerlich nachwirken zu lassen.
1 Piccoloflöte, 2 Flöten, 2 Oboen, 2 Klarinetten (in B), 2 Fagotte, 2 Hörner (in F und B), 2 Trompeten (in C und Es), 2 Posaunen, Pauken, I. Violine, II. Violine, Bratsche, Violoncello (geteilt), Kontrabass.
Im Gegensatz zu den anderen Sinfonien verwendet Beethoven in der Pastorale mehrheitlich den Streicherapparat in Verbindung mit den Holzbläsern und Hörnern. Die Trompeten spielen daher lediglich in den Sätzen 3–5, die Posaunen nur im 4. und 5. Satz und die Piccoloflöte und Pauken werden ausschließlich im 4. Satz eingesetzt.
Anlässlich einer Aufführung der Sinfonie schrieb die Allgemeine Musikalische Zeitung im Jahr 1812:
„In dem zweyten Concerte, am 31sten Dec., zeichnete sich vor andern aus, die für uns noch neue Pastoral-Symphonie von Beethoven. Nicht mit Unrecht darf man die Erfindung, so wie die nur allmählig erfolgte Ausbildung jener Instrumentalstücke, denen man den Namen der Symphonie beygelegt hat, zu den merkwürdigen Schöpfungen des menschlichen Geistes zählen, die unser Zeitalter, und insbesondere Deutschland ehren, und die Gränzen musikal. Kunst erweitert haben. Ist es der blossen Instrumentalmusik, so kunstvoll sie auch der Meister nach ästhetischen Regeln geordnet haben mag, schwer, eine bestimmte Empfindung in dem Gemüthe des Zuhörers zu erregen, so sind doch die Versuche, mehr Licht in diese noch dunkle Region zu bringen, unseres Dankes werth. […] Doch wurde es dem nichteingeweihten Zuhörer schwer, in all diese, ihm verschlossenen Geheimnisse einzugehen.“
Carl Reinecke, der langjährige Direktor des Leipziger Konservatoriums, berichtete, dass selbst das Gewandhausorchester die Sechste weit weniger häufig aufführte als die anderen Sinfonien Beethovens. Er erklärte dies mit der Scheu vor dem lyrischen, als wenig wirkungsvoll geltenden Finale. Eine Sinfonie hatte damals notwendig mit einem triumphalen Allegro-Satz zu enden und nicht mit Hirtenmelodien im wiegenden Zwölfachteltakt! Aber auch sonst entsprach die Pastorale den Erwartungen des damaligen Publikums überhaupt nicht. Zu lyrisch, ja fast kammermusikalisch dezent hatte Beethoven dieses Werk angelegt.[18]
Die Sinfonie Nr. 6 ist eine Musik, die berührt. Hector Berlioz nannte sie gar die „schönste der Beethovenschen Kompositionen“ und knüpfte nicht ohne Grund mit seiner Symphonie fantastique an das bildhafte Genre der Pastorale an. Erst mit Berlioz' Entdeckung trat diese Sinfonie Beethovens aus dem Schatten der im 19. Jahrhundert so geliebten „heroischen“ Sinfonien heraus.[19]
Die Pastorale hinkte den anderen Sinfonien Beethovens in der Popularität noch lange hinterher. „Sehen Sie sich die Szene am Bach an. Es ist ein Bach, aus dem allem Anschein nach Kühe trinken“, schrieb Claude Debussy (alias Monsieur Croche, seinem schriftstellernden Alter Ego). „Jedenfalls veranlassen mich die Fagottstimmen, das zu glauben. All das ist sinnlose Nachahmerei oder rein willkürliche Auslegung.“[10]
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