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deutscher Maler Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Winfred Gaul (* 9. Juli 1928 in Düsseldorf; † 3. Dezember 2003 in Düsseldorf-Kaiserswerth; eigentlich Winfried Gaul) war ein deutscher Künstler des Informel und der analytischen Malerei.
Geboren in Düsseldorf, verbrachte Gaul wegen der Versetzung seines Vaters als Lehrer nach Ostpreußen dort von 1931 bis 1944 seine Kindheit und Jugend. Noch kurz vor Kriegsende wurde er 1944 als 16-Jähriger als Soldat an die Ostfront eingezogen.
Nach seinem Abitur 1948 in Düsseldorf begann Gaul eine Bildhauerlehre. Von 1949 bis 1950 studierte er Kunstgeschichte und Germanistik an der Universität Köln. Von 1950 bis 1953 studierte er an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart bei Willi Baumeister und Manfred Henninger. Es folgte ein Aufenthalt in Paris, bei dem er den deutschen Emigranten und Galeristen Jean-Pierre Wilhelm und den Kunstkritiker Pierre Restany kennenlernte.[1] Ein Schlüsselerlebnis wurde für ihn die Begegnung mit Werken von William Turner in der Tate Gallery in London in der Anfangszeit seiner Malerei.[2]
1955 richtete er in Düsseldorf-Kaiserswerth sein Atelier ein und schloss sich der Gruppe 53 an, einem Kreis von Künstlern des Informel, mit denen er gemeinsam im In- und Ausland ausstellte. 1961 lebte und arbeitete er mehrere Monate in Rom, 1962 folgte auf Einladung des Kunstkritikers Clement Greenberg ein viermonatiger Aufenthalt in New York[3] mit einer Einzelausstellung in der Galerie Robert Elkon. Zwischen 1956 und 1985 nahm Winfred Gaul als Mitglied des Deutschen Künstlerbundes an insgesamt sechzehn DKB-Jahresausstellungen teil.[4] 1958 erhielt er den Preis des Kulturkreises im Bundesverband der Deutschen Industrie und 1964 den Villa-Romana-Preis für Malerei. 1964/65 lehrte er an der Bremer Staatlichen Kunstschule und 1965/66 als Visiting Lecturer an der Bath Academy und am Regional College of Arts in Hull. 1984 ernannte ihn der Minister für Wissenschaft und Forschung des Landes NRW zum Professor h.c. 1994 wurde er mit dem Lovis-Corinth-Preis ausgezeichnet.
Gaul war mit der Künstlerin Annah (d. i. Barbara Gaul) verheiratet und lebte mit ihr in Ligurien, Antwerpen und Kaiserswerth. Er ist auf dem Friedhof in Düsseldorf-Kalkum beigesetzt.
Dank Gauls „lebenslangem Experimentieren mit den Mitteln der Form und Farben“[5] lassen sich in seinem Schaffen mehrere Phasen unterscheiden. Bereits in der Phase seiner frühen informellen Arbeiten (1955–59) entstanden die skripturalen „Poèmes Visibles“ (gemalte Gedichte) und „Farbmanuskripte“ (1956–60).[6] Diesen folgte die Phase der „Wischbilder“ und „weißen Bilder“ (1959–61). Ab 1963 entstanden die plakativen „Signale & Verkehrszeichen“ sowie seine Hard-Edge-Arbeiten, bevor er sich in den 1970er Jahren der „analytischen Malerei“ mit der Werkgruppe „Markierungen“[7] und wiederum später der Serie „Recycling“ (ab 1981) zuwandte. Auch mehrteilige Bilder (Dyptichen und Tryptichen)[8] sowie Bilder „ohne rechten Winkel“[9] gehörten zu seinem Repertoire.
Mit seinen Verkehrszeichen und Signalbildern beschäftigte sich Gaul ein ganzes Jahrzehnt lang.[10] Die elementaren Formen – Kreis, Dreieck, Viereck – erlaubten ihm zugleich eine Mehrfarbigkeit, welche die Wischbilder ausschlossen.[11] Sie führten Gaul auch zu einer zeitweiligen Abkehr vom rechteckigen Tafelbild, zu der mit dem Namen „shaped canvas“ bezeichneten Werkgruppe.[12] „Trotz einer Bestätigung durch die späteren Pop-Artefakte, sind Gauls Signale nicht, wie im Pop, Realitätszitate, sondern erdachte, synthetisch hergestellte artifizielle Gebilde“.[13] Dass einige seiner Arbeiten aus dieser Serie in einer jüngeren Ausstellung in der Frankfurter Schirn unter dem Rubrum German Pop ausgestellt wurden, dürfte auf einem Missverständnis beruhen. Schließlich verstand Gaul diese Werkgruppe ganz anders: „Während Pop Art und Happening sich damit begnügen, Wirklichkeit zu imitieren, reale Situationen zu spiegeln und dabei durch ihre konformistische Verherrlichung der Konsumgesellschaft enttäuschen, stoße ich in die von Kunst entleerten Landschaften der großen Städte vor. Meine Verkehrszeichen sind die Hieroglyphen einer neuen Großstadtkunst. Sie usurpieren die Banalität des Jargons ihrer Vorbilder, um daraus eine neue Sprache mit einer neuen, frischen und unverbrauchten Schönheit zu formen.“[14] In einem mit Hans-Peter Alvermann herausgegebenen Manifest von 1963 heißt es, dass ihre "QUIBBKunst […] keine deutsche Version von Pop-Art" sei.[15] Gleichwohl wird Gaul immer wieder zu den deutschen Pop-Art-Künstlern gezählt, zuletzt 2016 in der Stuttgarter Ausstellung der Galerie Schlichtenmaier: Winfred Gaul. Werke der Pop Art.
Seine erste bedeutende Einzelausstellung fand 1957 in der auf das Informel spezialisierte, von Jean-Pierre Wilhelm und Manfred de la Motte geführten Düsseldorfer Galerie 22 statt. 1957 erfolgte auch der erste Museumsankauf. Die Kunsthalle Mannheim kaufte aus der von ihr kuratierten Ausstellung „Eine neue Richtung in der Malerei“ Gauls Bild „Pracht der Zerstörung“.
Es folgten zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen in Galerien und Museen des In- und Auslands. Hervorzuheben sind von diesen die documenta II 1959 und die documenta 6 1977 in Kassel, auf denen Gaul 1959 mit drei informellen Bildern, 1977 mit Arbeiten aus der Serie „Farbmarkierungen“ vertreten war.
Das Museum am Ostwall, Dortmund, veranstaltete zwei Jahre nach seinem Tod, vom 3. Juli bis 2. Oktober 2005, eine große Retrospektive seiner Werke von 1958 bis 2003.[16] In der großen repräsentativen Ausstellung Le grand geste! Informel und abstrakter Expressionismus 1946-1964, die das Museum Kunstpalast (in der damaligen Schreibweise: museum kunst palast) 2010 in Düsseldorf präsentierte, war Gaul mit mehreren informellen Bildern vertreten.[17] Im Museum Küppersmühle ist nach der Erweiterung seiner Ausstellungsfläche, neben einer Mehrzahl von deutschen informellen Malern, auch Gaul mit mehreren Werken in einem separaten Kabinett vertreten.
Viele seiner Veröffentlichungen und Ausstellungskataloge enthalten Aufzeichnungen und Notate zur künstlerischen Erfahrung und Selbstreflexion, die neben dem malerischen auch Gauls schriftstellerisches Talent erkennen lassen. Als pictor doctus (gelehrter Maler) haben ihn Kunsthistoriker wie Karl Ruhrberg[18] und Beat Wismer[19] bezeichnet.
„Die Anfänge des Informel standen ganz im Zeichen von Revolte und Anarchie. Wir rebellierten gegen den Versuch, die alte Ordnung wieder zu etablieren, die sich als unfähig erwiesen hatte, die Menschheit gegen den Braunen Terror zu schützen. Als Maler protestierten wir in der Sprache der Malerei: gegen die Komposition, gegen die Zeichnung, gegen die Figur, gegen das Abbild, gegen das Gewohnte und Tradierte.“
„Malerei ist die Reflexion des Malers über die Möglichkeit Malerei zu machen.“
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