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deutscher Geistlicher; Erzbischof von Hamburg Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Stefan Heße (* 7. August 1966 in Köln) ist ein deutscher römisch-katholischer Geistlicher. Seit dem 14. März 2015 leitet er als Erzbischof das Erzbistum Hamburg,[1] das sich über die Freie und Hansestadt Hamburg, Schleswig-Holstein sowie den westlichen Teil von Mecklenburg-Vorpommern erstreckt. Zu der von ihm als Metropolit geleiteten Kirchenprovinz Hamburg gehören auch die Bistümer Hildesheim und Osnabrück.
Heße wuchs in Köln-Junkersdorf als Sohn einer selbständigen Bäckerfamilie auf. Nach dem Abitur am Kölner Gymnasium Kreuzgasse[2] studierte er ab dem Jahr 1986 Philosophie und Theologie an den Universitäten in Bonn und Regensburg. Im Jahr 2001 wurde er mit einer Dissertation über Hans Urs von Balthasar an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Vallendar zum Doktor der Theologie promoviert.
Am 18. Juni 1993 empfing er im Kölner Dom die Priesterweihe durch den Kölner Erzbischof Joachim Kardinal Meisner zusammen mit den späteren Bischöfen Peter Kohlgraf und Dominikus Schwaderlapp sowie dem späteren Kölner Domdechanten Robert Kleine.
Von 1993 bis 1997 war Heße als Kaplan in St. Remigius in Bergheim und anschließend bis 2003 als Repetent im erzbischöflichen Theologenkonvikt in Bonn tätig. Danach leitete er bis 2005 die Abteilung Pastoraleinsatz/Pastorale Dienste im Generalvikariat des Erzbistums Köln.
Am 1. Mai 2006 wurde er Stellvertreter von Generalvikar Dominikus Schwaderlapp sowie im selben Jahr auch Leiter der Hauptabteilung Seelsorge-Personal des Erzbistums. Am 11. September 2011 wurde Heße als residierender Domkapitular ins Kölner Metropolitankapitel berufen. Am 16. März 2012 folgte er Dominikus Schwaderlapp als Generalvikar nach, nachdem dieser zum neuen Weihbischof in Köln ernannt worden war. Bis dahin war Heße auch Diözesanbeauftragter für Rundfunk und Fernsehen.
Papst Benedikt XVI. verlieh Heße im Jahr 2005 den Ehrentitel Kaplan Seiner Heiligkeit und 2010 den Titel Päpstlicher Ehrenprälat.
Mit Eintritt der Sedisvakanz am 28. Februar 2014, bedingt durch die Annahme des Rücktrittgesuches von Joachim Kardinal Meisner durch Papst Franziskus, erlosch automatisch das Amt von Heße als Generalvikar.[3] Noch am selben Tag wählte ihn das Kölner Domkapitel zum Diözesanadministrator des Erzbistums Köln.[4][5]
Bei der Amtseinführung des neuen Erzbischofs von Köln, Rainer Maria Kardinal Woelki, am 20. September 2014 bestätigte dieser ihn als Generalvikar.
Am 26. Januar 2015 ernannte Papst Franziskus Heße zum Erzbischof von Hamburg; er ist der dritte Erzbischof seit der Neuerrichtung der Diözese im Jahr 1994. Die Bischofsweihe und Amtseinführung als Erzbischof von Hamburg erfolgte am 14. März 2015 durch den Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode. Mitkonsekratoren waren der Erzbischof von Köln, Rainer Maria Kardinal Woelki, und Norbert Werbs, Weihbischof in Hamburg.
Heße setzte die von seinem Vorgänger Werner Thissen im Jahr 2009 eingeleitete Neuorganisation der Bistumsstrukturen mit der Zusammenfassung von ehemals 80 selbständigen Kirchengemeinden zu 28 Pastoralen Räumen bzw. neuen Pfarreien sowie der Abschaffung der früheren Dekanate fort. Dies begründete er im Wesentlichen mit der sinkenden Anzahl von Gemeindepfarrern sowie Kirchenbesuchern.[6] Entsprechend dem dazu im Jahr 2017 erlassenen Statut über pfarreiliche und gemeindliche Pastoralgremien[7] arbeiten innerhalb eines Pastoralen Raumes die jeweilige Pfarrei mit ihren Gemeinden sowie die verschiedenen Orte kirchlichen Lebens auf Basis eines gemeinsamen Pastoralkonzepts zusammen. Dieses ist wesentliche Grundlage, um die kirchlichen Grunddienste Martyria (den Glauben erfahren und verkünden), Diakonia (Hinwendung zum Menschen) und Liturgia (den Glauben feiern) gemeinsam zu planen, zu erbringen und weiterzuentwickeln. Organisatorisch wurden in den neuen Großgemeinden mit Geistlichen besetzte Pastoralteams sowie als Pastoralgremien Gemeindeteam und Gemeindekonferenz geschaffen.[7] Im Jahr 2022 endete die Neustrukturierung erfolgreich.
Am 12. November 2016 leitete Heße mit einem Bistumstag unter dem Leitspruch „Herr, erneuere deine Kirche und fange bei mir an“ einen inhaltlichen und wirtschaftlichen Erneuerungsprozess ein.[8][9] In dessen Verlauf stellte eine vom Erzbistum beauftragte Unternehmensberatung 2017 fest, dass dieses auch aufgrund von Altlasten mit rund 80 Millionen Euro überschuldet sei. Ohne tiefgreifende organisatorische Veränderungen würde sich diese Situation bei rückläufigen Mitgliederzahlen und geringeren Kirchensteuereinnahmen rasant verschärfen. Die Berater schlugen daher die Aufgabe von Gebäuden in den Pfarrgemeinden sowie das Schließen katholischer Schulen und Sozialeinrichtungen vor.[10]
Entsprechend ließ Heße ab dem Jahr 2019 Kirchen, Pastorate und Verwaltungsgebäude zum Verkauf stellen.[11] Für die Umsetzungsphase der damit verbundenen Vermögens- und Immobilienreform im Erzbistum wurde Anfang 2021 eine Rahmenordnung erlassen.[12] Zudem schlossen bis zum Jahr 2024 sechs von ehemals 21 Schulen; die verbliebenen 15 Einrichtungen werden mit 135 Millionen Euro ertüchtigt.[13]
Nach Veröffentlichung des Missbrauchsgutachtens der Erzdiözese Köln bat Heße am 18. März 2021 Papst Franziskus um die sofortige Entbindung von seinen Aufgaben.[14] Er zog damit Konsequenzen aus seinem Handeln als Personalverantwortlicher und Generalvikar in Köln und übernahm die Verantwortung für die ihm zur Last gelegten Pflichtverletzungen. Heße bedauerte, dass er durch sein Handeln oder Unterlassen Betroffenen und ihren Angehörigen neuerliches Leid zugefügt haben solle.[15]
Der Papst gewährte Heße zunächst eine Auszeit.[16] Kommissiarisch leitete daraufhin Generalvikar Ansgar Thim das Erzbistum Hamburg.[17] Am 15. September 2021 teilte die Apostolische Nuntiatur dann aber mit, dass Papst Franziskus den Rücktritt Heßes nicht angenommen habe. Bei einer Visitation in Köln im Juni 2021 seien zwar „persönliche Verfahrensfehler“ Heßes festgestellt worden, doch seien diese nicht in der Absicht begangen worden, Fälle sexuellen Missbrauchs zu vertuschen. Erzbischof Heße nahm daraufhin seine Amtsgeschäfte wieder auf.[18]
Als Mitglied der Deutschen Bischofskonferenz gehört Erzbischof Stefan Heße folgenden Kommissionen an:
Stefan Heße gehörte vom 8. Januar 2007 bis zu seiner Ernennung zum Hamburger Erzbischof als stellvertretendes Mitglied dem Rundfunkrat des Westdeutschen Rundfunks an.[21]
Seit dem 18. November 2016 bis zum 19. November 2020 war Erzbischof Heße in Nachfolge von Bischof Gebhard Fürst Geistlicher Assistent des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK).[22]
2017 wurde Heße in Wien als Ehrenritter des Deutschen Ordens investiert.[23]
Stefan Heße sieht in der Medienarbeit und im Web 2.0 besondere Aufgaben für die Kirche der Zukunft. Die Kirche müsse ihre Sprachfähigkeit verbessern, damit andere den Glauben auch verstehen können. „Wie verhindere ich zum Beispiel, dass Ostern auf ein Hasenfest reduziert wird?“, so Heße. Er hält es für erforderlich, dass die Kirche mit ihren Finanzen transparent und verantwortlich umgeht und die Zahlen über ihr Vermögen offenlegt.[24] Auch ist Heße stark am Dialog mit den Gläubigen interessiert und plädiert in Fragen der kirchlichen Ethik für schnellere Entscheidungen.[25] Im August 2015 forderte Heße eine Liberalisierung der katholischen Sexualmorallehre. So müsse die Kirche es wertschätzen, wenn in homosexuellen Beziehungen Werte wie Treue und Verlässlichkeit gelebt würden.[26] Im August 2019 sprach sich Heße gemeinsam mit Bischof Franz-Josef Bode für einen offeneren Umgang ihrer Kirche mit Homosexuellen aus.[27]
Den Bundestagsentscheid zur „Ehe für alle“ vom 30. Juni 2017 sah Heße dagegen kritisch. Er „bedauerte es“, dass das kirchliche und das staatliche Eheverständnis sich „weiter voneinander entfernten“.[28]
Im August 2020 erklärte Heße, dass in der katholischen Kirche die Debatte über die Zulassung von Frauen zum Weiheamt noch nicht beendet sei, und forderte ein offenes Gespräch über Diakoninnen und Priesterinnen.[29]
Im Oktober 2020 berichtete die Frankfurter Allgemeine Zeitung unter Berufung auf die Bild, dass Heße in seiner Funktion als Leiter der Personalabteilung in Köln einen Priester, der seine drei Nichten missbraucht haben soll, „der kirchlichen wie auch indirekt der weltlichen Strafverfolgung entzogen“ habe. Trotz eines Geständnisses sei der Geistliche wieder in der Seelsorge eingesetzt worden. Heße bestritt gegenüber der Bildzeitung, an der Vertuschung des Falles beteiligt gewesen zu sein, und schloss aus, „einem Vorgehen zugestimmt zu haben, bei dem in Fällen sexuellen Missbrauchs von Gesprächsinhalten keine Protokolle angelegt oder gar Protokolle, Akten oder Gesprächsnotizen im Zweifel vernichtet werden sollen“.[30] In einer nachfolgenden Stellungnahme teilte das Erzbistum Köln mit, dass sich aus den vorliegenden Gesprächsnotizen einer Anhörung des verdächtigten Pfarrers im Generalvikariat keine Hinweise auf ein Geständnis ergeben. Das gegen den Verdächtigten eröffnete staatliche Ermittlungsverfahren war im März 2011 eingestellt worden, nachdem „die Betroffenen von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht“ hatten.[31]
Matthias Katsch von der Betroffeneninitiative „Eckiger Tisch“ legte Heße den Rücktritt nahe. „Für mich kann Erzbischof Stefan Heße sein Amt nicht mehr glaubwürdig ausfüllen – weder im Umgang mit den Betroffenen noch mit Blick auf die Aufarbeitung. Ich denke, dass er über kurz oder lang zurücktreten wird müssen.“[32] Dieser Einschätzung schloss sich der Münsteraner Theologe und Kirchenrechtler Thomas Schüller an: „Heße wäre 2010 kirchenrechtlich dazu verpflichtet gewesen, eine Voruntersuchung einzuleiten und den Vatikan zu informieren. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, ist Heße als Hamburger Erzbischof nicht mehr haltbar.“[33] Im November 2020 wurde bekannt, dass Heße aufgrund der Vorwürfe sein Amt als Geistlicher Assistent des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) vorläufig nicht mehr ausüben will.[34] In diesem Zusammenhang erhöht sich der Druck auf den Kölner Erzbischof Woelki, ein von diesem zurückgehaltenes Gutachten der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, in dem Heße kritisch beurteilt werde.[35] Ein Sondergutachten der Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker und Wastl, das die Mängel im Umgang des Erzbistums mit einem Fall offenlegt, ist seit dem 24. November 2020 auf den Seiten des Kölner Stadtanzeigers öffentlich einsehbar.[36]
Zusätzlich wurde bekannt, dass „Woelki schon im Frühjahr 2019 Heße und weitere vormalige Verantwortliche im Erzbistum Köln damit [konfrontiert habe], dass sie sich ‚in mehrerer Hinsicht rechtswidrig‘ verhalten hätten“.[37]
Heße wandte sich an die Kongregation für die Bischöfe und bat um Prüfung der Vorwürfe und eventueller Auswirkungen auf sein Amt als Erzbischof, da er „nicht Richter in eigener Sache sein“ könne, wie am 20. November 2020 vom Erzbistum Hamburg mitgeteilt wurde.[38]
Aus dem am 18. März 2021 veröffentlichten Missbrauchsgutachten und der Untersuchung der Kanzlei Gercke/Wollschläger zum Umgang mit sexualisierter Gewalt im Erzbistum Köln geht hervor, dass Heße als Personalverantwortlichem, Generalvikar und Diözesanadministrator elf Pflichtverletzungen zur Last gelegt werden, die im Zusammenhang mit der Aufarbeitung von Missbrauchsvorwürfen im Erzbistum Köln stehen, bezogen auf neun Fälle. Heße soll versäumt haben, kirchliche Verfahren zur Aufklärung von Missbrauchsvorwürfen einzuleiten, und mehrere Fälle nicht an die Staatsanwaltschaft oder an den Vatikan gemeldet haben. In die Amtszeit Heßes fiel eine Vielzahl von Missbrauchsmeldungen im Jahre 2010, und wegen zahlreicher rechtlicher Änderungen im Zusammenhang mit der Bearbeitung von Missbrauchsverdachtsfällen habe Unklarheit in Bezug auf die Rechtslage bestanden, so die Gutachter; zudem sei Heße zum Teil unzureichend von Offizial und Justitiarin des Erzbistums Köln beraten worden.[39][40][41][42]
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