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Wissenschaft von den technischen Schwingungsystemen (Oszillatoren) Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Technische Schwingungslehre, auch kurz Schwingungslehre, ist die Wissenschaft von den technischen Schwingungsystemen (Oszillatoren).
Schwingungen spielen in der Natur und Technik eine große Rolle.[1]:218 Bei schwingfähigen Bauteilen ist deren sichere Auslegung in allen Bereichen der Technik, insbesondere im Maschinenbau, Bauingenieurwesen und in der Elektrotechnik, von großer Bedeutung.[2]:1 Sie beschäftigt sich mit
Wesentliche Eigenschaften mechanischer Schwingungssysteme sind ihre Steifigkeit und Trägheit, die sie befähigen eine Verformung zurückzustellen, dabei jedoch die Verformungsgeschwindigkeit aufrechtzuhalten. Diese widerstreitenden Eigenschaften führen im sich selbst überlassenen System nach einer irgendwie eingeleiteten, hinreichend kleinen Auslenkung (im linearen Bereich, wo keine Schäden auftreten) wie in der Animation zu Schwingungen. Deren wichtigste Kenngröße ist die Eigenkreisfrequenz, die den Takt der Schwingung vorgibt. Wird das System in diesem Takt, genauer in dieser Frequenz, angeregt, kann es zur Resonanzkatastrophe kommen, die es in technischen Systemen zu vermeiden gilt.
Sie ist eine theoretische Disziplin, die das vollständige Verständnis technischer Schwingungsphänomene anstrebt, dabei auch ihre mathematische Beschreibung nutzt, ohne sie zum Selbstzweck werden zu lassen.[3]:V Schwingungen werden mit Differentialgleichungen beschrieben, die es aufzustellen, zu interpretieren und zu lösen gilt. Die Lösungen sind in ihrer physikalisch-technischen Bedeutung zu verstehen. Kenntnisse der technischen Schwingungslehre sind in der Entwicklung und Konstruktion unabdingbar.[2]:VI–1
Die Wellenlehre untersucht sich räumlich ausbreitende Schwingungen. In Abgrenzung dazu, befasst sich dieser Artikel mit stationären Schwingungen, wie sie beim Federpendel oder Kragbalken vorkommen, siehe Bild.
Unter einer Schwingung wird ein sich in gleicher Weise wiederholender Vorgang verstanden, bei dem eine physikalische Größe (wie z. B. der Weg oder die Winkelauslenkung) abwechselnd zu- und abnimmt. Beispiele sind Pendel, Seegang, elektrische Schwingkreise oder Erdbebenwellen.[2]:1[1]:219–239 Folgende Begriffe werden häufig benutzt:
Bei periodischen Schwingungen wiederholt sich der Verlauf mit der Zeit (t), und Periodische Funktionen können sie kompakt beschreiben, siehe Animation.[2]:7–9[1]:219–221 Die Zeitspanne, bis die Wiederholung auftritt, ist die Periodendauer, Periode oder Schwingungsdauer T, ihr Kehrwert die Frequenz f der Schwingung, das 2π-fache der Frequenz die Kreisfrequenz ω der Schwingung, und die Anzahl der Schwingungen pro Minute ist die Schwingungszahl n.
Die Amplitude ist die maximale Auslenkung, und Schwingungen mit konstanter Amplitude, wie die hier angegebenen, heißen ungedämpft. Schwingungen mit abnehmender Amplitude sind gedämpft und solche mit wachsender Amplitude angefacht. Der Spitze-Tal-Wert entspricht der doppelten Amplitude.
Ein wichtiger Sonderfall periodischer Schwingungen sind die harmonischen Schwingungen wie in der Animation oben, bei denen die Größe mit dem Sinus und Kosinus, sin bzw. cos, in der Zeit t verläuft. Periodische Funktionen können mit (unendlichen) Summen von harmonischen Funktionen dargestellt werden.
Bei der Überlagerung harmonischer Schwingungen sind zwei Fälle zu unterscheiden:
Falls die Frequenzen der beiden Schwingungen nahe beieinander liegen kommt es zu einer Schwebung, wie im Bild.
In Fourierreihen wird eine periodische Schwingung als Überlagerung einer harmonischen Grundschwingung mit ihren Harmonischen dargestellt; hier sind die Kreisfrequenzen ganzzahlige Vielfache der Grundfrequenz. Die Sägezahn- und Rechteckschwingung sind Schwingungen, die eine Überlagerung von unendlich vielen harmonischen Schwingungen sind. Mittels der Fourier-Analysis können Zeitsignale in ihre Frequenzanteile zerlegt werden, und umgekehrt kann aus den Frequenzanteilen das Signal zusammengesetzt werden. In der Mess- und Regelungstechnik ist auch das kontinuierliche Spektrum bedeutsam, das aus der Fourier-Transformation entsteht. Mittels der FFT kann ein zeitdiskretes Signal, wie es bei Messungen anfällt, in seine Frequenzanteile zerlegt und analysiert werden.[2]:13f
Harmonische Schwingungen können mit dem Zeigermodell in der Animation unten anschaulich dargestellt werden. Ihre allgemeine Bewegungsfunktion als Funktion der Zeit t ist[1]:221[2]:9f
mit Kreisfrequenz ω, Konstanten , Amplitude und Nullphasenwinkel φ0=atan2(B,A). Die Zeitableitungen der Bewegungsfunktion liefern die Geschwindigkeit und die Beschleunigung:
Hat die Schwingung zu Beginn (bei t=0) die Auslenkung x0 und die Geschwindigkeit v0, dann berechnen sich die Konstanten
Die mathematische Behandlung wird kürzer und eleganter, wenn komplexe Zahlen mit der imaginären Einheit j2=−1 eingeführt werden. Es ändert sich dadurch nichts an den physikalischen Zusammenhängen,[4]:469 siehe Animation. Die xy-Ebene wird als Gaußsche Zahlenebene aufgefasst, in der eine komplexe Zahl z=x+jy mit Realteil x und Imaginärteil y einen Punkt darstellt, rot in der Animation. Die reellen Parameter der Zahl beschreiben das beobachtete System: In der Animation stellt der Imaginärteil (die y-Koordinate) die Auslenkung dar, der Realteil (die x-Koordinate) ist zur Geschwindigkeit des Pendelkörpers proportional und der Betrag (r) ist die Amplitude der Schwingung des Federpendels.
Die Polardarstellung der komplexen Zahl ist z=r·ejφ mit Betrag r=|z| und Argument φ=atan2(y,x), das den Winkel angibt, mit dem die positive x-Achse gegen den Uhrzeigersinn um den Ursprung gedreht werden muss, damit sie durch die Zahl z führt (ein negatives Argument bedeutet eine Drehung im Uhrzeigersinn.) In dieser Darstellung besitzt das Argument dasselbe Vorzeichen wie der Imaginärteil y. An der Stelle z=−r springt das Argument von φ=π nach φ=−π, was der Tatsache entspricht, dass der Hauptwert des komplexen Logarithmus auf der negativen reellen Achse nicht stetig ist. Wird z=r·ejφ mit einer anderen komplexen Zahl V·ejζ multipliziert, ergibt das w=V·r·ej(φ+ζ), d. h. w hat gegenüber z den V-fachen Betrag und ist um den Winkel ζ gegen den Uhrzeigersinn gedreht. Die konjugiert komplexe Zahl w:=V·e−jζ dreht entsprechend im Uhrzeigersinn. Beispielsweise kann ein #Komplexer Frequenzgang bei harmonischer Erregung elegant in dieser Weise beschrieben werden.
In realen Systemen nehmen die Auslenkungen von freien Schwingungen durch Energiedissipation mit der Zeit ab bis das System zur Ruhe kommt: Reale Schwingungen sind gedämpft. Als Ursachen kommen in Frage:
Die Dämpfung kann vernachlässigt werden, wenn nur
interessieren.[4]:44 Wenn sie doch benötigt wird, kann sie experimentell ermittelt werden aus[4]:50f
Das wichtigste System in der technischen Schwingungslehre ist das lineare Feder-Masse-Dämpfer System mit einem Freiheitsgrad, der auch kurz einfacher Schwinger[1]:222 genannt wird, siehe Bild. Denn zum einen verhalten sich viele Systeme, insbesondere Resonatoren, wie einfache Schwinger (siehe #Einfache Schwinger als Ersatzsystem) und zum anderen lassen sich lineare Systeme, die mehrere (n) Massen enthalten, die mit Federn und Dämpfern aneinander gekoppelt sind, unter bestimmten Voraussetzungen durch Modalanalyse in n entkoppelte einfache Schwinger (Schwingungsmoden) zerlegen.
Der einfache Schwinger im Bild besteht aus einer Masse (m), die in einer Richtung (x) frei verschieblich ist und mit einer Feder (k) und einem Dämpfer (c) gehalten wird.
Nach einer Anfangsauslenkung aus der Ruheposition wirken zwei Kräfte auf die Masse:
Das zweite newtonsche Gesetz Kraft gleich Masse mal Beschleunigung, F=m·a, angewendet auf die Masse liefert:
Hier zeigt sich der Vorteil des Ansatzes mit der geschwindigkeitsproportionalen Dämpfung:[4]:462
Für die schwingungstechnische Form wird die Gleichung durch die Masse dividiert und es entsteht die homogene Schwingungsgleichung:
Darin ist[2]:89
Formelzeichen | Einheit | Name |
---|---|---|
s−1 | Eigenkreisfrequenz des ungedämpften Systems (bei d=0) | |
s−1 | Abklingkonstante | |
1 | Dämpfungsgrad oder Lehr’sches Dämpfungsmaß | |
θ=arcsin(D) | Radiant | Dämpfungswinkel, der nur bei D≤1 definiert ist, also bei unterkritischer schwacher bis starker Dämpfung. |
Bei Krafterregung mittels einer Einzelkraft F(t) oder Fußpunkterregung[2]:153 über den auf und ab schwingenden Boden, bei der die x-Koordinate des Bodens xF(t) vorgegeben wird, liefert Newtons Gesetz
Division durch die Masse ergibt nach Umstellung die inhomogene Schwingungsgleichung[2]:154
In Abwesenheit von Krafterregung , Federfußpunkterregung oder Dämpferfußpunkterregung , tritt der entsprechende Term auf der rechten Seite nicht auf und ist wegzulassen.
In der Technik kommen schwingfähige Systeme vor, in denen die Rückstellkraft nicht von einer Feder oder die Trägheit nicht (nur) von einer Masse herrührt. Dann kann der Schwinger als Ersatzsystem dienen, in dem entsprechende Ersatzfedersteifigkeiten kers und Ersatzmassen mers eingesetzt werden. Gelegentlich wird auch die Verschiebung x durch eine verallgemeinerte Koordinate q ersetzt.[2]:139f Die Tabelle zeigt Beispiele hierfür.[2]:231ff
Schwinger | Verallgemeinerte Koordinate | Ersatzmasse | Ersatzsteifigkeit |
---|---|---|---|
mathematisches Pendel | Drehwinkel φ | Masse m | g/l[1]:225 |
physikalisches Pendel | Drehwinkel φ | Masse m | mgl/J[1]:226 |
Drehschwinger | Drehwinkel | Massenträgheitsmoment | Drehfedersteifigkeit |
Rollschwinger[7] | Auslenkung | m+J/r2 | Federsteifigkeit |
Torsionspendel | Drehwinkel φ | Massenträgheitsmoment J des Pendelkörpers | Direktionsmoment |
Wasserpendel | Auslenkung y | Masse der gesamten Wassersäule | 2·ρ·A·g |
Reibschwinger | Auslenkung | Masse | μ·mg/b, b=Halber Abstand der Rollen |
Kragbalken mit Einzelmasse am Ende | Axiale Verschiebung | Masse des Pendelkörpers | kers=EA/l |
Kragbalken mit Einzelmasse am Ende | Durchbiegung | kers=3EI/l3, l=Länge des Balkens | |
Träger auf zwei Stützen mit mittiger Einzelmasse | kers=48EI/l3, l=Länge des Balkens | ||
Beidseitig fest eingespannter Träger mit mittiger Einzelmasse | kers=192EI/l3, l=Länge des Balkens |
Die im vorangegangenen Abschnitt genannten Schwinger können in realen Systemen in mannigfacher Weise kombiniert auftreten. Dabei gilt:[6]:B37[1]:231
Wenn gegenüber der Masse des schwingenden Körpers die Federmasse nicht vernachlässigt werden darf, kann sie näherungsweise berücksichtigt werden. Unter der Annahme, dass die Verschiebungen denen bei statischer Auslenkung gleich sind, kann die kinetische Energie der Feder als Funktion der Geschwindigkeit v des schwingenden Körpers berechnet werden:
d. h. ein Drittel der Federmasse trägt zur kinetischen Energie des Schwingers bei. In die Gesamtenergie des Schwingers geht nun die kinetische Energie der Einzelmasse plus einem drittel der Federmasse ein; diese ist demnach als (Ersatz-)Masse des Systems anzusetzen: mers=m+κ·mF mit κ=1⁄3.[2]:33 Bei der Biegung des Kragbalkens ist κ=33⁄140 und beim beidseitig aufliegenden durchbiegenden Balken mit mittiger Masse ist κ=17⁄35.[6]:B37
Der sich selbst überlassene Schwinger oszilliert mit einer eingeprägten Amplitude aber in einer ihm eigenen Geschwindigkeit, die von seiner Eigenkreisfrequenz bestimmt wird.
Um diese zu ermitteln, wird der Ansatz
mit Amplitude A, e-Funktion e···, Exponent λ und Zeit t in die #homogene Schwingungsgleichung (Bezeichnungen siehe dort) eingesetzt mit dem Ergebnis:[1]:240
Vier Fälle sind zu unterscheiden:
Nur bei kritischer bis sehr starker Dämpfung ist der Exponent λ eine reelle Zahl, und die Bewegungsfunktion hat im Wesentlichen einen exponentiell abklingenden Verlauf. Im nicht bis stark gedämpften Schwinger ist λ eine komplexe Zahl und die eulersche Formel führt auf die Wellenfunktionen Sinus und Cosinus, die bei vorhandener Dämpfung eine abnehmende Amplitude besitzen.
Die Tabelle gibt die Bewegungsfunktionen in den vier Fällen und die zugehörigen Parameter für eine Anfangsauslenkung x0 und eine Anfangsgeschwindigkeit v0 zur Zeit t=0.
Im wichtigen Sonderfall der schwach bis stark gedämpften Schwingung (0 < D < 1) stellt sich eine quasiperiodische oder quasiharmonische Schwingung ein, deren Quasi-Periodendauer
(T im Bild) oft ungenau „Schwingungsdauer des gedämpften Systems“ genannt wird. Die Schwingung besitzt die Einhüllende (blau im Bild) und das Verhältnis der Auslenkungen zu zwei Zeitpunkten im Abstand Td
wird Logarithmisches Dekrement genannt, das konstant ist: Die Schwingungsamplitude nimmt exponentiell mit der Zeit ab.
Einige Beziehungen zwischen den Kenngrößen der schwach gedämpften Schwingung sind in der Tabelle angegeben.
δ | θ | Λ | m,d,k | |
---|---|---|---|---|
D= | ||||
ωd= |
Bei Dämpfung durch trockene Reibung (Coulomb’sche Dämpfung)[2]:106ff[1]:236f ist die Reibungskraft R konstant, aber immer der Geschwindigkeit entgegengesetzt. Es müssen zwei Fälle unterschieden werden, wodurch das System nicht mehr linear ist und mit keiner analytischen Funktion darstellbar ist. Bei fehlender äußerer Erregung ergibt sich die #inhomogene Schwingungsgleichung
ohne geschwindigkeitsproportionale Dämpfung (δ=0) aber mit Krafterregung (F=±R). Die Lösung erfordert ebenfalls Fallunterscheidungen:
Die Konstanten C1,2 und D1,2 müssen an die Anfangsbedingungen und die Übergangsbedingungen in den Umkehrpunkten nach jeder Halbschwingung angepasst werden. Bei jeder Halbschwingung nimmt die Amplitude um 2R/k – also linear mit der Zeit – ab, und spätestens[9] wenn die Amplitude R/k unterschreitet, tritt im Umkehrpunkt Haftreibung ein und bleibt die Masse dort stehen.
Die Partikularlösung für die #inhomogene Schwingungsgleichung befriedigt mit vorgegebenem Beschleunigungsverlauf 𝛼(t). Wegen der Linearität der Differentialgleichung können zur Partikularlösung Lösungen der homogenen Schwingungsgleichung beliebig superponiert werden, beispielsweise um Anfangsbedingungen einzuhalten.
Bei vorhandener Dämpfung (praktisch immer) nimmt der homogene Lösungsanteil mit der Zeit immer mehr ab und es dominiert der durch eine Erregerkraft aufgeprägte partikuläre Anteil. Dann ist der Einschwingvorgang beendet.[1]:254
Im Folgenden wird das eingeschwungene System vorausgesetzt.
In der Technik werden harmonische Erregungen beispielsweise durch gleichförmig rotierende Massen eingebracht, die eine Unwucht besitzen. Im eingeschwungenen Zustand bewegt sich dann der Schwinger im Takt der Erregung mit nacheilender Antwort. Bei sehr langsamer Erregung vermag der Schwinger der Erregung zu folgen; er folgt nahezu in Phase. Im Resonanzfall eilt die Antwort um 90° oder π⁄2 nach und die Amplitude ist maximal. Reale Systeme gehen hier leicht kaputt, was als Resonanzkatastrophe bekannt ist, oder werden verstimmt, weil sich ihre Federkonstante ändert. Ferner ist in realen Systemen immer Dämpfung vorhanden. Alles zusammengenommen bewirkt, dass die Amplituden in realen Systemen oft begrenzt bleiben. Von Ausnahmefällen abgesehen (Schwingförderer und Siebmaschinen werden oft im Resonanzbetrieb gefahren) ist der Resonanzfall in technischen Systemen zu vermeiden.[2]:123 Bei weiter ansteigender Erregerfrequenz vermag der Schwinger der Erregung immer weniger zu folgen, die Amplitude nimmt ab, aber die Nacheilung wird größer bis der Schwinger in Gegenphase ist, d. h. entgegen der Erregung schwingt.
Dieses Verhalten kann elegant in der #Darstellung mit komplexen Zahlen nachgewiesen werden.[2]:140 Dazu wird die Erregung in der Form mit Amplitude sowie Erregerkreisfrequenz Ω und der Ansatz mit Amplitude in die #inhomogene Schwingungsgleichung eingesetzt:[1]:254
Der Faktor E berücksichtigt die Art der Erregung:[1]:254
E | Erregung |
---|---|
Krafterregung oder Erregung über eine Feder | |
Erregung über einen Dämpfer mit Dämpfungsgrad D | |
Erregung durch eine rotierende Unwucht |
Division durch die Exponentialfunktion liefert mit η=Ω/ω0 und umgestellt:
Der Bruch ist der komplexe Frequenzgang und seine Polardarstellung lautet
Die Schwingungsantwort wird demnach betraglich um den Faktor V(η) skaliert und ist um den Winkel ζ(η) im Uhrzeigersinn phasenverschoben.[2]:142[1]:254 Die dimensionslose Vergrößerungsfunktion
wird auch Amplituden-Frequenzgang oder kurz Amplitudengang genannt. Die Bilder stellen die Vergrößerungsfunktionen in den drei Fällen graphisch dar.
Außer bei Erregung mit einem Dämpfer wächst der Amplitudengang im ungedämpften Fall (D=0) in der Eigenkreisfrequenz entsprechend η=1 über alle Grenzen, was, wie oben bereits begründet, unphysikalisch ist. Die stationären Punkte des Amplitudengangs in den drei Erregungsarten sind in der Tabelle aufgeführt.
E | Stationärer Punkt | Vergrößerungsfunktion |
---|---|---|
Der Phasenfrequenzgang oder kurz Phasengang
ist gleich der negativen Argumentfunktion des komplexen Frequenzgangs und in den drei Erregungsarten identisch. Die Phase dreht immer im Uhrzeigersinn, sodass die Antwort der Erregung jedenfalls nacheilt. Die Tabelle enthält einige wichtige Werte.
η | 0 | 1 | ∞ | ||
---|---|---|---|---|---|
φ(η) | 0 | π⁄2 | π |
Darin ist arccos die Umkehrfunktion des Cosinus.
Jede periodische Funktion kann durch eine Fourier-Reihe dargestellt werden, die aus der Grundschwingung und ihren Harmonischen besteht. Der Schwinger antwortet dann auf jedes Glied der Reihe gemäß dem Amplituden- und Phasengang aus Abschnitt #Komplexer Frequenzgang bei harmonischer Erregung. Für praktische Anwendungen genügen bereits einige Reihenglieder, für eine gute Wiedergabe der Schwingungsantwort.[2]:122
Betrachtet wird der ungedämpfte Fall, in dem die #inhomogene Schwingungsgleichung
lautet, wo auf der rechten Seite eine anregende Kraft steht. Ist eine Parikularlösung gefunden, die diese Gleichung erfüllt, können zwecks Einhaltung der Anfangsbedingungen Bewegungsfunktionen addiert werden, die die #homogene Schwingungsgleichung mit einer Null auf der rechten Seite befriedigen. Die Parikularlösung ergibt sich hier aus dem Faltungsintegral[2]:115f
Denn die Kraft ist die Zeitableitung des Impulses p=m·v:
Die Bewegungsfunktion des homogenen Systems infolge der Anfangsbedingung x(t0)=0 und v(t0)=v0 ist
Das Geschwindigkeitsinkrement aufgrund des Kraftstoßes als „Anfangsgeschwindigkeit“ zur Zeit t0=τ eingesetzt, ergibt
Die Bewegungsfunktion infolge des Kraftverlaufs ergibt sich aus dem oben angegebenen Integral. Siehe auch Lineare gewöhnliche Differentialgleichung#Spezielle Verfahren zum Auffinden einer partikulären Lösung.
Maschinen und deren Baugruppen lassen sich durch die Modellierung als Mehrkörpersystem oder die Finite-Elemente-Methode auf ein lineares Berechnungsmodell reduzieren. Oft reichen Berechnungsmodelle mit wenigen Freiheitsgraden aus, aber es werden auch Berechnungsmodelle mit Millionen Freiheitsgraden benutzt. Mit der Anzahl der Freiheitsgrade steigt in jedem Fall der Rechenaufwand, aber nicht immer die Genauigkeit der Ergebnisse, die von der Güte der Eingabedaten und davon abhängt, ob die wesentlichen Einflussgrößen richtig erfasst werden. Man kann mit einem Modell mit wenigen Freiheitsgraden das reale Verhalten oft schon hinreichend genau beschreiben.[4]:371
Die wesentlichen Methoden und Analysen von Systemen mit mehreren Freiheitsgraden lassen sich übersichtlich am System mit zwei Freiheitsgraden aufzeigen. Für mehrere Freiheitsgrade ist die Darstellung in Matrix-Schreibweise unverzichtbar.[2]:161ff.
Beim Zwei-Massen-Schwinger im Bild sind zwei Massen m1,2 mit je einer Feder k1,3 und einem Dämpfer c1,3 an festen Wänden und mit einer Feder k2 und einem Dämpfer c2 aneinander gekoppelt. Jede Masse hat einen eigenen Freiheitsgrad x1,2, weswegen das System auch mit zwei gekoppelten Schwingungsgleichungen beschrieben wird, die wie beim einfachen Schwinger aus Newtons zweitem Gesetz folgen:[2]:187ff
mit zwei im Bild nicht dargestellten Erregerkräften F1,2 an den Massen m1,2 und Dämpfungskonstanten d1,2,3 der Dämpfer c1,2,3. Umgestellt ergibt sich
Massenmatrix | Lösungsvektor | ||
Steifigkeitsmatrix | Erregerkraft | ||
Dämpfungsmatrix |
schreibt sich das kompakt als Matrizendifferentialgleichung
Hier ist die Massenmatrix eine Diagonalmatrix und die Steifigkeitsmatrix voll besetzt, was bei Federkopplung der Fall ist. Bei Massenkopplung hat die Steifigkeitsmatrix Diagonalgestalt und die Massenmatrix besitzt Nebendiagonalglieder.[2]:167 Kreiselwirkungen, wie sie bei rotierenden Wellen auftreten, bringen schiefsymmetrische Anteile in die Dämpfungsmatrix D ein; eine rein antisymmetrische Dämpfungsmatrix bewirkt daher keine Dämpfung.[4]:464 Unter den Voraussetzungen für den Satz von Betti sind die Massen- und Steifigkeitsmatrizen – wie hier – symmetrisch, wovon im Folgenden auch ausgegangen wird.
Mit dem Ansatz mit konstantem Amplitudenvektor entsteht in Abwesenheit von Erregerkräften das Problem
Bei #Rayleigh-Dämpfung ist D=αM+βK und es entsteht nach
ein verallgemeinertes Eigenwertproblem. Dessen Spektralzerlegung liefert die Eigenwerte η und Eigenvektoren des Systems. Wegen der Symmetrie der Matrizen sind die Eigenwerte und -vektoren reell, aber die Werte
können komplex sein.
Bei einer Erregerkraft mit konstantem Kraftamplitudenvektor wird der Ansatz eingesetzt mit der Konsequenz (j2=−1):[4]:470
Daraus berechnet sich die komplexe Amplitude
Hier ist H die komplexe Frequenzgangsmatrix, die die Inverse Matrix des rechten Klammerausdrucks ist, vgl. #Komplexer Frequenzgang bei harmonischer Erregung des einfachen Schwingers. Sie gibt zu einem komplexen Erregerkraftvektor die komplexe Antwort , der eine (reelle) Amplitude und ein Phasenwinkel gegenüber der Erregung zugeordnet werden kann. Der Verlauf über die Erregerfrequenz ist der Amplituden- bzw. Phasengang.
Für den zwei-Massen-Schwinger aus dem #Bild oben mit den Parametern aus der Tabelle sind der Amplituden- und Phasengang im Bild dargestellt.
Größe | F1 | F2 | m1 | m2 | k1 | k3 | k2 | α | β |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Dimension | MLT−2 | M | MT−2 | T−1 | T | ||||
Zahlenwert | 0 | 1 | 2 | 1 | 1 | 1 | 1 | 0 | 0,01 |
Analysten erkennen hier:
Wie im Abschnitt #Einteilung von Schwingungen und Grundbegriffe angedeutet kann ein Balken als ganzes Schwingbewegungen
ausführen. Flächentragwerke können ebenfalls Schwingungen ausführen.[6]:B42ff Kontinua besitzen theoretisch unendlich viele Eigenschwingungsformen, die in ihre Grundschwingung mit der niedrigsten Eigenkreisfrequenz und ihre Harmonischen eingeteilt werden. In Resonanzkörpern wird dies ausgenutzt.
Zur Aufstellung der Schwingungsgleichung werden die Verschiebungen infolge einer Streckenlast bzw. Flächenlast berechnet und diese dann als Ursache einer Beschleunigung aufgefasst.[10]:112 Die Längskoordinate ist x und eine Ableitung nach x wird mit einem Strich wie in u' angezeigt. Bei Tragwerken mit konstanten Eigenschaften über ihre Länge bzw. Fläche ergeben sich die Schwingungsgleichungen aus der Tabelle:
Art | FHG | Schwingungsgleichung |
---|---|---|
Stabwerke und Seile | ||
Longitudinal | Längung u | |
Transversal | Durchbiegung w | |
Torsion | Torsionswinkel φ | |
Saitenschwingung | Auslenkung w | |
Flächentragwerke | ||
Membranen | Durchbiegung w(x,y) | |
Platten | Durchbiegung w(x,y) |
Darin is
Zeichen | Bedeutung | Dimension |
---|---|---|
l,h | Länge, Dicke | L |
A | Querschnitt | L2 |
E | Elastizitätsmodul | ML−1T−2 |
ρ | Dichte | ML−3 |
I | Flächenträgheitsmoment | L4 |
J | Massenträgheitsmoment | ML2 |
It | Torsionsflächenmoment 2. Grades, das bei kreis- oder kreisringförmigem Querschnitt gleich dem polaren Flächenträgheitsmoment Ip ist. | L4 |
S1 | Spannkraft | MLT−2 |
μ | Masse je Flächeneinheit | ML−2 |
S2 | Spannkraft pro Längeneinheit | MT−2 |
𝚫 | Laplace-Operator in der Ebene | L−2 |
N | Plattensteifigkeit | ML2T−2 |
Die Lösung der Schwingungsgleichung erfolgt mit Trennung der Veränderlichen und dem Produktansatz für den Freiheitsgrad, beispielsweise u(x)=U(x)·T(t) bei der Longitudinalschwingung:
Weil die linke Seite nur von der Zeit t und die rechte nur von der x-Koordinate abhängt, kann die letzte Gleichung auf der ganzen Länge und zu beliebigen Zeitpunkten nur dadurch erfüllt werden, dass die Brüche Konstanten ergeben:
Diese Differentialgleichungen sind genauso zu lösen wie beim ungedämpften Schwinger und benötigen jeweils zwei Anfangs- und Randbedingungen, siehe Navier-Cauchy-Gleichungen#Beispiel.
Bei der Transversalschwingung des Balkens und der Plattenschwingung treten vierte Ableitungen auf, wodurch die Gleichungen auch von Hyperbelfunktionen erfüllt werden. Hier werden zwei Anfangs- und vier Randbedingungen für die eindeutige Lösung benötigt.[10]:111f
Bei den Flächentragwerken entsteht mit derselben Methode die Helmholtz-Gleichung, die ihrerseits in vielen orthogonalen Koordinatensystemen durch Trennung der Veränderlichen gelöst werden kann. Das ist hilfreich, wenn die Berandung der Flächenträger in diesen Koordinatensystemen mit Koordinatenlinien übereinstimmen.
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