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mathematischer Satz Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Der Satz von Dirichlet, gelegentlich auch Dirichletscher Primzahlsatz, benannt nach Peter Gustav Lejeune Dirichlet, ist eine Aussage aus dem mathematischen Teilgebiet der Zahlentheorie. Er besagt, dass eine aufsteigende arithmetische Progression unendlich viele Primzahlen enthält, wenn dies nicht aus trivialen Gründen, etwa bei , unmöglich ist. Eine arithmetische Progression ist dabei eine Folge ganzer Zahlen, sodass zwei aufeinanderfolgende Glieder stets dieselbe Differenz haben, wie zum Beispiel Ganz allgemein ist eine solche Folge für eine ganze Zahl und eine natürliche Zahl gegeben durch
Die Folge ist dann im Sinne des Satzes von Dirichlet „trivial“, wenn und einen gemeinsamen Teiler haben, der größer als ist. Den ersten vollständigen Beweis der Aussage lieferte Dirichlet im Jahr 1837. Dabei wurden erstmals rein analytische Methoden für die Gewinnung eines zahlentheoretischen Satzes verwendet. Die Vermutung über Primzahlen in arithmetischen Folgen stammt von Adrien-Marie Legendre aus dem Jahr 1798, der in seinem Lehrbuch der Zahlentheorie einen fehlerhaften Beweis gab, wie Dirichlet darlegte. Anwendung findet der Satz innerhalb der Zahlentheorie, etwa im Beweis des Satzes von Hasse-Minkowski.
Bezogen auf das Dezimalsystem sagt der Satz aus, dass es jeweils unendlich viele Primzahlen gibt, die auf eine 1, auf eine 3, auf eine 7 und auf eine 9 enden. Allgemeiner kann man sagen: Gibt es zwei verschiedene Primzahlen, die in einem Zahlensystem auf die gleiche Ziffernfolge enden, so gibt es unendlich viele weitere Primzahlen, die in diesem Zahlensystem auf diese Ziffernfolge enden. Etwa gibt es unendlich viele Primzahlen, die auf die Ziffern 419 enden. Die ersten Primzahlen mit dieser Eigenschaft sind und .
Dirichlets Beweis war ein wichtiger Schritt zur Begründung der analytischen Zahlentheorie und führte zur Etablierung der Dirichletschen L-Funktionen, der Dirichlet-Charaktere und der analytischen Klassenzahlformel für quadratische Zahlkörper. Die Einführung der L-Funktion geschah in Analogie zu Leonhard Eulers Einführung der Zetafunktion bei der Primzahlverteilung. Tatsächlich konnte Dirichlet eine etwas stärkere Formulierung als die bloße Unendlichkeitsaussage gewinnen, denn er lieferte eine Verallgemeinerung des Satzes von Euler über Primzahlen: Addiert man also die Kehrwerte aller Primzahlen in der betroffenen arithmetischen Progression, ist das Ergebnis Unendlich. Diese Aussage impliziert die Unendlichkeit der entsprechenden Primzahlmenge, aber es existieren ganz allgemein unendlich lange Zahlfolgen, die in ihrer Kehrwertsumme beschränkt sind. Dirichlet zeigte dafür als entscheidenden Zwischenschritt das Nicht-Verschwinden der Dirichletschen L-Funktionen an der Stelle . Hierbei wurde die Bedeutung des Nullstellenverhaltens von L-Funktionen in Form sog. Nichtverschwindungssätze für die Zahlentheorie erstmals offenkundig.
Im Laufe der Zeit konnte der Satz immer weiter verbessert werden. So schätzt etwa der Primzahlsatz für arithmetische Progressionen die genaue Anzahl der Primzahlen in einer arithmetischen Folge, die eine obere Schranke nicht überschreiten. Eine Folgerung ist, dass bei fester Wahl von in unterschiedlichen Folgen stets asymptotisch gleich viele Primzahlen liegen. Der Fehlerterm in dieser beschriebenen Primzahlverteilung ist Gegenstand des Satzes von Siegel-Walfisz, des Satzes von Bombieri und Winogradow und der Vermutung von Elliott und Halberstam. Unter Annahme der verallgemeinerten Riemannschen Vermutung kann dieser Fehler zudem sehr deutlich verbessert werden.
Eine Verallgemeinerung ist der Tschebotarjowsche Dichtigkeitssatz.
Es werden durchweg folgende Bezeichnungen verwendet:
Im Zentrum der Zahlentheorie, jenes Zweiges der Mathematik, der sich mit den Eigenschaften der natürlichen Zahlen 1, 2, 3, 4, … beschäftigt, stehen die Primzahlen 2, 3, 5, 7, 11, … Diese sind ausgezeichnet durch die Eigenschaft, genau zwei Teiler zu haben, nämlich die 1 und sich selbst. Die 1 ist keine Primzahl. Primzahlen bilden gewissermaßen die Atome der ganzen Zahlen, da sich jede positive ganze Zahl eindeutig multiplikativ in solche zerlegen lässt. Dieses Resultat wird auch als Fundamentalsatz der Arithmetik bezeichnet. Zum Beispiel gilt und .
Trotz ihrer einfachen Definition ist nach mehreren Jahrtausenden Mathematikgeschichte bis heute kein Muster bekannt, dem sich die Primzahlen in ihrer Folge unterwerfen. Ihre Natur ist eine der bedeutendsten offenen Fragen der Mathematik. In der modernen Mathematik gibt es jedoch tiefliegende Vermutungen, die das Verhalten der Primzahlen als pseudozufällig einordnen und Verbindungen zur Quantenphysik sehen. All diese Aussagen liegen im Themenbereich der Riemannschen Vermutung.
Eine arithmetische Progression ist eine Folge von ganzen Zahlen, wobei die Differenz zweier aufeinanderfolgender Zahlen konstant ist. Beispiele sind
oder auch
Der Satz von Dirichlet besagt, dass eine arithmetische Progression stets unendlich viele Primzahlen beinhaltet, es sei denn, dies ist aus trivialen Gründen unmöglich. In der einfachsten Fassung lautet der Satz:
Anders formuliert: Es gibt unendlich viele Primzahlen, die kongruent zu modulo sind. Dabei ist die Voraussetzung der Teilerfremdheit notwendig. Wären und nicht teilerfremd und ein gemeinsamer Teiler, so wäre jedes Folgenglied durch teilbar; zwei verschiedene Primzahlen können aber nicht beide durch teilbar sein. Dass die Bedingung der Teilerfremdheit von und für die Existenz unendlich vieler Primzahlen in der entsprechenden Folge nicht nur notwendig, sondern auch hinreichend ist, ist genau die Aussage des Satzes von Dirichlet. Dirichlet konnte sogar etwas mehr zeigen. Es handelt sich um eine direkte Verallgemeinerung des Satzes von Euler über Primzahlen. Es gilt mit oberen Bedingungen:[1]
Diese Aussage ist stärker als die obere Version. Denn offenbar impliziert die Divergenz der Reihe die Unendlichkeit der Primzahlen in der betroffenen arithmetischen Folge. Es gibt allerdings unendliche Folgen, deren Kehrwertsumme beschränkt bleibt. Ein Beispiel bilden die Quadratzahlen (siehe Basler Problem), ferner die Zweierpotenzen, für die gilt
Damit besagt die verstärkte Fassung des Satzes von Dirichlet, dass die Primzahlen in den relevanten arithmetischen Progressionen gewissermaßen „dicht“ unter den natürlichen Zahlen verteilt sind.
Aus dem Satz von Dirichlet folgt zum Beispiel, dass unendlich viele Primzahlen auf die Ziffern 1, 3, 7 oder 9 enden. Noch allgemeiner gibt es unendlich viele Primzahlen, deren letzte Ziffern auf 37, 113, 419 oder 567241 enden. Die ersten Primzahlen mit Endziffern 419 sind . Es gilt ferner
Triviale Gründe, wann der Satz nicht gilt, liegen vor, wenn und nicht teilerfremd sind. Dann gibt es eine ganze Zahl , die sowohl als auch teilt. Damit teilt jede der Zahlen mit natürlichen und somit enthält diese Folge höchstens (einmal) die Primzahl , falls überhaupt prim ist. Etwa sind und nicht teilerfremd. In der Tat sind alle Zahlen der Progression
durch teilbar. Damit enthält sie keine einzige Primzahl.
Trivialerweise impliziert der Satz von Dirichlet den Satz des Euklid, der besagt, dass es unendlich viele Primzahlen gibt. Setzt man etwa , so besagt er, dass die Progression
unendlich viele Primzahlen enthält.
Die mathematische Entdeckungsgeschichte über die Verteilung der Primzahlen reicht bis in die Antike zurück. Schon Euklid erkannte, dass es unendlich viele Primzahlen gibt. Sein Resultat wird als der Satz des Euklid bezeichnet. Ab dem 18. Jahrhundert wurde begonnen, dieses qualitative Resultat quantitativ zu vertiefen. Dabei spielten zunehmend Methoden aus der Analysis eine Rolle, die den alten Griechen noch nicht zur Verfügung standen.
Leonhard Eulers Entdeckungen zu den Primzahlen waren ein Wegweiser für die kommende Entwicklung von einer elementaren, in der Tradition der alten Griechen stehenden, hin zu einer modernen Form der Zahlentheorie. Im Jahr 1737, während seiner ersten Zeit in Sankt Petersburg, untersuchte Euler einen neuartigen Zugang zu den Primzahlen und fand heraus, dass sie „verhältnismäßig dicht“ unter den natürlichen Zahlen verstreut sind. Genauer bewies er
Summiert man also nacheinander die Kehrwerte der Primzahlen, wird auf Dauer jede noch so große obere Schranke durchbrochen. Dies zeigt, dass Primzahlen eher „dicht“ unter den natürlichen Zahlen verstreut sind; zum Beispiel „dichter“ als die Quadratzahlen,[2] denn ebenfalls Euler zeigte
Quadratzahlen wachsen also langfristig schnell genug an, dass die Summe ihrer Kehrwerte den endlichen Wert 1,645 nicht überschreitet. Euler stand seiner Zeit nicht die mathematische Sprache zur Verfügung, diese Verschärfung des Euklidischen Satzes präzise zu interpretieren, und es gibt keinen Nachweis, dass er sich mit exakten Aussagen zur Verteilung von Primzahlen beschäftigte.[3]
Eulers Beweisstrategie für nutzt das sog. Euler-Produkt. Dabei spielt die eindeutige Zerlegbarkeit natürlicher Zahlen in Primfaktoren eine Schlüsselrolle. Das Euler-Produkt steht in Zusammenhang zu einem Objekt, das bis heute in der Primzahlforschung benutzt wird und in der modernen Mathematik als Riemannsche Zeta-Funktion bekannt ist. Die Zeta-Funktion spielt ebenfalls für die Riemannsche Vermutung eine zentrale Rolle. Die neuartige Leistung bestand darin, Fragen zu Primzahlen systematisch durch funktionale Zusammenhänge zwischen Zahlen anzugreifen. Euler gilt deswegen als Initiator der analytischen Zahlentheorie.[4]
Auch Euler hatte sich bereits Gedanken über Primzahlen in arithmetischen Progressionen gemacht. So behauptete er 1785, dass es zu jeder Zahl unendlich viele Primzahlen mit gibt.[5]
Zur Gänze wurde das Problem erstmals von Adrien-Marie Legendre im Jahre 1798 formuliert. Dies war verbunden mit dem ersten Beweisversuch, der ebenfalls von Legendre unternommen wurde. In der zweiten Auflage seines Buchs Essai sur la théorie des nombres (publiziert 1808) gab er 1798 einen fehlerhaften Beweis. In der dritten Auflage von 1830 wiederholte er denselben Fehler. Legendres Irrtum verbarg sich hinter den Worten „Wie man einfach sieht, …“, die am Ende des 409. Abschnittes der dritten Auflage auftauchten. Dort skizzierte er den Beweis eines für seinen Beweis zentralen Lemmas, das er in Abschnitt 410 formulierte:
Die Unzulänglichkeit des Beweises von Legendre wurde bereits von Dirichlet hervorgehoben:
„Dieser Beweis, dessen Prinzip sehr genial ist, scheint unvollständig zu sein; wenn man ihn mit großer Aufmerksamkeit betrachtet, sieht man, dass der Autor ein Theorem verwendet, das er nur auf Induktion stützt und das möglicherweise ebenso schwer zu beweisen ist wie die Aussage, die der Autor daraus ableitet. Auf jeden Fall waren meine Bemühungen, das Studium von Legendre zu vervollständigen, nicht erfolgreich, und ich musste ganz andere Mittel finden.“
Das Lemma von Legendre, das nach A. Desboves (1855) sogar die bis heute unbewiesene Legendre-Vermutung als Konsequenz gehabt hätte, stellte sich schließlich als falsch heraus. Der Fehler wurde zuerst von A. Dupré in einer bei der Paris Academy eingereichten Schrift benannt.[7] Dupré zeigte, dass es bereits bei und mit der Wahl als die ersten Primzahlen mit oder scheitert. Dass das Lemma in dieser Konstellation sogar für alle scheitert, wurde 1930 von A. Brauer und H. Zeitz gezeigt.[7]
Obwohl Euler das Problem über die Unendlichkeit von Primzahlen in geeigneten arithmetischen Progressionen nicht löste, lieferte er mit der von ihm gezeigten Divergenz der Reihe
über alle Primzahlen bedeutende Vorarbeit. Der erste vollständige Beweis der Vermutung von Legendre wurde von Peter Dirichlet 1837 gegeben, der ihn am 27. Juli desselben Jahres bei einer Konferenz in der Preußischen Akademie der Wissenschaften in Berlin präsentierte. Er gab einen vollständigen Beweis für den Fall mit Primzahlabständen und hatte auch den allgemeinen Fall bis zu einem entscheidenden Punkt entwickelt. Hierfür wurde ein detaillierter Beweis 1839 von Dirichlet nachgeliefert. Dirichlets Beweis zeigte, dass falls zu teilerfremde ganze Zahlen sind, bereits
gelten muss. Dies zeigte zudem, dass die Primzahlen in einem gewissen Sinne gleichverteilt unter den nichttrivialen Restklassen sind. Dies wird mit der, ebenfalls von Dirichlet gezeigten,[8] Aussage
verdeutlicht, wobei die Eulersche Phi-Funktion bezeichnet. Allerdings waren Dirichlets Methoden nicht geeignet, asymptotische Gleichverteiltheit tatsächlich zu zeigen. Er konnte also nicht
beweisen, wobei die Anzahl der Primzahlen bezeichnet, sodass gilt. Ein dafür angefertigter Beweis von Legendre vom Jahr 1830 war fehlerhaft, und der erste korrekte Beweis für die Gleichverteiltheit wurde 1896 unabhängig von Jacques Hadamard und Charles-Jean de La Vallée Poussin erbracht.[9]
Für gewisse Spezialfälle ist es möglich, einen elementaren Beweis für bestimmte Restklassen zu geben. Diese ähneln dem Beweis des Satzes von Euklid hinsichtlich Mittel und Methodik. Elementar bedeutet, dass nur Sätze aus der elementaren Zahlentheorie angewendet werden, die sämtlich auf Teilbarkeitseigenschaften, wie das Rechnen mit Resten und die Eigenschaft, dass sich jede natürliche Zahl eindeutig als Produkt von Primzahlen zerlegen lässt, aufbauen.
Bei der Wahl erhält man die Progression In diesem Fall geht der Satz von Dirichlet in den aus der Antike bekannten Satz des Euklid über, der schlicht die Unendlichkeit der Primzahlen beinhaltet. Für den Beweis dieser Aussage kann man für ein beliebiges natürliches die Zahl betrachten, wobei die Fakultät von bezeichnet. Es ist dann durch keine der Zahlen teilbar. Also gibt es eine Primzahl . Da beliebig groß gewählt werden kann, folgt die Behauptung.[10]
Für einen schnellen Beweis, dass es unendlich viele Primzahlen der Form gibt, betrachtet man unter der Annahme, dass die größte Primzahl dieser Form ist, das Produkt
Es wird ausgenutzt, dass die Behauptung folgt, wenn es unendlich viele Primzahlen der Form gibt (Variablenwechsel ). Das Produkt enthält dabei alle ungeraden Primzahlen . Da von der Form ist, kann es wegen nach Annahme keine Primzahl sein. Andererseits übersteigen alle Primfaktoren von die Zahl , müssen also von der Form sein. Da das Produkt zweier, und damit beliebig vieler, Zahlen mit Rest 1 wegen
wieder Rest 1 (modulo 4) hat, müsste auch den Rest 1 modulo 4 haben. Allerdings ist von der Form , und dies erzeugt einen Widerspruch.[11]
Um zu sehen, dass es unendlich viele Primzahlen von der Form gibt, betrachtet man für eine natürliche Zahl den Wert , wobei die Fakultät von bezeichnet. Dann ist offenbar eine ungerade Zahl und größer als 1. Es sei der kleinste Primfaktor von . Es teilt nach Konstruktion keine der Zahlen den Wert , daher muss gelten. Offenbar gilt zudem
Potenziert man beide Seiten mit ( ist ungerade), so findet man
Nach dem kleinen Satz von Fermat gilt , also folgt
Da , sieht man damit schnell, dass gerade sein muss, also von der Form sein muss. Da und beliebig groß gewählt war, folgt die Behauptung.[11]
Auch für den Fall der Restklasse 1 gibt es elementare Argumente. Zunächst wird dafür gezeigt, dass es unendlich viele Zahlen gibt, sodass eine Primzahl mit existiert.[12] Ein Beweis dieser Aussage von E. Wendt aus dem Jahre 1895 nutzt dabei die Polynome , die als kleinstes gemeinsames Vielfaches der Polynome mit und definiert sind. Wendt bewies als Zwischenschritt, dass es unendlich viele ganze Zahlen gibt, sodass die Werte und teilerfremd sind, was mit elementaren Mitteln gezeigt werden kann.
Beweis des Lemmas |
Da keine mehrfachen Nullstellen besitzt, ist der größte gemeinsame Teiler der Polynome und gleich 1. Also gibt es Polynome und mit rationalen Koeffizienten, die erfüllen. Nachdem man mit dem gemeinsamen Nenner durchmultipliziert, gelangt man zu wobei ganzzahlige Polynome sind, und eine ganze Zahl ungleich 0 ist. Wenn man für ein auch hat, dann erhält man . Dies zeigt das Lemma, denn für jedes ganzzahlige Vielfache von hat man , also ist teilerfremd zu , also folgt . |
Nach einer Wahl mit und und sei eine Primzahl, die teilt. Es gilt daher . Da folgt, dass für jeden echten Teiler von , hat man . Dies zeigt, dass die Ordnung von genau ist.[13]
Die Frage, ob sich für jede Restklasse der Satz von Dirichlet mit einem Argument des „Euklidischen Typs“, also Aufmultiplizieren von Zahlen mit einem abschließenden Widerspruchsargument, beweisen lässt, wurde negativ beantwortet. Issai Schur konnte 1912 zeigen, dass dies in den Fällen von Progressionen mit möglich ist.[14] In all diesen Fällen kann ein Polynom mit ganzzahligen Koeffizienten so generiert werden, dass ein Widerspruch zur Endlichkeit der betroffenen Primzahlen durch eine Euklidische Strategie unter Verwendung des quadratischen Reziprozitätsgesetzes erzeugt werden kann. Etwa hat im Falle der Progression ein solches Polynom die Gestalt[15]
Dass es zusätzlich in keinem anderen Falle möglich ist als in den von Schur genannten, konnte M. Ram Murty im Jahr 1988 zeigen.[16]
Der Satz von Dirichlet wird mit analytischen Mitteln bewiesen. Unumgänglich für ein Verständnis des Beweises ist daher der Begriff der Funktion. Auch eine sichere Beherrschung der aus der Mittelstufe bekannten Potenzgesetze ist unabdingbar.
Geht eine ganzzahlige Division nicht auf, kann dies durch die Angabe eines Restes ausgedrückt werden. Etwa ist geteilt durch gleich (Rest ). Man sagt auch, dass kongruent zu ist, modulo , kurz
Nach diesem Prinzip lassen sich sämtliche ganze Zahlen durch die Angabe der entsprechenden Restklasse unterteilen. Bleibt man bei der Division durch 4, ergeben sich für die Reste usw. Es gibt also genau vier Restklassen modulo , und diese sind
Dies setzt sich auch in die negativen Zahlen fort, etwa hat bei Division durch den Rest . Es liegen usw. alle in derselben Restklasse. Außerdem wird vereinbart, dass und stellvertretend für alle Zahlen stehen, die den jeweiligen Rest besitzen. Es wird also auch und mit der identifiziert, da diese Zahlen ebenfalls restlos durch teilbar sind. Entfernt man sich nun von der Vorstellung einer Zahl und reduziert das Augenmaß lediglich auf den Rest bei Teilung durch , gilt also , und dies ist die Schreibweise für die Gleichheit von Restklassen.
Man kann mit Restklassen rechnen. Liegen zwei Zahlen und in den Restklassen und , so liegt in der Klasse zu . Etwa ist kongruent modulo und kongruent modulo , und die Summe ist kongruent modulo , was aber wieder dem Rest entspricht. Ähnliches gilt für Produkte von Restklassen. Somit kann gesagt werden, dass Reste „stabil“ unter Addition und Multiplikation sind: So ist es anschaulich gesprochen unerheblich, ob zuerst zwei Zahlen addiert/multipliziert werden, und anschließend mit Rest dividiert wird, oder die bereits ermittelten Einzelreste addiert/multipliziert werden.
Die Eulersche Phi-Funktion ordnet einer natürlichen Zahl die Anzahl der Zahlen zu, die teilerfremd zu sind. Dies ist von Bedeutung, weil dies genau der Anzahl an Restklassen entspricht, die gemeinsam mit eine arithmetische Progression liefern, sodass mit unendlich viele Primzahlen enthält. Man nennt diese Restklassen auch prim.
Die vier Restklassen modulo werden durch repräsentiert. Nur zwei davon, nämlich und , sind prim, die entsprechenden Repräsentanten also teilerfremd zu , daher gilt .
Unter einer Reihe versteht man, veranschaulicht, eine niemals endende Summe von Zahlen. Dies können reelle, aber auch komplexe Zahlen sein. Die Dezimalschreibweise einer reellen Zahl kann als Reihe aufgefasst werden, etwa
oder auch
mit der Kreiszahl . Die durch die Punkte angedeuteten Summen enden niemals, da die Dezimalentwicklung von periodisch und die Kreiszahl irrational ist. Es gibt Reihen, deren Wert nicht als Zahl darstellbar ist,
aber auch solche, die gegen einen Grenzwert konvergieren (wie die oberen Beispiele mit Grenzwerten bzw. ). Reihen wie , die nicht konvergieren, nennt man divergent. Veranschaulichend gesagt kann eine Reihe nur dann konvergieren, falls die Glieder „schnell genug gegen 0 streben“. Aber nicht jede Reihe, deren Glieder gegen 0 streben, konvergiert, wie man an der harmonischen Reihe
sieht. Eine ganz besondere Form der Konvergenz ist die absolute Konvergenz, bei der gefordert wird, dass die Summe der Absolutbeträge der Reihenglieder konvergiert. In diesem Fall lassen sich auch die Summanden in der Reihe nach Belieben umordnen, ohne den Grenzwert zu verändern.
Es ist auch möglich, Funktionen durch Reihen zu definieren. Ein für den Satz von Dirichlet zentrales Beispiel ist die sog. Riemannsche Zeta-Funktion:
Für konvergiert diese Reihe immer gegen eine Zahl, die den Funktionswert an der Stelle Darstellt. Damit kann man die Zeta-Funktion auf dem Intervall definieren. Wegen der Divergenz der harmonischen Reihe gilt aber
Allgemeiner kann man einer Folge von Zahlen eine Dirichlet-Reihe zuordnen, via
Wächst nicht zu stark an, so gibt es eine Zahl , sodass die Reihe für alle Werte in konvergiert. Für den Fall, dass sogar beschränkt ist, kann stets gewählt werden, da dann wegen und der Konvergenz der Reihe für erst recht jene über folgt, siehe auch Majorantenkriterium. Dieses Prinzip spielt eine wichtige Rolle beim Beweis des Satzes von Dirichlet.
Der Eckpfeiler zwischen Analysis und Zahlentheorie liegt im Euler-Produkt. Dieses ist eine Identität zwischen einem unendlichen Produkt und einer Reihe und gilt dann, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.
Haben die Koeffizienten einer Dirichlet-Reihe untereinander eine multiplikative Relation, gilt also für alle ohne gemeinsame Teiler und ferner , so findet man im Bereich der absoluten Konvergenz der Dirichlet-Reihe
Die Formel lässt sich mittels des Prinzips, dass sich jede Zahl eindeutig als Produkt von Primzahlpotenzen schreiben lässt, und gewöhnliches Ausmultiplizieren von Klammern, erklären. Etwa ergibt sich für den Faktor auf der rechten Seite wegen :
Dabei wurde die von geforderte Multiplikativität ausgenutzt – es sind naturgemäß Potenzen verschiedener Primzahlen ohne gemeinsame (nichttriviale) Teiler. Der Term zur Linken kann nun durch die entsprechende Auswahl an Summanden in den Klammern beim Ausmultiplizieren gewonnen werden.
Eine noch stärkere Version des Euler-Produktes erhält man, wenn die Koeffizienten sogar vollständig multiplikativ sind, also für ausnahmslos alle natürlichen Zahlen erfüllt ist und erneut gilt. Dann gilt insbesondere für alle Primzahlen , und man erhält mit der geometrischen Reihe:[17]
Von entscheidender Bedeutung für den Beweis sind Logarithmen. Mit diesen wird ermöglicht, das Euler-Produkt (mit Primzahlfaktoren) auf eine Summe mit Primzahltermen zurückzuführen. Dabei wird die für Logarithmen eigentümliche Beziehung
mit ausgenutzt, die sich unter gewissen Bedingungen aber auch auf komplexe Zahlen ausdehnt. Man erhält für vollständig multiplikative zusammen mit im absoluten Konvergenzbereich:
Es wird stets der natürliche Logarithmus betrachtet, also jener zur Basis (Eulersche Zahl), weil dieser eine besonders einfache Ableitung besitzt, nämlich
Wegen und ist die Ursprungsgerade für kleine Werte eine sehr gute Annäherung an , siehe Bild. Der Fehler ist hierbei quadratisch, es gilt also
in Termen der Landau-O-Notation. Diese Annäherung, die erst durch die Differentialrechnung ermöglicht wird, ist von großer Bedeutung, da sie hilft, die auftretenden Logarithmen durch deutlich leichtere lineare Funktionen zu ersetzen, wobei der Fehler vernachlässigt werden kann. Zusammen mit erhält man mit und für
Dabei steht die Abkürzung für eine Funktion, deren Werte für beschränkt sind.
Details zu (L) |
Wegen der Regel gilt mit : Mit der linearen Approximation für mit folgt Da beschränkt ist, folgt, da die Primzahlen nur eine Teilmenge der natürlichen Zahlen sind, wegen : Also ist der hintere Fehlerterm unabhängig von beschränkt und es gilt für : |
Eine erste Anwendung dieses Prinzips umfasst einen Beweis von . Da die Funktion offenbar stark multiplikativ ist, da Produkte von Einsen immer Einsen sind, gilt mit
Da die harmonische Reihe divergiert und auch Logarithmen unbeschränkt anwachsen, gilt , also ist auch die rechte Primzahlreihe für unbeschränkt, da der beschränkte Term das durch die Gleichheit gegebene Wachstum nicht gewährleisten kann.[18]
Die Erläuterung der Beweisstrategie von Dirichlet wird mit einem Beispielfall begleitet. Es wird der Fall und betrachtet, d. h., es wird exemplarisch gezeigt, dass die Progression
unendlich viele Primzahlen
enthält. Es wird sogar noch eine stärkere Aussage gezeigt: Dirichlet konnte nachweisen, dass die Summe über alle Kehrwerte der Primzahlen divergiert, also Definiert man auf den ganzen Zahlen eine Funktion , die nur an den „passenden“ Zahlen den Wert annimmt, und sonst nur , so kann man die zu untersuchende Reihe auch als Reihe über alle Primzahlen schreiben:
Die Strategie sieht vor, die Divergenz der Eulerschen Primzahlreihe zu nutzen, um daraus die Divergenz der oberen Primzahlreihe zu erzwingen. Dafür führt man die Variable ein, und beweist
Die Schlüsselidee ist, geeignete Abbildungen und auf den Restklassen zu definieren. Diese erweitern sich durch 4-Periodizität auf Abbildungen auf den ganzen Zahlen und sollen die folgende Eigenschaften haben:
Durch die oberen Bedingungen lassen sich tatsächlich genau zwei solche Funktionen finden:[19]
… | −3 | −2 | −1 | 0 | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 | 11 | 12 | … | |
… | 1 | 0 | 1 | 0 | 1 | 0 | 1 | 0 | 1 | 0 | 1 | 0 | 1 | 0 | 1 | 0 | … | |
… | 1 | 0 | −1 | 0 | 1 | 0 | −1 | 0 | 1 | 0 | −1 | 0 | 1 | 0 | −1 | 0 | … |
Da die Vektoren und linear unabhängig sind, gilt Eigenschaft 2, und man kann aus diesen beiden Funktionen jede 4-periodische Funktion auf den ganzen Zahlen kombinieren, die auf geraden Zahlen verschwindet. Von Interesse ist die Abbildung für alle , und sonst, da man sich im Beispiel nur für Primzahlen in der Progression interessiert. Es gilt . Also gilt
Offensichtlich gilt nach Euler
da stets für alle ist, und der einzig fehlende Summand für natürlich nichts an der Divergenz ändert. Kann man außerdem zeigen, dass die Funktion
für beschränkt ist, folgt insgesamt . Es ist vollständig multiplikativ, also folgt mit für :
Es ist aber auch
da die alternierende Reihe gegen eine positive Zahl konvergiert nach dem Leibniz-Kriterium.[Anm. 1] Es muss also für beschränkt sein.[20][21]
Im allgemeinen Fall ist es von entscheidender Bedeutung, Funktionen auf den nichttrivialen Restklassen modulo zu finden, die dort sämtliche Kombinationsfreiheit lassen und darüber hinaus vollständig multiplikativ sind. Dass dies immer möglich ist, ist nicht trivial. Solche Funktionen bezeichnet man auch als Dirichlet-Charaktere.[22] Es gibt im Allgemeinen verschiedene sog. prime Restklassen , sodass also und teilerfremd sind. Im obigen Spezialfall hatte man , denn und sind teilerfremd zu , nicht aber und .
Einem beliebigen Dirichlet-Charakter kann eine Dirichlet-Reihe zugeordnet werden:
Diese wird auch als Dirichletsche L-Funktion zu bezeichnet. Es gilt für komplexe Zahlen mit [23]
Der Charakter, der auf allen Restklassen mit den Wert 1 annimmt (und ansonsten 0), heißt auch Hauptcharakter. Dieser korrespondiert zur Reihe von Euler über die Kehrwerte der Primzahlen, die bekanntermaßen divergiert. Alle anderen Charaktere nehmen auch Werte außer 0 und 1 an, im allgemeinen Fall komplexe Einheitswurzeln. Die oben demonstrierte Beweisidee ist im Allgemeinen die Gleiche. Als Ausgangspunkt wird die aus den Orthogonalitätsrelationen gewinnbare Identität[24]
genutzt. Wie im obigen Beispiel wird die benötigte Funktion, die nur für die interessanten Primzahlen den Wert annimmt, und sonst nur , durch Dirichlet-Charaktere linear kombiniert. Die hinteren Summen verhalten sich für wegen des Euler-Produktes, bzw. , im Wesentlichen wie . Dabei ist das komplex Konjugierte von . Die äußere Summe läuft dabei über alle Charaktere modulo . Da nur endlich viele Primzahlen auch erfüllen, folgt mit Eulers Resultat
Es kann mit einer Verallgemeinerung des Leibniz-Kriteriums, des Kriteriums von Abel, gezeigt werden, dass im Gegensatz dazu existiert, falls nicht nur die Werte und annimmt. Im Beispiel war dies nur eine Reihe, und man hatte
wobei die Reihe existierte und nicht war. Damit allgemein auch beschränkt bleibt, muss daher nur der Fall ausgeschlossen werden. Der Beweis dieses Nichtverschwindungslemmas bildet das Herzstück des Beweises des Satzes von Dirichlet.[25]
Es sind die Funktionen holomorph in , wenn kein Hauptcharakter ist. Dies folgt über die Konvergenz der Reihe in diesem Bereich, die sich mit den Orthogonalitätsrelationen und dem Kriterium von Abel nachweisen lässt.[26] Für Hauptcharaktere modulo gilt zudem
mit der Riemannschen Zeta-Funktion , sodass sich holomorph nach fortsetzen lässt, mit einem einfachen Pol in .[27] Das Nichtverschwindungslemma besagt, dass gelten muss. Ein von Don Zagier gegebener Beweis durch Widerspruch nutzt den Satz von Landau. Dieser besagt, dass eine Dirichlet-Reihe mit ausschließlich nichtnegativen Koeffizienten am Rand ihres Konvergenzbereichs , präziser in , einen singulären Punkt haben muss, also dort nicht lokal holomorph ist. Man nutzt die Dirichlet-Reihe
für die wegen der Euler-Produkte der L-Funktionen
folgt. Dabei wird im zweiten Schritt die Taylor-Entwicklung der Funktion um ausgenutzt. Damit hat ausschließlich nichtnegative Koeffizienten. Wäre , so ließe sich holomorph nach fortsetzen, da die Nullstelle den Pol von weghebt und müsste demnach auf dieser gesamten Halbebene konvergieren. Nun gilt aber für reelle :
Also ist die betrachtete Reihe für sicherlich nicht konvergent, ein Widerspruch.[28]
Darüber hinaus gibt es einige weitere Strategien, um das Nichtverschwindungslemma zu zeigen. Eine mögliche tiefere Interpretation liefert die analytische Klassenzahlformel. Eine Verschärfung der Aussage für reelle, primitive Charaktere ist der Satz von Siegel. Dieser besagt, dass für jedes ein existiert, dass für reelle, primitive Dirichlet-Charaktere modulo [29]
Bezeichnet wie oben die Anzahl der Primzahlen mit , so gilt für teilerfremde und bereits[30]
Dabei bezeichnet den Integrallogarithmus. Wegen für ist diese Aussage stärker als der Satz von Dirichlet, denn sie gibt zusätzlich eine quantitative Vorstellung von der Verteilung der Primzahlen in arithmetischen Progressionen. Wegen kann sie auch durch elementare Funktionen ausgedrückt werden:[31]
Als Spezialfall impliziert dies den Primzahlsatz. Zudem folgt, dass für festes die asymptotischen Häufigkeiten gleich sind. Ist also die Anzahl aller Primzahlen , folgt
sofern und teilerfremd sind. Da die rechte Seite nicht mehr von abhängt, sind die Primzahlen in den in Frage kommenden Restklassen asymptotisch gesehen gleichverteilt. Der Beweis für den Primzahlsatz in arithmetischen Progressionen ist deutlich anspruchsvoller als der des Satzes von Dirichlet. Er erfordert ein detailliertes Studium der Funktionen in den komplexen Zahlen. Ein wichtiger Zwischenschritt ist die Aussage, dass für alle und Charaktere . Dies ist eine deutliche Verschärfung des oberen Nichtverschwindungslemmas. Für die Nullstellenfreiheit kann die Ungleichung
für alle und genutzt werden.[32] Im Anschluss kann die Aussage aus einem Taubersatz gewonnen werden, etwa jenem von Donald Newman, der auch für einen Beweis des Primzahlsatzes herangezogen werden kann.[33]
Mittels nullstellenfreier Gebiete für Dirichletsche L-Funktionen kann der Primzahlsatz für arithmetische Progressionen verschärft werden. Der Satz von Siegel-Walfisz besagt, dass es für jedes eine Konstante gibt, sodass für alle Moduln bereits
gilt.[34]
Hinsichtlich der asymptotischen Gleichverteilung von Primzahlen in den geeigneten Restklassen sind im 20. Jahrhundert Fortschritte erzielt worden. Dabei spielte vor allen Dingen die Siebtheorie eine wichtige Rolle. Es wird in diesem Kontext vor allem die zu verwandte Funktion
studiert. Ein Satz von M. B. Barban, Harold Davenport und Heini Halberstam besagt, dass für und jedes bereits
gilt. Dies schätzt also die Mittelwerte der quadrierten Fehlerterme in der Approximation von durch ab, die eine äquivalente Alternative zur Approximation darstellt.[35]
Eine hierzu verwandte Aussage ist der Satz von Bombieri und Winogradow, der für eine feste Konstante Folgendes besagt: Ist und , so gilt
Wichtiges Werkzeug zu dessen Beweis ist das große Sieb. Es kann die Konstante 4 im letzteren Exponenten durch für jedes verbessert werden. Die bis heute offene Vermutung von Elliott und Halberstam besagt, dass die linke Seite im Satz von Bombieri und Winogradow für mit beliebigem bereits ist, also im Quotienten mit für gegen 0 strebt. Ihre Richtigkeit würde in den meisten zahlentheoretischen Anwendungen sogar stärkere Folgerungen nach sich ziehen als die verallgemeinerte Riemannsche Vermutung.[36]
Der Satz von Dirichlet besagt, dass jedes der linearen Polynome für teilerfremde natürliche und und unendlich viele Primzahlen generiert. Analoge Aussagen für nichtkonstante Polynome in einer Variablen mit mindestens Grad 2 sind bis heute nicht bewiesen. So weiß man etwa nicht, ob unendlich viele Primzahlen die Gestalt haben.[37] Allerdings konnte Henryk Iwaniec im Jahr 1978 zeigen, dass es unendlich viele gibt, sodass höchstens 2 Primfaktoren besitzt.[38]
Es wurden Erfolge für Polynome in mehreren Variablen erzielt. So konnte gezeigt werden, dass , wobei eine ganzzahlige quadratische Form mit nicht-verschwindender Diskriminante, die keine Quadratzahl ist, und , unendlich viele Primzahlen erzeugt. Ein bekanntes Beispiel ist die quadratische Form . Es kann gezeigt werden, dass sich genau jede Primzahl oder als Summe von zwei Quadraten schreiben lässt. Etwa ist
Der Beweis kann mittels algebraischer Zahlentheorie geführt werden, durch die Primfaktorzerlegung in den Gaußschen Zahlen .[39] Ebenfalls mittels algebraischer Zahlentheorie, insbesondere Hilbertscher Klassenkörper, konnte ein Kriterium erarbeitet werden, zu entscheiden, wann eine Primzahl von der Form mit ist. Dies gilt genau dann, wenn im Hilbertschen Klassenkörper von voll zerlegt ist.[40]
John Friedlander und Henryk Iwaniec zeigten 1998, dass es unendlich viele Primzahlen der Form gibt. Roger Heath-Brown zeigte 2001, dass unendlich viele Primzahlen von der Form sind.[38]
Im Jahr 2004 zeigten Ben Green und Terence Tao den Satz von Green-Tao, dass es in der Folge der Primzahlen beliebig lange arithmetische Progressionen gibt.[41] Zum Beispiel ist 3, 5, 7 eine Progression von Primzahlen der Länge 3. Die längste bekannte (Stand 2020) arithmetische Progression von Primzahlen hat die Länge 27.[42] Explizit ist sie gegeben durch
Der Satz von Dirichlet identifiziert Teilmengen der natürlichen Zahlen, gegeben durch aufsteigende arithmetische Progressionen, die unendlich viele Primzahlen enthalten. Diese Teilmengen haben asymptotisch betrachtet aber eine positive Dichte. So hat etwa die Menge aller ungeraden Zahlen die Dichte . Allgemein gilt für :
Im Jahr 2019 konnte James Maynard eine Teilmenge der natürlichen Zahlen angeben, die unendlich viele Primzahlen enthält, aber asymptotisch die Dichte 0 hat. Maynard bewies zum Beispiel, dass es unendlich viele Primzahlen gibt, die nicht die Ziffer 7 beinhalten. Die ersten dieser Primzahlen sind
Sein Resultat gilt aber auch für alle anderen möglichen Ziffern von 0 bis 9. Der Beweis ist kompliziert und verwendet unter anderem die Kreismethode sowie Techniken aus der Fourier-Analysis.[43] Im August 2022 wurde Maynard unter anderem für diese Leistung mit der Fields-Medaille ausgezeichnet.
Der Satz von Dirichlet findet Anwendung in einigen Bereichen der reinen Mathematik, besonders in zahlentheoretischen Kontexten. So wird er an einer kritischen Stelle bei den Vorbereitungen des Beweises des Satzes von Hasse-Minkowski benötigt im Kontext mit Hilbert-Symbolen. Dies ist insofern bemerkenswert, da dieser Beweis ansonsten ausschließlich mit algebraischen und nicht analytischen Mitteln erbracht wird.[44] Der Satz von Hasse-Minkowski liefert ein notwendiges und hinreichendes Kriterium dafür, dass quadratische Gleichungen mit rationalen Koeffizienten in mehreren Variablen lösbar sind. Damit gelten Gleichungen dieses Typs gewissermaßen als „verstanden“. Das Kriterium benutzt für jede Primzahl eine „Neuinterpretation“ der Gleichung in einem zu dieser Primzahl zugehörigen „Definitionsbereich“.
Ferner wird der Satz von Dirichlet beim Beweis des Umkehrsatzes von Weil gebraucht. Dieser verallgemeinert den Umkehrsatz von Hecke, der eine 1:1-Korrespondenz zwischen Modulformen zur vollen Modulgruppe und gewissen L-Funktionen aufstellt. Im Fall von Weil dehnt sich dieses Resultat auf Kongruenzuntergruppen aus. Hierbei wird für primitive Dirichlet-Charaktere ein hinreichend großer Vorrat von Primzahlen in bestimmten Restklassen benötigt – und dieser unendliche Vorrat wird durch den Satz von Dirichlet garantiert.[45] Modulformen gehören zu den bedeutendsten Objekten der Mathematik. Sie finden Anwendung zum Beispiel in der algebraischen Geometrie, der Darstellungstheorie, der Topologie, aber auch in der Physik. In Verbindung mit ihren L-Funktionen stehen Modulformen jedoch besonders im Zentrum der Zahlentheorie. So korrespondiert etwa zu jeder (nicht-singulären) elliptischen Kurve über , mit der Gestalt (), eine Modulform. Diese Aussage ist auch als Modularitätssatz bekannt. Dass die L-Funktion dieser Modulform etwas über die Anzahl der rationalen Punkte auf aussagt, ist eines der sieben Millennium-Probleme der Mathematik und auch als Vermutung von Birch und Swinnerton-Dyer bekannt.
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