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Begriff aus der Gruppentheorie Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Im mathematischen Teilgebiet der Darstellungstheorie von Gruppen sind Charaktere gewisse Abbildungen von der Gruppe in einen Körper, in der Regel in den Körper der komplexen Zahlen.
Es sei eine Gruppe oder eine topologische Gruppe. Ein Charakter von ist ein Gruppenhomomorphismus
in die multiplikative Gruppe der komplexen Zahlen; bei topologischen Gruppen wird noch Stetigkeit des Charakters gefordert. Ein unitärer Charakter ist ein Charakter, dessen Bilder auf dem Einheitskreis in der komplexen Zahlenebene liegen, d. h., der ein Homomorphismus in die Kreisgruppe ist (diese Zahlen entsprechen gerade den unitären Abbildungen der komplexen Zahlen in sich selbst). Ein unitärer Charakter, dessen Bilder sogar reell sind, also in liegen, wird als quadratischer Charakter bezeichnet. Charaktere, die konstant sind, deren Bilder also immer 1 sind, heißen trivial, alle anderen nichttrivial.
Die nichttrivialen quadratischen Charaktere der multiplikativen Gruppe eines Schiefkörpers spielen in der synthetischen Geometrie eine Schlüsselrolle bei der Einführung einer schwachen Anordnung auf der affinen Ebene über diesem Schiefkörper.
Hinweis: Häufig werden allgemeine Charaktere als Quasi-Charaktere und unitäre Charaktere als Charaktere (ohne Zusatz) bezeichnet.
Auf der symmetrischen Gruppe S3 dritten Grades gibt es genau zwei Gruppenhomomorphismen mit Werten in , nämlich den trivialen Gruppenhomomorphismus und die Signumfunktion. Dieses Beispiel zeigt, dass für nichtabelsche Gruppen die hier definierten Charaktere nicht ausreichen, die Gruppe zu rekonstruieren, das heißt, es besteht keine Pontrjagin-Dualität.
Zur Untersuchung nichtabelscher Gruppen verwendet man den unten vorgestellten, allgemeineren Begriff des Charakters einer Darstellung.
In der Zahlentheorie versteht man unter einem Dirichlet-Charakter (mod ) (auch notiert) einen Charakter auf der Gruppe
Für einen solchen Charakter definiert man eine ebenfalls als Dirichlet-Charakter bezeichnete Funktion
so, dass für alle gilt
Lässt sich ein Dirichlet-Charakter nicht in der Form faktorisieren
wobei sein Hauptcharakter (englisch principal character) ist und , dann nennt man primitiv und sein Führer (englisch conductor).[2]
Dirichlet-Charaktere spielen eine wichtige Rolle beim Beweis des Dirichletschen Satzes über die Existenz unendlich vieler Primzahlen in arithmetischen Progressionen. Dabei betrachtet man sogenannte L-Reihen, das sind Dirichletreihen mit einem Dirichlet-Charakter als Koeffizienten.
Da für endliche abelsche Gruppen die Charaktergruppe isomorph zur Ausgangsgruppe ist, gibt es verschiedene Charaktere auf der Gruppe , dabei ist die Eulersche Phi-Funktion.
Für ist beispielsweise , d. h., es gibt neben dem Haupt- oder trivialen Charakter noch drei weitere Charaktere:
k | 1 | 2 | 3 | 4 |
---|---|---|---|---|
1 | 1 | 1 | 1 | |
1 | −1 | −1 | 1 | |
1 | i | -i | −1 | |
1 | -i | i | −1 |
Für einen Dirichlet-Charakter gilt:
Für ein festes gilt
wobei die Summe über alle Charaktere genommen wird.
Ein Dirichlet-Charakter ist eine vollständig multiplikative zahlentheoretische Funktion.
Ist eine algebraische Gruppe, so ist ein Charakter von ein Homomorphismus ; dabei ist die multiplikative Gruppe. Die Charaktere von bilden eine (abstrakte) abelsche Gruppe, die mit oder bezeichnet wird.
Der folgende Begriff eines Charakters stammt aus der Darstellungstheorie von Gruppen und ist eine Erweiterung des oben definierten Charakterbegriffes.
Ist eine Gruppe, ein Körper und eine endlichdimensionale -lineare Darstellung von , so heißt die Abbildung
die einem Gruppenelement die Spur des entsprechenden -linearen Automorphismus zuordnet, der Charakter von . Im eindimensionalen Fall sind Darstellung und Charakter praktisch identisch und es handelt sich um einen Charakter von im oben definierten Sinne. Im mehrdimensionalen Fall ist jedoch in der Regel nicht multiplikativ. Ist endlich und algebraisch abgeschlossen von Charakteristik 0, so lässt sich die Theorie genau dann vollständig auf den eindimensionalen Fall reduzieren, wenn abelsch ist.
Die Charaktere von irreduziblen Darstellungen nennt man ebenfalls irreduzibel. Die eindimensionalen Darstellungen sind genau die oben betrachteten Gruppenhomomorphismen, die wegen der Eindimensionalität mit ihren Charakteren übereinstimmen.
Für Darstellungen endlicher Gruppen und wenn die Charakteristik des Körpers kein Teiler der Gruppenordnung ist, was insbesondere bei Charakteristik 0, also bei Körpern wie oder , stets erfüllt ist, sind alle Darstellungen nach dem Satz von Maschke Summen irreduzibler Darstellungen. Weil die Spur bzgl. der Bildung der direkten Summe additiv ist, sind alle Charaktere dann Summen irreduzibler Charaktere. Siehe Darstellungstheorie endlicher Gruppen.
Der Charakter einer -dimensionalen Darstellung ist
Für die Permutationsdarstellung von assoziiert zur Linksoperation von auf einer endlichen Menge ist
Neben den bereits oben genannten zwei Gruppenhomomorphismen gibt es einen weiteren irreduziblen Charakter der Gruppe S3. Dieser kommt von der zweidimensionalen irreduziblen Darstellung dieser Gruppe her. Er bildet das neutrale Element auf 2 ab, die Dimension des Darstellungsraums, die drei Elemente der Ordnung 2 werden auf 0 abgebildet und die beiden nichttrivialen Drehungen auf .
Ein weiteres Beispiel ist der Charakter der regulären Darstellung
Er ist gegeben durch
Hier ist es sinnvoll nur von der regulären Darstellung zu sprechen und links- und rechtsregulär nicht zu unterscheiden, da sie isomorph zueinander sind, und somit den gleichen Charakter besitzen.
Als letztes Beispiel betrachten wir Sei definiert durch:
Dann ist der Charakter gegeben durch
Wie man an diesem Beispiel sieht, ist der Charakter im Allgemeinen kein Gruppenhomomorphismus.
Um einige interessante Resultate über Charaktere zu beweisen, lohnt es sich, eine etwas allgemeinere Menge an Funktionen auf einer Gruppe zu betrachten:
Die Klassenfunktionen:
Eine Funktion auf die erfüllt, heißt Klassenfunktion.
Die Menge aller Klassenfunktionen ist eine -Algebra, deren Dimension der Anzahl an Konjugationsklassen von entspricht.
Satz
Seien die verschiedenen irreduziblen Charaktere von Eine Klassenfunktion auf ist genau dann ein Charakter von wenn sie als Linearkombination der mit nicht-negativen ganzzahligen Koeffizienten dargestellt werden kann.
Beweis
Sei so dass mit für alle Dann ist der Charakter zu der direkten Summe der Darstellungen , die zu den gehören. Umgekehrt lässt sich ein Charakter stets als Summe irreduzibler Charaktere schreiben.
Beweise für die folgenden Resultate aus diesem Abschnitt finden sich in[3][4][5]
Wir benötigen dazu allerdings zu erst noch einige Definitionen:
Auf der Menge aller komplexwertigen Funktionen auf einer endlichen Gruppe kann man ein Skalarprodukt definieren:
Außerdem kann man auf eine symmetrische Bilinearform definieren:
Auf den Charakteren stimmen beide Formen überein. Der Index bei beiden Formen und kann weggelassen werden, falls bezüglich der zugrunde liegenden Gruppe keine Verwechslungsgefahr besteht.
Für zwei -Moduln definieren wir wobei der Vektorraum aller -linearen Abbildungen ist. Diese Form ist bilinear bezüglich der direkten Summe.
Diese Bilinearformen ermöglichen es uns im Folgenden, einige wichtige Resultate in Bezug auf die Zerlegung und Irreduzibilität von Darstellungen zu erhalten.
Satz
Sind die Charaktere zweier nicht isomorpher irreduzibler Darstellungen einer endlichen Gruppe , so gilt
Korollar
Seien die Charaktere von dann gilt:
Dieses Korollar ist eine direkte Folgerung aus obigem Satz, dem Lemma von Schur und der vollständigen Reduzibilität der Darstellungen endlicher Gruppen.
Satz
Sei eine lineare Darstellung von mit Charakter Es gelte wobei die irreduzibel sind. Sei nun eine irreduzible Darstellung von mit Charakter . Dann gilt:
Die Anzahl an Teildarstellungen die zu äquivalent sind, hängt nicht von der gegebenen Zerlegung ab und entspricht dem Skalarprodukt .
D. h., der -Isotyp von ist unabhängig von der Wahl der Zerlegung und es gilt
und damit
Korollar
Zwei Darstellungen mit dem gleichen Charakter sind isomorph. D. h., jede Darstellung einer endlichen Gruppe ist durch ihren Charakter festgelegt.
Nun erhalten wir ein sehr praktisches Resultat für die Untersuchung von Darstellungen:
Sei der Charakter einer Darstellung dann ist und es gilt genau dann, wenn irreduzibel ist.
Zusammen mit dem ersten Satz bilden also die Charaktere irreduzibler Darstellungen von bezüglich dieses Skalarproduktes ein Orthonormalsystem auf
Korollar
Sei ein Vektorraum mit Jede irreduzible Darstellung von ist -mal in der regulären Darstellung enthalten. D. h., für die reguläre Darstellung von gilt: wobei die Menge aller irreduziblen Darstellungen von beschreibt, die paarweise nicht isomorph zueinander sind.
In Worten der Gruppenalgebra erhalten wir als Algebren.
Als numerisches Resultat erhalten wir:
wobei die reguläre Darstellung bezeichnet und bzw. die zu bzw. zugehörigen Charaktere sind. Ergänzend sei erwähnt, dass das neutrale Element der Gruppe bezeichnet.
Diese Formel ist eine notwendige und hinreichende Bedingung für alle irreduziblen Darstellungen einer Gruppe bis auf Isomorphie und liefert eine Möglichkeit zu überprüfen, ob man bis auf Isomorphie alle irreduziblen Darstellungen einer Gruppe gefunden hat.
Ebenso erhalten wir, wieder über den Charakter der regulären Darstellung, aber diesmal für , die Gleichheit:
Über die Beschreibung der Darstellungen mit der Faltungsalgebra erhalten wir äquivalente Formulierungen dieser beiden letzten Gleichungen:
Die Fourier Inversionsformel:
Außerdem kann man die Plancherel-Formel zeigen:
In beiden Formeln ist eine lineare Darstellung der Gruppe und
Das obige Korollar hat noch eine weitere Konsequenz:
Lemma
Sei eine Gruppe. Dann sind äquivalent:
Zum Schluss erinnern wir noch einmal an die Definition der Klassenfunktionen, um zu erkennen, was für eine besondere Position die Charaktere unter ihnen einnehmen:
Orthonormaleigenschaft
Sei eine endliche Gruppe. Die paarweise nicht isomorphen irreduziblen Charaktere von bilden eine Orthonormalbasis von bezüglich des am Anfang des Abschnitts definierten Skalarprodukts.
D. h., für irreduzible Charaktere und gilt:
Der Beweis beruht auf dem Nachweis, dass es außer der keine Klassenfunktion gibt, die auf den irreduziblen Charakteren orthogonal ist.
Äquivalent zur Orthonormaleigenschaft gilt:
Die Anzahl aller irreduziblen Darstellungen einer endlichen Gruppe bis auf Isomorphie entspricht genau der Anzahl aller Konjugationsklassen von .
In Worten der Gruppenalgebra bedeutet das, es gibt genauso viele einfache -Moduln (bis auf Isomorphie) wie Konjugationsklassen von .
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