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sozialpsychologische Theorie Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Maslowsche Bedürfnishierarchie, bekannt als Bedürfnispyramide, ist ein sozialpsychologisches Modell des US-amerikanischen Psychologen Abraham Maslow (1908–1970). Es beschreibt auf vereinfachende Art und Weise menschliche Bedürfnisse und Motivationen (in einer hierarchischen Struktur) und versucht, diese zu erklären. Allerdings gibt es keine empirischen Belege für dieses Modell und die Bedürfnishierarchie wird in Fachkreisen als unzutreffend abgelehnt[1]. Seine Theorie könnte von den Blackfoot-Indigenen inspiriert gewesen sein. Er hatte kurz vor der Verfassung seines Werkes mehrere Wochen bei ihnen verbracht.[2]
Maslow gilt als der wichtigste Gründervater der humanistischen Psychologie, in der eine Psychologie seelischer Gesundheit angestrebt und die menschliche Selbstverwirklichung im Rahmen eines ganzheitlichen Konzepts untersucht wird, wobei er sich gegen die Verabsolutierung quantifizierender Modelle und Methoden in der Psychologie wandte. Durch seine vereinfachende Darstellung einer Bedürfnishierarchie erlangte er weitreichende Bekanntheit.
Maslows Bedürfnishierarchie fand Eingang in andere Wissenschaften. Das Thema „menschliche Bedürfnisse“ kann fachübergreifend in den Sozialwissenschaften, in der Theologie oder in der Philosophie behandelt werden. Insbesondere wurde das Modell in den Wirtschaftswissenschaften populär bzw. an den Schnittstellen von Wirtschaft und Psychologie (siehe auch Wirtschaftspsychologie). Hier untersuchen u. a. die Verkaufspsychologie oder das Marketing das Kaufverhalten von Personen und Organisationen.
Die erste Idee zu seinem Modell veröffentlichte Maslow 1943 unter dem Titel A Theory of Human Motivation im Psychological Review.[Maslow 1943 1] Später entwickelte er sein Modell in seinen Büchern Motivation and Personality (1954) und Farther Reaches of Human Nature (posthum 1971) weiter, ergänzte und erweiterte es.
Als erste dezidiert moderne psychologische Schulen entwickelten sich die Psychoanalyse (Ende des 19. Jahrhunderts; Sigmund Freud) und der Behaviorismus (Anfang des 20. Jahrhunderts; John B. Watson). Beide gingen von einem eher pessimistischen, negativen bzw. gestörten oder defizitären Menschenbild aus. Ähnliches gilt auch für die Ethologie (Vergleichende Verhaltenswissenschaft) jener Zeit. Der Mensch wurde animalistisch auf Triebe (Triebtheorie) und Reflexe (Konditionierung, Black-Box-Modell) reduziert.
Maslow lehnte diese Schulen, ihr Menschenbild und ihre Untersuchungsansätze ab. Vielmehr war er der Ansicht, dass Menschen als grundsätzlich gut angesehen werden können (vgl. zu dieser grundsätzlichen Fragestellung die Philosophische Anthropologie). Der Mensch sei in seiner Ganzheit nicht durch niedere Triebe gesteuert, sondern werde „durch ein angeborenes Wachstumspotential angetrieben“, um sein höchstes Ziel – die Selbstverwirklichung – zu erreichen (optimistische Sicht). Seine Arbeiten sowie die von Carl Rogers und Charlotte Bühler bildeten die Grundlage für eine neue Schule der humanistischen Psychologie („dritte Kraft“). Einen ähnlichen Ansatz findet man später in der Positiven Psychotherapie von Nossrat Peseschkian und der positiven Psychologie (Ende des 20. Jahrhunderts).
Obwohl das Verhalten von Tieren oder das neurotischer Menschen demnach nicht als zentraler Ausgangspunkt zur Erklärung menschlichen Verhaltens verwendet werden sollte, erkannte Maslow die Erscheinungsformen extremen Verhaltens an und bezog sie in seine Überlegungen mit ein:
„Destruktivität, Sadismus, Grausamkeit sind nicht inhärent (also sie sind keine ureigenen menschlichen Bedürfnisse wie etwa bei Freud), sondern wesentliche Reaktionen auf Frustrationen unserer inhärenten Bedürfnisse.“
Schon in seiner ersten Arbeit von 1943 begann er mit dem Versuch, eine positive Theorie der Motivation zu entwerfen. Sie sollte allen Anforderungen einer Theorie gerecht werden und alle bis dahin bekannten Tatsachen (klinisch beobachtbare wie auch experimentelle) erklären können. Seine eigenen Erkenntnisse bezog er allerdings hauptsächlich aus der klinischen Erfahrung. Maslow selbst bezeichnet seine Theorie als holistisch-dynamisch, da in ihr Ansätze des amerikanischen Funktionalismus (James und Dewey), des Holismus (Wertheimer, Goldstein), der Gestaltpsychologie und der Psychoanalyse (Freud, Adler) zu einer Synthese zusammengefasst sind.[Maslow 1943 2]
Entsprechend seinem Menschenbild studierte Maslow „nur ausgewählte Persönlichkeiten“ (z. B. Albert Einstein, Jane Addams, Eleanor Roosevelt oder Frederick Douglass) mit weithin bekannten und bezeugten, dazu stabilen Profilen. Er bezog also bewusst keine psychisch gestörten oder auch nur labile bzw. unreife Personen in seine Untersuchung mit ein.[3]
Maslow wusste um die mangelnde empirische Überprüfung seiner Studien, beschrieb deren Erkenntnisse für ihn persönlich aber als so erleuchtend und bereichernd, dass er sie trotz der methodologischen Mängel veröffentlichte.
„Diese Art Forschung ist an sich derart schwierig […], dass wenn wir auf konventionelle, zuverlässige Daten warten müssten, wir für immer warten würden.“
In einer Zusammenarbeit mit E. Raskin und D. Freedman wurde eine über 2 Jahre angelegte Studie begonnen, die aber abgebrochen werden musste. Als Teilnehmer hatte man das gesündeste Prozent der Studentenpopulation gewählt.[4][5]
Um den vagen Begriff der Selbstverwirklichung etwas zu präzisieren, stellte Maslow ein Kollektiv aus 60 Personen zusammen, von denen er meinte, diese hätten sie erreicht. Hierbei handelte es sich zum größten Teil um historische Persönlichkeiten und Personen der Zeitgeschichte. Da diese jedoch schwerlich zu Testzwecken herangezogen werden konnten, sondern lediglich Fremd- und Selbstzeugnisse vorlagen, mussten Gelegenheitsgespräche, Interviews und vereinzelt auch Tests benutzt werden. Eine einheitliche Auswertung war somit unter diesen methodologischen Voraussetzungen natürlich nicht zu leisten.[6]
Die Darstellung der Maslowschen Bedürfnishierarchie in Form einer starren Pyramide wird Maslow fälschlich zugeschrieben; sie war zwar in Maslows Todesjahr 1970 bekannt,[7] ist jedoch eine Interpretation seiner Arbeit durch andere.[8] Die Darstellung der Pyramide geht mit großer Wahrscheinlichkeit auf eine Veröffentlichung von Charles McDermid von 1960 zurück.[9] Auch Werner Correll wird diese Darstellung zugeschrieben.[10]
“So far, our theoretical discussion may have given the impression that these five sets of needs are somehow in a step-wise, all-or-none relationship to each other. We have spoken in such terms as the following: ‚If one need is satisfied, then another emerges.‘ This statement might give the false impression that a need must be satisfied 100 per cent before the next need emerges.”
„Bisher hat unsere theoretische Diskussion möglicherweise den Eindruck erweckt, dass diese fünf Sätze von Bedürfnissen irgendwie in einer sukzessiven Alle-oder-keine-Beziehung zueinander stehen. Wir haben es so formuliert: ‚Wenn ein Bedürfnis erfüllt ist, so entsteht ein anderes.‘ Diese Aussage könnte den falschen Eindruck schaffen, dass ein Bedürfnis zu 100 Prozent erfüllt sein muss, bevor das nächste entsteht.“
Die Pyramidendarstellung verleitet vor allem zu einer „allzu statischen Sicht“ auf Maslows dynamisches Modell. Das hat denn auch zu vielen Missverständnissen und unbegründeter Kritik geführt. Eklatantes Beispiel solch einer Fehlinterpretation ist etwa die Annahme, die Bedürfniskategorien seien streng diskret angeordnet, und eine Bedürfniskategorie müsse erst zu 100 % befriedigt werden, bevor die nächste Kategorie von Bedürfnissen motivierend wirken könne. Häufig reicht jedoch schon ein Befriedigungsgrad von 70 % oder weniger aus, um das nächsthöhere Bedürfnis in den Vordergrund treten zu lassen. Der empfundene Sättigungsgrad variiert zudem stark mit den individuellen Erwartungen.[11] Manche Lehrbücher[12] benutzen daher dynamische Darstellungen in Anlehnung an Krech, Crutchfield & Ballachey (1962, S. 72/77).
Die Bedürfnishierarchie ist ein Inhaltsmodell der Motivation (kein Prozessmodell); sie beschäftigt sich mit Inhalt, Art und Wirkung von Motiven. Ferner wird eine Taxonomie von Motiven geboten und bestimmt, die angibt, nach welchen Gesetzmäßigkeiten welche Motive verhaltensbestimmend werden.
Maslow stellte fest, dass manche Bedürfnisse Priorität vor anderen haben. Luft und Wasser brauchen wir zum Beispiel dringender als ein neues Auto. Den Versuch, eine konkrete (Rang-)Liste von Bedürfnissen aufzustellen, hält Maslow allerdings für nicht zielführend.[Maslow 1943 3] Deshalb ordnete er Bedürfnisse zunächst nach fünf größeren Kategorien, beginnend mit den grundlegendsten physiologischen bis hin zu den kognitiv und emotional hoch entwickelten humanen Bedürfnissen (physiological needs, safety needs, love needs, esteem needs, needs for self-actualization).
Anschließend nimmt er eine weitere Unterteilung der ersten vier Kategorien in Defizitbedürfnisse (oder Mangelbedürfnisse) und der letzten in Wachstumsbedürfnisse (oder unstillbare Bedürfnisse) vor, mit der Begründung, die Nichtbefriedigung bestimmter Bedürfnisse – der Defizitbedürfnisse – könne physische oder psychische Störungen zur Folge haben (z. B. Sicherheit – Angst, sozialer Kontakt – emotionale Störungen). Wachstumsbedürfnisse hingegen könnten nie wirklich befriedigt werden, allerdings ebenso psychische Störungen oder Minderwertigkeitskomplexe auslösen.
Nur so lange ein Bedürfnis unbefriedigt ist, aktiviert und beeinflusst es das Handeln. Dabei wird das Handeln weniger von innen angetrieben (»pushed«) als von den Befriedigungsfolgen angezogen (»pulled«).[13] Mit zunehmender Befriedigung eines Bedürfnisses nimmt also dessen motivierende Kraft ab (wenn man nicht mehr durstig ist, versucht man beispielsweise nicht mehr zu trinken).
Die Idee der Bedürfnishierarchie als solche war schon vor Maslow bekannt, z. B. im Werk von Lujo Brentano,[14] der sechs Ebenen der Bedürfnisbefriedigung unterschied.
Hierzu zählt Maslow (1943) alle Grundbedürfnisse, die zum Erhalt des menschlichen Lebens erforderlich sind, wie Atmung, Wasser, Nahrung, Schlaf, Fortpflanzung und physiologische Homöostase. Dabei unterscheidet er hier eine Gruppe von Elementarbedürfnissen (Mineralien, Hormone, Vitamine usw.), die der Körper selbst reguliert.[15]
Sind die physiologischen Bedürfnisse relativ gut befriedigt, taucht eine neue Reihe von Bedürfnissen auf: Sicherheitsbedürfnisse (wie: körperliche und seelische Sicherheit, materielle Grundsicherung, Arbeit, Wohnung, Familie, Gesundheit).
Maslow beschreibt, dass es bezüglich der Untersuchung von Sicherheitsbedürfnissen besser ist, Kinder zu untersuchen. Ihre Reaktionen auf grobe Behandlung (plötzliches Fallenlassen) oder ungewöhnliche sensorische Stimulation (blinkende Lichter, plötzlicher Lärm) ist unverfälscht – im Gegensatz zu Erwachsenen, die durch Sozialisation oft gelernt haben, Angst oder Mangel an Sicherheit äußerlich nicht zu zeigen.[Maslow 1943 4]
In der Gesellschaft seiner Zeit sah Maslow die Sicherheitsbedürfnisse als weitgehend erfüllt an. Eine weitere Untersuchung und direkte Beobachtung dieser Bedürfniskategorie hielt er daher nur bei neurotischen Personen oder wirtschaftlich und sozialen Außenseitern für sinnvoll oder gar möglich.[Maslow 1943 5]
Im weiteren Sinn sei die Suche nach Sicherheit und Stabilität aber auch in der menschlichen Bevorzugung des Bekannten gegenüber dem Unbekannten präsent. Darüber hinaus bedinge das Sicherheitsstreben zumindest anteilig die Entstehung von Religionen und naturwissenschaftlichen Weltbildern: Der Mensch strebe auch in dem Sinne nach Sicherheit, dass er jedes Phänomen erklären und Zusammenhänge aufdecken wolle. Nur in einem Nebensatz erwähnt Maslow, dass Menschen, bei denen die Sicherheitsbedürfnisse aktuell motivierende Kraft haben, oft spezifisch dadurch charakterisiert sind, dass für sie die Suche nach einem Beschützer, einer stärkeren Person, von der man abhängt, von großer Bedeutung ist.
Personen, die an Zwangsstörungen (Reinlichkeitszwang, Zählzwang, Ordnungszwang usw.) leiden, sieht er als prototypische Vertreter der Kategorie der Sicherheitsbedürfnisse. Sie versuchen verzweifelt, durch Rituale und Regeln die Welt derart zu ordnen und zu stabilisieren, dass alles Unbekannte, Unerwartete und nicht Handhabbare verschwindet.
Sind die ersten beiden Kategorien weitgehend befriedigt, erlebt der Mensch einen starken Drang nach sozialen Beziehungen (Anschlussmotiv). Dazu gezählt werden u. a. Familie, Freundschaft, Gruppenzugehörigkeit bzw. Zugehörigkeitsgefühl, Kommunikation, sozialer Austausch, Gemeinschaft, gegenseitige Unterstützung, Beziehung, Zuneigung, Liebe und sexuelle Intimität. Die Abwesenheit von Freunden, eines geliebten Menschen, des Lebenspartners oder der Kinder wird ein starker Motivator sein, diese Lücke zu überwinden oder eine nicht frustrierende Situation wiederherzustellen. Gleichzeitig wird er versuchen, eine bestimmte soziale Rolle zu erfüllen oder sich einen Platz in einer sozialen Gruppe zu sichern.
Maslow benutzt hier das Wort „Liebe“ und betont den Unterschied (nicht synonym) zum Wort „Sex“. Geschlechtsverkehr könne auch als rein physiologisches Bedürfnis untersucht werden. Gewöhnliches Sexualverhalten (nicht von der Norm abweichendes) ist nach seiner Ansicht aber mehrdimensional, d. h., dass es zusätzlich nicht erotisch definierte Komponenten wie Zuneigung und Geborgenheit enthält. Außerdem dürfe nicht vergessen werden, dass das Zuwendungsbedürfnis sowohl das Empfangen als auch das Geben von Liebe beinhaltet.[Maslow 1943 6]
Zu den Individualbedürfnissen rechnet Maslow u. a.: Vertrauen, Wertschätzung, Selbstbestätigung, Erfolg, Freiheit und Unabhängigkeit. Maslow versucht hier noch einmal, zwei Unterkategorien zu unterscheiden:
Wenn bis auf diese Stufe alle Bedürfnisse befriedigt sind, wird nach Maslow eine neue Unruhe und Unzufriedenheit im Menschen erwachen: Er will seine Talente, Potenziale und Kreativität entfalten, sich in seiner Persönlichkeit und seinen Fähigkeiten weiterentwickeln und sein Leben gestalten und ihm einen Sinn geben.
Den Begriff Selbstverwirklichung, den Maslow Kurt Goldstein zuschreibt, versucht er als ein spezifisches und begrenztes Konzept zu definieren. Es geht dabei um den Wunsch bzw. die Tendenz, das eigene Potential auszuschöpfen, also das zu werden, was einem anlagebedingt überhaupt möglich ist (Entelechie). In welcher Form sich dieses Bedürfnis letztlich ausdrückt, ist somit im höchsten Maße vom Individuum selbst abhängig (eine gute Mutter sein, ein Athlet, ein Erfinder usw.).
Maslow sah die weitgehende Befriedigung der ersten vier Bedürfniskategorien in der Gesellschaft seiner Zeit eher als Ausnahme an und betrachtete den Untersuchungsgegenstand „Selbstverwirklichung“ als Herausforderung für die Forschung.[Maslow 1943 8] Er schätzte einmal den Anteil der Weltbevölkerung, die diese Stufe erreichen, auf etwa 2 %.[16]
Maslow hat sein Modell 1970, also kurz vor seinem Tod, erweitert (posthum veröffentlicht in: Farther Reaches of Human Nature, New York 1971):[17][18]
Die oberste Stufe der neuen Pyramide ist die „Transzendenz“, also eine das individuelle Selbst überschreitende Dimension oder etwas, das außerhalb des beobachtbaren Systems liegt. Diese Erweiterung reflektiert Maslows Weg von der humanistischen zur transpersonalen Psychologie. Obwohl häufig das Datum 1970 angegeben ist, wird die Pyramide in der Literatur meist noch in der älteren Fassung, also mit der Selbstverwirklichung und nicht mit der Transzendenz an der Spitze, dargestellt.[19][20]
Ferner erweitert er die Pyramide um die zwei Ebenen der ästhetischen und der kognitiven Bedürfnisse, die er über den Individualbedürfnissen einordnet.
Dies führt zu folgender achtstufigen Pyramide
Die Bedürfnishierarchie ist die bekannteste Klassifikation von Bedürfnissen und ein vielbeachtetes Motivationsmodell. Trotz – oder gerade wegen – der stark reduktionistischen Sichtweise kann Maslows Schema einen in die Lage versetzen, eine gewisse Ordnung in verschiedene Aspekte des motivationalen Erlebens zu bringen. Das Modell wird im Kanon der Motivationstheorien meist als einführendes Beispiel gewählt.
Dem lässt sich entgegenhalten: Maslow unterscheidet sehr klar zwischen Bedürfnis einerseits und dem gezeigten Verhalten andererseits, das nicht allein durch Bedürfnisse, sondern auch durch Rahmenbedingungen wie die jeweilige Kultur oder die individuelle Lerngeschichte bestimmt wird (Motivation und Persönlichkeit, 1968). Das Bedürfnis nach sozialen Beziehungen um ihrer selbst willen ist für ihn nicht identisch mit der Pflege der sozialen Beziehungen, um ein anderes Bedürfnis (wie das nach Essen oder Sicherheit) zu befriedigen. Im zweiten Fall ist das Verhalten instrumentell (also nur ein Mittel zum Zweck), ohne zwangsläufig durch das Bedürfnis nach Gemeinschaft motiviert zu sein. Oder aber das Verhalten ist multipel motiviert: es liegen einem Verhalten mehrere Bedürfnisse gleichzeitig zugrunde.
Das Modell findet in vielen Disziplinen der Wirtschaftswissenschaften Anwendung.[25] Die möglichst genaue Kenntnis der Bedürfnisse, der Möglichkeiten zu ihrer Befriedigung und der ihnen zugrunde liegenden Motivation ist elementar. Das gilt sowohl unternehmensextern (Stakeholderansatz, z. B. Kunden) als auch unternehmensintern (Mitarbeiter). Besonders betroffen sind dabei somit zwei praktische Bereiche:
Die ERG-Theorie (Existence, Relatedness, Growth – Existenz, Verbundenheit, Wachstum) ist eine Weiterentwicklung der Bedürfnishierarchie. Sie wurde 1969 von Clayton Alderfer in einem Artikel des Psychological Review unter dem Titel An Empirical Test of a New Theory of Human Need veröffentlicht.[31]
Im Gegensatz zur Idee von Maslow, dass Zugang zu den höheren Ebenen seiner Pyramide Zufriedenstellung der Bedürfnisse auf den unteren Ebenen erfordert, sind die ERG-Bereiche von Alderfer simultane Bedürfnisse.
Bei dauerhafter Nichtbefriedigung eines höherrangigen Bedürfnisses entsteht Frustration; man fällt dadurch auf niedere Motivklassen zurück und verfestigt diese (Frustrations-Regressions-Prinzip).[11] Damit versucht Alderfer das Modell flexibler zu gestalten und der großen Bandbreite beobachtbaren Verhaltens anzupassen. Als Beispiel galt dabei etwa der „hungernde Künstler“, der seine grundlegenden Existenzbedürfnisse seinen kreativen Wachstumsbedürfnissen unterordnet.
Originaltexte
Sekundärwerke
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