Die kaiserliche und königliche Marinesektion, bis 1889 wie das Heer ab 1867 fälschlich als k.k., dann erst als k.u.k. bezeichnet, war eine Abteilung des Kriegsministeriums im Kaisertum Österreich und ab 1867 in Österreich-Ungarn. Sie war verantwortlich für die Belange der Kriegsmarine. Sie bestand aus dem Verwaltungszweig in Wien, dem nachgeordneten Flottenkommando in Pola, dem größten Kriegshafen bzw. Flottenstützpunkt der Marine, und weiteren Dienststellen im In- und Ausland.
Der von der Marine erstrebten Wiedererrichtung eines eigenen Marineministeriums (es hatte mit Friedrich Moritz von Burger als Minister nur 1862–1865 bestanden, damals für Kriegs- und Handelsmarine zuständig)[1] stand der österreichisch-ungarische Ausgleich von 1867 im Wege, der nur drei gemeinsame, für die ganze Doppelmonarchie zuständige Ministerien vorsah. Die Politiker Ungarns wollten kein viertes gemeinsames Ministerium bzw. hätten als Bedingung gestellt, dann zwei der vier gemeinsamen Ministerien in Budapest einzurichten, was die österreichische Regierung ablehnte.
Die Marineangelegenheiten mussten daher weiterhin im Kriegsministerium verwaltet werden; die Marinesektion war allerdings wie zuvor das kurzlebige Marineministerium bis zum Ende der Monarchie räumlich getrennt untergebracht. (Sektion ist der in Österreich bis heute übliche Begriff für Organisationseinheiten eines Ministeriums, die dem Minister direkt unterstehen.)
Vor der Errichtung der Doppelmonarchie 1867 waren in leitender Funktion tätig:
Erzherzog Ferdinand Max, 1854–1860 Marinekommandant; 1860–1864 Sektionschef – er musste die Funktion wegen der Annahme der Krone Mexikos (10. April 1864) zurücklegen.
Ludwig von Fautz, 1860–1865 Marinekommandant, von Juli 1865 (mit der Abschaffung des Marineministeriums) bis März 1868 Sektionschef.[2]
In der Doppelmonarchie wurden die beiden Funktionen bis 8. Februar 1917 in Personalunion besetzt[3]. Der Sektionschef fungierte als Stellvertreter des (Reichs-)Kriegsministers in Marineangelegenheiten und hatte das Recht, der österreichischen und der ungarischen Delegation (des jeweiligen Parlaments), die gleichzeitig in derselben Stadt (Wien oder Budapest), aber in getrennten Sitzungen über den Budgetvoranschlag für die k.u.k. Marine zu entscheiden hatten, direkt vorzutragen und von Delegierten gestellte Anfragen zu beantworten.
Wilhelm von Tegetthoff, Vizeadmiral, März 1868–† 7. April 1871, (1865–1871 Marinekommandant)
Marinekommandant: Maximilian Njegovan, Admiral, 8. Februar 1917 – 1. März 1918, Sektionschef 28. April 1917 – 1. März 1918[4]
Sektionschef: Franz von Holub, Vizeadmiral, 1. März–11. November 1918 (Das Ministerium war nach dem Austritt Ungarns aus der Realunion mit Österreich per 31. Oktober 1918 kein gemeinsames mehr und verfügte nach der vom Kaiser am 30. Oktober angeordneten, von Marinekommandant Horthy am 31. Oktober vorgenommenen Übergabe der Flotte an den südslawischen Nationalrat über keine Marine mehr.)
Marinekommandant: Miklós Horthy, Vizeadmiral, 1. März–31. Oktober 1918
Die Marine-Sektion war nach Lehmanns Wiener Adressbuch (z. B. 1868 und 1871) wie zuvor das 1862–1865 amtierende k.k. Ministerium der Marine (siehe oben) im 1. Bezirk in der Schenkenstraße 14 (hinter dem damals noch nicht bestehenden Neubau des Burgtheaters) untergebracht, von 1874 an in der Doblhoffgasse 7 hinter dem 1874–1883 errichteten Reichsratsgebäude. 1887 wurde die Marinesektion in den Maximilianhof an der Adresse 9., Währinger Straße 6 und 8, gegenüber der Votivkirche, übersiedelt.
Am 12. November 1918 wurde die k.u.k. Marinesektion zusammen mit dem gesamten Kriegsministerium vom neuen Staat Deutschösterreich für aufgelöst erklärt und als Liquidierendes Kriegsministerium unter der Aufsicht des deutschösterreichischen Staatsamtes für das Heerwesen weitergeführt. Dies betraf auch die liquidierende Marinesektion, die noch einige Zeit in ihrem Gebäude tätig war, um Personal- und Sachangelegenheiten der nicht mehr bestehenden k.u.k. Marine zu bearbeiten.
Die folgenden Strukturdaten beziehen sich auf den Stand vom Sommer 1914 unmittelbar vor Beginn des Ersten Weltkriegs.
Adjutant: Linienschiffsleutnant Franz Hild von Galanta
Zugeteilter Flaggenoffizier:
Kontreadmiral Franz Ritter von Keil
Personaladjutant: Linienschiffsleutnant Alfred Liebler von Asselt
Präsidialkanzlei
Vorstand: Linienschiffskapitän Viktor Wickerhauser
Personalien der aktiven Flaggen- und Stabsoffiziere, Orden und Auszeichnungen, handelspolitische Tätigkeit, Marineattachés, militärischer Dienst und Disziplin im Allgemeinen, Reglements und Instruktionen, Ausbildung der Offiziere und Mannschaft, In- und Außerdienststellung der Schiffe, Systemisierung der Bemannungsstände,[5] Marineschulen, hydrographisches Wesen, Verfassung von Statuten und organischen Vorschriften, Preßangelegenheiten[6]
Operationskanzlei
Vorstand: Linienschiffskapitän Alfred Cicoli
Mobilisierung, Operationen der Flotte, Indienststellungsprogramme, Instruktionen für Befehlshaber zur See, Übungen der Eskader[7], Seetaktik, Signalwesen, Telegraphie, Ausrüstung der Flotte, Küstenbeschreibung, Flottenevidenz, Archiv, Geschichte
Personalien aller im Gagenbezuge stehenden Personen (ausgenommen Flaggen-, Stabs- und Stabsoberoffiziere), Personalevidenz, Standesevidenz, Redaktion der Rang- und Einteilungslisten und des Personalverordnungsblattes, Adjustierung
2. Abteilung
Vorstand und zugleich Kanzleidirektor: Korvettenkapitän Moritz Bauer
Mannschaftsergänzung und Personalien, Stipendien für Söhne von Marineangehörigen des Mannschaftsstandes
3. Abteilung
Vorstand: Marine-Ober-Kommissär 1. Klasse Franz Lovisoni
Approvisionierung und Bekleidung, Proviant und Material für Krankenpflege, Eisenbahn- und Dampfschiffangelegenheiten in ökonomisch-administrativer Beziehung, Gebührenwesen, Unterstützungen und Remunerationen, Invalidenwesen, Pensionen, Provisionen, Gnadengaben, Abfertigungen, alle Stiftungsangelegenheiten
II. Geschäftsgruppe
Vorstand: Linienschiffskapitän Franz Teichgräber
4. Abteilung
Vorstand: Linienschiffskapitän Franz Lauffer
Technisches Wesen, Schiffbau, Maschinenbau, Artillerie, waffen- und elektrotechnisches Ressort, Beschaffung von Geschützen, Munition, Waffen, Torpedos, Minen, Beleuchtungsapparaten
5. Abteilung
Vorstand: Land- und Wasserbau-Oberingenieur 1. Klasse Alfred Januš
Land- und Wasserbauten, Instandhaltung, Ameliorationen[8] und Adaptierung der Marinegebäude
6. Abteilung
Vorstand: Marine-Ober-Kommissär 1. Klasse Karl Paur
Prüfen der Budgetvorlagen der Abteilungen 4 und 5, administratives Ressort für das gesamte technische Wesen, Arsenalkontrakte, Lizitationsauschreibungen, Verhandlungen wegen Ankauf oder Verkauf von Waffen etc.
Kontroll-, Verrechnungs-, Verbuchungs- und Kassenwesen, Verfassung[9] des Budgets, Dotierung der Marinekassen, Refundierungs- und Steuerangelegenheiten
9. Abteilung
Vorstand: Marine-Generalstabsarzt Martin Wolf
Marinesanitätswesen, Sanitätsberichte
Materialkontrollamt zu Wien
Vorstand:
Kontreadmiral Erwin Raisp Edler von Caliga
Marine-Ober-Kommissär 1. Klasse Emil Baader
Marinezentralarchiv zu Wien
Vorstand:
Linienschiffskapitän Gustav Dassenbacher
Die folgenden Strukturdaten beziehen sich auf den Stand vom Sommer 1914 unmittelbar vor Beginn des Ersten Weltkriegs.
Kommandant: Linienschiffsleutnant Wladimir von Mariašević
k.u.k. Kriegsministerium (Hrsg.): Seidels kleines Armeeschema. Dislokation und Einteilung des k.u.k Heeres, der k.u.k. Kriegsmarine, der k.k. Landwehr und der k.u. Landwehr. Seidel & Sohn, Wien, Nr. 76, 1914.
Heinrich Bayer von Bayersburg: Österreichs Admirale. Bergland Verlag, 1962, Band 1, S.25. Lawrence Sondhaus: The naval policy of Austria-Hungary, 1867–1918. Navalism, industrial development, and the politics of dualism. Purdue University Press, 1994, ISBN 1-55753-034-3, S.385; Walter Wagner: Die obersten Behörden der k. und k. Kriegsmarine 1856–1918. (=Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs, Band 6) Berger, Wien 1961, S.138.