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deutscher Revolutionär der badischen Revolution 1849 Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Johann Philipp Becker (* 20. März 1809 in Frankenthal (Pfalz); † 9. Dezember 1886 in Genf[1]) war ein deutscher Revolutionär der badischen Revolution 1849. Er war einer der maßgeblichen Organisatoren der badischen Volkswehr. Später war er Schweizer Sozialdemokrat und führendes Mitglied der I. Internationale sowie Redakteur von deren Schweizer Presseorgan. Seit den 1860er Jahren verband ihn eine enge Freundschaft mit Karl Marx, insbesondere aber mit Friedrich Engels.
Geboren wurde Becker als Sohn eines Schreiners im pfälzischen Frankenthal. Die Geburtsurkunde weist ihn mit dem Vornamen Jean Philippe aus, da sein Geburtsort damals mit dem Département du Mont-Tonnerre (Département Donnersberg) zu Frankreich gehörte. Er erlernte den Beruf des Bürstenbinders, in welchem er den Meisterbrief erwarb. Bereits in jungen Jahren zeigte er radikaldemokratisches Engagement, so stimmte er als Zwanzigjähriger beim Besuch seines Landesherrn die Marseillaise an, wobei er sich zudem demonstrativ unter einen von seinem Großvater gepflanzten Freiheitsbaum gestellt hatte.
Mit 21 Jahren heiratete er seine Jugendliebe Elisabeth, die ihm eine treue Weggefährtin wurde. 1832 besuchte er das Hambacher Fest, von dem er den Beginn einer deutschen Revolution erhoffte. Aufgrund seiner revolutionären Reden kam er vor Gericht, wurde am 29. Oktober 1833 jedoch vom Appellationsgericht Zweibrücken freigesprochen. Er ist im Schwarzen Buch der Frankfurter Bundeszentralbehörde (Eintrag Nr. 84) festgehalten.[2] Im November wurde er erneut verhaftet und für 11 Monate in Haft gehalten.
Für seine humorig-ironische Sicht auf die Ereignisse in Hambach sprechen folgende von ihm später verfasste Zeilen:
Im Mai 1838 siedelte er mit seiner Frau und seinen Kindern in die Schweiz über, zunächst nach Bern, später nach Biel, wo er 1847 als Bürger aufgenommen wurde. In unterschiedlichen Gewerben gelangte er zu einem bescheidenen Wohlstand und wurde 1842 sogar Teilhaber einer Zigarrenfabrik. Dennoch blieb er seinen radikaldemokratischen Ideen treu. 1847 nahm er als Stabssekretär und Adjutant von Ulrich Ochsenbein auf der Seite der liberalen Kantone am Schweizer Sonderbundskrieg teil. Trotz der kurzen Dauer der Kampfhandlungen gewann er hier militärische Erfahrungen, die ihm später in Baden zugutekommen sollten. Am 9. Februar 1847 wurde er auf eigenen Antrag hin Bürger des Kantons Bern.[3] Im selben Jahr büßte er jedoch durch die Wirtschaftskrise den größten Teil seines Vermögens wieder ein und musste die Zigarrenfabrik aufgeben.
Die Februarrevolution in Paris 1848 wurde von Becker freudig begrüßt: „Nun ist endlich die Zeit gekommen, in der es eine Freude ist zu leben“, schrieb er einem Freund. Während der Märzrevolution in Deutschland initiierte er eine Zusammenkunft von in der Schweiz lebenden deutschen Demokraten in Biel. Eine „Deutsche Legion“ sollte gegründet werden.
Noch bevor die Vorbereitungen zur Reife gediehen waren, kam die Nachricht, dass Friedrich Hecker in Konstanz die Republik ausgerufen habe. Zur Unterstützung des Heckeraufstandes in Baden zog Becker mit 50 Freischärlern in Baden ein. Da Hecker im Gefecht auf der Scheideck bei Kandern am 20. April 1848 vernichtend geschlagen worden war, schloss sich Becker der Schar des ehemaligen badischen Oberleutnants Franz Sigel an. Ein geplanter Angriff der Sturm auf Freiburg scheiterte jedoch, die revolutionäre Truppe wurde von badischen und hessischen Truppen zurückgeschlagen und zerstreute sich. Becker, der mit seiner Schar bis zuletzt ausgeharrt hatte, musste sich ebenfalls zurückziehen. Noch einmal rief er zur Unterstützung der badischen Revolutionäre auf: als Gustav Struve im September einen erneuten Aufstand wagte. Auch dieser wurde im Gefecht um Staufen rasch niedergeschlagen, und Becker konnte mit etwa 700 Mann nur noch durch Besetzung der Schusterinsel bei Weil am Rhein den Rückzug der versprengten Truppen decken. Aus den fehlgeschlagenen Aktionen gewann Becker die Einsicht, dass eine sorgsame Vorbereitung für einen Erfolg notwendig sei.
Um seinen Überzeugungen Ausdruck zu verleihen, gab er im Dezember 1848 eine radikale Zeitung mit dem nur allzu deutlichen Titel „Die Revolution“ heraus. Im Januar 1849 wurde Becker aus dem Kanton Bern ausgewiesen und zog nach Neufchâtel um, wo er, durch die Erfahrung gewitzt, sein Blatt als „Die -Evolution“ fortführte.
Als im Mai 1849 durch Aufstände in der Pfalz und in Baden die Revolution neu aufflammte, eilte Becker nach Karlsruhe und stellte sich dem Landesausschuss zur Verfügung. Rastatter Truppen hatten am 11. Mai gegen die miserable Behandlung gemeutert, die ganze Badische Armee erklärte sich für revolutionär. Wiewohl der Landesausschuss der Volksvereine, der nach der Flucht des Großherzogs Leopold unter Lorenz Brentano zunächst die Regierungsgeschäfte übernommen hatte, allzu radikale Maßnahmen vermied, wurde der als entschlussfreudig bekannte Becker zum Oberbefehlshaber der – erst noch zu schaffenden – Volkswehr berufen.
Die Einberufung und Bewaffnung aller ledigen Männer von 18 bis 30 Jahren war bereits von der Volksversammlung beschlossene Sache, doch bislang nicht organisiert worden. Becker nahm sich der immensen Arbeit an; zu seinen engen Mitarbeitern zählte Gustav Tiedemann, den er zu seinem Stabschef ernannte, Alfred Michel als Generaladjutant und Heinrich Hattemer als Stabssekretär, Max Dortu zunächst als sein Bürochef, später als Kommandeur eines Bataillons. Rekrutierungskommissare wurden entsandt, Subaltern- und Unteroffiziere der Linientruppen als Ausbilder benannt, Waffen und Ausrüstung organisiert. Oft wurde die Arbeit von Zivilkommissaren und konservativen Mitarbeitern Brentanos behindert. So konnten nur knapp 25 Bataillone der Volkswehr zu je 500 Mann geschaffen werden; die Hälfte dessen, was geplant gewesen war. Neben der Volkswehr bildeten sich aber weitere irreguläre Einheiten, darunter die seinerzeit von Becker initiierte „Deutsche Legion in der Schweiz“, die wegen des starken Zulaufs durch flüchtige Demokraten aus anderen deutschen Staaten aber bald die Flüchtlingslegion genannt wurde. Befehligt wurde sie von dem 60-jährigen Uhrmacher Georg Böhning (auch: Böning), der sich Meriten bereits im griechischen Unabhängigkeitskampf erworben hatte.
Am 24. Mai rückten einige Schwadronen des Dragonerregiments „Großherzog“ unter der Führung konterrevolutionärer Offiziere in Karlsruhe ein. Die Landeshauptstadt war von regulären Truppen nahezu entblößt. Becker ließ das Rathaus und die strategisch wichtigsten Punkte durch Volkswehr und Freischärler sichern; der Handstreich der Dragoner war misslungen. Ihre Offiziere wurden verhaftet.
Als sich am 1. Juni der Landesausschuss auflöst und eine Provisorische Regierung konstituiert, die ganz im Fahrwasser des alle radikalen Maßnahmen ablehnenden Brentano schwimmt, sorgen sich Becker und seine politischen Freunde um das Schicksal der Revolution, denn preußische Truppen sowie ein gemischtes Bundeskorps sind bereits zu ihrer Niederschlagung auf dem Marsch. Nur entschiedene Maßnahmen gäben nun noch eine Aussicht auf Erfolg. In der Tradition der französischen Klubs zur Zeit der ersten Revolution formierte sich eine Gruppe von Demokraten am 5. Juni zum „Klub des entschiedenen Fortschritts“, neben Struve gehörte Becker zu den führenden Köpfen.
Eine Delegation des Klubs überreichte Brentano ein 11-Punkte-Programm mit den wichtigsten Forderungen: Entlassung und Bestrafung konterrevolutionärer Beamter und Offiziere, Absetzung des reaktionären Oberbefehlshabers Beck und Berufung des polnischen Freiheitskämpfers Ludwik Mierosławski und weitere Maßnahmen. Um den Forderungen Nachdruck zu verleihen, ließ Becker strategisch wichtige Punkte der Stadt besetzen. Brentano reagierte mit der Festsetzung der Delegation des Klubs, neben Becker auch Struve, Böhning und Wilhelm Liebknecht. Die drohende Haltung der Freischärler zwang ihn jedoch zu ihrer baldigen Freilassung. Becker und Böhning gingen an die Neckarlinie, wo der Einmarsch der konterrevolutionären Truppen erwartet wurde.
Mittlerweile war es an der badisch-hessischen Grenze zu den ersten bewaffneten Zusammenstößen gekommen. Franz Sigel, ein ehemaliger badischer Leutnant, nun mit 24 Jahren Oberst und Kriegsminister, hatte den Kriegszustand und das Standrecht verkündet und die Verteidigung der Neckarlinie vorbereitet. Er betraute Becker mit dem Kommando über das Fliegende Korps im Odenwald und mit der Organisation der Volkswehr im Neckargebiet. Becker unterstehen damit zunächst 1.600 Mann aus verschiedenen Einheiten, von denen das Bataillon Böning die zahlenmäßig stärkste ist. Bekleidung, Bewaffnung und Disziplin der Mannschaften lassen noch zu wünschen übrig. Beim ersten Vorstoß von Heidelberg aus auf hessisches Territorium nach Waldmichelbach und Siedelsbrunn geraten Beckers Einheiten in Unordnung, einige zeigen offenen Ungehorsam. Ihr Befehlshaber greift entschlossen durch. Begeistert hingegen folgen ihm seine Leute bei einem Nachtangriff auf das hessische Städtchen Hirschhorn unmittelbar am Neckarufer, um drei Kompanien der Hanauer Turner, die im Schloss von Hirschhorn belagert werden, herauszuhauen. Die Aktion hat Erfolg. der Feind zieht sich zurück, die Hanauer können abmarschieren. Die erfolgreiche Aktion hat die Stimmung deutlich gehoben und das Band zwischen Truppe und Kommandeur gefestigt. Vom inzwischen eingetroffenen neuen Oberbefehlshaber Mieroslawski erhält Becker den Befehl, Ziegelhausen bei Heidelberg zu besetzen, die Kräfte müssen für den erwarteten Kampf konzentriert werden. Am Morgen des 15. Juni beginnt der Angriff des Bundeskorps auf die badische Neckarlinie.
„Dies ist wohl die glänzendste Episode im ganzen badisch-pfälzischen Feldzug“, urteilte Friedrich Engels, der als Adjutant von August Willich selbst in einer pfälzischen Einheit den Feldzug mitgemacht hatte. Mit kaum 1000 Mann hielt Becker die Linie an der Pfinz über vier Stunden gegen eine ganze preußische Division und forderte das Eingreifen von zwei weiteren Divisionen heraus, um den Rückzug der Revolutionsarmee aus Karlsruhe zu decken.
Nach seiner Rückkehr in die Schweiz zog Becker mit seiner Familie nach Genf um und begründete eine Schankwirtschaft. Noch im gleichen Jahr schrieb er gemeinsam mit seinem früheren Mitstreiter Christian Essellen eine „Geschichte der süddeutschen Mairevolution 1849“, die noch im selben Jahr in Genf erschien. Wegen der vielen darin enthaltenen militärischen Details stützte sich Engels bei seiner Schrift „Die deutsche Reichsverfassungskampagne“ auf dieses Buch. Wirtschaftlich geriet Becker in immer größere Schwierigkeiten, seine Schankwirtschaft musste er veräußern, in den nächsten Jahren arbeitete er als Photograph, Gemüsehändler, Handelsvertreter und Druckereibesitzer. Von 1856 bis 1860 lebte er in Paris, hatte aber auch hier kein Glück.
1860 trat er erstmals mit Karl Marx in Verbindung; er sandte ihm unaufgefordert Material über den in der Schweiz lebenden Carl Vogt zu, der Marx und andere Kommunisten in einem Pamphlet angegriffen hatte. Marx nutzte das Material zu einer Replik.
Als sich in Italien unter Giuseppe Garibaldi die Bewegung zur Einigung Italiens formierte, ging Becker für zwei Jahre nach Genua, um dort die Bildung einer deutschen Freiwilligenlegion zur Unterstützung Garibaldis zu forcieren. Wieder in Genf begründete Becker den „Eidgenössischen Volksverein“ und betätigte sich als Publizist.
Becker, als Organisator der Arbeiterinternationale (IAA) in der Schweiz, befasste sich in seinen Schriften wiederholt mit der Stellung der Frauen in der Gesellschaft. Zwischen 1866 und 1871 radikalisierte er seine Position für die Gleichberechtigung der Geschlechter, was sich vor allem in seinen Beiträgen im „Vorboten“ zeigt, dem Organ der IAA. Auch im Vorwort, genannt „Standpunkt“, seiner Schrift Wie und Wann? sind 4 Seiten dem Thema gewidmet. In den Psalmen in Reinform findet sich eine ironische Kritik der bürgerlichen Ehe.[4]
(chronologisch sortiert)
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