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deutscher Maler und Bildhauer Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Ingo Kühl (* 29. Juni 1953 in Bovenau, Schleswig-Holstein) ist ein deutscher Maler, Zeichner, Bildhauer und Architekt.
Ingo Kühl wuchs in Bovenau auf, wo sein Vater Polizist war. Seine Mutter, Tochter einer Kolonialwarenhändlerin und eines Bauunternehmers aus Schülldorf, starb 1957 im Alter von fünfunddreißig Jahren. Ein Jahr später heiratete sein Vater wieder, eine Bauerntochter aus Börm. 1964 zog die Familie nach Hanerau-Hademarschen. Nach Abschluss der dortigen Theodor-Storm-Realschule durchlief er eine Lehre als Zimmerer und Technischer Zeichner und besuchte das Technische Gymnasium in Rendsburg. 1970 reiste er das erste Mal nach Paris, war fasziniert von Leonardo da Vincis Mona Lisa im Louvre.
Von 1973 bis 1976 studierte er Architektur an der Fachhochschule Kiel und schloss als Diplomingenieur ab. Er arbeitete im Architekturbüro von Jürgen Jüchser in Haale und später als freier Mitarbeiter in Berlin in dessen Planungsring mit Peter R. Pawlik, immatrikulierte sich an der Technischen Universität Berlin, wechselte zur Hochschule der Künste Berlin und studierte von 1977 bis 1982 Architektur und Bildende Kunst. In dieser Zeit entstanden seine vom Surrealismus beeinflussten Zeichnungen zum Thema Architektur-Phantasien. Nach einer Begegnung mit dem Maler Heinz Trökes 1979, der ihn sehr beeindruckte, wandte er sich der freien Malerei zu.
Er unternahm Reisen nach London, Paris, Prag, Israel und nahm an einer Exkursion nach Teheran teil. Neben seinem Berliner Atelier richtete er sich in Garding auf Eiderstedt ein Atelier ein (1980 bis 1994). Das Erleben der Landschaft am Meer führte ihn, vom abstrakten Expressionismus ausgehend, zur Landschaftsmalerei. Parallel dazu entstanden Zeichnungen, Ölbilder und Skulpturen zur phantastischen Architektur. Diese Arbeiten reflektieren u. a. die utopische Literatur der Gläsernen Kette, einer Vereinigung von jungen Architekten und Schriftstellern.
1982 verbrachte er zwei Monate in New York in einem Atelier in Brooklyn. Zurückgekehrt nach Berlin war er zeitweilig freier Mitarbeiter in einem Architekturbüro und baute sich im Wedding ein Dachatelier aus. Gemeinsam mit Ulrich-Oliver Selka versuchte er 1984 eine der Architekturvisionen Hermann Finsterlins zu realisieren, das Projekt „Finsterlin Architektur 1917“ für die Landesgartenschau Sindelfingen. Von 1984 bis 1987 war Ingo Kühl Mitglied der Architektenkammer Berlin als Freischaffender Architekt.
1985 begegnete er im Centro Cultural São Lourenço im portugiesischen Almancil internationalen Künstlern, darunter João Cutileiro, José de Guimarães, Kurt Mühlenhaupt und Günter Grass. Durch Ute und Günter Grass lernte er Christiane und Heinz Ludwig Arnold kennen, die Sammler seiner Bilder wurden. Anlässlich der Vergabe des Weinpreises für Literatur, den Arnold 1986 an Sarah Kirsch verlieh, kam es in Göttingen zur Begegnung mit der Schriftstellerin. Sie schrieb Gedichte zu Bildern von Ingo Kühl, die 1988 in dem Buch Luft und Wasser im Steidl Verlag veröffentlicht wurden.
1989 hatte er sein Hauptatelier für zwei Jahre in einer Haubarg-Ruine im Kornkoog in Eiderstedt. Dort kam es zu einem künstlerischen Austausch mit dem Maler Bruno Kirstein, bevor er nach Berlin zurückkehrte.
1995 war er Artist in Residence im Centro Cultural São Lourenço. Während einer Reise über Bergen auf die Färöer und nach Island aquarellierte er Landschaften. Er ging eine Lebensgemeinschaft mit der Kunstpädagogin Annette Huber ein, die er 2001 heiratete. 1999 reiste er ins Baltikum und nach Skandinavien und malte in Reine in einem Rorbu eine Serie von Lofotenbildern. Es folgte im Jahr 2000 eine Reise um die Welt. Im November desselben Jahres richtete er sich ein Atelier in einem ehemaligen Bauernhof[1] auf Nordstrand ein und malte dort bis Oktober 2001 eine Serie von Meeresbildern.
2001/2002 verbrachte er mit seiner Frau ein Jahr in der Südsee auf den Cook-Inseln, in Französisch-Polynesien, in Fidschi und Vanuatu. Nach der Teilnahme an einer Expedition des Vanuatu Kaljoral Senta zu Zeremonien der Indigenen auf Malakula wurden die dort entstandenen Arbeiten im Nationalmuseum von Vanuatu in einer Ausstellung gezeigt.[2] Insgesamt sind in der Südsee 69 Ölbilder, 154 Arbeiten auf Papier und 280 Blätter in Skizzenbüchern entstanden.
Seit 2002 hat Ingo Kühl ein Atelier in Keitum auf Sylt. Von hier aus unternahm er Reisen nach Chile, wo er auf Feuerland und in Punta Arenas 2005 den Bilderzyklus „Landschaften am Ende der Welt“ malte[3] und das Kap Hoorn an Bord einer Segelyacht umrundete (2009 und 2015).[4][5]
Im Rahmen eines internationalen Künstleraustausch-Projekts des Nordelbischen Missionszentrums in Hamburg malte er 2010 in Papua-Neuguinea gemeinsam mit dem einheimischen Bildhauer und Maler Tomulopa Deko das Gemälde The Creation.[6] Bei einem weiteren Aufenthalt in Vanuatu 2012 malte er in Port Vila vier großformatige Seebilder und reiste anschließend nach Papua-Neuguinea ins Sepik-Gebiet und auf die Trobriand-Inseln.[7]
Von 2014 bis 2020 unterhielt Ingo Kühl ein Atelier in Berlin-Friedenau in den Goerz-Höfen. Er lebt aktuell in Berlin und Keitum auf Sylt.
In seinem Frühwerk sind Anklänge an den Surrealismus, den Abstrakten Expressionismus, des Actionpaintings und Tachismus erkennbar. Ab 1983 setzte er sich mit der Landschaftsmalerei auseinander und nach einer Phase nahezu monochromer ungegenständlicher Bilder, die an die Arbeiten von Gotthard Graubner erinnern, wandte er sich wieder der gegenständlichen Malerei zu. Es entstanden die Bilderzyklen Färöer (1995),[8] und Winterreise (nach Franz Schubert) (1995/96).[9] 1998 malte er vier großformatige Ölbilder zum Thema Vier Jahreszeiten für das Johanniter-Krankenhaus im Fläming in Treuenbrietzen.[10] Es folgten Bilderzyklen wie Landschaften am Ende der Welt (2005)[11] und Das Haus am Watt (2015).[12]
Seit 1986 formt er nach seinen Zeichnungen zum Thema Architektur-Phantasien Skulpturen in Ton und Gips, wovon 1988 eine in der Bildgießerei Hermann Noack in Bronze gegossen wurde. Sie diente als Modell für eine begehbare, unvollendete und temporäre Architektur-Skulptur Der achte Tag auf dem Obermarkt in Görlitz (1996) sowie für mehrere Güsse in Gips, Acrystal und Zellan. Des Weiteren schuf er acht farbige Tonreliefs zum Thema Seligpreisungen der Bergpredigt für das Seniorenheim neben der Christuskirche in Görlitz (1997) und die fünfteilige Serie Westküste, angeregt durch die Westküste Neuseelands. 2008 wurden drei Architektur-Skulpturen mit dem Titel Raum (Die ganze Stadt) in Bronze gegossen. Eine vergrößerte Version der Architektur-Skulptur von 1988 wurde 2009 in den Bildhauerwerkstätten Berlin (im Maßstab 5:1) hergestellt und in der Ausstellung Kunst am Strand in Rantum auf Sylt gezeigt. 2010 fertigte er in Keitum auf Sylt mit Tomulopa Deko zwei mit farbigen Schnitzereien versehene Skulpturen Hochzeitsstühle / Wedding Chairs in Form von Kundu-Trommeln. 2019 gestaltete er zwei Bronze-Reliefs für den "Tisch am Kliff" in Keitum / Sylt, den fünf Künstler gemeinsam zum Thema "5000 Jahre Sylter Geschichte" gestalteten. In diesem Zusammenhang entstand auch das Bronze-Relief "Boot in bewegter See" in einer Auflage von 7 Güssen.
Auf Architekturzeichnungen, Baupläne und technische Konstruktionen folgten Studien nach „alten und neueren Meistern“ und Dingen aus der sichtbaren Welt. Das grafische Werk umfasst Zeichnungen, Arbeiten Öl auf Papier, Aquarelle, Lithografien und Radierungen. Er veröffentlichte Grafiken zum Beispiel in der Mappe Vor Island, die er produzierte, bevor er nach Island reiste.[13]
Ölbilder sind meist auf der Rückseite signiert (und mit einer Werkverzeichnis-Nummer versehen), während Arbeiten auf Papier auf der Vorderseite und Druckgrafiken unter dem Motiv signiert, nummeriert und datiert sind. Bei Skulpturen ist die Signatur eingraviert.
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