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Hydrochlorothiazid (HCT oder auch HTZ genannt) ist eine harntreibende Substanz aus der Gruppe der Thiazid-Diuretika, als deren Prototyp es gilt. Es wird bei Bluthochdruck, Herzinsuffizienz oder zur Ausschwemmung von Ödemen angewandt, häufig in Form fixer Kombinationen mit weiteren Wirkstoffen (vgl. Handelspräparate).
Strukturformel | ||||||||||||||||||||||
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Allgemeines | ||||||||||||||||||||||
Freiname | Hydrochlorothiazid | |||||||||||||||||||||
Andere Namen | ||||||||||||||||||||||
Summenformel | C7H8ClN3O4S2 | |||||||||||||||||||||
Kurzbeschreibung |
Weißes bis fast weißes, kristallines Pulver[1] | |||||||||||||||||||||
Externe Identifikatoren/Datenbanken | ||||||||||||||||||||||
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Arzneistoffangaben | ||||||||||||||||||||||
ATC-Code | ||||||||||||||||||||||
Wirkstoffklasse | ||||||||||||||||||||||
Eigenschaften | ||||||||||||||||||||||
Molare Masse | 297,74 g·mol−1 | |||||||||||||||||||||
Aggregatzustand |
fest | |||||||||||||||||||||
Schmelzpunkt | ||||||||||||||||||||||
pKS-Wert |
7,9[2] | |||||||||||||||||||||
Löslichkeit | ||||||||||||||||||||||
Sicherheitshinweise | ||||||||||||||||||||||
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Toxikologische Daten | ||||||||||||||||||||||
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa). |
Die heterocyclische Verbindung 6-Chlor-7-sulfamyl-3,4-dihydro-1,2,4-benzothiadiazin-1,1-dioxid wurde in den späten 1950er Jahren von Forschern der US-amerikanischen Tochtergesellschaft der schweizerischen Ciba in Summit (New Jersey) entwickelt[4] und 1958 in der Zeitschrift Experientia als hochwirksames Diuretikum beschrieben.[5] Eine Herstellung wurde durch verschiedene Patente geschützt, u. a. US-Patent 3163645 (de Stevens, Werner, 1964). Wie der Trivialname des Arzneistoffes zum Ausdruck bringt, kann die Verbindung als hydrierte Form von Chlorothiazid betrachtet werden, das von der Firma Merck & Co. (USA) als Diuretikum und Blutdrucksenker entwickelt worden war. Die Herstellung von Hydrochlorothiazid und verwandter Verbindungen wird im US-Patent 3025292 beschrieben.
Als Thiazid hemmt Hydrochlorothiazid reversibel den Natrium-Chlorid-Kotransporter in der luminalen Zellmembran der Zellen des distalen Tubulus in der Niere, wodurch Natriumchlorid samt dazugehörigem Lösungswasser ausgeschieden wird. Weiterhin nimmt die renale Ausscheidung von Calcium-Kationen ab und die von Magnesium-Kationen zu.[6] Die gesteigerte Calcium-Retention kann zu einer Zunahme der Knochendichte bei Osteoporose-Patienten führen, was vorteilhaft ist.
Hydrochlorothiazid wirkt in hohen Dosierungen auch auf das Enzym Carboanhydrase hemmend, doch besitzt es lediglich ein Zehntel[7] der für Carboanhydrasehemmer üblichen inhibitorischen Potenz, und hat – wie andere Thiazide auch – eine flache Dosis-Wirkungs-Kurve, was heißt, dass auch bei enormer Dosissteigerung nur eine minimale Steigerung der weiteren Effektivität erreicht wird. Hydrochlorothiazid sollte in der Schwangerschaft vermieden werden.
Die Bioverfügbarkeit von Hydrochlorothiazid beträgt 70 %,[6] die Plasmaproteinbindung 95 %, seine Wirkungsdauer 6–12 Stunden. Es wird größtenteils (92 ± 5 %) unverändert über die Niere ausgeschieden und hat eine Plasmahalbwertszeit von 1,3 bis 1,7 Stunden.[8]
Diuretika – u. a. Thiaziddiuretika wie Hydrochlorothiazid – führen über den Elektrolyt- und Flüssigkeitsverlust zu einer Aktivierung des RAAS und damit zum sekundären Hyperaldosteronismus.
Zur sicheren qualitativen und quantitativen Bestimmung von Hydrochlorothiazid kann die Kopplung von HPLC und Massenspektrometrie nach adäquater Probenvorbereitung verwendet werden.[9][10] Die Methodik wird auch eingesetzt, um Verfälschungen von Arzneimitteln nachzuweisen.[11]
Beschreibung der Nebenwirkungen nach Häufigkeit:
Häufig: Störungen im Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt (insbesondere zu vermindertem Kalium- und Natriumspiegel (Hypokaliämie und Hyponatriämie)), verminderte Magnesium- und Chloridspiegel, erhöhter Kalziumspiegel im Blut (Hypomagnesiämie, Hypochlorämie, Hyperkalzämie), Mundtrockenheit und Durst (bei hoher Dosierung, Schwäche- und Schwindelgefühl, Muskelschmerzen und Muskelkrämpfe, z. B. Wadenkrämpfe), Kopfschmerzen, Nervosität, Herzklopfen, verminderter Blutdruck (Hypotonie), Kreislaufstörungen mit vermindertem Blutdruck (beim Wechsel vom Liegen zum Stehen: orthostatische Regulationsstörungen); bei exzessiver Harnausscheidung kann es infolge „Entwässerung“ (Dehydratation) und verminderter zirkulierender Blutmenge (Hypovolämie) zur Bluteindickung (Hämokonzentration), sowie als Folge der Hämokonzentration – insbesondere bei älteren Patienten oder bei Vorliegen von Venenerkrankungen – zu Thrombosen und Embolien kommen. Infolge einer Hypokaliämie können Müdigkeit, Schläfrigkeit, Muskelschwäche, Missempfindungen an den Gliedmaßen (Parästhesien), Lähmungen (Paresen), Teilnahmslosigkeit (Apathie), Adynamie der glatten Muskulatur mit Verstopfung und übermäßige Gasansammlung im Magen-Darm-Trakt (Meteorismus) oder Herzrhythmusstörungen auftreten. Verstärkte Magnesiumausscheidungen im Harn (Hypermagnesiurien) sind häufig und äußern sich nur gelegentlich im Blut als Magnesiummangel (Hypomagnesimien). Gichtanfälle (durch erhöhten Harnsäurespiegeln im Blut Hyperurikämie), erhöhter Blutzuckerspiegel (Hyperglykämie), vermehrte Ausscheidung von Zucker im Urin (Glukosurie), Anstieg der Blutfette (Cholesterin, Triglyzeride).
Gelegentlich: Anstieg der harnpflichtigen Substanzen (Kreatinin, Harnstoff), erhöhte Amylasewerte im Blut (Hyperamylasämie), Entzündung der Bauchspeicheldrüse (Pankreatitis), Appetitlosigkeit und Magen-Darm-Beschwerden (bw. Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö, Schmerzen und Krämpfe im Bauchraum)
Selten: allergische Hautreaktionen (z. B.: Juckreiz, Hautrötung, Exantheme durch Lichteinwirkung, kleinfleckige Einblutungen in Haut und Schleimhaut (Purpura), stark juckende Quaddeln (Urtikaria)), Arzneimittelfieber oder eine Gelbsucht (Ikterus), akute Nierenentzündung (interstitielle Nephritis), Gefäßentzündung (Vaskulitis), Verminderung der weißen Blutkörperchen (Leukopenie), Verminderungen der Blutplättchen (Thrombozytopenie), eine Anämie durch Blutbildungsstörung im Knochenmark (aplastische Anämie), Potenzstörungen, geringgradige Sehstörungen (bspw.: verschwommenes Sehen, Farbsehstörungen, Gelbsehen), Einschränkung der Bildung von Tränenflüssigkeit, bestehende Kurzsichtigkeit kann sich verschlimmern.[12]
Im Oktober 2018 informierten die Zulassungsinhaber via Rote-Hand-Brief darüber, dass pharmakoepidemiologische Studien ein erhöhtes Risiko für das Auftreten eines Basalzellkarzinoms (Basaliom, weißer Hautkrebs) oder Plattenepithelkarzinoms (Spinaliom) bei Exposition mit steigenden kumulativen Dosen von Hydrochlorothiazid aufgezeigt haben. Es wurde die Empfehlung ausgesprochen, dass Patienten, die mit Hydrochlorothiazid behandelt werden, sich regelmäßig auf Hautveränderungen untersuchen lassen und verdächtige Veränderungen „gegebenenfalls einschließlich einer histologischen Untersuchung von Biopsien“ überprüft werden sollten. Für Patienten, die bereits an den genannten Hauterkrankungen erkrankt waren, „kann es notwendig sein, den Einsatz von HCT erneut sorgfältig abzuwägen“.[13]
Hydrochlorothiazid steht auf der Verbotsliste der Welt-Antidoping-Agentur.[14] Obwohl es nicht direkt der Leistungssteigerung dient, kann es zur Verschleierung solcher Dopingmittel herangezogen werden, es wird daher als Maskierungsmittel bezeichnet.
Hydrochlorothiazid wird als Blutdrucksenker meist erst eingesetzt, wenn mit einem anderen Wirkstoff allein keine ausreichende Blutdrucksenkung zu erzielen ist und zwei Wirkstoffe notwendig sind. Die Empfehlung zur zusätzlichen Verordnung von Hydrochlorothiazid unter dieser Bedingung wird auf die Ergebnisse der MRFIT-Studie zurückgeführt, bei der vier verschiedene Blutdrucksenker unter genau dieser Fragestellung getestet wurden. Drei Wirkstoffe schnitten am Ende gleich gut ab, die Testung mit dem vierten – Hydrochlorothiazid – wurde aber vorzeitig abgebrochen, da eine erhöhte kardiovaskuläre Sterblichkeit zu verzeichnen war. Spätere Analysen der MRFIT-Studie bestätigen diese Beobachtung und führen sie u. a. auf vermehrte Herzrhythmusstörungen, aber auch die schlechtere Blutdrucksenkung und schwächere Rückbildung der linksventrikulären Hypertrophie zurück.[15][16] Dennoch wird in heutigen Leitlinien die Aussage der Autoren bezüglich der drei erfolgreichen Wirkstoffe auch auf den vierten, gescheiterten – also Hydrochlorothiazid – übertragen.
Der Effekt von HCT auf den Blutdruck ist im Vergleich zu anderen Diuretika als Monotherapie (z. B. Chlortalidon) auch in anderen Studien schwächer.[17][18] In Kombinationspräparaten (z. B. mit einem AT1-Antagonisten) schneidet HCT (im Vergleich zu anderen Kombinationspräparaten mit anderen Diuretika) vergleichbar[19] oder unterlegen[20] ab. Bezüglich der Prävention von Schlaganfällen scheint HCT aber Vorteile zu bringen.[21]
Monopräparate: Disalunil (D), Esidrex (CH), Esidrix (D), zahlreiche Generika (D)
als Zweifach-Kombination:
Für Hydrochlorothiazid ist bislang keine ökotoxikologische Wirkung nachgewiesen. Es ist in Kläranlagen schlecht abbaubar.[22] Hydrochlorothiazid ist eine der Leitchemikalien der Schweizer Kontrollliste für die Einschätzung der Klärleistung in der 4. Reinigungsstufe.[23]
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