Cyanidin

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Cyanidin

Cyanidin ist ein zur Gruppe der Anthocyanidine zählender kationischer Pflanzenfarbstoff. An unterschiedliche Kohlenhydrate (Zucker) glycosidisch gebunden ist Cyanidin Bestandteil zahlreicher Anthocyane, z. B. von Cyanidin-3-O-glucosid, die auch in pflanzlichen Lebensmitteln vorkommen.

Schnelle Fakten Strukturformel, Allgemeines ...
Strukturformel
Strukturformel Cyanidin
Allgemeines
Name Cyanidin
Andere Namen
  • 2-(3,4-Dihydroxyphenyl)-3,5,7-trihydroxychromeniumchlorid
  • 3,5,7,3',4'-Pentahydroxyflavyliumchlorid
  • Cyanidinchlorid
Summenformel C15H11O6+
Kurzbeschreibung

violetter Feststoff (Chlorid)[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
PubChem 128861
ChemSpider 114193
Wikidata Q417606
Eigenschaften
Molare Masse 287,24 g·mol−1

322,70 g·mol−1 (Chlorid)

Aggregatzustand

fest (Chlorid)

Schmelzpunkt

> 300 °C (Chlorid, Zersetzung)[2]

Löslichkeit
  • praktisch unlöslich in Wasser (Chlorid)[3]
  • löslich in Ethanol (Chlorid)[3]
  • löslich in Methanol und 0,1%iger Salzsäure[4]
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[1]

Chlorid

keine GHS-Piktogramme

H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze[1]
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0°C, 1000 hPa).
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Geschichte

Blaufarbene Blüten und Früchte waren für Naturforscher schon immer faszinierende Objekte. So untersuchten die französischen Chemiker E. Frémy und S. Cloëz die blauen Pflanzenfarbstoffe der Kornblume, des Veilchens und der Schwertlilie, und bezeichneten diese mit dem Namen Cyanin (gr. cyanos, κυανός, blau).[5] Richard Willstätter und Arthur E. Everest legten 1913 eine umfangreiche Abhandlung über Anthocyane vor, in der sie u. a. über den Farbstoff der Kornblume (Centaurea cyanus L.) berichteten. Sie fanden, dass Cyanin ein Glycosid ist, genauer ein Glucosid. Es wird durch Hydrolyse mit Mineralsäuren in Glucose und die eigentliche Farbstoffkomponente, das Aglykon, gespalten, welches von den Autoren als Cyanidin bezeichnet wurde.[6] Das Aglykon wurde daraufhin auch in den Blütenblättern der Winteraster (Chrysanthemum indicum L.), der Stiefmütterchen (Viola species), sowie der Löwenmäulchen (Antirrhinum majus) – Klassikern der Pflanzengenetik – nachgewiesen und isoliert, welches die Autoren folglich Chrysanthemin bzw. Antirrhinin nannten.[7][8][9]

Vorkommen

Abgesehen von der Kornblume und den obengenannten Pflanzen ist Cyanidin in Glycosidform als Anthocyan in vielen Pflanzen enthalten, darunter Rotkohl, roten Rosen, Hibiskus, Blaubeeren, Himbeeren, Pflaumen, Holunderbeeren, Brombeeren, Blutorangen und Rhabarber.[10]

Methylether des Cyanidins (Peonidin und Rosinidin) kommen ebenfalls in der Natur als Glycoside vor.

Gewinnung und Herstellung

Cyanidin wurde durch Extraktion und hydrolytische Abspaltung der Kohlenhydrat (Zucker)- Komponente gewonnen. Zur Isolierung wird das Chlorid – Cyanidinchlorid – hergestellt. Den Arbeitskreisen von Willstätter und Robinson gelangen Synthesen, die damals zum Strukturbeweis dienten (siehe auch Pelargonidin).

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Eine Synthese von Cyanidin

Das Chlorid des Cyanidins ließ sich aus verdünnter alkoholischer Salzsäure, d. h. einer Lösung von Chlorwasserstoff in 96-prozentigem Ethanol, in Kristallform als Monohydrat ausfällen.

Eigenschaften

Zusammenfassung
Kontext

Das Salz bildet braunrote Nadeln, die metallisch glänzen. Entfernt man das Kristallwasser durch Erhitzen, so schmilzt die wasserfreie Verbindung nicht unter 300 °C. Cyanidinchlorid ist praktisch unlöslich in Wasser[3] Es löst sich gut in Ethanol mit violetter Färbung, in wässriger Natriumcarbonat-Lösung mit blauer Farbe (siehe unten). In verdünnter Salzsäure oder Schwefelsäure ist die Löslichkeit gering. In saurer Lösung absorbiert das Cyanidin-Kation Licht im Bereich von ca. 450–580 nm mit einem Absorptionsmaximum bei 535 nm.[11] Dies entspricht der roten Farbe des Flavylium-Kations. Bei einem pH-Wert von 6–6,5 wird es zu einem rotvioletten Produkt mit chinoider Struktur deprotoniert.[2] Bis pH 8 wandelt sich diese Farbe durch weitere Deprotonierung in königsblau. Bei noch höherem pH zeigen Extrakte von schwarzem Holunder oder Rotkohl auch Grünfärbungen.

Cyanidin als Indikator

Da sich die Struktur von Cyanidin je nach pH-Wert der Umgebung ändert und jede Struktur eine andere Farbe besitzt, kann eine Cyanidin beinhaltende Lösung zur Bestimmung des pH-Wertes über nahezu die gesamte pH-Skala benutzt werden, eignet sich daher als Indikator.[12] Die 3-O-Glycoside und 3,5-O-Diglycoside des Cyanidins verhalten sich prinzipiell genauso.

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pH-Wert-bedingte Reaktionen der Anthocyanidine, die die Farbumschläge hervorrufen.
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ungefährer pH-Wert
1 3 5   7 8 9 10 – 11 – 13

In den Pflanzen (Kornblume, Stiefmütterchen) liegt Cyanidin nicht als solches vor, sondern als Komplex mit Aluminium- und Eisen-Ionen. Seine Struktur ist kompliziert.[13] Der Farbstoff besteht aus einem Chelat-Komplex, in dessen Zentrum sich ein Al3+- und ein Fe3+-Ion befinden, welche unter anderem von Cyanin- und Flavon-Molekülen umgeben sind. Der Komplex besteht aus 6 Anthocyan- (Cyanin und Succinylcyanin) und 6 Flavon-Molekülen sowie 2 Metall-Ionen (Fe(III) und Al(III))[14]

Literatur

  • Norbert Welsch und Claus Chr. Liebmann: Farben, Natur Technik. In: Kunst. 2. Auflage 2006, Spektrum Akademischer Verlag, ISBN 3-8274-1563-2.

Einzelnachweise

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