Christoph Hein wuchs in der Kleinstadt Bad Düben[1] nördlich von Leipzig auf. 1958 wurde er konfirmiert. Da er als Sohn eines Pfarrers kein Arbeiterkind war und er keinen Platz an einer Erweiterten Oberschule bekam, ging er 1958 bis zum Mauerbau 1961 auf ein Westberliner humanistisches Gymnasium. Nach dem Mauerbau arbeitete er als Montagearbeiter, Buchhändler, Kellner, Journalist, Schauspieler und Regieassistent. 1964 legte er sein Abitur an der Abendschule ab. In Berlin und Leipzig studierte er zwischen 1967 und 1971 Philosophie und Logik. Danach wurde er Dramaturg und Autor an der Volksbühne in Ost-Berlin. Seit 1979 arbeitet er als freier Schriftsteller.
Bekannt geworden ist Christoph Hein durch seine Novelle Der fremde Freund, die 1982 in der DDR veröffentlicht wurde und in Westdeutschland 1983 aufgrund des Titelschutzes als Drachenblut erschien. Sein Stück Die Wahre Geschichte des Ah Q wurde 1983 publiziert. Als Übersetzer bearbeitete er Werke von Jean Racine und Molière. Von 1998 bis 2000 war Christoph Hein erster Präsident des gesamtdeutschen PEN-Clubs, dessen Ehrenpräsident er seit Mai 2014 ist. Er war bis Juli 2006 Mitherausgeber der WochenzeitungFreitag.
Christoph Hein hat mit seiner 2002 verstorbenen Ehefrau, der Filmregisseurin Christiane Hein,[2] zwei Söhne, der jüngere ist der Schriftsteller und Arzt Jakob Hein. Seit 2011 ist Christoph Hein mit der Opernsängerin Maria Husmann[3] verheiratet und lebt in Havelberg.[4]
Am 8. Oktober 2004 bestätigte der Berliner Kultursenator Thomas Flierl, dass mit Christoph Hein Vertragsverhandlungen über die Intendanz des Deutschen Theaters geführt werden. Hein sollte das Theater ab der Spielzeit 2006/2007 übernehmen und somit Nachfolger von Bernd Wilms werden, dessen Vertrag nicht verlängert wurde. Am 29. Dezember 2004 gab Hein nach zahlreichen Kritiken aus der Theaterwelt und der Presse auf einer Pressekonferenz bekannt, dass er das Amt des Intendanten 2006 nicht antreten werde.[5]
Christoph Hein unterstützt die Sammlungsbewegung Aufstehen.[6]
Hein zufolge basiert Florian Henckel von Donnersmarcks preisgekrönter Film Das Leben der Anderen teilweise auf seiner Lebensgeschichte; dieser habe ihn 2002 zu diesem Zweck interviewt. Nach der Premierenvorführung habe er Donnersmarck jedoch gebeten, seinen Namen aus dem Vorspann zu löschen, denn sein Leben sei „völlig anders verlaufen“;[7] der Film „beschreibe nicht die Achtzigerjahre in der DDR“, sondern sei „bunt durcheinandergemischter Unsinn“ und „ein Gruselmärchen [...] vergleichbar mit TolkiensMittelerde“.[8]
Der Germanist Hannes Krauss urteilte in Kindlers Literatur Lexikon: „Obwohl Christoph Hein behauptet, ein Dramatiker zu sein, der als ‚Fingerübung‘ gelegentlich Prosa verfasse, ist es gerade diese Prosa, die ihn international bekannt gemacht hat.“[9] Seit der Veröffentlichung seiner Novelle Der fremde Freund zähle er zu den wichtigsten zeitgenössischen Autoren Deutschlands. Zuvor veröffentlichte Hein hauptsächlich Erzählungen, die in verschiedenen Jahrhunderten spielen. Viele dieser Werke beschäftigten sich mit der Geschichte aus Sicht von Randfiguren. In einer Vielzahl seiner Prosa gehe es um die Liebe, jedoch seien seine Liebespaare nur selten glücklich, da sie durch ihr Alltagsleben, ihre Herkunft oder Erziehung nur schwer Zugang zu sich selbst oder anderen fänden.[9]
In seinen dramatischen Werken beschäftige sich Hein hauptsächlich mit den treibenden Kräften der Geschichte und gescheiterten Revolutionen. Jedoch seien „Heins historische Stücke [...] keine Historienstücke“, weil spezifische Ereignisse oder die Schicksale ‚großer Männer‘ der Weltgeschichte für ihn nebensächlich seien. In all seinen Stücken verweise er durch das Aufwerfen grundsätzlicher Fragen auch immer auf die Gegenwart.[9]
2002: Zur Geschichte des menschlichen Herzens oder Herr Schubart erzählt Herrn Lenz einen Roman, der sich mitten unter uns zugetragen hat. Komödie.
Prosa
Die Witwe eines Maurers. 1980.
Frank, eine Kindheit mit Vätern. Kurzgeschichte. 1980.
Einladung zum Lever Bourgeois. Erzählungen. Aufbau, Berlin 1980, ISBN 3-518-45578-8 bzw. (Später – abzüglich einer Erzählung – unter dem Titel Nachtfahrt und früher Morgen veröffentlicht.)
Das Wildpferd unterm Kachelofen. Kinderbuch. Mit Illustrationen von Manfred Bofinger. Altberliner Verlag, Berlin 1984, ISBN 3-86730-001-1. („Ein schönes dickes Buch von Jakob Borg und seinen Freunden.“)
Willenbrock. Roman. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2000, ISBN 3-518-39796-6. (2005 unter dem Titel Willenbrock verfilmt.)
Mama ist gegangen. Roman für Kinder, mit Vignetten von Rotraut Susanne Berner. Beltz und Gelberg, Weinheim 2003, ISBN 3-407-78678-6, (thematisiert den Tod seiner Frau Christiane).
Gegenlauschangriff – Anekdoten aus dem letzten deutsch-deutschen Kriege. Autobiografische Geschichten. Suhrkamp, Berlin 2019, ISBN 978-3-518-46993-4.[10]
Alles, was du brauchst. Die 20 wichtigsten Dinge im Leben. Illustrationen von Rotraut Susanne Berner. Carl Hanser Verlag, München 2019, ISBN 978-3-446-26273-7, (Kinderbuch- und Jugendbuch).
Ein Wort allein für Amalia. Illustrationen von Rotraut Susanne Berner. Insel-Verlag, Berlin 2020, ISBN 978-3-458-19479-8.
Das erste Buch Homers (Korrekturen). 2013, Lesung: Christoph Hein; musikalische Begleitung: Hans-Eckardt Wenzel. 2 CDs, 127 Min., Matrosenblau, ISBN 978-3-941155-36-7.
Verwirrnis. Ungekürzte Lesung mit Sylvester Groth, Regie: Matthias Thalheim. 413 Min, 6 CDs, MDR Kultur 2018 / Der Audio Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-7424-0731-3.
Alles, was du brauchst. Die 20 wichtigsten Dinge im Leben. Ungekürzte Lesung mit Thomas Quasthoff. 83 Min., USM Audio, München 2020, ISBN 978-3-8032-9212-4.
Rüdiger Bernhardt: Der vergessene Mythos – die zerstörerische Zivilisation. Zum Werk Christoph Heins. Edition Schwarzdruck, Gransee 2021, ISBN 978-3-96611-014-3.
Boris Hoge: „Alles wird Asien“ – Kulturalismus und kulturelle Indifferenz in Christoph Heins „Willenbrock“. In: ders.: Schreiben über Russland. Die Konstruktion von Raum, Geschichte und kultureller Identität in deutschen Erzähltexten seit 1989. Winter, Heidelberg 2012, S.346–367.
Graham Jackman (Hrsg.): Christoph Hein in Perspective. (= German monitor, No.51.) Editions Rodopi, Amsterdam/ Atlanta 2000, ISBN 90-420-1492-X.
Antje Janssen-Zimmermann: Gegenentwürfe. Untersuchungen zu Dramen Christoph Heins. (= Literarhistorische Forschungen, Band 13.) Peter Lang, Frankfurt am Main 1988, ISBN 3-631-40377-1.
Ines Zekert: Untersuchungen zu poetologischen und geschichtsphilosophischen Positionen Christoph Heins unter besonderer Berücksichtigung seiner Walter-Benjamin-Rezeption. Dissertation, Universität Leipzig, 1991, DNB920062695.
Deutschland von Christoph Hein, Wladimir Kaminer, Emine Sevgi Özdamar und Bernhard Schlink. Dokumentarfilm, Deutschland und Frankreich, 2014, 55 Min., Regie: Olivier Morel, Produktion: Seconde Vague Productions, Les Films d’Ici 2, Les Poissons Volants, arte France, Reihe: Europa und seine Schriftsteller (OT: L’Europe des écrivains), Erstsendung: 15.Oktober 2014, Inhaltsangabe von ARD, DVD, Filmanfang, 1:25Min.
Der Schriftsteller Christoph Hein – Von allem Anfang an. Dokumentarfilm, Deutschland, 2014, 29:40 Min., Buch und Regie: Leonore Brandt, Produktion: MDR, Reihe: Lebensläufe, Erstsendung: 3. April 2014 bei MDR, Inhaltsangabe vom MDR, (Memento vom 3. September 2014 im Webarchiv archive.today).
Christoph Hein – Eine Kindheit in Deutschland. Dokumentarfilm, Deutschland, 2000, 43:13 Min., Buch und Regie: Raimund Koplin, Produktion: Bayerischer Rundfunk, Reihe: Kindheitsgeschichten, Inhaltsangabe von ARD.
Zur Person: Günter Gaus im Gespräch mit Christoph Hein. Gespräch, DDR, 1990, 45 Min., Regie: Harald Becker, Produktion: DFF, Reihe: Zur Person, Erstsendung: 13. März 1990 bei DFF, Filmdaten von Deutsche Kinemathek, abgedruckt in: Günter Gaus: Zur Person – Sechs Porträts in Frage und Antwort. Volk und Welt, Berlin 1990, ISBN 3-353-00766-0, S.95–114.
Christoph Hein: Mein Leben, leicht überarbeitet. In: ders.: Gegen-Lauschangriff, Anekdoten aus dem letzten deutsch-deutschen Kriege. Berlin 2019, S.102–106, 104.
Heins Name als Übersetzer wird auf dem Buchdeckel erwähnt, siehe dazu auch sein Interview in der Berliner Zeitung vom 9.März 2019. Buchdeckel: Am Ende ein Blick aufs Meer. In: Suhrkamp Verlag, aufgerufen am 11.Juni 2021.