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Die Bahnstrecke Hamm–Minden ist eine der wichtigsten und am meisten befahrenen Eisenbahnstrecken in Deutschland. Sie ist die Hauptachse des Schienenpersonenfern-, Nah- und Güterverkehrs zwischen dem Ruhrgebiet und dem Osten Deutschlands.
Hamm–Minden | |
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Stammstrecke Köln–Minden in Dunkelrot | |
Streckennummer (DB): | 1700 (Personenverkehr) 2990 (Güterverkehr) |
Kursbuchstrecke (DB): | 400 (Hamm–Bielefeld) 370 (Bielefeld–Minden) |
Kursbuchstrecke: | 193 (1934) 214 (1946) 222a, 222h (Bielefeld Hbf – Brackwede 1946) |
Streckenlänge: | 112 km |
Spurweite: | 1435 mm (Normalspur) |
Streckenklasse: | D4 |
Stromsystem: | 15 kV, 16,7 Hz ~ |
Höchstgeschwindigkeit: | 200 bzw. 160 km/h |
Zugbeeinflussung: | PZB, LZB |
Zweigleisigkeit: | durchgehend |
Sie ist ein Teil der von der Köln-Mindener Eisenbahn-Gesellschaft (CME) gebauten Stammstrecke von Köln-Deutz nach Minden, nach der die Gesellschaft benannt wurde. Sie wurde 1847 eröffnet und seither mehrfach modernisiert und ausgebaut. Die beiden heutigen Strecken mit den VzG-Streckennummern 1700 (Personenverkehr) und 2990 (Güterverkehr) bilden den längsten viergleisigen Streckenabschnitt Deutschlands.
Eröffnet wurde die Strecke am 15. Oktober 1847 von der Köln-Mindener Eisenbahn-Gesellschaft als letzter Teil ihrer Stammstrecke und Fortsetzung der bereits in den Vorjahren gebauten Verbindung (Köln-) Deutz – Düsseldorf – Duisburg – Dortmund – Hamm.
Die Strecke war von Anfang an zweigleisig angelegt, wenn auch manche Abschnitte in Betrieb genommen wurden, bevor das zweite Gleis fertig war. Wegen ihrer Bedeutung für den Ost-West-Verkehr in Preußen und im internationalen Verkehr wurde 1909–1916 der viergleisige Ausbau durchgeführt.[4] Dazu wurden zahlreiche Bahnübergänge durch Unterführungen ersetzt und Bahnhofsgebäude neu gebaut, um Platz für die Strecke zu bekommen. Ein interessantes Beispiel für die sprichwörtliche „preußische Sparsamkeit“ war dabei das Überwerfungsbauwerk bei Ahlen: Die dort angeordnete Blockstelle Richterbach bediente bis zu ihrer Aufgabe einen Bahnübergang, der auf dem Bauwerk die oben liegende Personenzugstrecke höhengleich kreuzte. Heute befindet sich dort eine Straßenbrücke über dem Bahnbauwerk.
Betriebstechnisch sind es aber zwei Strecken mit jeweils zwei Gleisen, von denen die eine mit der VzG-Nummer 1700 für den Personenverkehr vorgesehen ist mit Geschwindigkeiten bis 200 km/h, während die Strecke mit der VzG-Nummer 2990 vornehmlich dem Güterverkehr dient und mit maximal 160 km/h[5] befahren werden darf. Von Ahlen bis kurz hinter Gütersloh bilden die beiden südlichen Gleise die Strecke 2990, die beiden nördlichen die Strecke 1700, bis Heessen und ab Avenwedde ist die Schnellfahrstrecke südlich neben der Güterstrecke geführt.
Elektrifiziert wurde das Streckenpaar Mitte der 1960er Jahre. Der erste durch die Elektrolokomotive E 10 438 gezogene Testzug fuhr am 25. September 1968; der offizielle Eröffnungssonderzug wurde am 29. September 1968 von der Elektrolokomotive 112 498-1 gezogen. Seit diesem Tag ist der Abschnitt zwischen Hamm und Wunstorf mit Oberleitung versehen und die wichtige Verbindung zwischen dem Ruhrgebiet und Hannover durchgehend elektrisch befahrbar.
Der erste Bundesverkehrswegeplan (1973) führte die Ausbaustrecke Dortmund – Hannover – Braunschweig als eines von acht geplanten Ausbauvorhaben im Bereich der Schienenwege.[6]
Bereits im gleichen Jahr stand ein 28 km langer Versuchsabschnitt zwischen Gütersloh und Neubeckum zur Verfügung, auf dem versuchsweise Schnellfahrten mit bis zu 250 km/h erfolgten. Als Versuchslokomotive kam zunächst 103 118 zum Einsatz, die mit einer speziellen Getriebeübersetzung für eine Höchstgeschwindigkeit 265 km/h zugelassen wurde.[7] Darüber hinaus wurde für die Schnellfahrversuche ein Fahrleitungs- und zwei Einheitsmesswagen neu entwickelt und gebaut. Die kleinsten Kurvenradien lagen bei 3.300 Metern, die Überhöhung bei bis zu 120 Millimetern. Getestet wurden verschiedene Bauformen von Oberbau (darunter auch Feste Fahrbahn), Fahrleitung und Weichen.[8]
Im September 1973 erreichte ein Versuchszug zwischen Gütersloh und Neubeckum eine Geschwindigkeit von 252,9 km/h.[9] Bis Ende 1978 wurden rund 500 Messfahrten durchgeführt.[10]
Dem Versuchsabschnitt kam eine besondere Bedeutung zu, nachdem Ende der 1970er Jahre die geplante Nationale Versuchsanlage für Verkehrstechniken gescheitert war.
Als eine der ersten Schnellfahrstrecken in Deutschland wurde 1980 ein 58,0 Kilometer langer Abschnitt zwischen Hamm und Brackwede für fahrplanmäßige Fahrten von 200 km/h freigegeben.[11]
Mitte 1985 stellte ein Versuchszug des Bundesbahn-Zentralamts Minden, der von einer mit einer speziellen Getriebeübersetzung versehenen 103 003 gezogen wurde, auf der Strecke zwischen Brackwede und Neubeckum mit einer Geschwindigkeit von 283 km/h einen Geschwindigkeitsrekord auf deutschen Schienen auf.[12]
Am 26. November 1985, um 11:29 Uhr, erreichte der mit Fahrgästen voll besetzte InterCityExperimental im Streckenabschnitt Gütersloh–Hamm eine Geschwindigkeit von 317 km/h. Der ICE stellte damit einen neuen deutschen Rekord für Rad/Schiene-Fahrzeuge sowie einen Weltrekord für Drehstrom-Schienenfahrzeuge auf.[13][14] Die Rekordfahrt erfolgte, ebenso wie die vorausgegangenen Hochgeschwindigkeitsfahrten, unter erheblichen Sicherheitsvorkehrungen: Für jede Fahrt wurden alle Signale im Versuchsabschnitt auf Fahrt (grün) gestellt und das benachbarte Gleis gesperrt. Nach jeder Fahrt wurden die Schienen durch einen Prüfzug per Ultraschall kontrolliert, ein Triebwagen zur Reparatur der Oberleitung stand in Bereitschaft. Bei der Rekordfahrt fuhr eine Angstlok dem Zug voraus, eine weitere folgte dem ICE-Vorläuferzug. Alle Brücken und Bahnhöfe der Strecke wurden darüber hinaus bewacht.[15]
Hamm Hauptbahnhof wird nordwärts, Lippe und Datteln-Hamm-Kanal überbrückend, verlassen und dann bei Heessen geradlinig Richtung Nordosten abgedreht. Bei Ahlen passiert man die Werseniederung, nahezu schnurgerade geht es dann weiter bis Rheda-Wiedenbrück, wo die Ems überbrückt wird.
Über den Bielefelder Pass bei Brackwede wird der Teutoburger Wald durchschnitten. Die Strecke quert das Stadtgebiet von Bielefeld und geht dann ins Ravensberger Hügelland über. Um zu große Steigungen zu vermeiden, wurde die Linienführung bei Brake bereits geländeadaptiert an Hügel gelegt, was den Schildesche Viadukt zur Querung eines Seitentals erforderlich machte. Ab Brake verläuft die Strecke an der Westseite des Aatals, ab Herford des Werretals. Bei Falscheide quert die Strecke die Werre und biegt mit ihr – nunmehr am südlichen Talboden geführt – ostwärts Richtung Bad Oeynhausen ab. Dort wird die Weser überquert, der die Strecke am rechten Ufer durch die Porta Westfalica bis nach Minden folgt.
Ein bemerkenswertes Brückenbauwerk im Verlauf der Stammstrecke ist der Viadukt im Bielefelder Stadtbezirk Schildesche. Das ursprüngliche Bauwerk wurde 1847 zweigleisig mit 28 Bögen fertiggestellt und 1917 durch eine zweite weitgehend baugleiche Brücke ergänzt. Im Zweiten Weltkrieg war der Viadukt seit Sommer 1941 und verstärkt ab Herbst 1944 Ziel von Luftangriffen.[17] Am 14. März 1945 wurde der Viadukt durch eine Grand-Slam-Bombe zerstört. Die Brücke für den Güterverkehr erhielt von 1947 bis 1983 eine provisorische Stahlstrebenkonstruktion. Bereits ab Ende 1944 wurde der Personenverkehr über eine Umfahrungsstrecke, die so genannte „Gummibahn“, umgeleitet. Diese Umleitung blieb bestehen, bis die Brücke für die Personengleise 1964 wieder eröffnet werden konnte.
Die Weserbrücke bei Rehme wurde am 23. März 1945 durch einen Luftangriff zerstört[18]. Die nach dem Krieg aufgebaute Brücke war nur zweigleisig ausgelegt, sodass der Verkehr zwischen dem Bahnhof Bad Oeynhausen und Vennebeck eine zweigleisige Engstelle aufwies. Dieser Zustand endete erst mit dem Neubau der Weserbrücke (52° 12′ 43,3″ N, 8° 51′ 4,3″ O ) im Dezember 1984.
Im Personenfernverkehr erfolgt die Bedienung im Stundentakt durch die Intercity-Express-Linie 10 Berlin – Hannover – Hamm, nach Flügelung weiter Dortmund – Duisburg – Köln/Bonn Flughafen bzw. Wuppertal – Köln – Bonn (teilweise bis Koblenz), sowie mehrerer IC-Züge verschiedener Linien, wie z. B. im Zweistundentakt auf der Relation Köln – Wuppertal – Hamm – Hannover – Magdeburg – Leipzig.
Im Personennahverkehr besteht durch den Regional-Express RE 6 „Rhein-Weser-Express“ (Köln-Minden) auf der gesamten Strecke ein Stundentakt, der durch weitere Linien von und nach Bielefeld zu einem Halbstundentakt verdichtet wird: Der Abschnitt Hamm – Bielefeld wird von der Regionalbahn RB 69 „Ems-Börde-Bahn“ (aus Münster) genutzt, der Abschnitt Bielefeld – Minden abwechselnd vom RE 70 „Weser-Leine-Express“ (nach Braunschweig) und vom RE 78 „Porta-Express“ (nach Nienburg). Das Angebot wird zwischen Rheda-Wiedenbrück und Herford durch abzweigende Regionalbahnlinien ergänzt.
Die Zugansagen auf den Bahnhöfen Isselhorst-Avenwedde, Gütersloh Hbf, Rheda-Wiedenbrück, Oelde, Neubeckum, Ahlen und Heessen werden zentral von zwei Mitarbeitern im Schichtdienst durchgeführt, die ihren Arbeitsplatz im Bielefelder Hauptbahnhof haben. Diese zwei Mitarbeiter sind ebenfalls dafür verantwortlich, dass auf den oben genannten Bahnhöfen Warnansagen bei schnellfahrenden ICE- und IC-Zügen gemacht werden.
NRWbahnarchiv von André Joost:
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