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Phonetik und Phonologie der deutschen Standardsprache Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Aussprache der deutschen Sprache bezeichnet die Phonetik und Phonologie der deutschen Standardsprache. Diese ist nicht überall dieselbe, denn Deutsch ist eine plurizentrische Sprache mit verschiedenen Varietäten, die in ihrer Aussprache jedoch weitgehend übereinstimmen.
Im weiteren Sinn kann unter der Aussprache der deutschen Sprache auch die der deutschen Dialekte verstanden werden. Weitere Informationen dazu finden sich in dem Artikel über die deutschen Mundarten.
Anfänglich war die deutsche Standardsprache eine reine Schriftnorm. Wenn sie gesprochen wurde, dann entsprechend dem Lautstand der regionalen Mundarten.
Vom 16. bis zum 18. Jahrhundert galt die sächsische Aussprache des Standarddeutschen – das Meißnische – als vorbildlich, und zwar insbesondere in Mittel- und Norddeutschland, während sie sich im Süden des deutschen Sprachraums nur allmählich durchsetzte. Hinweise auf die ehemalige Vorbildlichkeit einer sächsisch gefärbten Aussprache finden sich etwa darin, dass noch zur Zeit der Weimarer Klassik ein Wortpaar wie müde – Friede als anstandsloser reiner Reim akzeptiert war.[1]
Im 19. Jahrhundert wurde die norddeutsche Aussprache zur einflussreichsten. Verschiedene Faktoren spielten dabei eine Rolle. Einerseits war Preußen insbesondere seit der Gründung des deutschen Kaiserreichs zur dominierenden Macht geworden, andererseits waren in vielen Gegenden Norddeutschlands die Mundarten zugunsten der Standardsprache aufgegeben worden, so dass die Sprecher eine natürliche Gewandtheit im mündlichen Gebrauch der Standardsprache erreichten.
Kodifiziert wurde diese Aussprache der deutschen Sprache erstmals 1898 in der Deutschen Bühnenaussprache von Theodor Siebs. Moderne Aussprachewörterbücher stimmen im Großen und Ganzen mit der Siebs’schen Aussprache überein, wenn sie auch in verschiedenen Details von ihr abweichen (beispielsweise wird heute [r] nicht mehr als die einzige zulässige Aussprache des Phonems /r/ angesehen). Als maßgeblich für die heute weitgehend anerkannte Fassung dieser Norm „der deutschen Standardaussprache“ (so das Wörterbuch) kann das Duden-Aussprachewörterbuch (Max Mangold) gelten, in dem sie besonders ausführlich beschrieben wird. (Allerdings ist zu beachten, dass einige der dort formulierten Grundannahmen in der Phonetik und der Phonologie auch anders gesehen werden und nicht immer den neuesten Forschungsstand in diesen Disziplinen widerspiegeln.) Üblicherweise wird diese Aussprachenorm auch im Deutschunterricht für Ausländer gelehrt und mehr oder weniger exakt in ein- und mehrsprachigen Wörterbüchern des Deutschen verwendet.
Die als Norm formulierte Standardaussprache gilt als einheitliches Ideal. Es gibt verschiedene Aussprachevarianten des Deutschen, die in den jeweiligen Regionen eine Vorbildwirkung ausüben.[2]
Es ist daher unrealistisch zu sagen, dass allein eine dieser verschiedenen Aussprachen des Standarddeutschen die „richtige“ sei (und dem einen Ideal entspreche) und alles andere dialektgefärbte Abweichungen. Diese auch heute noch verbreitete Auffassung galt früher unhinterfragt, als eine präskriptive Haltung auch in Grammatikdarstellung und Didaktik üblich war (als es also üblich war vorzuschreiben, wie die Leute sprechen sollten).
Beobachten lassen sich diese Normvariationen beispielsweise daran, dass in Radio und Fernsehen nicht nur eine einzige Aussprache der deutschen Sprache gebraucht wird. Nachrichtensprecher aus Deutschland, Österreich und der Schweiz unterscheiden sich in ihrer Aussprache des Standarddeutschen. Das Übergewicht der Normvariante aus der Bundesrepublik ist allein als ein quantitatives zu beschreiben (wegen der höheren Bevölkerungszahl in Deutschland gibt es mehr Sender und diese haben eine größere Reichweite). Aber auch innerhalb Deutschlands lassen sich Unterschiede feststellen, wenn man z. B. die Aussprache bayerischer und norddeutscher Radio- und Fernsehsprecher vergleicht.
Das Vokalsystem des Deutschen ist mit rund 15 (Monophthong-)Vokal-Phonemen relativ groß, die spanische Sprache zum Beispiel kennt nur fünf. Diese Vokalphoneme werden durch die acht Vokalbuchstaben a, e, i, o, u, ä, ö und ü dargestellt, in Fremdwörtern und Eigennamen in bestimmten Positionen auch durch y und seltener durch é. Vor allem i, u, y werden aber zum Teil auch zur Wiedergabe von Konsonanten verwendet.
Die Vokalphoneme der betonten Silben werden oft in Paare eingeteilt: //a/, / / und /ɛ/, / / und /ɪ/, / / und /ɔ/, / / und /ʊ/, / / und /ɛ/, / / und /œ/ sowie / / und /ʏ/. Zur phonologischen Begründung dieser Paarbildungen gibt es verschiedene Ansätze:
/ undGeschlossene (lange) Vokale werden in unbetonter Position meistens kurz ausgesprochen, z. B. / /, / /.
Ritt /Internationalen Phonetischen Alphabets zeigt. Die Mehrzahl der langen Vokalphoneme werden also geschlossener ausgesprochen und sind andere Phoneme als ihre kurzen verschrifteten Entsprechungen.
/ und riet / / unterscheiden sich beispielsweise auch in der Qualität voneinander, wie die Notation desÄhnliche Vokalpaare betonter Silben wie im Deutschen gibt es in allen germanischen Sprachen.
/[3][4] Beispiele für Minimalpaare: Seele – Säle, Belege – Beläge, Hefen – Häfen, sehen – säen, Ehre – Ähre, Gewehr – Gewähr. In den beiden letzten Beispielpaaren allerdings stehen [ ] und [ ] vor /r/. Hier gibt es eine starke Tendenz, den Unterschied zwischen [ ] und [ ] zu neutralisieren.[5]
/ wie in Käse wird in mehreren Varietäten der deutschen Standardsprache, besonders im Norden Deutschlands und Osten Österreichs, üblicherweise wie / / ausgesprochen. In der Hochlautung wird / / als [ ] und / / als [ ] realisiert.In Lehnwörtern aus dem Französischen können zusätzlich die (immer langen) Nasalvokale / /, / /, / / und / / auftreten. Allerdings ist ihr Phonemstatus fraglich und sie werden oft in Oralvokal + [ ] (im Norden) oder Oralvokal + [ ] oder auch [ ] aufgelöst, z. B. finden sich statt Ballon /baˈlõː/ die Aussprachen [baˈlɔŋ] oder [baˈloːn], statt Parfüm /parˈfœ̃ː/ die Aussprachen [parˈfœŋ] oder [parˈfyːm] und statt Orange /oˈrãːʒə/ die Aussprachen [oˈraŋʒə] oder [oˈranʒə].
Laut | Beispiel | Beschreibung |
---|---|---|
Haus | Der schließende Diphthong setzt mit einem [a] wie in Schwamm ein und gleitet in Richtung auf das deutsche [ʊ], wobei sich die Lippen runden. | |
Heim | Der schließende Diphthong setzt mit einem [a] wie in Schwamm ein und gleitet in Richtung auf das deutsche [ɪ], wobei sich die Lippen spreizen. | |
Eule | Der schließende Diphthong setzt mit einem [ɔ] wie in Gott ein und gleitet in Richtung auf das deutsche [ɪ], wobei sich die Lippen spreizen. |
Gelegentlich werden in Beschreibungen auch noch eine Gruppe von peripheren Diphthongen, die in Interjektionen oder entlehnten Wörtern vorkommen, angeführt: [ʊɪ̯], wie in hui! oder pfui!, [ɛɪ̯], wie in Mail oder Fake, und [ɔʊ̯], wie in Soul oder Code.
Das deutsche Konsonantensystem weist mit rund 25 Phonemen im Vergleich mit anderen Sprachen eine durchschnittliche Größe auf. Eine Besonderheit ist die ungewöhnliche Affrikate /p͡f/.[6]
Verschiedene deutsche Konsonanten treten in Paaren von gleichem Artikulationsort und gleicher Artikulationsart auf, nämlich die Paare / /. Diese Paare werden oft als Fortis-Lenis-Paare bezeichnet, da sie als Stimmlos-stimmhaft-Paare nur unzulänglich beschrieben sind. Mit gewissen Einschränkungen zählen auch / / zu diesen Paaren.
Die Fortis-Plosive /p, t, k/ werden in den meisten Varietäten aspiriert, wobei die Aspiration im Anlaut betonter Silben am stärksten ist (beispielsweise in Taler [ ]), schwächer im Anlaut unbetonter Silben (beispielsweise in Vater [ ]) und am schwächsten im Silbenauslaut (beispielsweise in Saat [ ]). Keine Aspiration hat es in den Kombinationen (beispielsweise in Stein , Spur ).
Die Lenis-Konsonanten /
/ sind in den meisten süddeutschen Varietäten stimmlos. Um dies zu verdeutlichen, werden sie oft als [ ] notiert. Es ist umstritten, worin der phonetische Unterschied zwischen den stimmlosen Lenis-Konsonanten und den ebenfalls stimmlosen Fortis-Konsonanten liegt. Üblicherweise wird er als Unterschied in der Artikulationsspannung beschrieben, gelegentlich jedoch als Unterschied in der Artikulationsdauer, wobei meist angenommen wird, dass eine dieser Eigenschaften die andere zur Folge hat.Im nördlichen Deutschen ist die Opposition zwischen Fortis und Lenis im Silbenauslaut aufgehoben (siehe Auslautverhärtung).[7]
In verschiedenen mittel- und süddeutschen Varietäten ist die Opposition zwischen Fortis und Lenis im Silbenanlaut aufgehoben, teils nur im Anlaut betonter Silben, teils in allen Fällen (binnendeutsche Konsonantenschwächung). Das Paar /f–v/ zählt nicht zu diesen Fortis-Lenis-Paaren, da /v/ auch in den süddeutschen Varietäten stimmhaft bleibt. Üblicherweise wird die süddeutsche Aussprache mit dem stimmhaften Approximanten [ʋ] angegeben. Hingegen gibt es süddeutsche Varietäten, die zwischen einem Fortis-f ([f], beispielsweise in sträflich [ ] zu mhd. stræflich) und einem Lenis-f ([ ], beispielsweise in höflich [ ] zu mhd. hovelîch) unterscheiden, analog zur Opposition von Fortis-s ([s]) und Lenis-s ([ ]).
Laut | Beispiel | Beschreibung |
---|---|---|
ʔ | beachten / | /Glottisschlag (Knacklaut) – Oft wird dieser Laut nicht als Phonem der deutschen Sprache beschrieben, sondern als morphologisches Grenzmarkierungsphänomen. |
b | Biene / | /, aber / /stimmhafter bilabialer Plosiv – Da dieser Laut in den südlichen Varietäten stimmlos ist ([ ]), wird er oft als Lenis bezeichnet und nicht als stimmhaft. |
ç | Ich / | /, Furcht / /, Frauchen / /, nicht-südliche Varietäten: China / /, dreißig / /stimmloser palataler Frikativ (Ich-Laut) – Dieser Laut bildet zusammen mit [x] ein komplementäres Allophon-Paar. Er tritt nach vorderen Vokalen sowie nach Konsonanten auf. Im Diminutiv-Suffix [ ] tritt ausschließlich dieser Laut auf. Mit Ausnahme dieses Suffixes tritt [ç] in südlichen Varietäten im Silbenanlaut nicht auf, während es in anderen Varietäten oft im Silbenanlaut anzutreffen ist. In nicht-südlichen Varietäten ist [ç] ein übliches Allophon von /ɡ/ im Silbenauslaut (nach vorderen Vokalen oder nach Konsonanten); die gemäßigte Standardlautung verlangt diese Spirantisierung nur in der Endung / /, allerdings nur für Norddeutschland, während sonst die Aussprache / / gilt.[8] |
d | dann / | /, Laden / /stimmhafter alveolarer Plosiv – Da dieser Laut in den südlichen Varietäten stimmlos ist ([ ]), wird er oft als Lenis bezeichnet und nicht als stimmhaft. |
d͡ʒ | Dschungel / | /stimmhafte postalveolare Affrikate – Dieser Laut tritt nur in Fremdwörtern auf. In den südlichen Varietäten, die keine stimmhaften Plosive aufweisen, fällt er mit [t͡ʃ] zusammen. |
f | Vogel / | /, Hafen / /stimmloser labiodentaler Frikativ |
ɡ | Ganɡ / | /, Lager / /stimmhafter velarer Plosiv – Da dieser Laut in den südlichen Varietäten stimmlos ist ([ ]), wird er oft als Lenis bezeichnet und nicht als stimmhaft. |
h | Haus / | /, Uhu / /stimmloser glottaler Frikativ |
j | jung / | /, Boje / /stimmhafter palataler Approximant |
k | Katze / | /, Strecke / /stimmloser velarer Plosiv |
l | Lamm / | /, alle / /stimmhafter lateraler alveolarer Approximant |
m | Maus / | /, Dame / /stimmhafter bilabialer Nasal |
n | Nord / | /, Kanne / /stimmhafter alveolarer Nasal |
ŋ | Lang / | /, singen / /stimmhafter velarer Nasal |
p | Pate / | /, Mappe / /stimmloser bilabialer Plosiv |
p͡f | Pfaffe / | /, Apfel / /stimmlose labiodentale Affrikate |
rot [ | ], starre [ ], mit Vokalisierung: sehr [ ], besser [ ]stimmhafter alveolarer Vibrant ([r]), stimmhafter uvularer Vibrant ([ʀ]), stimmhafter uvularer Frikativ ([ʁ]) – Diese drei Laute sind freie Allophone. Ihre Verteilung ist lokal, wobei [r] fast ausschließlich in einigen südlichen Varietäten anzutreffen ist. Im Silbenauslaut wird das /r/ oft vokalisiert zu [ ], besonders nach langen Vokalen und in der unbetonten Endung / /, die bei Vokalisierung als [ɐ] realisiert wird. | |
s | Straße / | /, Last / /, Fässer / /stimmloser alveolarer Frikativ |
ʃ | Schule / | /, Stier / /, Spur / /stimmloser postalveolarer Frikativ |
t | Tag / | /, Vetter / /stimmloser alveolarer Plosiv |
t͡s | Zaun / | /, Katze / /stimmlose alveolare Affrikate |
t͡ʃ | Deutsch / | /, Kutsche / /stimmlose postalveolare Affrikate |
v | Winter / | /, Löwe / /stimmhafter labiodentaler Frikativ – Bisweilen wird dieser Laut als stimmhafter labiodentaler Approximant ([ʋ]) beschrieben. |
x | Buch [buːx], hoch [hoːx] | stimmloser velarer Frikativ – Dieser Laut (auch Uch-Laut) bildet zusammen mit den Allophonen [ç] und [χ] ein Phonem. Er tritt nach /o:/ und /u:/ auf. |
χ | Bach [baχ], doch [dɔχ] | stimmloser uvularer Frikativ – Dieser Laut (auch Ach-Laut) bildet zusammen mit [ç] und [x] ein Phonem. Er tritt nach /a/, /a:/, /ɔ/ und /ʊ/ auf. |
z | sechs / | /, Wiese / /stimmhafter alveolarer Frikativ – Da dieser Laut in den südlichen Varietäten stimmlos ist ([ ]), wird er oft als Lenis bezeichnet und nicht als stimmhaft. |
ʒ | Genie / | /, Plantage / /stimmhafter postalveolarer Frikativ – Dieser Laut tritt nur in Fremdwörtern auf. Da dieser Laut in den südlichen Varietäten stimmlos ist ([ ]), wird er oft als Lenis bezeichnet und nicht als stimmhaft. |
Ein typisches Merkmal für den phonotaktischen Aufbau deutscher Wörter sind relativ komplexe Konsonantencluster in den Wortstämmen, konjugierten Formen und an der Wortfuge. Wortinitial sind bis zu drei Konsonanten möglich, wie in Streit ([ʃtʁ]), Sklave ([skl]) oder sprießen ([ʃpʁ]). Wortfinal sind maximal vier Konsonanten möglich, wie in hältst ([ltst]). Die Cluster wirken in der geschriebenen graphotaktischen Form (wegen der verwendeten Di- und Trigraphen) oft besonders komplex (z. B. kleckst, auftrumpfen, Angstschweiß, ernst, schrumpfst, seufzst, trittst, knutschst, Herbst, jetzt, Schrift).
Die betonte Silbe wird im Vergleich zu den unbetonten stärker und damit lauter gesprochen (dynamischer Akzent). In deutschen Wörtern herrscht nach traditioneller Vorstellung Stammbetonung vor, das heißt, es wird die erste Silbe des Stamms betont: „lehren, Lehrer, Lehrerin, lehrhaft, Lehrerkollegium, belehren.“ Manche Präfixe und Suffixe allerdings ziehen die Betonung auf sich: „(Aus-spra-che, vor-le-sen, Bä-cke-rei).“
In neueren Studien wird der Wortakzent im Deutschen dagegen vom rechten/hinteren Rand des Wortes betrachtet. Nach Vennemanns Dreisilbenregel[9] liegt der Hauptakzent auf einer der drei letzten Silben des Wortes, wie in Kamera, Kanone, Kamerad. Manche Autoren sehen die vorletzte Silbe (Pänultima) als die einzige reguläre Position für den Wortakzent an[10], andere betonen die Rolle der Silbenquantität für die Positionierung des Wortakzents[11]. Danach wird eine schwere Silbe am absoluten Wortende betont, sonst die vorletzte oder die drittletzte, letzteres aber nur, wenn die vorletzte Silbe leicht bzw. offen ist.
Daneben bestimmen Worbildungssuffixe den Wortakzent, da es akzentneutrale Suffixe und akzentbestimmende Suffixe gibt. Zu ersteren gehören -heit/-keit, -er, -ig oder -ung; zu letzteren gehören -ei, -ion, -al oder -ier. Bei mehreren Suffixen determiniert das letzte akzentbestimmende Suffix den Wortakzent, wie in Neutr-al-isier-ung.
Für Fremdwörter/Lehnwörter im Deutschen lassen sich keine Regeln angeben, da die Betonung häufig zusammen mit dem Wort übernommen wird. Das gilt allerdings vor allem für aus dem Französischen entlehnte Fremdwörter. Aus unbekannteren Sprachen entnommene Fremdwörter zeigen aber die Rolle der oben erwähnten Regeln, siehe zum Beispiel japanische Wörter wie Harakiri, Nagasaki mit Pänultima-Akzent. Seltener sind dagegen Wörter mit Antepänultima-Akzent (Kimono, Hiroshima) oder Ultima-Akzent (Shogun).
Bei zusammengesetzten Wörtern (Komposita) wird meistens das erste Wort (Bestimmungswort) betont. Ausnahmen sind zum Beispiel Kilometer und Jahrhundert. Bei dreiteiligen Komposita hängt die Betonung von der Wortstruktur ab: Wenn der zweite Teil aus zwei Wörtern besteht, liegt die Betonung auf dem zweiten Teil, wie in Bundesgartenschau, das die Struktur [Bundes[gartenschau]] besitzt. Mit der alternativen Struktur (zwei Wörter im ersten Teil) ist die Hauptbetonung auf dem ersten Wort, wie in Schreibtischlampe [[Schreibtisch]lampe].[5]
Das Deutsche kennt drei verschiedene Melodieverläufe, nämlich fallende, steigende und schwebende (progrediente) Intonation. Die fallende Intonation kennzeichnet den Satzschluss bei Aussagesätzen und Wortfragen wie zum Beispiel bei den Sätzen: „Wann kommst du?“ – „Ich komme jetzt.“ Die schwebende Intonation wird zum Beispiel zwischen Haupt- und Nebensatz verwendet. Die steigende Intonation ist typisch für Satzfragen (auch Entscheidungsfragen) wie zum Beispiel: „Isst du gerne Schokolade?“ Auch Wortfragen können mit steigender Intonation gesprochen werden, wenn man ihnen einen freundlichen Ton verleihen will.
Eine Ausnahme bildet das Schweizer Hochdeutsch, wo die steigende Intonation auch in Aussagesätzen anzutreffen ist.
Der Hauptakzent liegt im Satz auf dem Rhema, meistens gegen Ende des Satzes. Die Hebung oder Senkung der Stimme erfolgt ausgehend von der letzten betonten Silbe im Satz. Bei fallender Intonation wird diese Silbe etwas höher gesprochen als die vorangehenden. Die nachfolgenden Silben fallen dann bis unter das Niveau des Satzes. Ist die letzte betonte Silbe ein einziges Wort, findet diese Melodiebewegung innerhalb dieses Wortes statt. Bei steigender Intonation wird die letzte betonte Silbe analog etwas tiefer gesprochen.
Die deutsche Sprache ist gekennzeichnet durch einen so genannten „punktierten Sprechrhythmus“. Die betonte Silbe überragt im Deutschen die unbetonten Silben nicht nur in ihrer Schallfülle, sondern auch hinsichtlich ihrer Länge: Auf eine betonte Silbe folgende unbetonte Silben werden fast immer kürzer gesprochen.
Vokalbuchstaben, die nicht den Silbenkern der betonten Silbe darstellen, werden unter bestimmten Bedingungen unsilbisch bzw. konsonantisch gesprochen (und bilden mit dem silbischen Vokal zusammen einen Diphthong). Dies betrifft einerseits Vokalbuchstaben, die anderen Vokalbuchstaben folgen, und andererseits Vokalbuchstaben, die anderen Vokalbuchstaben vorangehen (meist nach Konsonantenbuchstaben):
ii und uu (außer nach q) werden dagegen immer zweisilbig gesprochen (initiieren, Vakuum).
Davon zu unterscheiden sind besondere Vokalbuchstabenkombinationen, die einen eigenen Lautwert haben (Di- und Trigraphen): aa, ee, oo, ie (zur Längenkennzeichnung, s. u.); in Fremdwörtern auch ou (Aussprache wie u), regelmäßig eu (wie ö) in der Endung eur, sowie viele Ausnahmefälle; in Eigennamen auch ae (wie ä oder langes a: Aerzen, Raesfeld), oe (wie ö oder langes o: Bonhoeffer, Soest), oi (wie langes o: Voigt), ue (wie ü oder langes u: Ueckermünde, Buer), ui, uy (wie langes ü: Duisburg, Huy), oey, öö (wie langes ö: Oeynhausen, Gööck), uu (wie langes u: Luuk) – vergleiche Dehnungs-e und Dehnungs-i.
Die deutsche Rechtschreibung bezeichnet die Quantität (Länge) und damit auch die Qualität (geschlossen/offen) der Vokale nur teilweise direkt. Trotzdem kann die Unterscheidung zwischen langen und kurzen resp. geschlossenen und offenen Vokalen und damit die Entscheidung, welches Phonem eines Vokalphonempaares zu wählen ist, meistens aus der Schreibung erschlossen werden.
Dass es sich um einen Langvokal handelt, kann durch
eindeutig gemacht sein. In unbetonten Silben aber werden Vokale in manchen Fällen sogar dann kurz gesprochen, wenn der Buchstabe von einem Dehnungszeichen begleitet ist (siehe Vokalquantität#Orthografische Probleme in unbetonten Silben).
Zu beachten ist, dass diese Buchstabenkombinationen innerhalb eines Wortes nicht immer als Di- und Trigraphen zu lesen sind, sondern zum Teil auch getrennt:
Einzelne Vokalbuchstaben sind ganz regelmäßig lang, wenn sie in offenen Silben stehen (wie das erste „e“ in „Leben“ oder das „a“ in „raten“). Eine offene Silbe liegt dann vor, wenn im Wort ein einzelner Konsonantenbuchstabe plus Vokalbuchstabe folgt. Denn ein einzelner Konsonantenbuchstabe gehört in der Regel zur nächsten Silbe.
Kurz sind dagegen Vokale häufig in geschlossenen Silben, vor allem wenn im Wort weitere Silben folgen („Kante“, „Hüfte“, „Wolke“).
Von daher leitet sich die Regel ab, dass zwei gleiche Konsonantenbuchstaben (ebenso „ck“ und „tz“) nach einem einzelnen Vokal dessen Kürze signalisieren (zum Beispiel in „Sonne“, „irren“, „Ratte“, „Masse“), da der doppelt dargestellte Konsonant zu beiden Silben gehört und damit die erste Silbe zu einer geschlossenen macht.
Umgekehrt deutet daher ein einzelner Konsonantenbuchstabe (inkl. ß, dessen Gebrauch gerade in dieser funktionalen Abgrenzung zu „ss“ begründet wird) die Länge des vorangehenden Vokals an („Krone“, „hören“, „raten“, „Maße“), da er, wie gesagt, den Vokal in einer offenen Silbe stehen lässt. (Ausnahme: der Konsonantenbuchstabe x – vor „x“ wird ein einzelner Vokalbuchstabe immer kurz gesprochen, z. B. „Hexe“, „Axt“.)
Ebenfalls lang sind Vokale, die zwar in geschlossenen Silben stehen, welche aber so erweitert werden können, dass eine offene Silbe entsteht. Bei „hörst“ handelt es sich um eine geschlossene Silbe, „hö“ in „hören“ ist offen, deshalb wird auch das „ö“ in „hörst“ lang gesprochen.
Ebenfalls lang sind Vokale, die zwar in geschlossenen Silben stehen, welche nicht zu offenen Silben erweiterbar sind, welche aber erkennbar in Parallele zu solchen erweiterbaren Silben aufgebaut sind. „Obst“ hat einen erkennbar parallelen Aufbau zu „lobst“ (von „loben“), da von der Aussprache her statt b eigentlich der Buchstabe p zu erwarten wäre.
So lässt sich verallgemeinern: Lang sind Vokale vor den Konsonantenbuchstaben „b“, „d“, „g“, „ß“ (wenn „t“, „s“ oder „st“ folgt) sowie vor „gd“ und „ks“. (Diese markieren die lange Aussprache, da sie anstelle von sonst zu erwartenden „p“, „t“, „k“, „s“; „kt“ und „x“/„chs“ stehen.) Die Vorhersagbarkeit der Vokallänge gilt vor diesen Konsonantenbuchstaben also unabhängig von der Erweiterbarkeit der Silben. Vgl.: „Obst“/„lobst“ (lang) vs. „optisch“ (kurz), „Krebs“/„lebst“ vs. „Klops“, „beredt“/„lädt“ vs. „nett“, „Vogt“/„legt“ vs. „Sekt“, „spaßt“ vs. „fast“, „Magd“/„Jagd“ vs. „Akt“, „Keks“/„piksen“ vs. „fix“. In Eigennamen gilt dies auch für „w“ (statt „f“) und „sd“ (statt „st“): „Drews“, „Dresden“.
Vor anderen Häufungen von Konsonantenbuchstaben sind die Vokale in der Regel kurz (da es sich hier oft um geschlossene Silben handelt). Allerdings gibt es einige, vor denen Vokale kurz oder lang vorkommen können („tsch“, „st“, „chs“, „nd“, „rd“ u. a.) oder in der Regel lang sind („br“, „kl“, „tr“ u. a.); insbesondere vor Di- und Trigrafen: vor „ch“, „sch“ meist kurz, vor „ph“, „th“ meist lang).
Einzelne Vokale in Wörtern aus geschlossenen Silben mit nur einem Konsonantenbuchstaben am Ende, die aber keine erweiterte Form mit langem Vokal haben (in der Regel Funktionswörter und Präfixe), wie zum Beispiel bei „mit“, „ab“, „um“, „un-“ (nach alter Rechtschreibung auch „daß“, „miß-“), werden meistens kurz gesprochen (aber lang: „dem“, „nun“, vor „r“: „der“, „er“, „wir“, „für“, „ur-“). Diese Ausspracheregel wird unter bestimmten Bedingungen auch auf Nomen und Adjektive angewandt: Bei (orthografisch) noch nicht vollständig integrierten Wörtern aus dem Englischen und Französischen („Top“, „fit“, „Bus“, „chic“), bei sog. Abkürzungswörtern („TÜV“, „MAZ“), bei einigen undurchschaubaren Wortbestandteilen („Brombeere“). Generell gilt diese Regel für Wörter mit „x“ (vgl. oben) und (wenn es denn ausnahmsweise vorkommt) für Wörter mit „j“ am Ende („Fax“; „Andrej“, „ahoj“). Nach alter Rechtschreibung galt dies auch für einen Teil der Wörter mit „ß“: „Nuß“, „Boß“, „iß!“. Die kurze Aussprache des Vokals in solchen Wörtern, denen orthographisch der doppelt dargestellte Konsonant am Wortende fehlt, lässt sich zum Teil daraus erschließen, dass es verwandte Formen mit orthographisch markiertem kurzen Vokal gibt (kurzer Vokal bei „in“ wg. „innen“, „fit“ wg. „fitter“, „Bus“ wg. „Busse“, „Top“ wg. „toppen“, „Nuß“ wg. „Nüsse“; dagegen lang: „Biotop“ wg. „Biotope“, „Fuß“ wg. „Füße“).
In Eigennamen (Familien- und geografische Namen) kann die Vokalkürze auch vor doppelt dargestellten Konsonanten nicht immer eindeutig bestimmt werden. Insbesondere „ck“, „ff“, „ss“ und „tz“, aber auch andere, kommen dort nicht ausschließlich nur nach kurzen Vokalen vor („Bismarck“, „Hauff“, „Zeiss“, „Hartz“, „Kneipp“, „Württemberg“). So kann auch ein einzelner Vokal vor diesen Doppelbuchstaben ausnahmsweise lang sein: „Buckow“, „Mecklenburg“, „Bonhoeffer“, „Gross“, „Lietzensee“.
Da in der Schweiz anstelle des Eszetts „ss“ in Gebrauch ist, signalisiert dort „ss“ als einziger doppelter Konsonantenbuchstabe (außerhalb von Eigennamen) nicht die Kürze des vorangehenden Vokals; Länge oder Kürze des Vokals ist also in diesem Fall nicht vorhersagbar (wie sonst auch vor den Di- und Trigrafen „ch“, „sch“ u. a.).
Im Vergleich mit der Sprechtheaterbühne bedient sich die (klassische) Vokalmusik einer leicht variierten Aussprache.
Abgesehen davon werden in der klassischen Musik die Konsonanten meist viel forcierter ausgesprochen als im gesprochenen Deutsch. Auch dies dient der besseren Sprachverständlichkeit.
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