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Verein zur Vertiefung der künstlerischen und kunsthistorischen Ausbildung von Architekten Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Der Architekten- und Ingenieurverein zu Berlin-Brandenburg (AIV Berlin-Brandenburg) geht zurück auf den am 5. Juni 1824 gegründeten Architekten-Verein zu Berlin (AVB), der von 18 Architekten als Vereinigung zur Vertiefung der künstlerischen und kunsthistorischen Ausbildung der Architekten ins Leben gerufen wurde.
Zu den Gründungsmitgliedern des Jahres 1824 gehörten die renommierten Architekten Eduard Knoblauch und Friedrich August Stüler. Erster Vorsitzender war John James Blaurock.[1]
Mitglied im AVB waren sowohl beamtete als auch selbständige Architekten. Bedingt durch die bei der Vereinsgründung noch wenig ausgeprägte Spezialisierung im Bauwesen, wurden in scheinbarem Widerspruch zum Namen auch Bauingenieure aller (heutigen) Fachrichtungen aufgenommen – ebenso wie es in anderen Regionen Deutschland üblich war, wofür sich dort aber bald die Bezeichnung Architekten- und Ingenieur-Verein durchsetzte. Am 28. Oktober 1871 war der AVB Gründungsmitglied im reichsweiten Dachverband, dem Verband Deutscher Architekten- und Ingenieur-Vereine e. V. (VDAI). Der AVB behielt jedoch seinen inzwischen renommierten Namen (ohne „Ingenieur-“) noch mehrere Jahrzehnte bei, erst in den 1920er Jahren wurde er in Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin angeglichen.[2]
Im Jahr 1870 hatte der AVB über 1.000, 1906 über 2.400 und Anfang 1914 3.065 Mitglieder.[2] Unter ihnen befanden sich bekannte Architekten wie beispielsweise Karl Friedrich Schinkel, Ludwig Persius, Gottfried Semper, James Hobrecht, Ludwig Hoffmann, Heinrich Strack, Alfred Messel, August Orth, Julius Ludwig Quassowski, Bernhard Sehring, Franz Schwechten, Paul Wallot und Walter Gropius. 1912 trat dem AVB als erste Frau Elisabeth von Knobelsdorff bei, die 1911 ihr Studium als erste deutsche Diplom-Ingenieurin der Fachrichtung Architektur abgeschlossen hatte.
Nach jahrelanger Suche nach einem repräsentativen Sitz erwarb der Verein im Sommer 1875 von einer Berliner Brauerei, die sich in Liquidation befand, ein in der Wilhelmstraße 92/93 von Oskar Titz errichtetes großzügiges Ausschank-, Fest- und Veranstaltungsgebäude im Rohbauzustand und ließ es durch Hermann Ende und Wilhelm Böckmann in einem Jahr zweckgerecht vollenden.[3] Das sogenannte „Architektenhaus“, dessen Säle der Verein zum Teil vermietete, und in dessen Souterrain sich ein Großrestaurant befand, musste aus finanziellen Gründen 1916 an das benachbarte Preußische Kriegsministerium verkauft werden, doch konnte der Verein einige Räume weiterhin nutzen,[4] bis es 1934 dem Neubau des Reichsluftfahrtministeriums weichen musste.
Im Jahr 1879 gründeten einige selbständig tätige Mitglieder die Vereinigung Berliner Architekten (VBA), da beim AVB ihrer Wahrnehmung nach in manchen wichtigen Fragen die Interessen der Baubeamtenschaft dominierten. Die VBA dagegen sollte den Standpunkten der Freiberufler mehr Gehör verschaffen. Die Neugründung der VBA war allerdings keine Sezession, da es viele Doppelmitgliedschaften gab und beide Vereine auch in vielen Fällen gleiche oder ähnliche Standpunkte vertraten bzw. miteinander kooperierten.[5]
Heute hat der AIV Berlin-Brandenburg rund 300 Mitglieder, darunter auch Stadtplaner, Landschaftsarchitekten, Wissenschaftler und Künstler. Er versteht sich als interdisziplinärer und generationsübergreifender Vermittler von Architektur, Städtebau, Landschaftsarchitektur, Kunst, Stadtgeschichte, Tragwerksplanung, Verkehrsplanung und Bauphysik. Wissenschaftliche Vorträge, Fortbildungen, Baustellenbesichtigungen, Empfänge und Feste bieten Gelegenheit, das berufliche Netzwerk zu pflegen und zu erweitern.
Der Verein steht für die „Werte der europäischen Stadt“. Der AIV Berlin-Brandenburg wird von den zuständigen Verwaltungen und der Presse zu aktuellen Themen der Stadtentwicklung befragt. Als Mitglied im Berliner Rat für Stadtentwicklung trägt der AIV Berlin-Brandenburg seine Ideen aktiv in die öffentliche Debatte ein.
Der Schinkel-Wettbewerb als ältester und bekanntester deutscher Nachwuchswettbewerb richtet sich seit 1855 jährlich an junge Planende aus den Bereichen Architektur, Bauingenieurwesen, Stadtplanung, Landschaftsarchitektur. Verkehrsplanung und Freie Kunst, um deren Kreativität für die Lösung zukunftsorientierter Planungsaufgaben zu wecken.
Seit 1877 veröffentlicht der AVB bzw. AIV Berlin-Brandenburg die Publikationsreihen Berlin und seine Bauten (sogenannte „erste Reihe“ in zwei Bänden 1877, „zweite Reihe“ in drei Bänden 1896 und „dritte Reihe“ in bisher 24 Bänden seit 1966), die als das Standardwerke zur Bau- und Architekturgeschichte Berlins gelten und die umfassendste Dokumentation der Berliner Baukultur darstellen. Zum 200. Jubiläum im Jahr 2024 soll die Publikationsreihe als Online-Datenbank neu aufgearbeitet werden.
2007 erhielt der AIV Berlin-Brandenburg die Ferdinand-von-Quast-Medaille.
Der AIV zu Berlin gründete 2014 die gemeinnützige Karl Friedrich Schinkel Stiftung des AIV zu Berlin. Die Stiftung hat die alleinige Aufgabe, die Erträge aus ihrem Kapital dem AIV zur Erfüllung seiner satzgemäßen Aufgaben, insbesondere der Förderung der Baukultur- und der Ausrichtung des Schinkel-Wettbewerbes, zur Verfügung zu stellen. Das Stiftungskapital stammt aus zwei Nachlässen, die dem AIV vermacht wurden:
Bereits vor 15 Jahren hatte Johanna Blank, Architektin, in ihrem Testament bestimmt, dass der AIV aus ihrer Hinterlassenschaft bedacht werden solle. Dieses Erbe verwaltet bis heute die Deutsche Bank nach der Bestimmung von Hanna Blank für die Zeit von 30 Jahren. Eine weitere Erbschaft erreichte den AIV durch das Vermächtnis von Heinz Diesing, Architekt und Schinkelpreisträger 1953. Dieses Erbe war jedoch mit einer Nacherbschaft verbunden, wodurch es erst vor einem Jahr für den AIV wirksam wurde. Es war darüber hinaus an eine Dauertestamentsvollstreckung gebunden.
In zähen Bemühungen gelang es, die beiden Erbschaften auflagefrei dem AIV zur Verfügung zu stellen. Beide Testamentsvollstrecker haben auf ihr Mandat verzichtet, da sichergestellt war, dass die Satzung der neuen Stiftung die Absichten der Erblasser dauerhaft erfüllen würde. Dies ist nun erfolgt. Die Stiftung erhofft, weitere Stiftungserträge einwerben zu können. Diese Beträge sind aufgrund der Gemeinnützigkeit der Stiftung in unbegrenzter Höhe für den Stifter steuerbegünstigt und werden auch ausschließlich dem AIV zu Berlin zugutekommen.
Der Vorstand der Stiftung ist besetzt durch den Vorsitzenden des AIV, Tobias Nöfer, Architekt, Walter Momper, Regierender Bürgermeister von Berlin a. D., Manfred Semmer, Architekt und Ehrenvorsitzender des AIV zu Berlin und Arnold Ernst, Architekt und Vorsitzender der Stiftung.
Die stiftungsgerechte Kapitalanlage des Stiftungsvermögens von ca. 1,2 Millionen Euro wird von der Berliner Volksbank betreut.
Der AIV-Schinkel-Wettbewerb hat eine lange Tradition und wurde erstmals 1852 unter den Vereinsmitgliedern ausgeschrieben. Seitdem werden in diesem Förder-Wettbewerb Jahr für Jahr jungen Planern und Künstlern in nunmehr neun Fachsparten (Städtebau, Landschaftsarchitektur, Architektur, Konstruktiver Ingenieurbau, Verkehrswesen Straße und Schiene, Freie Kunst, Nachhaltigkeit und Denkmalpflege) Aufgaben gestellt mit dem Ziel, deren Kreativität und Phantasie für die Lösung zukunftsorientierter Planungsaufgaben herauszufordern. Ausgelobt wird in jeder Fachsparte ein Schinkelpreis für hervorragende technisch-wissenschaftliche Leistungen im Bauwesen, die entweder das gelungene Zusammenwirken verschiedener Fachdisziplinen dokumentieren oder sich als Einzelleistungen durch das vorbildliche Abwägen von fachspezifischen und übergeordneten Belangen besonders auszeichnen. Der Preis dient der Förderung des technisch-wissenschaftlichen Nachwuchses, daher dürfen die Wettbewerbsteilnehmer nicht älter als 35 Jahre sein. Der Schinkel-Wettbewerb wirkt für Berlin und seine Region auf der Suche nach ihrer künftigen Gestalt. Die Vielfalt der Ideen fördert die Planungskultur und bereichert sie. Am 13. März, dem Geburtstag Schinkels, werden traditionell die Preise im Rahmen des Schinkelfestes verliehen.
Auch auf Initiative des Vereins wurde in langer interdisziplinärer Zusammenarbeit das 1920 inkraftgetretene Groß-Berlin-Gesetz erarbeitet. Erst damit entstand die Stadt Berlin in ihrem heutigen Umfang aus Städten und Gemeinden, die zuvor zwar schon seit Jahrzehnten in Fragen von Wirtschaft, Verkehr und Stadtplanung voneinander abhängig waren, aber keine gemeinsame Kommunalverwaltung und politische Vertretung besessen hatten. An dieses wichtige Jubiläum erinnerte der AIV Berlin-Brandburg ab 2020 mit einer Vielzahl von Initiativen. Dazu gehören der Internationale Städtebauliche Ideenwettbewerb Berlin-Brandenburg 2070 mit Beiträgen aus 18 Ländern (1. Preis: Architekturbüro Bernd Albers aus Berlin) und die Ausstellung „Unvollendete Metropole“, die bis Mai 2022 auf dem Gelände des Behrens-Ufer-Areals zu sehen war. „100 Jahre Städtebau für (Groß-)Berlin“ stehen im Mittelpunkt – programmlich eng verbunden mit den „Metropolen-“ und „Städtebaugesprächen“, dem „BB2070 – Magazin für Städtebau und urbanes Leben“ sowie dem zweibändigen auch in einer englischsprachigen Ausgabe erhältlichen Katalog. Fixpunkt des erfolgreichen Projekts ist das „Städtebau-Manifest für Berlin und Brandenburg“, das der AIV Berlin-Brandenburg im Februar 2021 zusammen mit zehn städtebau- und planungsorientierten Verbänden und Vereinen der Öffentlichkeit vorlegte.
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