21. April: Bei der gewaltsamen Niederschlagung des durch eine Bierpreiserhöhung ausgelösten Frankfurter Bierkrawalls werden 20 Menschen durch die preußische Armee erschossen, 300 werden festgenommen, Frankfurt am Main wird in den Belagerungszustand versetzt. Am 14. Juli tagt im Leinwandhaus das Stadtgericht zur Aburteilung der Aufständischen. 47 Angeklagte, darunter viele Auswärtige, werden zu Gefängnis verurteilt, die Höchststrafen betragen 4½ Jahre. Die Frankfurter Brauereien kündigen nach dem Bierkrawall eine Rücknahme der Preiserhöhungen an.
30. Mai: Der Deutsche Reichstag beschließt das Gesetz zur Aufhebung der Festungen Minden, Stettin, Erfurt, Wittenberg, Kosel, Graudenz, Kolberg und Stralsund. Anschließend verhandelt der Königliche Domänenfiskus, vertreten durch die Regierung in Minden und den Magistrat der Stadt, über die Zukunft der Festung Minden. Die Rayonbestimmungen werden bereits zum 1. Oktober aufgehoben, so dass Grundstücke in der Nähe der Militäranlagen bebaut werden können. Die Stadttore werden ab dem Jahr 1878 geöffnet und niedergelegt, in die Stadtmauer werden Lücken gerissen, die Stadt wird ins Umland geöffnet.
10. Februar: Spaniens König Amadeus erklärt im Gefolge der Carlistenkriege und einem im Vorjahr fehlgeschlagenen Attentat nach massivem Drängen seiner Frau die Abdankung und entscheidet sich zum Verlassen des Landes.
11. Oktober: In der Seeschlacht vor Cartagena kämpft das Mittelmeergeschwader der republikanischen Zentralregierung Spaniens gegen die Flotte des aufständischen Kantons Cartagena.
Weil der Papst am 21. November in einer Enzyklika das Vorgehen der Schweizer Behörden als „schmachvoll“ bezeichnet, bricht der Bundesrat am 12. Dezember alle Beziehungen mit der Kurie ab und stellt dem in Luzern residierenden Nuntius Gian Battista Agnozzi seine Pässe zu.
Weitere Ereignisse in Europa
17. August: Das erste Sprachgesetz in Belgien wird verabschiedet. Darin wird die prinzipielle Benutzung des Niederländischen bei Strafprozessen in den flämischen Provinzen vorgeschrieben. Dies gilt als erster Sieg der Flämischen Bewegung im Kampf um Gleichberechtigung im Flämisch-wallonischen Konflikt.
23. Mai: Der kanadische Premierminister John Macdonald gründet die North West Mounted Police, die Recht und Ordnung in die Nordwest-Territorien (zu denen zu diesem Zeitpunkt auch die heutigen Provinzen Alberta, Saskatchewan und Teile von Manitoba sowie die Territorien Yukon und Nunavut gehören) bringen soll
17. Juni: Der Strafprozess gegen Susan B. Anthony, eine Führerin der Frauenwahlrechtsbewegung, beginnt. Anthony wird angeklagt, weil sie 1872 an der amerikanischen Präsidentschaftswahl teilgenommen hatte, obwohl nach den bundesstaatlichen Gesetzen nur den Männern die Wahl erlaubt war.
Das Volk der Modoc verliert nach einem Jahr den blutigen Krieg gegen die Vereinigten Staaten. am 23. Oktober werden sechs ihrer Anführer hingerichtet, unter ihnen Kintpuash, genannt Captain Jack. In der Nacht nach der Hinrichtung wird seine Leiche heimlich ausgegraben und nach Yreka überführt, wo man ihn einbalsamiert und anschließend in Schaubuden in Städten an der Ostküste ausstellt.
26. März: Die Niederlande erklären auf Sumatra dem Sultan von Aceh den Krieg und unternehmen am 8. April eine militärische Expedition, bei der sie jedoch auf so erbitterten Widerstand stoßen, dass sie sich am 28. April wieder zurückziehen müssen. Am 11. Dezember beginnt eine zweite, stärkere Expedition gegen den Kraton von Sultan Mahmud Shah II.
Im Japan der Meiji-Zeit kommt es zum Aufbau einer Wehrpflichtigenarmee, was die Samurai ihres Monopols als alleinige Waffenträger beraubt und zu ihrem endgültigen Niedergang führt.
01. Mai: Die Weltausstellung 1873 in Wien wird von Kaiser Franz Joseph I. eröffnet. Bis zum 2. November besuchen 7.255.000 Menschen die 5. Weltausstellung. Generaldirektor Wilhelm von Schwarz-Senborn wird im Juni ein Kontrollorgan zur Seite gestellt, nachdem am 4. April wegen der Budgetüberschreitung ein zusätzlicher Kredit von 9,7 Millionen Gulden bewilligt werden musste. Das Gesamtbudget beträgt damit 15,7 Millionen Gulden. Das Ausstellungsareal im Wiener Prater ist etwa fünfmal so groß wie das der Vorgängerausstellung in Paris. Wahrzeichen der Ausstellung ist die neu gebaute Rotunde. Mehr als 35 Nationen stellen auf dem Gelände aus. Unter anderem besucht auch Nāser ad-Din, der Schah von Persien, am 29. Juli die Ausstellung.
Der Gründerkrach
09. Mai: Der Börsenmakler und Bankier Adolf Petschek muss Insolvenz anmelden und löst damit eine Kettenreaktion aus. Der Gründerkrach an der Wiener Börse führt nach den Gründerjahren international zu einer schweren Depression. Der Tag geht als Schwarzer Freitag in die Wiener Börsengeschichte ein.
19. September: Der Gründerkrach erreicht New York City. Das in Eisenbahnen und Immobilien engagierte Bankhaus Jay Cooke & Company geht Bankrott. Es kommt zu einem Bankansturm der Anleger; die Börse New York Stock Exchange wird für zehn Tage geschlossen.
28. Oktober: Die Berliner Börse erlebt den größten Kurssturz ihrer bisherigen Geschichte.
Der Bau der Ferrocarril de Antofagasta a Bolivia beginnt. Die erste Teilstrecke wird noch im gleichen Jahr mit von Maultieren gezogenen Zügen eröffnet.
Unternehmensgründungen
28. Januar: In Frankfurt am Main wird die Deutsche Gold- und Silber-Scheideanstalt vormals Roessler AG (Degussa) gegründet.
20. Juli: Adele Spitzeder wird zu drei Jahren Zuchthaus wegen betrügerischen Bankrotts mit ihrer Dachauer Volksbank verurteilt. Durch hohe Zinsversprechen hat sie in einem Schneeballsystem mehr als 30.000 Einleger geschädigt.
Eine Reform der Grundsteuer in Japan unter Meiji Tennō bringt den Bauernstand unter Druck, was in der Folge zu mehreren Aufständen führt.
Wissenschaft und Technik
Archäologie
Im Januar beginnt Heinrich Schliemann im früheren Troia mit seiner dritten Grabungskampagne auf Basis einer Genehmigung durch das Osmanische Reich. Am 31. Mai stößt er auf den von ihm so genannten Schatz des Priamos. Aus Furcht vor Konfiskation des Fundes meldet Schliemann ihn nicht den osmanischen Behörden, obwohl er durch die Grabungserlaubnis dazu verpflichtet ist. Stattdessen bricht er am 17. Juni die Ausgrabungen ab und bringt den Schatz heimlich über die Grenze nach Athen. Von hier schickt Schliemann an die wichtigen wissenschaftlichen Gesellschaften Europas Depeschen, in denen er seine Entdeckung bekanntgibt. Die Hohe Pforte verklagt Schliemann daraufhin vor einem griechischen Gericht auf die Herausgabe der Hälfte der Funde.
19. Dezember: Ralph Copeland findet im Sternbild Fische die Galaxie NGC 203.
Forschungsreisen
30. August: Die Österreichisch-Ungarische Nordpolexpedition unter der Leitung von Julius von Payer und Carl Weyprecht entdeckt auf ihrer Drift im Eis mit dem Schiff Admiral Tegetthoff die zu diesem Zeitpunkt nur einigen wenigen norwegischen Fischern bekannte Inselgruppe Rönnebeck-Land im Nordpolarmeer erneut und benennt sie in Franz-Josef-Land um. Die erste gesichtete Insel ist die später so genannte Hall-Insel. Am 1. November betreten die Forscher erstmals eine Insel des Archipels und nennen sie Wilczek-Insel. Sie errichten einen etwa 100cm großen Steinmann und hinterlassen eine Nachricht in einem Fass, das sie mit Steinen bedecken.
24. Oktober: Die I. Wiener Hochquellenleitung wird nach mehr als dreijähriger Bauzeit in Betrieb genommen. Die rund 150km lange Wasserleitung gewährleistet die erste Versorgung der Stadt Wien mit einwandfreiem Trinkwasser. Zunächst werden neben dem Wasserbehälter auf dem Rosenhügel noch die Wasserbehälter Schmelz und Wienerberg geflutet. Auch der Hochstrahlbrunnen und die Brunnen des im gleichen Jahr angelegten Rathausparks werden aus der neuen Wasserleitung gespeist.
Der erste brauchbare Stacheldraht wird durch Henry Rose in DeKalb, Illinois vorgestellt, wo Joseph F. Glidden diese Konstruktion sieht. Er entwickelt das System weiter und erhält dafür am 24. November ein Patent. Fünf weitere Patente für die Stacheldrahtherstellung werden in der Folge der Ausstellung von DeKalb angemeldet.
01. April: Das Streichquartett e-Moll, das einzige Streichquartett von Giuseppe Verdi, hat seine Uraufführung im privaten Rahmen in der Empfangshalle des Albergo della crocelle in Neapel. Es ist das einzige italienische Kammermusikwerk des 19. Jahrhunderts, das sich im Konzertrepertoire halten kann.
21. November: Papst Pius IX. veröffentlicht die Enzyklika Etsi multa luctuosa, in dem er sich unter anderem über den Kulturkampf in Deutschland und er Schweiz äußert. Der Schweizer Bundesrat reagiert auf das Schreiben mit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen. Weiters verdammt Pius die Freimaurerei und exkommuniziert den ersten Bischof der Altkatholischen Kirche und alle seine Unterstützer.
Katastrophen
22. Januar: Der britische KlipperNorthfleet wird vor der Landzunge Dungeness an der Küste der englischen Grafschaft Kent von dem spanischen Dampfer Murillo gerammt und geht unter, wobei 293 Passagiere und Besatzungsmitglieder ums Leben kommen.
01. April: Beim Untergang des Passagierdampfers Atlantic der britischen White Star Line vor der Küste von Nova Scotia (Kanada) kommen 545 Passagiere und Besatzungsmitglieder ums Leben. Es handelt sich um das bis dahin schwerste Schiffsunglück auf dem Nordatlantik.
22. November: Der französische Transatlantikdampfer Ville du Havre der Reederei Compagnie Générale Transatlantique kollidiert auf dem Nordatlantik mit dem KlipperLoch Earn, bricht auseinander und geht innerhalb von zwölf Minuten unter (226 Tote).
24. August: Friedrich Paschen, deutscher Geodät und Astronom (* 1804)
26. August: Carl Wilhelm, deutscher Chorleiter (* 1815)
29. August: Hermann Hankel, deutscher Mathematiker (* 1839)
September bis Dezember
11. September: Agustín Fernando Muñoz y Sánchez, morganatischer Ehemann von Maria Christina von Neapel-Sizilien, Königinmutter und Regentin von Spanien (* 1808)