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Adelsgeschlecht Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Das Haus Sayn-Wittgenstein ist ein Geschlecht des früheren deutschen Hochadels. Es regierte im Heiligen Römischen Reich mehrere selbständige Grafschaften bzw. Fürstentümer reichsunmittelbar und war mit Sitz und Stimme im Reichsfürstenrat des Reichstags vertreten[3]. Um 1806 wurden diese Territorien mediatisiert und verloren somit ihre Unabhängigkeit; danach gehörten die Linien des Hauses zu den Standesherren des Deutschen Bundes.
Territorium im Heiligen Römischen Reich | |
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Grafschaft Wittgenstein Grafschaft/Fürstentum Sayn-Wittgenstein | |
Wappen | |
Karte | |
Grafschaft Sayn (braun) mit Wittgenstein (hellbraun, rechts) und Herrschaft Homburg (weiß) im 15. Jahrhundert | |
Alternativnamen | Wittichenstein |
Herrschaftsform | Monarchie |
Herrscher/ Regierung | Graf
Fürst (seit 1792) |
Heutige Region/en | DE-NW |
Reichsmatrikel | 1 Reiter, 4 Fußsoldaten, 14 Gulden |
Reichskreis | Oberrheinischer Reichskreis
Niederrheinisch-Westfälischer Reichskreis (ab ca. 1500) |
Kreistag | Reichsfürstenrat: Teil einer Kuriatstimme der wetterauischen Grafenbank[1] |
Hauptstädte/ Residenzen | Laasphe, Berleburg, Homburg |
Dynastien | Wittgenstein 1294 Sayn-Homburg 1359: Sayn-Wittgenstein 1605: Sayn-Wittgenstein-Berleburg |
Konfession/ Religionen | reformiert |
Sprache/n | Deutsch |
Fläche | 280 km² (um 1800) |
Einwohner | 24.000 (um 1800)[2] |
Aufgegangen in | 1806: Großherzogtum Hessen, Homburg an Großherzogtum Berg 1815: Preußen |
Im Mannesstamm geht das Haus Sayn-Wittgenstein auf das Haus Sponheim zurück. Durch Heirat erwarb das Geschlecht, das in der Grafschaft Sponheim regierte, 1246 die Grafschaft Sayn mit Sitz auf Burg Sayn von dem gleichnamigen, ausgestorbenen Grafengeschlecht. Es folgten mehrere Erbteilungen und 1361 kam, ebenfalls im Erbweg, die Grafschaft Wittgenstein mit Sitz auf Burg Wittgenstein hinzu, deren Herren, die Grafen von Battenberg und Wittgenstein, ebenfalls erloschen waren.
Seit 1605 bzw. 1635 ist das Geschlecht in vier Linien Sayn-Wittgenstein-Berleburg, Sayn-Wittgenstein-Sayn, Sayn-Wittgenstein-Hohenstein und Sayn-Wittgenstein-Homburg geteilt. Die drei Letzteren sind 1636, 1743 und 1948 erloschen. Ihre Nachfolge traten jüngere Zweige der Berleburger Linie an.
Siegfried I. von Sponheim († 1065), der erste urkundlich nachweisbare Namensträger der Sponheimer (historisch oft auch Spanheimer genannt), kam im Gefolge des Salier-Kaisers Konrad II. aus Rheinfranken nach Kärnten. Durch Heirat mit der Sieghardinger Erbtochter Richgard von Lavant († 1072) kam er zu reichen Besitzungen in Tirol und Kärnten. Sein Sohn Engelbert I. wurde 1090 zum Markgrafen von Istrien ernannt. Engelberts jüngster Sohn Heinrich erlangte 1122 die Herzogswürde im Herzogtum Kärnten und die Herrschaft über die Markgrafschaft Verona, welche die Sponheimer beide bis 1269 innehatten.
Gottfried III. von Sponheim (* vor 1183–1218) heiratete 1202 Adelheid von Sayn († 1263), eine der beiden Schwestern und Erbinnen des letzten Grafen von Sayn, Heinrich III. Nach dessen Tod 1246/47 fielen Teile der Grafschaft Sayn an Gottfrieds Sohn Johann I., den Begründer der Linie Sponheim-Starkenburg, sein Bruder Heinrich I. von Heinsberg begründete die Linie Sponheim-Heinsberg und der jüngste Bruder, Simon I., die Linie Sponheim-Kreuznach. Johann I. von Sponheim-Starkenburg hatte einen Sohn Gottfried I. (1266–1284), unter dessen Söhnen 1294 eine Erbteilung stattfand: Johann II. erbte die Grafschaft Sayn und begründete die Linie der Grafen von Sayn-Sayn; sein Bruder Engelbert I. erbte Vallendar und aus mütterlichem Erbe die Herrschaft Homburg mit Schloss Homburg und begründete die Linie der Grafen von Sayn-Homburg. Die letztere Linie erbte 1361 die Grafschaft Wittgenstein und begründete damit das Haus Sayn-Wittgenstein. Die rheinische Hauptlinie des Sponheimer Grafengeschlechts (in Sponheim) starb im 15. Jahrhundert aus, doch die Grafen von Ortenburg bilden eine ebenfalls bis 1805 reichsunmittelbar regierende und bis heute existierende Seitenlinie des Sponheimer Mannesstammes.
Nach der wahrscheinlich im 10. oder 11. Jahrhundert erbauten Burg Sayn bei Bendorf nannte sich ein Grafengeschlecht, die Grafen von Sayn, das zum ersten Mal 1139 urkundlich belegt ist. Die Grafen erwarben nach und nach Güter im Westerwald, wo sie um 1180 das Schloss und nachfolgend die Stadt Hachenburg gründeten, ferner an der Sieg und am Niederrhein. Auch stifteten sie 1222 das Zisterzienserkloster Marienstatt. Die genauen Ursprünge der ersten Grafen von Sayn liegen noch im Dunkeln, aber eine Abstammung vom Haus Nassau ist wahrscheinlich.
Die ursprünglichen Grafen von Sayn starben 1246 mit dem Tode von Heinrich III. aus. Seine Schwester Adelheid war mit Gottfried III. von Sponheim verheiratet und brachte die Grafschaft Sayn als Erbe an die Grafen von Sponheim. Einige Besitzungen fielen dann an Gottfrieds zweiten Sohn Heinrich von Sponheim-Heinsberg, Herrn der Herrschaft Heinsberg. Der Enkel Gottfrieds III. durch seinen ältesten Sohn Johann I. (ebenfalls mit Namen Gottfried) gründete schließlich die jüngere Linie der Grafen von Sayn (des Stammes Sponheim).
Der Name der Burg Wittgenstein (Widechinstein), oberhalb der Stadt Laasphe gelegen, wird erstmals im Jahre 1174 urkundlich erwähnt. Der Graf von Battenberg nannte sich damals nach seinen beiden Burgen Werner von Battenberg und Wittgenstein. Die Grafen von Wittgenstein waren somit ein Zweig der Grafen von Battenberg, die sich bis 1238 mal von Battenberg und mal von Wittgenstein nannten und deren Besitz um Battenberg (Eder) und Wittgenstein lag. Mit dem Bau der Burg Wittgenstein um 1187 dehnten sie ihr Herrschaftsgebiet bis an die Lahn aus.
Im Jahre 1238 wurde die Grafschaft Battenberg und Wittgenstein unter den Enkeln des Grafen Werner I. geteilt: Widekind II. erhielt die Battenberger Besitzungen und Siegfried I. erhielt die Burg Wittgenstein und die Stadt Laasphe. 1295 unterstellte sich Wittgenstein der Lehnsherrschaft der Erzbischöfe von Köln.[4] Graf Siegfried I. erwarb vom Kloster Grafschaft zudem Eigentumsrechte an dem Ort Berleburg, der 1322 in den Alleinbesitz von Siegfried II. von Wittgenstein überging. 1361, nach dem Erlöschen der Wittgensteiner in männlicher Linie, erbten die Grafen Eberhardt und Heinrich von Sayn, Söhne des Salentin von Sayn-Homburg (des Stammes Sponheim) und der Adelheid von Wittgenstein, die Grafschaft Wittgenstein.
Die Besitzungen wurden ab 1361 in zwei Linien weitergeführt:
Folgende Grafen regierten die Grafschaft Wittgenstein in der Nachfolge:
Seit 1500 zählte die Grafschaft Wittgenstein zum Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreis, während die Grafschaft Sayn zum Oberrheinischen Reichskreis gehörte. In der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde die Reformation in der Grafschaft eingeführt.[5]
1606 starb die Linie Sayn-Sayn, die seit 1294 die eigentliche Grafschaft Sayn besessen hatte, in der männlichen Linie aus. Ihr letzter Vertreter, Heinrich IV., hatte schon 1605 die Grafschaft seiner einzigen Verwandten vermacht, seiner Nichte Anna Elisabeth, die mit dem dritten Sohn des Grafen Ludwig von Sayn-Wittgenstein, Wilhelm III., verheiratet war, so dass die beiden Linien für kurze Zeit wieder vereint wurden.
Ludwig I. (1532–1605), Graf von Sayn zu Wittgenstein, vereinte beide Grafschaften, Sayn und Wittgenstein, in einer Hand. Aber schon 1605 teilte er sein Erbe auf seine drei Söhne auf:
Die Grafschaft Sayn-Wittgenstein lag am Oberlauf von Eder und Lahn. Benachbarte Herrschaften waren:
Die beiden aus der Grafschaft hervorgegangenen Fürstentümer, Sayn-Wittgenstein-Berleburg und Sayn-Wittgenstein-Wittgenstein-(Hohenstein), wurden 1806 mediatisiert und zunächst dem Großherzogtum Hessen-Darmstadt angeschlossen, dann aber auf Beschluss des Wiener Kongresses von 1815 an Preußen abgegeben. Wiedervereinigt bildeten sie seit 1817 den Kreis Wittgenstein im südöstlichen Teil der Provinz Westfalen. Der Kreis Wittgenstein in Nordrhein-Westfalen wurde 1975 mit Siegen zum heutigen Kreis Siegen-Wittgenstein vereinigt.
Die Grafen von Wittgenstein hatten folgendes Stammwappen: In Silber zwei schwarze Pfähle (siehe oben). Es erscheint auch heute noch in einer Reihe aktueller Gemeindewappen, z. B.:
Die Grafen von Sayn-Wittgenstein (-Homburg) hatten ein Stammwappen mit vier Feldern im Hauptschild sowie einem Herzschild (siehe oben):[8]
Seit dem Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung vom 14. August 1919 tragen alle deutschen Familienangehörigen der verschiedenen Linien den amtlichen Familiennamen „Prinz bzw. Prinzessin zu Sayn-Wittgenstein-…“. Die einst in Primogenitur vererbten Fürstentitel der drei Linienoberhäupter Berleburg, Hohenstein und Sayn werden – teilweise – im privaten Verkehr noch verwendet.[9]
Die Mitglieder des russischen (Ludwigsburger) Nebenzweiges der Linie Berleburg, die heute vor allem in Kanada leben, führen alle den Namen Fürst bzw. Fürstin zu Sayn-Wittgenstein. Dazu kam es auf folgendem Wege: Der primogen vererbliche Titel Fürst zu Sayn und Wittgenstein wurde dem Sohn des Grafen Christian Ludwig zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg-Ludwigsburg (1725–1797), dem kaiserlich russischen Generalleutnant Graf Peter (1769–1843), 1834 in Preußen verliehen. In Russland wurde dieser Titel sodann, ebenfalls 1834, als Fürst zu Sayn-Wittgenstein bestätigt und Fürst Peter damit in den erblichen Russischen Adel der Fürstenklasse aufgenommen. Russische Fürstentitel aber waren – in der Regel – nicht nur primogen vererblich, sondern wurden – im Gegensatz zum deutschen Fürstenrecht – von sämtlichen Familienangehörigen gleichzeitig geführt, somit nicht nur vom jeweiligen Linienchef, sondern auch von jüngeren Söhnen sowie ihrer Deszendenz und auch von unverheirateten Töchtern. Dieser russische Fürstentitel wurde sodann von den Nachfahren von Peters zweitem Sohn Friedrich (1836–1909) weiter geführt, während der vierte und jüngste Sohn Alexander (1847–1940), nach Deutschland zurückgekehrt, die Linie „zu Sayn-Wittgenstein-Sayn“ begründete, die unter diesem Namen den primogenen preußischen Fürstentitel fortführte, der sich nur an den jeweiligen Linienchef vererbte, während die jüngeren Nachfahren den Titel „Prinz/Prinzessin zu“ führten, der 1919 zum amtlichen Familiennamen wurde.[10]
Durch eine Ehe mit Johann Casimir Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Sayn (* 1976), Sohn des Oberhaupts des Hauses Alexander Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Sayn, erwarb die deutsche Geschäftsfrau Corinna Larsen den Familiennamen.[11] In der Berichterstattung über ihre Liaison mit dem spanischen König Juan Carlos I. nannte die Madrider Presse sie die „deutsche Prinzessin“. Trotz des Einspruchs des Hauses Sayn-Wittgenstein ließ sie sich auch nach der Scheidung als „Prinzessin“ titulieren.[12] Sie erklärte gegenüber der Presse, dass es ihr „legitimes Recht“ sei, auch nach der Scheidung den durch die Ehe erworbenen Familiennamen zu tragen.[13]
Im Oktober 1904 hatte sich ein neuer, bayerischer Zweig von der Familie abgespalten: Prinz Hermann zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein, der eine nicht ebenbürtige Ehe mit Gertrude Katharina Westenberger eingegangen war, und sein aus dieser Verbindung stammender Sohn Alexander wurden in die Adelsmatrikel des Königreichs Bayern in der Fürstenklasse eingeschrieben, allerdings mit dem Titel „Fürst von Sayn-Wittgenstein“. Hermann verzichtete am 23. Januar 1905 auf die Zugehörigkeit zum Hause Sayn-Wittgenstein-Hohenstein. Die österreichische Prävalierung der Familie erfolgte am 11. Juli 1912 in Wien. Diese neue bayerisch-österreichische Linie starb allerdings mit den beiden Söhnen Hermanns, Alexander (1876–1947) und Adalbert (1887–1959), im Mannesstamm schon wieder aus.[14]
Die letzte nach Adelsrecht legitime Namensträgerin dieser Linie, Alexanders einzige Tochter Elisabeth Gertrud (* 1927)[15] heiratete 1979 auf Vermittlung des Titelhändlers Hans-Hermann Weyer Bruno Lothar Koch, der den Namen Fürst von Sayn-Wittgenstein annahm.[16][17] Dieser habe zudem laut Alexander zu Sayn-Wittgenstein-Sayn durch Adoptionen eine „Kette“ von Namensweitergaben begründet, die zu mehr als 50 Namensträgern der Namensform „Fürst/in von“ geführt haben.[18] Dazu gehört z. B. der Unternehmer Karl-Heinz Richard von Sayn-Wittgenstein (vormals Böswirth), der im Fernsehen als „Der Immobilienfürst“ auftrat.[19] Auch bei der Ex-AfD-Politikerin Doris Fürstin von Sayn-Wittgenstein wird eine Adoption vermutet.[17] Die Familie zu Sayn-Wittgenstein warnt vor Betrügern und Heiratsschwindlern, die sich des Namens „von Sayn-Wittgenstein“ bedienten.[18]
Siehe auch: Sayn-Wittgenstein (Familienname) (Namensträger in alphabetischer Sortierung)
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