Loading AI tools
Teilgebiet der Mathematik Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Gruppentheorie als mathematische Disziplin untersucht die algebraische Struktur von Gruppen.
Anschaulich besteht eine Gruppe aus den Symmetrien eines Objekts oder einer Konfiguration zusammen mit jener Verknüpfung, die durch das Hintereinanderausführen dieser Symmetrien gegeben ist. So bilden beispielsweise die Drehungen eines regelmäßigen -Ecks in der Ebene, mit denen die Figur auf sich selbst abgebildet werden kann, eine Gruppe mit Elementen. Um dieses Konzept allgemein zu fassen, hat sich eine knappe und mächtige Definition herausgebildet: Demnach ist eine Gruppe eine Menge zusammen mit einer zweistelligen inneren Verknüpfung (durch die jedem geordneten Paar von Elementen eindeutig ein Element dieser Menge als Resultat zugeordnet wird), wenn diese Verknüpfung assoziativ ist und es ein neutrales Element gibt sowie zu jedem Element ein Inverses. So bildet zum Beispiel auch die Menge der ganzen Zahlen zusammen mit der Addition eine Gruppe.
Die systematische Untersuchung von Gruppen begann im 19. Jahrhundert und wurde durch konkrete Probleme ausgelöst, zunächst durch die Frage nach der Lösbarkeit von algebraischen Gleichungen, später durch die Untersuchung geometrischer Symmetrien. Dementsprechend stand zunächst die Untersuchung konkreter Gruppen im Vordergrund; erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurden verstärkt abstrakte Fragestellungen untersucht. Wichtige Beiträge stammen unter anderem von Évariste Galois und Niels Henrik Abel in der Algebra sowie Felix Klein und Sophus Lie in der Geometrie. Eine der herausragenden mathematischen Leistungen des 20. Jahrhunderts ist die Klassifikation aller endlichen einfachen Gruppen, also der unzerlegbaren Bausteine aller endlichen Gruppen.
Die große Bedeutung der Gruppentheorie für viele Gebiete der Mathematik und ihrer Anwendungen resultiert aus ihrer Allgemeinheit, denn sie umfasst in einer einheitlichen Sprache sowohl geometrische Sachverhalte (Bewegungen des Raumes, Symmetrien etc.) als auch arithmetische Regeln (Rechnen mit Zahlen, Matrizen etc.). Vor allem in der Algebra ist der Begriff der Gruppe von grundlegender Bedeutung: Ringe, Körper, Moduln und Vektorräume sind Gruppen mit zusätzlichen Strukturen und Eigenschaften. Methoden und Sprechweise der Gruppentheorie durchziehen daher viele Gebiete der Mathematik. In Physik und Chemie treten Gruppen überall dort auf, wo Symmetrien eine Rolle spielen (z. B. Invarianz physikalischer Gesetze, Symmetrie von Molekülen und Kristallen). Zur Untersuchung solcher Phänomene liefern die Gruppentheorie und die eng verwandte Darstellungstheorie die theoretischen Grundlagen und eröffnen wichtige Anwendungen.
Gruppen werden in der Mathematik verwendet, um das Rechnen mit Zahlen zu verallgemeinern. Entsprechend besteht eine Gruppe aus einer Menge von Dingen (z. B. Zahlen, Symbolen, Objekten, Bewegungen) und einer Rechenvorschrift (eine Verknüpfung, in diesem Artikel als dargestellt), die angibt, wie mit diesen Dingen umzugehen ist. Diese Rechenvorschrift muss dabei bestimmten Regeln genügen, den sogenannten Gruppenaxiomen, die im Folgenden erklärt werden.
Von einer Gruppe spricht man, falls für eine Menge zusammen mit einer Verknüpfung je zweier Elemente dieser Menge, hier geschrieben als , die folgenden Anforderungen erfüllt sind:
Man beachte: Falls auf der Menge von mehreren Verknüpfungen die Rede ist, etwa und , dann gibt es mehrere neutrale und inverse Elemente, jeweils passend zur Verknüpfung. Wenn aus dem Kontext klar ist, dass nur eine bestimmte Verknüpfung gemeint ist, dann spricht man kurz von dem neutralen Element und dem inversen Element zu ohne die Verknüpfung nochmals explizit zu erwähnen.
Beispiele für abelsche Gruppen sind
Die sehr allgemeine Definition von Gruppen ermöglicht es, nicht nur Mengen von Zahlen mit entsprechenden Operationen als Gruppen aufzufassen, sondern auch andere mathematische Objekte mit geeigneten Verknüpfungen, die die obigen Anforderungen erfüllen. Ein solches Beispiel ist die Menge der Drehungen und Spiegelungen (Symmetrietransformationen), durch die ein regelmäßiges n-Eck auf sich selbst abgebildet wird, mit der Hintereinanderausführung der Transformationen als Verknüpfung (Diedergruppe).
Eine Gruppe ist ein Paar . Dabei ist eine Menge und eine zweistellige Verknüpfung bezüglich . Das heißt, dadurch wird die Abbildung beschrieben. Zudem müssen die folgenden Axiome für die Verknüpfung erfüllt sein, damit als Gruppe bezeichnet werden kann:
Eine Gruppe heißt abelsch oder kommutativ, wenn zusätzlich das folgende Axiom erfüllt ist:
Andernfalls, d. h., wenn es Gruppenelemente gibt, für die ist, heißt die Gruppe nichtabelsch.
Bekannte Beispiele für Gruppen sind:
Eine ausführlichere Aufzählung befindet sich in der Liste kleiner Gruppen.
Die Mächtigkeit (Kardinalität) der Trägermenge der Gruppe nennt man Ordnung der Gruppe oder kurz Gruppenordnung. Für endliche Mengen ist dies einfach die Anzahl der Elemente.
Ist eine Teilmenge der Trägermenge einer Gruppe und ist selbst eine Gruppe, so nennt man eine Untergruppe von , Bezeichnung .
Hierzu ein wichtiger Satz (Satz von Lagrange): Die Ordnung jeder Untergruppe einer endlichen Gruppe ist ein Teiler der Ordnung der Gruppe . Ist speziell eine Primzahl, dann hat nur die (trivialen) Untergruppen (bestehend aus dem neutralen Element) und selbst.
Gibt es in ein Element so, dass man jedes Element als Potenz (mit einer ganzen Zahl , die auch negativ sein darf) schreiben kann, so nennt man eine zyklische Gruppe und erzeugendes Element.
Ergibt ein Element der Gruppe, endlich viele Male (-mal) mit sich selbst verknüpft, das neutrale Element , d. h., gibt es ein mit , so nennt man das kleinste derartige die Ordnung des Elements . In diesem Fall spricht man von einem Element endlicher Ordnung oder Torsionselement. Falls kein solches existiert, sagt man, dass unendliche Ordnung hat. In beiden Fällen entspricht die Ordnung des Elements der Ordnung der von ihm erzeugten Untergruppe.
Aus dem Satz von Lagrange folgt daher: In einer endlichen Gruppe ist die Ordnung jedes Elements endlich, und ein Teiler der Gruppenordnung.
Die kleinste positive Zahl , mit der für jedes Gruppenelement gilt, wird Gruppenexponent genannt.
Steht das Zeichen »*« für das Mal-Zeichen »·«, dann spricht man von einer multiplikativ geschriebenen Gruppe. Diese kann kommutativ sein oder auch nicht, und das Zeichen »·« kann weggelassen, d. h. die zwei Operanden direkt nebeneinander geschrieben werden. Das neutrale Element ist dann und das Inverse wird oder im kommutativen Fall auch geschrieben. In Analogie zu den reellen Zahlen wird für das multiplikativ Iterierte die Potenzschreibweise verwendet.
Wird andererseits das Plus-Zeichen »+« als Zeichen für die Verknüpfung verwendet, dann spricht man von einer additiv geschriebenen Gruppe, die dann auch allermeist kommutativ ist und als neutrales Element hat. Das Vielfache wird und das Inverse geschrieben.
Es gibt aber außer Multiplikation und Addition noch weitere Operationen, die eine Gruppenstruktur definieren. So gilt für die Hintereinanderausführung von Funktionen stets das Assoziativgesetz. Werden dabei nur Funktionen betrachtet, die invertierbar sind, und zwar Bijektionen einer Menge auf sich selbst, dann definieren sie eine Gruppe (die im Allgemeinen nicht kommutativ ist). Häufig wird als Zeichen für die Hintereinanderausführung und für das entsprechende neutrale Element verwendet. Ist bei Inversenbildung und Iteration gegenüber der Potenzschreibweise ein Unterschied zu machen, dann wird der Exponent auch in spitze Klammern gesetzt, z. B. und
Definiert man auf der Gruppe mit einer Untergruppe die Relation durch
erhält man eine Äquivalenzrelation[1] auf deren Quotientenmenge die Menge partitioniert. Die Nebenklasse (englisch: coset) zu einem Element ist die Menge
Dies ist die Menge aller Elemente , die zu in der Relation stehen, und damit eine Äquivalenzklasse. Die Nebenklasse, die man für ein zu äquivalentes Element durch Linksverknüpfung aller erhält, ist daher die Gleiche.[2] Für die Nebenklasse bezüglich schreibt man oder auch kurz wenn klar ist, durch welchen Vorgang die Nebenklassen gebildet werden. Da diese Menge alle Elemente von enthält, die dadurch entstehen, dass die Elemente aus links mit dem Element verknüpft werden, heißt sie (genauer) die Linksnebenklasse,[3] Alternativbezeichnung Linksrestklasse,[4] von nach dem Element .
Wenn man andererseits eine Relation durch
definiert, dann ist dies im Allgemeinen eine andere Äquivalenzrelation und die Menge der zu äquivalenten Elemente in jetzt
die durch Rechtsverknüpfung der Elemente aus mit dem Element entsteht. Sie wird mit oder bezeichnet und Rechtsnebenklasse, Alternativbezeichnung Rechtsrestklasse, von nach dem Element genannt.
Für die Faktor- oder Quotientenmenge aller Links- bzw. Rechtsnebenklassen wird die Notation
bzw.
verwendet.
Nebenklassen werden benutzt, um den Satz von Lagrange zu beweisen, um die Begriffe Normalteiler und Faktorgruppe zu erklären und um Gruppenoperationen zu studieren.
Man kann Nebenklassen auch als Bahnen einer Gruppenoperation verstehen. Die Untergruppe operiert nämlich auf der Gruppe von links
bzw. von rechts
durch Multiplikation. Für ein gegebenes ist dann die Rechtsnebenklasse
gerade die Bahn von der Linksoperation, entsprechend die Linksnebenklasse
die Bahn von der Rechtsoperation. Die Notation für die Menge der Linksnebenklassen bzw. für die Menge der Rechtsnebenklassen deckt sich mit der für Bahnen üblichen Notation für den Orbitraum.
Sind zwei Untergruppen und gegeben, so erhält man eine Äquivalenzrelation durch
Die Äquivalenzklasse zu ist
Für diese Menge schreibt man oder und nennt sie die -Doppelnebenklasse zu .
Ist für jedes Element die linke Nebenklasse von gleich der rechten, d. h. , so nennt man einen Normalteiler von , Bezeichnung .
In einer abelschen Gruppe ist jede Untergruppe ein Normalteiler. Der Kern jedes Gruppenhomomorphismus ist ein Normalteiler.
Die Linksnebenklassen (oder auch die Rechtsnebenklassen) bezüglich einer Untergruppe teilen die Gruppe (als Menge angesehen) in disjunkte Teilmengen auf. Ist die Untergruppe sogar ein Normalteiler, so ist jede Linksnebenklasse zugleich eine Rechtsnebenklasse und wird ab jetzt nur Nebenklasse genannt.
Ist ein Normalteiler von , dann kann man auf der Menge der Nebenklassen eine Verknüpfung definieren:
Die Verknüpfung ist wohldefiniert, d. h., sie ist nicht abhängig von der Wahl der Repräsentanten und in ihrer Nebenklasse. (Ist kein Normalteiler, dann gibt es Nebenklassen mit Repräsentanten, die verschiedene Ergebnisse produzieren.)
Zusammen mit dieser induzierten Verknüpfung bildet die Menge der Nebenklassen eine Gruppe, die Faktorgruppe . Die Faktorgruppe ist eine Art vergröbertes Abbild der originalen Gruppe.
Eine nicht-triviale Gruppe heißt einfach, wenn sie keine Normalteiler außer der trivialen Gruppe und sich selbst hat. Beispielsweise sind alle Gruppen von Primzahlordnung einfach. Die einfachen Gruppen spielen eine wichtige Rolle als „Grundbausteine“ von Gruppen. Seit 1982 sind die endlichen einfachen Gruppen vollständig klassifiziert. Jede gehört entweder zu einer der 18 Familien endlicher einfacher Gruppen oder ist eine der 26 Ausnahmegruppen, die auch als sporadische Gruppen bezeichnet werden.
Manche Eigenschaften endlicher Gruppen lassen sich mit dem Zauberwürfel veranschaulichen, der seit seiner Erfindung vielfach im akademischen Unterricht eingesetzt wurde, weil die Permutationen der Ecken- und Kantenelemente des Würfels ein sichtbares und handgreifliches Beispiel einer Gruppe darstellen. Die Elemente der Gruppe sind dafür zumeist die Züge, die auf dem Würfel ausgeführt werden können (sowohl einzelne Ebenenrotationen als auch zusammengesetzte Züge aus mehreren Ebenenrotationen) und der Gruppenoperator ist eine Konkatenation der Züge. Diese gruppentheoretische Darstellung des Zauberwürfels kann für verschiedene Zauberwürfel durchgeführt werden, wie dem 2×2×2-Würfel oder dem 3×3×1-Würfel[5][6]. Die Konfiguration des jeweiligen Würfels wird üblicherweise aus verschiedenen Parametern zusammengesetzt: Eine Permutationsfunktion für die Position der jeweiligen Steine im Würfel und ein Vektor für die Ausrichtung der Steine im Würfel. Je nach Größe des Würfels werden jeweils eine Permutationsfunktion für die Eck- und Kantsteine angegeben und auch jeweils ein Ausrichtungsvektor. Mithilfe der Gruppe des Würfels kann auch die Mächtigkeit der Gruppe bestimmt werden - diese entspricht der Anzahl der möglichen Würfelkonfigurationen. Bei dem 2×2×2-Zauberwürfel ergeben sich durch acht Permutationsobjekte (Ecksteine), drei Möglichkeiten der Ausrichtung der acht Ecksteine und 24 Möglichkeiten der Rotation des Würfels, da es keine eindeutige Oberseite gibt, Möglichkeiten[6]. Bei dem 3×3×1-Würfel ergeben sich mögliche Konfigurationen[5].
Bei den Gruppen der Zauberwürfel handelt es sich um nicht-abelsche/nicht kommutative Gruppen, da die Gruppenelemente die Züge des Würfels sind und die Reihenfolge der Ausführung von Zügen nicht kommutativ ist, sondern die Würfelkonfiguration beeinflusst.
Die Menge der möglichen Positionen der Atome der Moleküle in ihrer Gleichgewichtskonformation lässt sich mit Hilfe von Symmetrieoperationen (Einheitselement, Spiegelung, Drehung, Inversion, Drehspiegelung) auf sich selbst abbilden. Die Symmetrieoperationen lassen sich zu Gruppen, den sogenannten Punktgruppen zusammenfassen.
In der Quantenmechanik sind Symmetriegruppen als Gruppen von unitären oder antiunitären Operatoren realisiert. Die Eigenvektoren einer maximalen abelschen Untergruppe dieser Operatoren zeichnet eine physikalisch wichtige Basis aus, die zu Zuständen mit wohldefinierter Energie oder Impuls oder Drehimpuls oder Ladung gehört. Beispielsweise bilden in der Festkörperphysik die Zustände in einem Kristall mit einer fest gewählten Energie einen Darstellungsraum der Symmetriegruppe des Kristalls.
Die Entdeckung der Gruppentheorie wird Évariste Galois zugeschrieben, der die Lösbarkeit algebraischer Gleichungen durch Radikale (in heutiger Terminologie) auf die Auflösbarkeit ihrer Galois-Gruppe zurückführte. Galois’ Arbeit wurde erst 1846 postum veröffentlicht. Implizit spielte das Konzept einer Gruppe aber bereits bei Lagrange (Réflexions sur la résolution algébrique, 1771) und Gauß (Disquisitiones Arithmeticae, 1801) eine Rolle.
Im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts wurde die Gruppentheorie vor allem durch Felix Kleins Erlanger Programm und die von Sophus Lie entwickelte Theorie der kontinuierlichen Transformationsgruppen sowie auch Poincarés und Kleins Arbeiten über automorphe Funktionen zu einem zentralen Bestandteil der Mathematik. Aus dem Jahr 1881 stammt Poincarés bekanntes Zitat „Les mathématiques ne sont qu’une histoire des groupes.“ (Die Mathematik ist nur eine Geschichte der Gruppen.)
Eine abstrakte Definition von Gruppen findet sich erstmals 1854 bei Arthur Cayley:
„A set of symbols , all of them different, and such that the product of any two of them (no matter in what order), or the product of any one of them into itself, belongs to the set, is said to be a group. These symbols are not in general convertible [commutative] but associative, it follows that if the entire group is multiplied by any one of the symbols, either as further or nearer factor [left or right], the effect is simply to reproduce the group.“
Erst ab 1878 erschienen die ersten Arbeiten zur abstrakten Gruppentheorie. Cayley bewies, dass jede endliche Gruppe isomorph zu einer Gruppe von Permutationen ist, und bemerkte in derselben Arbeit, dass es einfacher sei, Gruppen als abstrakte Gruppen statt als Gruppen von Permutationen zu betrachten. 1882 definierte Dyck erstmals Gruppen mittels Erzeugern und Relationen.
Seamless Wikipedia browsing. On steroids.
Every time you click a link to Wikipedia, Wiktionary or Wikiquote in your browser's search results, it will show the modern Wikiwand interface.
Wikiwand extension is a five stars, simple, with minimum permission required to keep your browsing private, safe and transparent.