Zwei-Evangelien-Theorie
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Die Zwei-Evangelien-Theorie (oder: Griesbachhypothese, englisch two-gospel hypothesis) ist ein Lösungsvorschlag für das Synoptische Problem. Sie wurde zuerst vom walisischen Theologen Henry Owen formuliert.[1] Möglicherweise hat Johann Jakob Griesbach Owens Überlegungen aufgegriffen und sie in seine Theorie von 1776 einfließen lassen.[2] Die Theorie in der heutigen Form wurde 1964 von William R. Farmer aufgestellt.
Die Zwei-Evangelien-Theorie behandelt das so genannte Synoptische Problem zur Entstehung der drei ersten Evangelien und hat vor allem in den USA eine gewisse Popularität erlangt.[3][4] Ihre Hauptvorteile gegenüber der Zweiquellentheorie bestehen darin, dass sie mit den Texten der drei synoptischen Evangelien arbeitet, keine postulierten Quellen braucht (wie etwa bei der Logienquelle Q) und im Einklang mit den Aussagen verschiedener Kirchenväter ab dem 2. Jh. n. Chr. steht. Sie geht davon aus, dass verschiedene traditionelle Darstellungen der Evangelien bezüglich Reihenfolge, Veröffentlichung und Verfasserschaft zutreffend sind.[5]
Die generelle Aussage dieses Modells geht zunächst dahin, festzustellen, dass die Evangelien Matthäus und Lukas vor Markus schriftlich entstanden sind. Unter Berücksichtigung verschiedener größerer mündlicher und schriftlicher Überlieferungen soll zunächst Matthäus ein Evangelium geschrieben haben, das wiederum Lukas rezipiert hat und weitere schriftlich und mündlich überlieferte Inhalte hinzufügte. Markus soll schließlich weitgehend auf den beiden bestehenden Evangelien beruhend sein Evangelium verfasst haben.[6][7]
Einige Argumente für die Zwei-Evangelien-Theorie stammen aus den Evangelien selber („innere Evidenz“), während andere Hinweise in Überlieferungen der Kirchenväter liegen („äußere Evidenz“). Die Kirchenväter erörterten und überlieferten nicht nur die Verfasserschaft, die Reihenfolge und die Abfassungszeit der Evangelien, sie bezeugt auch spezifische Umstände der Entstehung jedes Evangeliums. So vertreten z. B. überlieferte Texte die Sicht, dass das Markusevangelium entstanden sei, nachdem Markus 50 Kopien einer Reihe von Petrusreden in Rom habe anfertigen lassen. Die Zwei-Evangelien-Theorie bezieht die Ansichten der Kirchenväter mit ein und trifft Annahmen aufgrund innerer und äußerer Indizien.[11]
Etwa 25 % des Matthäus- und 25 % des Lukastextes sind identisch, kommen aber bei Markus nicht vor. Von der Zweiquellentheorie wurde dies erklärt als Texte, die aus der hypothetischen Logienquelle Q stammen. Nach der Zwei-Evangelien-Theorie hingegen wurde dieses Material durch Lukas aus dem Matthäusevangelium kopiert, aber von Markus nicht bestätigt, weil Petrus dafür nicht Augenzeuge war. Die Zweiquellentheorie vermutet außerdem, dass das Sondergut des Matthäus und Lukas von weiteren unbekannten Quellen stamme. Die Zwei-Evangelien-Theorie nimmt dagegen an, dass das matthäische Sondergut weitgehend Matthäus’ eigenes Zeugnis darstellt; das lukanische Sondergut hält sie für Augenzeugenberichte, wie sie in den ersten Versen von Lukas erwähnt werden. Zudem liefert sie einen spezifischen Grund, warum Markus mehr Gemeinsamkeiten mit Matthäus als mit Lukas aufweist.
Griesbach beschrieb seine Lösung des Synoptischen Problems 1789 in seinem Werk Commentatio qua Marci evangelium totum e Matthaei et Lucae commentariis decerptum esse monstratur. Demnach habe Markus das Matthäus- und das Lukasevangelium gekannt und beide Schriften gekürzt wiedergegeben (Kompilation). Sie gleicht der Zwei-Evangelien-Theorie, ist aber im Prinzip eine literarkritische Theorie. Sie wurde bereits 1764 vom britischen Gelehrten Henry Owen (1716–1795) und 1781 von Friedrich Andreas Stroth (1750–1785) in einem Artikel vorweggenommen. Griesbach, dem man sie zuerst zuschrieb, spielte 1783 darauf an, dass Matthäus das erste Evangelium schrieb und dass Lukas (und nicht Markus) das Matthäusevangelium bei der Komposition des zweiten Evangeliums benutzte. Griesbachs Theorie formulierte also eine direkte, gegenseitige literarische Abhängigkeit der Synoptiker. Nach Griesbach wurde zuerst Matthäus und dann Lukas geschrieben, der sich auf Matthäus und andere nicht-matthäische Traditionen stützte; schließlich schrieb Markus sein Evangelium unter Benutzung von Matthäus und Lukas. Auf diese Weise behielt Griesbach die Matthäuspriorität bei, wie vor ihm schon Augustinus[12] und im Konsens mit allen anderen Gelehrten bis zum späten 18. Jahrhundert. Griesbachs Hauptargument für seine Theorie liegt in den Stellen, wo Matthäus und Lukas gemeinsam gegen Markus übereinstimmen (z. B. Mt 26,68; Lk 22,64; Mk 14,65), d. h. in den schon genannten Minor Agreements.
Viele typische Argumente zugunsten der Markuspriorität und/oder der Zweiquellentheorie funktionieren auch als Argumente gegen die Zwei-Evangelien-Theorie. Alle Argumente und Gegenargumente aufzulisten würde den Umfang dieses Artikels sprengen. Einige beachtenswerte Kritikpunkte lauten:
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