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hydraulisches Bindemittel für Mörtel und Beton Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zement (über älteres Cement und cementum wohl gebildet aus lateinisch caementum „Bruchstein“, „Stein“, „Baustein“, von caedere „brechen“[1]) ist ein anorganischer und nichtmetallischer Baustoff. Er ist feingemahlen und zählt daher zu den Schüttgütern. Aufgrund seiner Eigenschaften wird er zum Anfertigen von Bauteilen und Bauwerken verwendet. Innerhalb der Baustoffe zählt Zement zu den Bindemitteln. Er erhärtet durch die chemische Reaktion mit Wasser (Hydratation) und bleibt danach fest. Zur Herstellung von Baustoffen wie Mörtel und Beton werden dem Zementpulver sogenanntes Zugabewasser (früher „Anmachwasser“) und andere Stoffe als Zuschlagstoffe beigemengt. Aufgrund der weltweiten Verfügbarkeit der Rohstoffe sowie der Festigkeit und Dauerhaftigkeit von Beton ist Zement weltweit eines der wichtigsten Bindemittel. Mit einer Weltproduktion von 4,1 Milliarden Tonnen im Jahr 2017[2] ist Zement der meistverwendete Werkstoff.
Zement wird in Zementwerken produziert. Zu seiner Herstellung werden die natürlichen Rohstoffe Kalkstein und Ton verwendet, die häufig als natürliches Gemisch vorliegen und dann als Mergel bezeichnet werden. Falls nötig, werden als Korrekturmaterialien auch Quarzsand und eisenoxidhaltige Stoffe für eine bessere Sinterung beigemischt. Die Rohstoffe werden zu Rohmehl gemahlen und anschließend auf etwa 1450 °C erhitzt, bis sie an den Korngrenzen teilweise miteinander verschmelzen (Sintern) und der sogenannte Zementklinker entsteht. Das Material, mit nun kugelförmiger Struktur, wird abgekühlt und zum Endprodukt Zement gemahlen. Um Zementsorten mit bestimmten Eigenschaften zu erhalten, können vor dem Mahlen Hüttensand, Flugasche, Kalkstein und Gips in unterschiedlicher Dosierung und Mahlfeinheit zugegeben werden.
Als problematisch gilt mittlerweile der Einfluss der Zementproduktion auf das Klima. Die Zementindustrie gehört zu den Hauptverursachern von Kohlenstoffdioxid, das mit die globale Erwärmung bewirkt. Bei der weltweiten Produktion ergibt sich durch das Freisetzen des im Kalk (Calciumcarbonat) gebundenen Kohlenstoffdioxids zusammen mit der CO2-Freisetzung durch die eingesetzte Prozess-Energie ein Ausstoß von ca. 2,7 Milliarden Tonnen CO2 im Jahr oder rund 8 % des von Menschen verursachten CO2-Ausstoßes,[3][4][5][6] was dem Vierfachen des gesamten Luftverkehrs entspricht.[7]
Das deutsche Wort Zement geht auf die lateinische Bezeichnung opus caementicium zurück. Beim opus caementicium, das den Römern bereits vor über 2000 Jahren bekannt war, handelte es sich allerdings nicht um Zement in der heutigen Bedeutung, sondern um ein betonartiges Mauerwerk. Es kann als Vorläufer des heutigen Betons angesehen werden und bestand aus gebranntem Kalkstein als Bindemittel sowie Steinen, Sand und Puzzolanen als Zuschlag. Da das opus caementitium widerstandsfähig gegen Wasser war, wurde es zum Bau von Wasserleitungen und Hafenmolen verwendet, aber auch für Fundamente und für Bauwerke wie das Kolosseum und das Pantheon.
Später wurden mit cementum, cimentum, cäment und cement Zuschlagstoffe wie vulkanische Asche, Puzzolane und Ziegelmehl bezeichnet, die man dem gebrannten Kalk zusetzte, um ein hydraulisches Bindemittel (Hydraulkalk, Wasserkalk) zu erhalten. Die Bedeutung des Tongehalts für die hydraulischen Eigenschaften des Zements (Romanzement) wurde von dem Engländer John Smeaton (1724–1792) entdeckt. Seit damals steht Zement nicht mehr für den Zuschlagstoff, sondern das Bindemittel.
Der Franzose Louis-Joseph Vicat (1786–1861) legte mit der Wiederentdeckung des „römischen Zements“ und der Erfindung des künstlichen hydraulischen Kalks die Grundlagen für die Entwicklung von Zement und Kalkmörtel.
Als eigentlicher Erfinder des Portlandzements gilt der Engländer Joseph Aspdin (1778–1855). 1824 erhielt er das Patent An Improvement in the Mode of Producing an Artificial Stone; in der Patentschrift benutzte er den Ausdruck „Portland cement“. Die Bezeichnung lehnte sich an den Portland-Stein an, einen Kalkstein, der auf der Halbinsel Portland an der englischen Kanalküste als Werkstein abgebaut wurde und den aus Portlandzement gefertigten Kunstprodukten farblich ähnlich war.
Dieser „Portland cement“ war noch kein Zement im heutigen Sinne, sondern künstlicher Romanzement: Die Bedeutung des Sinterns hat anscheinend als erster Isaac Charles Johnson (1811–1911) im Jahr 1844 erkannt und mit seinem verbesserten Verfahren den „echten“, überbrannten Portlandzement in das Baugewerbe eingeführt, wo er aufgrund seiner überlegenen Härte den Romanzement schnell verdrängte.[8]
1838 wurde von dem Ulmer Apotheker Gustav Ernst Leube und seinen Brüdern in Ulm das erste deutsche Zementwerk gegründet. Der erste deutsche Portlandzement nach englischem Vorbild wurde in Uetersen produziert. Die Grundlage für die Herstellung des Portlandzements in Deutschland legte Hermann Bleibtreu (1821–1881), der auch zwei Zementwerke in Züllchow bei Stettin (1855) und in Oberkassel bei Bonn errichtete. Entscheidenden Einfluss auf die weitere Entwicklung hatte Wilhelm Michaëlis (1840–1911). In seinem 1868 erschienenen Buch mit dem Titel Die hydraulischen Mörtel machte er als Erster genaue Angaben über die günstigste Zusammensetzung des Rohstoffgemischs. Zu den ältesten bestehenden Bauwerken, die in Portland-Zement ausgeführt wurden, zählt die ab 1871 durch die Berliner Cement AG errichtete Alte Schmiede in der Spittastraße 40 in Berlin-Lichtenberg.[9]
1877 schlossen sich sämtliche 23 bestehenden deutschen Portlandzementfabrikanten zum Verein Deutscher Portland-Cement-Fabrikanten zusammen, um „alle für die Zementindustrie wichtigen technischen und wissenschaftlichen Fragen in gemeinschaftlicher Arbeit zu klären“.[10] Zusammen mit der 1876 vom Deutschen Verein für Fabrikation von Ziegeln, Tonwaren, Kalk- und Zement in Angriff genommenen Ausarbeitung eines einheitlichen Prüfverfahrens und der Aufstellung von Vorschriften für die an die Qualität des Zements zu stellenden Anforderungen und in Verbindung mit den Architektenvereinen, dem Berliner Baumarkt und der Ziegelindustrie wurden 1878 die ersten preußischen Normen zur Prüfung von Portlandzement herausgegeben, die sogleich für alle staatlichen Bauten vorgeschrieben wurden.[11]
1917 wurde der Deutsche Zement-Bund in Berlin gegründet.
Der Ausgangsstoff für Zement wird aus überwiegend natürlichen Rohstoffen im Trockenverfahren gemahlen und gemischt, anschließend in einem kontinuierlichen Prozess in Drehrohröfen gebrannt, gekühlt und erneut gemahlen. Typische Durchsätze der Drehrohröfen sind 3.000 bis 10.000 Tonnen Klinker pro Tag.
Vorgänger des Trockenverfahrens beim Mahlen der Rohstoffe waren Nass- und Halbnassverfahren, bei denen die Rohstoffe im nassen Zustand vermahlen und gemischt wurden. Wegen des hohen Energieaufwands beim anschließenden Trocknen sind diese Verfahren heute jedoch in der Regel nicht mehr konkurrenzfähig.
Die Rohstoffe sind Kalkstein (Calciumcarbonat als Quelle für Calciumoxid), Ton (für Siliciumdioxid und Aluminiumoxid), Sand (für Siliciumdioxid) und Eisenerz (Eisen(III)-oxid). Durch die Zumahlung von Zusatzstoffen wie z. B. Hüttensand, Puzzolan oder Flugasche können Zemente mit verschiedenen chemischen und physikalischen Eigenschaften hergestellt werden. Gips oder Anhydrit wird dem Endprodukt zugesetzt.
Die Rohstoffe werden in Steinbrüchen oder Tagebauen abgebaut, in Brechern vorzerkleinert und in das Zementwerk befördert. In einer Vertikalmühle oder Rohmühle werden alle Rohstoffe zusammen vermahlen und gleichzeitig getrocknet. Das dabei entstehende Rohmehl wird dann in einem Drehrohrofen bei Temperaturen von ca. 1.400–1.450 °C zu sogenanntem Zementklinker gebrannt. Beim Brennen wird das im Kalk gebundene Kohlendioxid freigesetzt. Nach Kühlen auf eine Temperatur von unter 200 °C werden die graubraunen Granalien anschließend in einer Kugelmühle zusammen mit Gips zum fertigen Produkt, dem Zement, vermahlen.
Durch die Zumahlung von Stoffen wie Hüttensand, Puzzolan, Flugasche oder Kalkstein erhält man Zemente mit besonderen chemischen und physikalischen Eigenschaften. So beispielsweise:
Außer der chemischen und mineralogischen Zusammensetzung ist auch die Feinheit eines Zements ausschlaggebend für seine Eigenschaften. Grundsätzlich kann gesagt werden, dass ein Zement, der feiner ist, auch eine höhere Festigkeit entwickelt. Die spezifische Oberfläche (auch als Blaine bezeichnet) dient als Maß für die Feinheit und liegt normalerweise zwischen 2.500 und 5.000 cm²/g.
Die lose Schüttdichte von pulverförmigem Zement liegt bei 0,9 bis 1,2 kg/dm³. Diese erhöht sich durch Einrütteln auf 1,6 bis 1,9 kg/dm³. Abgebundener Zement ist mit einer Dichte von rund 3 kg/dm³ deutlich kompakter.[12]
Bezeichnung | Druckfestigkeit [N/mm²] | Kennfarbe | |||
---|---|---|---|---|---|
nach 2 Tagen | nach 7 Tagen | nach 28 Tagen | Sackfarbe | Aufschriftfarbe | |
32,5 L | – | ≥ 12,0 | 32,5 – 52,5 | hellbraun | |
32,5 N | – | ≥ 16,0 | schwarz | ||
32,5 R | ≥ 10,0 | – | rot | ||
42,5 L | – | ≥ 16,0 | 42,5 – 62,5 | grün | |
42,5 N | ≥ 10,0 | – | schwarz | ||
42,5 R | ≥ 20,0 | – | rot | ||
52,5 L | ≥ 10,0 | – | ≥ 52,5 | rot | |
52,5 N | ≥ 20,0 | – | schwarz | ||
52,5 R | ≥ 30,0 | – | weiß |
Anforderungen an Zemente (wie z. B. die Druckfestigkeit, chemische Zusammensetzung) werden in Europa durch die Europäische Norm EN 197-1 geregelt. Es wird zwischen drei verschiedenen Festigkeitsklassen unterschieden, mit Normfestigkeiten von 32,5, 42,5 und 52,5 MPa nach 28 Tagen Erhärtung. In Abhängigkeit von der Anfangsfestigkeit eines Zements wird dieser zudem innerhalb einer Festigkeitsklasse als langsam- (L), normal- (N) oder schnellerhärtend (R, von engl. rapid) bezeichnet. Um Verwechslungen insbesondere auf Baustellen vorzubeugen, sind den Zementen in Deutschland Kennfarben beim Papier der Zementsäcke und dem Aufdruck zugeordnet. Die Zuordnung erfolgt in der DIN 1164. Die europäische Norm verzichtet auf solche Kennzeichnungen.
Die EN 197-1 klassifiziert neben der Festigkeit Zemente auch nach ihrer Zusammensetzung. Fünf verschiedene Arten werden in der Norm definiert:
Zusätzlich werden in EN 197-1 27 Normalzementarten über die prozentualen Gewichtsanteile der Ausgangsstoffe definiert.
Die Überarbeitung der europäischen Zementnorm EN 197-1 zur Aufnahme neuer, klinkerärmerer und damit klimafreundlicherer Zemente („CEM II/C“, „CEM VI“ …)[14] verzögerte sich in der Vergangenheit aus legistischen Problemen immer wieder.[15] Daher wurde 2021 mit der Europäischen Norm EN 197-5 ein eigenes Dokument veröffentlicht.[16] Da diese Norm nicht im Amtsblatt der Europäischen Union verlautbart wurde, handelt es sich um keine harmonisierte Norm im Sinne der Bauproduktenverordnung.
Sonstige Zemente werden Sonderzemente genannt. Eine Beschreibungsvorschrift regelt die Bezeichnung dieser Zemente, für die in der Norm keine genaue Zusammensetzung definiert wird.
Neben der EN 197-1 benennt in Deutschland die DIN 1164 die vorgesehenen Anwendungsbereiche der einzelnen Zementarten. Abhängig von den erwarteten Umwelteinflüssen und Einbausituationen definiert die DIN 1164 „Expositionsklassen“ und benennt die jeweils geeigneten Zementarten (z. B. eignen sich hüttensandhaltige Zemente zur Herstellung von Unterwasserbeton).
In Österreich werden Zusatzanforderungen an Zemente für besondere Verwendungen in ÖNORM B 3327-1 näher definiert.[17]
Portlandzement wird hergestellt durch die Vermahlung von Zementklinker und Kalk bzw. Anhydrit. Er besteht chemisch gesehen aus ca. 58 bis 66 % Calciumoxid (CaO), 18 bis 26 % Siliciumdioxid (SiO2), 4 bis 10 % Aluminiumoxid (Al2O3) und 2 bis 5 % Eisenoxid (Fe2O3).
Ab einem Anteil von 36 % Hüttensand wird der Zement als Hochofenzement bezeichnet.
In der Zahnmedizin wird eine modifizierte Form des Portlandzements unter dem Namen Mineral Trioxid Aggregat (MTA) zum retrograden Verschluss von Wurzelkanälen oder zur Perforationsdeckung verwendet.
Im Kompositzement wird ein Anteil des Zementklinkers durch Stoffe mit puzzolanischen Eigenschaften ersetzt. Neben dem natürlichen Trassgestein wurden bislang vorwiegend Nebenprodukte aus industriellen Brenn-Prozessen verwendet, in erster Linie Hüttensand und Flugasche. In Zukunft wird calcinierter Ton (gebrannter Ton) eine größere Rolle spielen, der unter anderem beim Abriss von Altbauten in Form von gebrannten Ziegeln anfällt.[18]
Beim Brennprozess im Drehrohrofen bilden sich nach dem Calcinieren des Kalks (CaCO3) zu Calciumoxid, bei dem CO2 freigesetzt wird, durch teilweises Sintern aus diesen Hauptbestandteilen Mineralien, die für die besonderen Eigenschaften von Zement von entscheidender Bedeutung sind. Die wichtigsten dieser Verbindungen sind:
Beim Aushärten von Zement mit Wasser (Hydratation) wachsen einerseits Calciumsilicathydrat-Fasern, kurz CSH oder C3S2H3 (3 CaO · 2 SiO2 · 3 H2O), und andererseits bildet sich Portlandit, kurz CH (Ca(OH)2), der dem Endprodukt eine hohe Alkalität mit einem pH-Wert von 12–14 verleiht.
Zement ist, im Gegensatz zu (Luft-)Kalkmörtel, ein hydraulisches Bindemittel. Als hydraulisch werden Stoffe angesehen, die sowohl an der Luft als auch unter Wasser erhärten und auch beständig sind. Er erhärtet nicht wie Luftkalk unter Aufnahme von Kohlenstoffdioxid aus der Luft, sondern reagiert mit Wasser unter Bildung unlöslicher, stabiler Verbindungen. Diese Verbindungen, die Calciumsilikathydrate, bilden feine nadelförmige Kristalle aus, welche sich untereinander verzahnen und so zur hohen Festigkeit eines Zementmörtels oder Betons führen.
Nebenreaktionen der Hydratation sind beispielsweise
Das Erstarren und Erhärten des Zements beruht auf der Bildung wasserhaltiger Verbindungen, die bei der Reaktion zwischen den Zementbestandteilen und dem Zugabewasser entstehen. Im Allgemeinen wird Zement in verhältnismäßig wasserarmen, plastischen Gemischen mit Wasserzementwerten zwischen etwa 0,3 und 0,6 verwendet. Die Reaktion wird als Hydratation, die Reaktionsprodukte werden als Hydrate oder Hydratphasen bezeichnet. Eine Folge der unmittelbar einsetzenden Reaktionen ist ein Ansteifen des Zementleims, das anfangs noch sehr gering ist, sich aber mit der Zeit verstärkt. Erreicht das Ansteifen des Zementleims ein bestimmtes Maß, so spricht man vom Beginn des Erstarrens. Die zeitlich anschließende weitere Verfestigung des Zementleims gilt als Erstarren, die danach fortschreitende Verfestigung wird Erhärten genannt.
Ursache des Ansteifens, Erstarrens und Erhärtens ist die Bildung eines mehr oder weniger starren Gefüges aus Hydratationsprodukten, das den wassergefüllten Zwischenraum zwischen den Feststoffpartikeln des Zementleims, Mörtels oder Betons ausfüllt. Der zeitliche Verlauf, nicht jedoch die Art der Hydratationsprodukte, hängt daher in sehr starkem Maß von der Größe des Zwischenraums ab, d. h. vom Wasserzementwert. Die festigkeitsbildenden Hydratationsprodukte sind bei den silicatischen Zementen in erster Linie Calciumsilicathydrate und beim Tonerdezement Calciumaluminathydrate. Weitere Hydratationsprodukte sind Calciumhydroxid, Calciumferrithydrate, sulfathaltige Hydrate und verwandte Verbindungen wie Hydrogranat und Gehlenithydrat.
Silicatische Zemente bestehen zu über 70 % aus Calciumsilicaten oder silicatischen Bestandteilen. Daher kommt der Hydratation dieser Verbindungen und den Eigenschaften der dabei entstehenden Calciumsilicathydrate besondere Bedeutung zu. Da die Calciumsilicathydrate CaO-ärmer als die Calciumsilicate des Zementklinkers sind, bildet sich bei der Hydratation des Portlandzements außerdem Calciumhydroxid. Alle Zemente enthalten als wesentliche Bestandteile auch Aluminium- und Eisenoxide sowie Sulfate, daher bilden sich auch Calciumaluminathydrate, Calciumferrithydrate und sulfathaltige Verbindungen sowie auch komplexere Hydratationsprodukte. Der pH-Wert der Porenlösung nimmt vergleichsweise hohe Werte an und ist für die meisten Hydratationsreaktionen von besonderer Bedeutung.
Kurz nach dem Kontakt mit Wasser setzt eine kurze, intensive Hydratation ein (Prä-Induktionsperiode), Calciumsulfate gehen teilweise und Alkalisulfate nahezu vollständig in Lösung. Aus der Reaktion von Calcium- und Sulfat-Ionen mit Tricalciumaluminat bilden sich auf den Oberflächen der Klinkerpartikel kurze, hexagonal säulenförmige Ettringitkristalle. Daneben kommt es, ausgehend vom Tricalciumsilicat, zur Bildung von ersten Calciumsilicathydraten (CSH) in kolloidaler Form. Durch die Bildung einer dünnen Lage von Hydratationsprodukten auf den Klinkerpartikeln verebbt diese erste Hydratationsperiode, und die Ruheperiode oder Induktionsperiode beginnt, während der praktisch keine weitere Hydratation stattfindet. Die ersten Hydratationsprodukte sind noch zu klein, um den Raum zwischen den Zementpartikeln zu überbrücken und ein festes Gefüge aufzubauen. Damit bleiben die Zementpartikel noch gegeneinander beweglich – das bedeutet, die Konsistenz des Zementleims ist nur wenig steifer geworden. Das Erstarren des Zementleims beginnt nach etwa ein bis drei Stunden, wenn sich erste, noch sehr feine Calciumsilicathydratkristalle auf den Klinkerpartikeln bilden. Nach Abschluss der Ruheperiode setzt erneut eine intensive Hydratation der Klinkerphasen ein. Diese dritte Periode (Beschleunigungsperiode) beginnt nach etwa vier Stunden und endet nach 12 bis 24 Stunden. Dabei baut sich ein Grundgefüge auf, bestehend aus CSH-Faserbüscheln bzw. CSH-Blattstrukturen, plattigem Calciumhydroxid und in die Länge wachsenden Ettringitkristallen. Durch die größeren Kristalle werden die Räume zwischen den Zementpartikeln überbrückt. Im weiteren Hydratationsverlauf nimmt die Verfestigung stetig zu, jedoch mit reduzierter Hydratationsrate. Das Gefüge verdichtet sich dabei und die Poren werden zunehmend ausgefüllt.
Die chemischen Reaktionen der Klinkerphasen mit dem Anmachwasser lassen sich als chemische Reaktionsgleichung darstellen:
Die Hydratationsprodukte bilden sich nicht gleichzeitig, sondern entsprechend ihrer Reaktionsfähigkeit mit unterschiedlicher Geschwindigkeit und nach unterschiedlicher Dauer. Der Übergang von Erstarren zum Erhärten erfolgt „fließend“.
Bis in die 1960er Jahre galten Zementwerke als „Dreckschleudern“, die eine große Menge an Staub und Abgasen in die Umwelt leiteten. Obwohl Zementwerke immer noch viermal so viel CO2 freisetzen wie der weltweite Flugverkehr zusammen,[24] verminderte sich die lokale Luftverschmutzung bei der Zementherstellung danach deutlich, indem modernere Filteranlagen die Staubemission ebenso drastisch senkten wie die Weiterentwicklung der Drehrohröfen und der Feuerungstechnologie den Energieverbrauch und den Ausstoß schädlicher Abgase wie Schwefeldioxid (SO2), Kohlenstoffdioxid (CO2) und Stickoxiden (NOx). Letztere werden durch sogenannte „SNCR-Verfahren“ (Selektive nichtkatalytische Reduktion) aus den Abgasen entfernt.
Ein sich mit zunehmendem Treibhauseffekt verschärfendes Problem ist allerdings der hohe Ausstoß von Kohlendioxid. Die Zementindustrie gehört zu den Hauptemittenten von Treibhausgasen, die die globale Erwärmung bewirken. Weltweit werden jährlich 4,1 Milliarden Tonnen Zement hergestellt, der im Mittel etwa 60 % CaO enthält. Damit ergibt sich durch das Freisetzen des im Kalk gebundenen Kohlendioxids, selbst bei optimaler Prozessführung, ein Ausstoß von mindestens drei Milliarden Tonnen CO2 oder etwa 6 bis 8 % des jährlichen CO2-Ausstoßes.[25][26] Wäre die globale Zementindustrie ein Land, so wäre sie der drittgrößte Emittent weltweit – nach der Volksrepublik China und den Vereinigten Staaten. Um die Vorgaben des Pariser Klimaabkommens zu erfüllen, müssten die jährlichen Emissionen der Zementindustrie bis zum Jahr 2030 um mindestens 16 Prozent sinken. Dementsprechend werden Überlegungen angestellt, Zement mit umweltverträglicheren Methoden herzustellen.
Es gibt Ansätze für neue Herstellungsprozesse, die deutlich weniger CO2 freisetzen.[24][27][28][29][30] Eine Gruppe Wissenschaftler an der Universität Mainz gab bekannt, ein Verfahren zur Herstellung ohne den Brennprozess gefunden zu haben, das im Laborexperiment funktioniert habe und die Prozessemissionen auf Null und die energetischen Emissionen auf 10 % reduzieren könne. Weitere Forschung für großtechnische Umsetzungen sei jedoch nötig.[5] Solche Zemente ohne Sinterung oder ohne Klinker werden in den Forschungsprogrammen der Europäischen Union aktuell nicht berücksichtigt.[31]
Zur Einsparung fossiler Brennstoffe wie Kohle, Erdgas und Erdöl werden zum Teil sogenannte Sekundär- oder Ersatzbrennstoffe eingesetzt. Diese alternativen flüssigen und festen Brennstoffe wie Altöl oder Lösemittel oder auch aufbereiteter Haus- und Gewerbemüll, Autoreifen, Klärschlamm, Tiermehl, Altholz oder andere Biomassen werden im Drehrohrofen aufgrund der oxidierenden Bedingungen und extrem hohen Temperaturen (Flammentemperatur > 2.000 °C) ohne die Entstehung zusätzlicher schädlicher Abgase verbrannt. Die Emissionen unterliegen den Standards der EU-Mit-Verbrennungsrichtlinie 76/2000EC, über deren Einhaltung die genehmigenden Behörden elektronisch wachen. In der Schweiz beträgt der Anteil dieser alternativen Brennstoffe mehr als 50 %.[32] In ganz Westeuropa ist man ebenfalls bestrebt, den Anteil sogenannter Sekundärbrennstoffe im Zementwerk bis in die Größenordnung von ca. 70 % zu bringen. Dabei wird diese Entsorgungsmöglichkeit durch die Mitverbrennung, auch in Schwellenländern, als probates Mittel genutzt, kostengünstig fehlende Entsorgungsinfrastrukturen zu entwickeln und eine nachhaltige landeseigene Entsorgung unter hohen Umweltschutzstandards zu gewährleisten. Seit etwa 1990 werden ganze Pkw- und Lkw-Altreifen (ohne voriges Schreddern) im Ofeneinlauf des Drehrohrofens thermisch und – wegen der Eisenkarkasse – stofflich genutzt.
Eine befürchtete Emission von Dioxinen oder Furanen konnte bis heute wissenschaftlich nicht belegt werden, da der hohe basische Calciumanteil, die Abgasatmosphäre sowie die dafür ungünstigen Temperaturbedingungen im geschlossenen System die sogenannte De-novo-Synthese verhindern.
Die Herstellung von Zementklinker erfordert einen großen Energieeinsatz. Ein gewisser Anteil des Zementklinkers lässt sich durch Zumahlstoffe mit puzzolanischen Eigenschaften ersetzen. Das Ergebnis sind sogenannte Kompositzemente. Bislang wurden häufig Hüttensand und Flugasche eingesetzt, bei denen es sich um Rest- und Abfallstoffe aus anderen Industriezweigen handelt, deren Verfügbarkeit aber rückläufig ist.[18]
Kalzinierter Ton wird in Zukunft voraussichtlich zum wichtigsten Kompositmaterial (auch SCM, supplementary cementitious material) zur Herstellung von Kompositzement. Tonminerale sind weltweit fast uneingeschränkt verfügbar. Die Verwendbarkeit hängt von den genauen Inhaltsstoffen und der Reinheit des Tons ab, der überwiegend aus Kaolinit, Illit und Montmorillonit besteht.[18]
Die Wärmeenergiebilanz des Herstellungsprozesses von Zementklinker hat sich durch die Nutzung von Abwärme aus dem Drehrohrofen, beispielsweise zur Mahltrocknung und zum Vorwärmen des Rohmehls, verbessert.
Die Gewinnung der Rohstoffe für die Zementherstellung führte in manchen Regionen zur Vertreibung der indigenen Bevölkerung, zum Verlust ihrer Lebensgrundlage und zur Zerstörung der natürlichen Landschaften.[33][34]
Besonderes Augenmerk wird auf die Emission von flüchtigen Spurenelementen und Schwermetallen, wie Quecksilber, Cadmium oder Thallium gelegt, während alle schwer- und nicht flüchtigen Spurenelemente durch den frisch entsäuerten Kalkstein adsorptiv gebunden werden (Prinzip der Trockensorption). In Zementen enthaltene lösliche Chromate können eine Allergie, die so genannte Maurerkrätze auslösen, wobei der hohe basische pH-Wert der wässrigen Lösung die Reizung der Haut verstärkt.
Sicherheitshinweise | ||||||||
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Name |
Zement | |||||||
CAS-Nummer | ||||||||
EG-Nummer |
266-043-4 | |||||||
|
Unter Einfluss von Wasser entsteht im Zement eine Lauge mit hohem pH-Wert von bis zu 13, die zu schweren Verätzungen und Nekrosen an Haut oder Augen führen kann (Zementbrand).[36] Da die Symptome oft erst nach Stunden auftreten, wird die Gefahr oft zu spät erkannt. Daher sollten bei der Verarbeitung von Zement Brille und Handschuhe getragen werden.[37] Sollten bei der Verarbeitung von Zement Kleidung oder Handschuhe durch die Zementlauge durchnässt werden, sollten diese gewechselt werden.
Die Zementindustrie in Deutschland gliedert sich in 21 Unternehmen, die zusammen 53 Zementwerke betreiben. Mit ca. 7.900 Mitarbeitern haben die deutschen Zementwerke im Jahr 2022 rund 32 Millionen Tonnen Zement und 23 Millionen Tonnen Klinker hergestellt und dabei einen Umsatz von rund 3,4 Milliarden Euro erzielt. 1,0 Millionen Tonnen Zement wurden 2022, vorwiegend aus den europäischen Nachbarländern, importiert. Gleichzeitig exportierten die deutschen Hersteller rund 6,2 Millionen Tonnen Zement. Die Investitionsquote der Hersteller lag 2021 bei rund 8,5 Prozent.[38]
In Österreich sind Zementwerke vorwiegend im Bereich der Kalkalpen angesiedelt. An acht Standorten (Stand 2024) stehen Anlagen zum Brennen von Zementklinker zur Verfügung.[39] In Österreich werden jährlich rund 4,4 Millionen Tonnen Zement und 3,1 Millionen Tonnen Zementklinker hergestellt (Stand 2023).[40]
In der Schweiz werden jährlich rund 5 Millionen Tonnen Zement verbraucht. 2019 wurde der Bedarf zu 86 Prozent durch die sechs schweizerischen Zementwerke und zu 14 Prozent durch Importe gedeckt.[41]
Den größten Bedarf an Zement hat die Volksrepublik China.
Der Jahresverbrauch an Zement ist eine wichtige Kenngröße zur Intensität wie auch der Art der Bautätigkeit in einer Region. In Ländern wie Indonesien werden nur ca. 15 bis 20 kg pro Einwohner jährlich benötigt; in Ländern wie Singapur oder den arabischen Ländern kann der Verbrauch mehr als 2.000 kg pro Einwohner im Jahr betragen. Der Verbrauch in Deutschland beträgt etwa 350 kg pro Einwohner im Jahr, der der Schweiz ist etwa doppelt so hoch.
Rang | Land | Produktion (in Mio. t) |
Rang | Land | Produktion (in Mio. t) |
---|---|---|---|---|---|
1 | Volksrepublik China | 2.400,0 | 10 | Russland | 58,0 |
2 | Indien | 280,0 | 11 | Iran | 56,0 |
3 | Vereinigte Staaten | 86,3 | 12 | Brasilien | 54,0 |
4 | Vietnam | 78,0 | 13 | Japan | 53,0 |
5 | Türkei | 77,0 | 14 | Mexiko* | 35,0 |
6 | Indonesien | 66,0 | 15 | Thailand* | 35,0 |
7 | Saudi-Arabien | 63,0 | 16 | Deutschland* | 32,0 |
8 | Südkorea | 59,0 | 17 | Pakistan* | 32,0 |
9 | Ägypten | 58,0 | 18 | Italien* | 23,0 |
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