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mathematische Funktion Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
In der Mathematik versteht man unter Wurzelziehen oder Radizieren die Bestimmung der Unbekannten in der Potenz . Hierbei ist eine natürliche Zahl ungleich 0 und eine nichtnegative reelle Zahl.[1] Unter diesen Voraussetzungen gibt es immer genau ein solches , das ebenfalls eine nichtnegative reelle Zahl ist. Dieses ist dann das Ergebnis des Wurzelziehens und heißt Wurzel oder Radikal (von lat. radix „Wurzel“). Das Radizieren ist eine Umkehrung des Potenzierens.[2][3] Im Fall spricht man von Quadratwurzeln, bei von Kubikwurzeln. Wurzeln werden mit Hilfe des Wurzelzeichens notiert, im Beispiel ist die Wurzel bzw. das Radikal.
Ist eine natürliche Zahl und eine nichtnegative reelle Zahl, so besitzt die Gleichung
genau eine nichtnegative reelle Lösung. Diese wird als -te Wurzel aus bezeichnet. Man schreibt dafür:
Hierbei bezeichnet man
Im Spezialfall erhält man .
Üblicherweise wird die zweite Wurzel als Quadratwurzel oder einfach nur als die Wurzel bezeichnet und der Wurzelexponent weggelassen:
Die Wurzel mit dem Wurzelexponenten 3 (dritte Wurzel) bezeichnet man auch als Kubikwurzel.
Beispiel:
(Sprich: Die dritte Wurzel aus 8 ist 2. Oder: Die Kubikwurzel aus 8 ist 2.)
Die folgende Beschreibung des Radizierens als einer rechtseindeutigen Wurzelfunktion bezieht sich auf den angeordneten Körper der reellen Zahlen, also gewissermaßen auf die Schulmathematik. Ein allgemeinerer Wurzelbegriff, der den hier beschriebenen umfasst, wird im Artikel Adjunktion (Algebra) behandelt.[6]
Das Radizieren mit dem Wurzelexponenten und das Potenzieren mit dem Exponenten heben sich gegenseitig auf.
Gemäß obenstehender Definition der Wurzel gilt für alle reellen Zahlen und für alle natürlichen Zahlen :
Das Radizieren mit dem Wurzelexponenten wirkt wie das Potenzieren mit dem Exponenten .
Nach den Rechenregeln für Potenzen gilt nämlich:
Daher kann das Radizieren mit dem Wurzelexponenten auch als Potenzieren mit dem Exponenten interpretiert werden:[3]
Obwohl die eingangs genannte Fragestellung bei geradzahligen Wurzelexponenten und positiven Radikanden zwei Lösungen mit unterschiedlichen Vorzeichen besitzt, steht die Schreibweise mit dem Wurzelzeichen grundsätzlich für die positive Lösung.[7][8] Beispielsweise hat die Gleichung die beiden Lösungen und . Der Term hat jedoch den Wert +2 und nicht den Wert −2. Allgemein gilt daher für geradzahlige Wurzelexponenten
Die Behandlung von Wurzeln aus negativen Zahlen ist nicht einheitlich. Es gilt beispielsweise
und ist die einzige reelle Zahl, deren dritte Potenz ist. Allgemein ergeben sich für ungerade Potenzen negativer Zahlen wieder negative Zahlen.
Bezüglich der ungeraden Wurzeln aus negativen Zahlen werden folgende Positionen vertreten:
Wurzeln zu geraden Exponenten aus negativen Zahlen können keine reellen Zahlen sein, weil gerade Potenzen reeller Zahlen nie negativ sind. Es gibt keine reelle Zahl , sodass , somit kann man auch keine Wurzel finden, die in den reellen Zahlen liegt. Der Bedarf für Wurzeln aus negativen Zahlen führte zur Einführung der komplexen Zahlen;[9] allerdings gibt es beim Wurzelbegriff im Bereich der komplexen Zahlen gewisse Schwierigkeiten mit der eindeutigen Auszeichnung einer der Wurzeln, siehe unten.
Ist eine nichtnegative ganze Zahl und eine positive ganze Zahl, so ist entweder eine ganze oder eine irrationale Zahl. Das folgt aus der Eindeutigkeit der Primfaktorzerlegung:
Ist , so ist , also eine ganze Zahl. Für gibt es eine bis auf die Reihenfolge der Faktoren eindeutige Primfaktorzerlegung mit paarweise verschiedenen Primzahlen und positiven ganzen Exponenten . Sind alle für durch teilbar, so ist , also eine ganze Zahl.
Zu zeigen ist jetzt noch: Gibt es mindestens ein mit so, dass nicht durch teilbar ist, so ist irrational. Der Beweis für die Irrationalität erfolgt indirekt, also durch Widerlegen der gegenteiligen Annahme wie beim Beweis der Irrationalität der Wurzel aus 2 bei Euklid, der im Wesentlichen der Spezialfall dieses Beweises ist.
Angenommen, wäre rational. Dann könnte man die Zahl als Bruch zweier natürlicher Zahlen und schreiben:
Durch Potenzieren der Gleichung erhält man
und daraus folgt
Der Primfaktor kommt in bzw. jeweils -mal so oft vor wie in bzw. , jedenfalls in einer durch teilbaren Vielfachheit, wobei natürlich auch das 0-malige Auftreten zugelassen ist. In kommt er voraussetzungsgemäß in der nicht durch teilbaren Vielfachheit vor. Also kommt er auf der linken Seite dieser Gleichung nicht in einer durch teilbaren Vielfachheit vor, auf der rechten hingegen schon, und wir erhalten einen Widerspruch zur Eindeutigkeit der Primfaktorzerlegung. Daher ist irrational.
Die Rechenregeln für Wurzeln ergeben sich aus jenen für Potenzen.
Für positive Zahlen und und gelten die folgenden Rechengesetze:
Bei negativen Zahlen und dürfen diese Rechengesetze nur angewendet werden, wenn und ungerade Zahlen sind. Bei komplexen Zahlen sind sie gänzlich zu vermeiden, bzw. gilt die Gleichheit nur bei geeigneter Wahl der Nebenwerte. Anders gesagt: werden in einem Beispiel auf der linken Seite irgendwelche Wurzeln (bspw. nur Hauptwerte) ausgewählt, so gibt es für die rechte Seite geeignete Nebenwerte, die die Gleichheit erfüllen – linke und rechte Seite unterscheiden sich um eine Einheitswurzel.
Es gelten die folgenden Grenzwerte:
Für alle mit gilt
In der rechten Ungleichung gilt Gleichheit genau dann, wenn .
Beweis:
Zunächst sei . Dann ist zu zeigen:
was gleichbedeutend ist mit
Der Beweis wird mit vollständiger Induktion geführt.
Offenbar gilt die Behauptung für .
Annahme, für gelte . Dann gilt
Damit gilt für alle
Für folgt hieraus wegen der strengen Monotonieeigenschaften der Potenzfunktionen
Funktionen der Form
heißen Wurzelfunktionen. Sie sind Umkehrungen der Potenzfunktionen und selbst Potenzfunktionen, denn es gilt .
Wurzeln können durch schriftliches Wurzelziehen bestimmt werden. Dieses Verfahren ähnelt der schriftlichen Division und basiert auf den binomischen Formeln.
Höhere Wurzeln aus positiven Zahlen kann man wie jede Potenz durch Exponentialfunktion und Logarithmus ausdrücken:
Um einen Näherungswert für eine Wurzel zu erhalten, kann man mehrere Verfahren anwenden. Dazu gehört vor allem das Newtonverfahren, mit dem man iterativ zu einer gegebenen stetig differenzierbaren Funktion Näherungswerte zu Lösungen der Gleichung findet. Dazu wird beginnend mit einem Startwert die Folge
gebildet, die unter bestimmten Voraussetzungen gegen eine Nullstelle von konvergiert. Nun ist eine Nullstelle der Funktion , so dass der Iterationsschritt die Gestalt
bekommt. Der Teilausdruck ist dabei die absolute Änderung der Näherung bei diesem Iterationsschritt, die relative. Diese Werte werden am Ende des Schrittes mit der absoluten (bei Festkommarechnung) bzw. relativen (bei Gleitkommarechnung) Fehlerschranke verglichen, um zu entscheiden, ob die benötigte Genauigkeit schon erreicht wurde.
In den Spezialfällen (Quadratwurzel) und (Kubikwurzel) lauten diese Formeln dann:
Das Verfahren konvergiert für alle Startwerte , wobei Startwerte, die Größenordnungen unter der Wurzel liegen, vermieden werden sollten. Liegt als Gleitkommazahl vor, kann man einfach den Gleitkommaexponenten durch ersetzen.
Das Newtonverfahren zur numerischen Approximation der Wurzel erweitert das Heron-Verfahren auf höhere Grade und lässt sich wie folgt geometrisch interpretieren. Beim Heron-Verfahren wird von einem Schätzwert für den Wert der gesuchten Quadratwurzel als erster Rechteckseite ausgegangen und daraus eine zweite Seite ermittelt, die ein zum Radikanden flächengleiches Rechteck liefert. Als nächster Schätzwert wird dann iterativ der Mittelwert der beiden Seiten genommen, der näher am Ergebnis liegt. Für die Übertragung auf allgemeine Grade kann man den nächsten Iterationswert
als gewichteten Mittelwert von und auffassen mit als der „Höhe“ des -dimensionalen senkrechten Prismas des Volumens über dem -dimensionalen Kubus . Der Iterationswert ist somit der arithmetische Mittelwert aller n orthogonalen (davon n-1 gleich langen) Kanten des Prismas.
Man kann, wie es Rechenkünstler machen, eine Wurzel auch durch Abschätzung und Anwendung elementarer Zahlentheorie bestimmen, sofern bekannt ist, dass die Wurzel eine natürliche Zahl ist. Das lässt sich besonders gut am Beispiel der dritten Wurzel zeigen. Dazu muss man zwei Dinge wissen, nämlich die Größenordnung der Kubikzahlen, und die letzte Ziffer der Zahl:
|
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Beispiele:
Das Ganze funktioniert aber nur dann, wenn sichergestellt ist, dass es sich bei der vorgegebenen Zahl um die dritte Potenz einer natürlichen Zahl handelt.
Bei den Aufgaben der Rechenkünstler geht es natürlich um viel höhere Potenzen mehrstelliger Zahlen – zum Beispiel die Berechnung der 25. Wurzel aus 880.794.982.218.444.893.023.439.794.626.120.190.780.624.990.275.329.063.400.179.824.681.489.784.873.773.249 (Lösung: 1729) und extremere Aufgaben.
Die komplexen Zahlen werden definiert durch die Adjunktion der Lösung (Wurzel) der Gleichung zu den reellen Zahlen . Fasst man die komplexen Zahlen als Ebene auf, in der die reellen Zahlen als eine ausgezeichnete Gerade die Ebene in zwei Halbebenen teilt und die positiven Zahlen sich rechts befinden, dann wird die Zahl in die obere und in die untere Halbebene platziert. Gleichzeitig mit dieser Orientierung wird der Nullpunkt durch die Funktion für wachsendes reelles im mathematisch positiven Sinn (also entgegen dem Uhrzeigersinn) umlaufen, so dass ist. Mit dieser Maßgabe lassen sich inhärent mehrdeutige Wurzeln im Komplexen auf eindeutige Real- und Imaginärteile (Hauptwerte) festlegen. Gleichwohl ist bei der Anwendung der Wurzelgesetze die dort erwähnte Sorgfalt zu beachten.
Als die -ten Wurzeln einer komplexen Zahl bezeichnet man die Lösungen der Gleichung
Ist in der Exponentialform dargestellt, so sind die -ten Wurzeln aus genau die komplexen Zahlen
(siehe auch Formel von de Moivre.)
Der Sonderfall wird als -te Kreisteilungsgleichung bezeichnet, die Lösungen als -te Einheitswurzeln. Die Bezeichnung „Kreisteilungsgleichung“ erklärt sich, wenn man ihre Lösungen in der Gaußschen Ebene betrachtet: die -ten Einheitswurzeln teilen den Kreis mit dem Radius und dem Koordinatenursprung als Mittelpunkt in gleiche Teile, sie bilden die Eckpunkte eines in den Kreis einbeschriebenen regulären -Ecks.
Anders als bei reellen Zahlen kann man nicht so einfach eine der Wurzeln als die Wurzel auszeichnen; dort wählt man die einzige nichtnegative Wurzel. Man kann jedoch eine (holomorphe) -te Wurzelfunktion für komplexe Zahlen, die keine nichtpositiven reellen Zahlen sind, über den Hauptzweig des komplexen Logarithmus definieren:
Die so ausgezeichnete Wurzel bezeichnet man auch als Hauptwert, die anderen als Nebenwerte.
Man kann den Logarithmus auch (unstetig) auf die negative reelle Achse fortsetzen, es gilt dann aber mit der so definierten Wurzelfunktion beispielsweise und nicht .
Dies lässt sich vermeiden mit der Auszeichnung derjenigen Wurzel unter allen, deren Argument modulo den absolut kleinsten Rest liefert. Bei Gleichheit zweier Werte ist dann der in der rechten (positiver Realteil) und der in der oberen Halbebene (positiver Imaginärteil) auszuwählen. Diese Regel ist mit den oben aufgestellten Regeln für reelle Radikanden voll kompatibel. Einige Beispiele:
Als weiteres Beispiel sei angegeben:
Obwohl | und | und | |||||
ist | mit den absoluten Resten | ||||||
des Arguments |
Außerdem bleiben bei dieser Definition die Wurzelgesetze für viele Wurzelexponenten auch bei komplexen Radikanden erhalten, solange für die so ausgewählten Wurzeln die Summen der Reste modulo der Argumentwerte absolut unterhalb bleiben.
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